• Keine Ergebnisse gefunden

Qualitätsstandards der DGE

3. Zertifizierungskonzepte in der GG

3.5 Qualitätsstandards der DGE

3.5.1 Beschreibung

Zu den Qualita tsstandard der DGE existiert eine wesentlich ausfu hrlichere Abhandlung16. Die nachfolgenden Ausfu hrungen sind nur die Kurzform. In diesem Kapitel geht es um Zertifizie-rungen und Gu tesiegel im Bereich der GG. Hier werden nun aber die Standards der Deutschen Gesellschaft fu r Erna hrung (DGE) fu r alle wesentlichen Bereiche der GG vorgestellt, was als deplatziert aufgefasst werden ko nnte17. Der Grund ist, dass auf der Basis dieser Standards

16 Peinelt V: Zu den Qualitätsstandards der DGE. https://ewd-gastro.jimdo.com/schulverpflegung/stellungnahmen/dge-qual-standards/

17 DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.): Qualitätsstandards für Kindertagesstätten, Schulen, Betriebe, Unternehmen, stationäre Ein-richtungen, Essen auf Rädern und Rehabilitationskliniken, Bonn ab 2007

auch die Zertifizierungen der DGE und einiger anderer Organisationen durchgefu hrt werden.

Daher mu ssen sie zuna chst einmal dargestellt und erla utert werden.

Die DGE-Qualita tsstandards wurden im Auftrag des Bundesministeriums fu r Erna hrung und Landwirtschaft (BMEL) entwickelt und sind fu r alle wesentlichen Bereiche der GG vero ffent-licht und verfu gbar (Stand: 11/2014):

I. Tageseinrichtungen für Kinder "FIT KID - Die Gesund-Essen-Aktion fu r Kitas"

II. Schulen "Schule + Essen = Note 1"

III. Betriebe und Unternehmen "JOB&FIT - Mit Genuss zum Erfolg"

IV. Station. Senioreneinrichtungen und Essen auf Rädern "Fit im Alter - Gesund essen, besser leben"

V. Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken "Station Erna hrung - Vollwertige Ver-pflegung in Krankenha usern und Rehakliniken"

Bei den Qualita tsstandards der DGE geht es in erster Linie um die Festlegung von Kriterien fu r ein gesundheitsfo rderndes Verpflegungsangebot in der GG. Es werden hierzu Vorgaben zur Speisen- und Getra nkeversorgung (Lebensmittelqualita ten und -quantita ten, Getra nkeange-bot) sowie Speisenplanung und Speisenherstellung (Vor- und Zubereitung, Speisenplanung, Warmhaltezeiten, Sensorik, Na hrstoff- und Energiezufuhr) gemacht. Zusa tzlich werden die Rahmenbedingungen fu r die Verpflegung, wie Hygiene-Bestimmungen und Kennzeichnung sowie Kriterien zur Essatmospha re (ansprechende Gestaltung des Verzehrsraums, kompeten-te und freundliche Mitarbeikompeten-terinnen und Mitarbeikompeten-ter) und zur O4kologie angesprochen.

Je nach Segment der GG wird auf spezifische Besonderheiten und den Bedarf der jeweiligen Ga stegruppen in ihren Lebens- und Erna hrungswelten eingegangen. Fu r Kindertagessta tten und Schulen sind dies bspw. die Anforderungen an die Erna hrungsbildung und die fru hzeitige Ausbildung eines gesundheitsfo rdernden Lebensstils. In Betrieben und Unternehmen wird Wert auf die vollwertige Verpflegung am Arbeitsplatz und die Mo glichkeit einer optimalen Ga stekommunikation gelegt. Fu r stationa re Senioreneinrichtungen, Essen auf Ra dern, Kran-kenha user und Rehabilitationskliniken ist auf ein krankheitsspezifisches und alter(n)sgerech-tes Versorgungsangebot zu achten, bspw. in Form von Dia t- und Sonderkostformen bei Fehl-oder Mangelerna hrung. Fu r alle Bereiche und Lebenswelten spielen grundsa tzlich die Einhal-tung ausreichend langer Essenszeiten sowie ein angemessener Service durch freundliches und kompetentes Personal eine wichtige Rolle.

