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Quartierssynthese

Im Dokument Produktion zurück ins Quartier? (Seite 142-145)

IV. Anforderungen für Urbane Produktion – Empirische Ergebnisse

7.2 Quartiere Urbaner Produktion

7.2.3 Quartierssynthese

Die Schwerpunkte dieser Synthese der Quartiersfallstudien liegen 1) auf der Struktur der produzierenden Unternehmen in den Quartieren, 2) auf der Vernetzung der Quartiers-Akteure, 3) auf den Leuchtturmprojekten der Stadtentwicklung und 4) auf der Einbettung der Quartiere in Programme und Strategien der Städte. Anhand dieser vier unterschiedlichen Schwerpunkte soll auf wichtige Aspekte von förderlichen Rahmenbedingungen für Urbane Produktion abgezielt werden.

1) Bestand: Beide Quartiere waren und sind Standorte produzierender Tätig-keiten und Arbeitsplätze

Die Quartiere Ölberg und Hörde knüpfen an eine lange Tradition als Standorte produzieren-der Unternehmen an, die – wenn auch auf unterschiedliche Art – heute noch Einfluss auf die Quartiersentwicklung hat. So ist das Quartier Ölberg noch jetzt durch Handwerksbetriebe geprägt, die auf dem Ölberg produzieren und arbeiten. Zusammen mit neu angesiedelten Kreativ- und Kulturschaffenden sowie dem vorhandenen Angebot an kleinen Verkaufsläden ist diese Mischung ein fruchtbarer Standort für Urbane Manufakturen, die lokale und hand-werklich hochwertige Produkte herstellen. Insbesondere in den neuen Urbanen Manufakturen wird der Ort des „Schaffens“ in das Ladenkonzept miteingefasst, um eine größere Wertschätzung für Produktion bei den Kundinnen und Kunden zu schaffen und Angebote wie beispielsweise Workshops zu integrieren. Die Entwicklung von Hörde, welche nicht zuletzt durch die Errichtung des Phoenix-Sees (angelegt auf dem ehemaligen Stahl-werksareal) hervorgerufen wurde, hin zu einem attraktiven Stadtteilzentrum steht noch am Anfang. Einige Manufakturen, in denen Seife, Schokolade, Quilts etc. hergestellt werden, und etwa eine Bootswerft haben sich hier niedergelassen. Im Teilgebiet Mirke der Wupperta-ler Nordstadt gibt es größere Gewerbebetriebe. Insbesondere durch die Entwicklung des Mirker Bahnhofs konnte eine neue Dynamik angestoßen werden, durch die gemeinsame offene Werkstätten (Makerspaces) und Urban-Gardening-Initiativen gegründet wurden.

2) Vernetzung: Neue Akteure und frische Ideen

Insbesondere in den beiden Wuppertaler (Teil-)Quartieren gibt es eine starke innovative Vernetzung zwischen Bewohnerschaft und Gewerbetreibenden des Viertels mit dem Ziel, die Quartiersentwicklung mitzugestalten. Mit Unterstützung des Vereins „Unternehmer und Unternehmerinnen für die Nordstadt“ hat sich im Quartier Ölberg ein kleines Cluster von neuen Urbanen Manufakturen gebildet. Durch eine sog. Nordstadtbroschüre präsentieren sich die Unternehmen in der Öffentlichkeit. Ein zentraler Akteur in der Entwicklung des Mir-ke-Quartiers ist der Verein Utopiastadt e. V., der mit ca. 150 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern ein Zentrum vielfältiger Aktivitäten ist. Dazu gehört u. a. eine regelmäßig stattfinden-de Quartierskonferenz. In Hörstattfinden-de gibt es eine gute Vernetzung stattfinden-der etablierten Hörstattfinden-der Unternehmen, die bereits länger am Standort angesiedelt sind. Hier scheint die Vernetzung mit den neu angesiedelten Urbanen Manufakturen ausbaufähig zu sein.

3) Leuchtturmprojekte entfalten Potenzial

Dortmund-Hörde und das Mirker Quartier sind durch die Entwicklung ehemals brachliegen-der Standorte geprägt. Die Entwicklung des Hörbrachliegen-der Phoenix-Sees war das zentrale Projekt der Dortmunder Stadtentwicklung der vergangenen Dekade und gilt als Erfolgsprojekt. Direk-te AusstrahlungseffekDirek-te auf die Hörder Innenstadt und die dort und im angrenzenden Umfeld

ansässigen produzierenden Unternehmen können im Rahmen dieses Gutachtens zwar nicht nachgewiesen werden, dennoch kann von indirekten Effekten, die dieses Großprojekt auf die Standortentscheidung der Unternehmerinnen und Unternehmer hatte, ausgegangen werden.

In Mirke hat die Wiederbelebung des alten, bereits stark sanierungsbedürftigen, denkmalge-schützten Bahnhofs nicht zuletzt dazu geführt, dass dieser Teil der Nordstadt wieder einen Namen bekommen hat. Im Quartier Ölberg gibt es derzeit kein vergleichbares Projekt, die Entwicklung dort knüpft vor allen Dingen an die traditionellen Strukturen der eingesessenen Manufakturen an und beinhaltet kleinere städtebauliche und imagefördernde Maßnahmen.

Die Effekte eines Leuchtturmprojekts auf die Entwicklung eines Quartiers können auch an-hand der Samtweberei in Krefeld erklärt werden, die in dieses Gutachten bereits durch die Einzelfallstudie Illhill/Shirtfab Eingang gefunden hat. Am Ölberg hat nicht zuletzt das Enga