Bis dato (Stand: 11/2014) konnten nach den Qualita tsstandards der DGE u ber 880 GG-Betrie-be zertifiziert werden (322 Kindertagessta tten, 52 Schulen, 209 Betriebsrestaurants, 3 Men-sen, 28 Kliniken, 15 Rehaeinrichtungen, 44 Senioreneinrichtungen, 10 Anbieter von Essen auf Ra dern sowie 197 Caterer fu r unterschiedliche Lebenswelten). Die Zertifizierung folgt hierbei der klassischen Vorgehensweise: Selbsteinscha tzung, Auditierung, Zertifikatverleihung und Reauditierung/Rezertifizierung.

Fu r eine strukturierte Selbsteinscha tzung werden Checklisten fu r die Qualita tsbereiche LM, Speisenplanung und -herstellung sowie Lebenswelt zur Verfu gung gestellt, die zur eigensta n-digen U4berpru fung des gegenwa rtigen Verpflegungsangebots dienen. Diese Qualita tsbereiche und die damit verbundenen Kriterien bilden auch die Grundlage fu r die sich daran

anschlie-ßende Vorortpru fung (Auditierung) durch von der DGE autorisierte Auditoren. Durch regel-ma ßige Re-Audits soll zudem die zertifizierte Qualita t langfristig gesichert werden. U4berpru ft werden pro Audit zwei 4-Wochen-Speisenpla ne. In beiden Speisenpla nen mu ssen die gefor-derten Kriterien zu mindestens 60% erfu llt sein, damit das "Basis-Zertifikat" verliehen wer-den kann. Existieren mehrere Menu linien, ist die zertifizierte Menu linie im Ausgabebereich (bspw. auf Speisenpla nen oder Hinweistafeln) gesondert zu kennzeichnen und auszuloben.

Daru ber hinaus bietet die DGE ein sog. Premiumzertifikat an. Hierzu mu ssen, aufbauend auf der Basiszertifizierung, zusa tzlich noch na hrstoffoptimierte Speisenpla ne fu r vier bis sechs Wochen vorliegen und eingereicht werden. In Schulen wird daru ber hinaus die Zwischenver-pflegung zertifiziert. Fu r eine Zusammenarbeit mit Caterern ist zu konstatieren, dass hier an-dere Auditlisten, Logos und Zertifikate vorliegen. Na here Informationen hierzu ko nnen bei der DGE erfragt werden.

3.5.2 Kommentar

Positiv sind die u bersichtlichen Internetplattformen fu r die einzelnen GG-Bereiche mit spezifi-schen Implementierungshilfen, Seminarangeboten, Rezeptdatenbanken und Antworten auf ha ufig gestellte Fragen zu bewerten. Die DGE-Qualita tsstandards geben einen umfangreichen U4berblick u ber die vielfa ltigen Kriterien einer vollwertigen Erna hrung fu r die Zielgruppen in der GG. Die Standards weisen aber auch zahlreiche Schwachstellen auf, die eine U4berarbeitung nahelegen. Diese werden nachfolgend dargestellt und erla utert.

I. Spiegelung der Standards in den Checkliste n

In den Checklisten, die in den Standards aufgelistet sind, werden die Kriterien im engeren Sin-ne abgefragt, die sich mit den LM selbst befassen. Andere wichtige Themenfelder, die auch in den Standards behandelt werden, finden nur einen unzureichenden Eingang in die U4berpru -fung. So wird die Hygiene zwar als sehr wichtig bezeichnet. Hierzu werden aber nur wenige Fragen gestellt. Im Grunde werden nur zwei Temperaturen abgefragt. In den DGE-Standards fu r eine Zertifizierung wird die Einhaltung geltender rechtlicher Bestimmungen "vorausge-setzt". So wird z.B. zur Hygiene auf die LM-U4berwachungsbeho rden verwiesen. Das macht ver-sta ndlich, warum in den Checklisten so gut wie keine Fragen zu diesem Komplex gestellt wer-den.

Der alleinige Verweis auf die staatliche LM-Kontrolle ist jedoch problematisch. Erfahrungsge-ma ß werden diese Pru fungen in bestimmten Bereichen, z.B. in der Schulverpflegung, ha ufig zu selten durchgefu hrt, so dass eine Beru cksichtigung in den Standards sowie in den Checklisten - und somit auch bei den Pru fungen - sinnvoll wa re. Dies belegt eine gro ßere Untersuchung der Schulverpflegung in Gymnasien in NRW der Hochschule Niederrhein, wobei immerhin ein Drittel der Schulen zugab, kein Hygienekonzept zu haben18,19. Auch eine großangelegte Studie zur Schulverpflegung kam ku rzlich zum gleichen Ergebnis20. Dies mu sste eigentlich bei einer LM-Kontrolle aufgefallen sein, woraus entsprechende Konsequenzen zu ziehen wa ren, was aber offensichtlich nicht der Fall ist. Eine Redundanz der Kontrolle wa re im U4brigen ja kein Schaden.

18 Peinelt V: Schulverpflegung an Gymnasien in NRW. Ernährung im fokus. 13-09-10/13 (2013), 292-295

19 Auch zu finden unter: Peinelt V: Ist-/Soll-Analyse. https://ewd-gastro.jimdo.com/schulverpflegung/bestandsanalyse/

20 BMEL (Hrsg): Qualität der Schulverpflegung - Bundesweite Erhebung. Abschlussbericht. 5.2015. www.in-form.de

Auch die Vielfalt und Abwechslung des Speisenplans werden anscheinend kaum u berpru ft. Je-denfalls sind hierzu lediglich einige wenige Fragen, z.B. zur Fleischart oder zur Saisonalita t, zu finden. Die Checklisten, die als Vorbereitung auf eine Zertifizierung dienen sollen, klammern also bestimmte Bereiche fu r ein erfolgreiches Verpflegungskonzept aus. Allerdings teilte die DGE auf Anfrage mit, dass fu r die Audits noch andere, erweiterte Fragenkataloge verwendet werden21. Es fragt, sich wann diese zusa tzlichen Kriterien bekannt gemacht werden. Dies be-deutet mo glicherweise, dass ein Pru fbetrieb erst ganz zum Schluss erfa hrt, na mlich beim Au-dit, welche Schwachstellen sonst noch bestehen, die aber besser zu einem wesentlich fru heren Zeitpunkt mitgeteilt werden, um fru hzeitig gegenzusteuern.

Einige wichtige Themen, die in den Standards immerhin noch dargestellt sind, wenn auch nur kurz, werden in den Checklisten nicht behandelt. Dies trifft z.B. fu r die O4kologie zu. Die dort gemachten, eher beispielhaften Hinweise ko nnen die notwendigen Anforderungen nicht defi-nieren. Diese sollten daher in die Checkliste aufgenommen werden.

II.

Fehlen wichtiger Themen in den DGE -Standards

Andere wichtige Themenbereiche eines ganzheitlichen Verpflegungskonzepts fehlen in den Standards vo llig und werden vermutlich auch nicht u berpru ft. Aber nur, wenn alle wesentli-chen Bereiche in eine U4berpru fung einbezogen werden, ist eine dauerhaft gute Qualita t si-cherzustellen. Als Beispiele fu r diese Defizite sind der Arbeits- und Gesundheitsschutz des Per-sonals, die Akzeptanzbefragung oder das Beschwerdemanagement zu nennen. Alle diese The-men sind entweder gesetzlich vorgegeben oder fu r den "Kontinuierlichen Verbesserungspro-zess" (KVP) notwendig. Auch bei diesen Themen sollte nicht davon ausgegangen werden, dass eine U4berpru fung mo glicherweise durch andere erfolgt.

Des Weiteren fehlen Definitionen fu r qualita tsrelevante Verpflegungs- oder Produktionssyste-me. Dieses Thema wurde in fru heren Auflagen zumindest noch kurz angesprochen, allerdings ohne dabei u berpru fbare Kriterien festzulegen. In spa teren Auflagen wurden selbst diese kur-zen Hinweise wieder entfernt, statt sie zu erweitern und die Kriterien hierfu r nachzuliefern.

Fu r die Warmverpflegung wurden die elementaren Eckpunkte fu r die Qualita t genannt (Tem-peratur und Zeit), nicht aber fu r die tem(Tem-peraturentkoppelten Systeme, die aus Sicht der Auto-ren immer wichtiger werden. Damit diese Systeme einwandfrei laufen, sind solche qualita tsre-levanten Vorgaben sowie die Beschreibung von Voraussetzungen wu nschenswert. Dabei ist es nicht erforderlich, dies in allen Details zu beschreiben. Es wu rde reichen, wesentliche Hinwei-se zu geben und ansonsten auf bestimmte anerkannte Definitionen zu verweiHinwei-sen, die quasi Be-standteil der Standards wa ren.

Mit solchen offiziellen Hinweisen in den DGE-Standards wa re es in der Praxis leichter, die Ent-scheidungstra ger davon zu u berzeugen, auf unrealistische Forderungen zu verzichten und das fu r sie geeignete System zu wa hlen. Dies wu rde in vielen Fa llen helfen, Fehlentscheidungen zu vermeiden. Selbstversta ndlich sollte fu r den Einzelfall auch ein kompetenter Fachplaner hin-zugezogen werden.

21 Pfefferle H (DGE): Stellungnahme auf eine Anfrage der Autoren zu verschiedenen Punkten der Qualitätsstandards und der Zertifizierung der DGE. Brief vom 5.12.14

III.

Nachvollziehbarkeit der A4nderungen

A4nderungen der Standards von Auflage zu Auflage werden von der DGE nicht erla utert bzw.

begru ndet. Nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht wa re es wu nschenswert zu erfahren, war-um sich etwas a nderte, einige Passagen verschwanden oder neu hinzukamen. Es wird in sepa-raten Publikationen jedoch nur darauf hingewiesen, was sich gea ndert hat.

Gerade weil die Standards der DGE eine wichtige Vorgabe sind, die inzwischen bei Ausschrei-bungen immer ha ufiger eingefordert werden, sollten die A4nderungen nachvollziehbar sein.

Ein Caterer sollte schon wissen, warum sein Angebot fu r die na chste Zertifizierung zu a ndern ist, denn er ist es, der gegenu ber seinem Auftraggeber und den Ga sten Rede und Antwort ste-hen muss.

IV.

Bedingungen fu r Zertifikate a) Erfüllungsgrad der Anforderungen

Ferner mu ssen die Bedingungen fu r die Vergabe von Zertifikaten kritisch hinterfragt werden.

Bereits bei Erfu llung von nur 60% der Kriterien22 ist es mo glich, ein Zertifikat zu erreichen, was bedeutet, dass 40% der Kriterien nicht erfu llt werden mu ssen. Das kann auch sehr wichti-ge Kriterien betreffen. Beispielsweise machen die Forderunwichti-gen fu r die Mindestha ufigkeit im

"Qualita tsbereich LM: Mittagsverpflegung" bei Gemüse, Molkereiprodukten oder Obst zusam-men weniger als 40% aus23. Wenn diese Mindestha ufigkeiten nicht erreicht werden, handelt es sich um gravierende Defizite bei der LM-Auswahl fu r die Speisenplanung, weshalb kein Zer-tifikat vergeben werden sollte.

Jedenfalls erfolgt keine Differenzierung des erzielten Ergebnisses, z.B. durch eine besondere Auslobung bei gutem oder sehr gutem Erfolg. Beispielsweise sollten Betriebe, bei denen die Anforderungen zu 100% erfu llt werden, andere Zertifikate erhalten als solche, die gerade eben die Mindestanforderung von 60% erreichten. Dies ko nnte ein Premium-Zertifikat sein.

Gema ß der Standards der DGE wird ein solches Zertifikat aber nur mit einer starken Fokussie-rung auf die Na hrstoffoptimieFokussie-rung vergeben.

b) Nährwertberechnungen

Dies ist insbesondere im Hinblick auf die vielfa ltigen Herausforderungen bei der exakten Be-rechnung fragwu rdig. Hier sei auf die zunehmende Verwendung von Convenienceprodukten gerade in der GG hingewiesen, deren Na hrstoffgehalt oft nicht in der offiziellen Datenbank, dem Bundeslebensmittelschlu ssel, enthalten ist. Daher sind derartige Berechnungen gar nicht oder nur mit erheblichen Unsicherheiten mo glich. Es gibt noch einige weitere Probleme hier-bei. Na heres soll aber im Rahmen dieses Kapitels nicht dargestellt werden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf eine Spezialpublikation verwiesen24,25.

Abgesehen von der Validita t der Na hrwertberechnungen wirft das Premium-Zertifikat der DGE noch weitere Probleme auf. Es mu sste definiert und mitgeteilt werden, wann die Ergeb-nisse der Na hrwertberechnungen anerkannt werden. Klar ist, dass eine exakte Einhaltung der

22 DGE (Hrsg): Qualitätsstandards für die Betriebsgastronomie. in form. Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung.

BMELV, 4. Aufl., 1. korr. Nachdruck 2015, 48 S., s.S. 35 23 Ebenda, s.S. 36

24 Peinelt V: Nährwertberechnung als Qualitätssicherungsinstrument in der Gemeinschaftsgastronomie? Ernährung im fokus (10), 370-375 (2010) 25 Peinelt V: NW-Berechnung als Instrument der QS. https://ewd-gastro.jimdo.com/schulverpflegung/stellungnahmen/naehrwertberechnungen/

Referenzwerte nie mo glich sein wird. Daher mu ssen die Na hrstoffkriterien, z.B. durch Tole-ranzspannen, erga nzt werden, innerhalb derer die Anforderungen fu r ein Premium-Zertifikat als erfu llt gelten. Derartige Spannen sind jedoch den Qualita tsstandards der DGE nicht zu ent-nehmen. Wenn sich jemand fu r ein Premium-Zertifikat interessiert, sollte er schon vorher wis-sen, ob er die Kriterien erfu llen kann oder nicht, alleine um hohe Kosten fu r Fehlversuche zu vermeiden.

Ferner sollten diese Anforderungen plausibel sein. U4blicherweise werden einheitliche Span-nen fu r Na hrstoffe angegeben, z.B. ±10%. Doch sind solche SpanSpan-nen wirklich sinnvoll? Fu r Vit-amine beispielsweise bra uchte im Grunde nur eine Untergrenze angegeben zu werden, denn gegen eine U4berschreitung der Referenzwerte wa re kaum etwas einzuwenden. Problemati-sche U4berschreitungen sind - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nur durch Pra parate mo g-lich. Umgekehrt wa ren fu r andere Na hrstoffe, wie z.B. Cholesterin oder Fett, nur Obergrenze zu nennen. Statt Spannen sollten also meist Unter- oder Obergrenzen definiert werden. Ledig-lich bei der Energie sollte eine Spanne eingehalten werden, da ein Mittagessen einerseits nicht zu viel, andererseits aber auch nicht zu wenig Energie liefern sollte. Daraus folgt, dass auch fu r die energieliefernden Na hrstoffe Spannen sinnvoll wa ren.

Zu fragen ist ferner, wie ein Speisenplan zu bewerten ist, der diese Grenzwerte in wenigen Fa l-len nur geringfu gig verfehlt, dafu r aber die Anforderungen fu r alle anderen Inhaltsstoffe sehr gut erfu llt? Wa re dieses u berwiegend sehr gute Ergebnis als Kompensation zu akzeptieren?

Oder sind Kompensationseffekte auf keinen Fall zula ssig? Wenn Letzteres zutra fe, wu rde ein solcher Speisenplan durchfallen. Dies ko nnte schwer vermittelbar sein. Werden aber Kompen-sationseffekte zugelassen, ist zu definieren, ob eine Kompensation bei allen Na hrstoffen oder nur bei bestimmten akzeptiert wird, ob die Zahl der Kompensationen zu limitieren ist und ob eine Gewichtung der Na hrstoffe eingefu hrt werden sollte. Durch diese Gewichtung ko nnte zum Ausdruck gebracht werden, dass Abweichungen von den Referenzwerten nicht gleich-wertig sind.

Dies sind nur einige Fragen, die im Zusammenhang mit der Bewertung einer NWB zu beant-worten sind. Leider finden sich zu diesen Fragen in den Qualita tsstandards der DGE keine Hin-weise, obwohl die Bedingungen der Zertifizierung ansonsten recht genau ausgefu hrt werden.

c) Fragwürdigkeit des Viertelansatzes

Auf eine weitere Besonderheit sei hier noch hingewiesen. Es geht um den Anteil des Mittages-sens bezogen auf die Tagesreferenzwerte, der erreicht sein soll und der sich natu rlich auf die Ho he der Na hrstoffanforderungen auswirkt. Bei fast allen Qualita tsstandards der DGE wird vom sog. Drittelansatz ausgegangen. Das heißt, dass ein Drittel aller Tagesreferenzwerte im Mittagessen enthalten sein soll. Nur beim Mittagessen in Kitas und Schulen wird dieser Ansatz durch den Viertelansatz ersetzt. In diesen Bereichen der GG reicht es also, wenn nur ein Vier-tel der Na hrstoffmengen der Tagesreferenzwerte im Mittagessen enthalten ist. Diese Abwei-chung wird leider wieder nicht begru ndet, was bei einer solchen AbweiAbwei-chung von allen ande-ren Standards eigentlich zu erwarten gewesen wa re.

Wir wissen, dass gerade beim Mittagessen viele wertvolle, d.h. na hrstoffreiche LM verwendet werden ko nnen, wie insbesondere Gemu se, Kartoffeln, Vollkornprodukte oder Fisch, wodurch ein sehr guter Beitrag zur Erna hrung geleistet werden kann. Daher sollte der Anteil des Mit-tagessens so hoch wie mo glich sein, dies umso mehr, als bei Kindern und Jugendlichen das

Fru hstu ck oft ausfa llt oder minderwertig ist. Diese Vorgabe in den Standards, einen geringe-ren Anteil der Tagesrefegeringe-renzwerte zu verlangen, hemmt somit die Umsetzung einer vollwerti-gen Erna hrung - und das gerade in diesen so wichtivollwerti-gen Altersgruppen.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass sowohl der Viertel- als auch der Drit-telansatz nach der "Rasenma hermethode" funktionieren. Dies bedeutet, dass fu r alle Na hrstof-fe der gleiche Anteil gefordert wird, obwohl die Mo glichkeiten, die Anforderungen zu erfu llen, von Na hrstoff zu Na hrstoff stark variieren. Bei manchen Na hrstoffen ist ein wesentlich ho he-rer Anteil als ein Viertel oder ein Drittel realisierbar, z.B. beim Vitamin C. Hier ko nnte sogar ohne große Schwierigkeiten i.D. 100% des Tagesreferenzwerts erzielt werden. Eine Anforde-rung von ≥ 75% wa re in diesem Fall angemessen. Bei vielen Mikrona hrstoffen ko nnen mind.

50% der Tagesreferenzwerte im Mittagessen erreicht werden. Leider verzichtet die DGE dar-auf, die Na hrstoffanforderungen an die Realisierungsmo glichkeiten anzupassen und unter-schiedliche Anteile zu definieren. Der Bewertungsaufwand wa re der gleiche. Auch dies wird nicht begru ndet.

Außerdem kann es vorkommen, dass die Na hrstoffanforderungen beim Viertelansatz den Vor-gaben fu r die LM-Auswahl bei der Speisenplanung widersprechen, was in einer Studie u ber das Angebot fu r Schulen in einem hessischen Landkreis gezeigt werden konnte26. Hierbei stell-te sich na mlich heraus, dass die Na hrwerstell-tergebnisse ganz gut mit den Anforderungen des Viertelansatzes u bereinstimmten, wa hrend die geforderte LM-Auswahl nur schlecht erfu llt wurde. Dies traf z.B. fu r Gemu se zu, das i.D. nur zu weniger als 50 g pro Gericht (also nur zu einem Bruchteil der Empfehlung) und auch nicht ta glich enthalten war. Ferner war im dreiwo -chigen Untersuchungszeitraum kein Fisch auf dem Speisenplan zu entdecken und fu r die Fleischspeisen wurden u berwiegend minderwertige, da fettreiche Hackfleischprodukte ver-wendet. Dies zeigt, dass der Viertelansatz viel zu schwach ist, d.h. zu wenig verlangt. Wurde hingegen der Drittelansatz angewendet, sah das Ergebnis deutlich schlechter aus. Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum die DGE fu r Kitas und Schulen nur den Viertelansatz zugrunde legt.

d) Widersprüche bei den Anforderungen

Im U4brigen sind die festgelegten Na hrwertangaben der Standards nicht immer widerspruchs-frei, wenn z.B. fu r die Schulverpflegung die Referenzwerte des Mittagessens fu r die Alters-gruppe "13-15 Jahre" in der 3. Auflage der Standards ho her liegen als die fu r "15-19 Jahre".

Die angefu hrte Begru ndung (mehr sitzende Ta tigkeit) mu sste sich in den Tagesreferenzwerten widerspiegeln, was aber nicht der Fall ist. Dort liegen die Referenzwerte der a lteren Jugendli-chen ho her27. Da die Referenzwerte fu r das Mittagessen u ber einen Prozentsatz von den Ta-geswerten abgeleitet werden, mu ssten eigentlich auch die Werte fu r das Mittagessen ho her liegen. Hier liegt also ein Widerspruch vor. Diese Festlegungen wurden allerdings in der neu-esten, vierten Auflage der Qualita tsstandards der DGE von 11/2014 herausgenommen. Auch hierfu r wurde wieder keine Begru ndung genannt. Wenigstens ha tte diese A4nderung in einer separaten Publikation dargelegt werden mu ssen (s. Pkt. III).

26 Peinelt V: Ergebnisse einer Studie fu r die Bewertung von Rezepturen fu r die Speisenplanung der Schulverpflegung in

26 Peinelt V: Ergebnisse einer Studie fu r die Bewertung von Rezepturen fu r die Speisenplanung der Schulverpflegung in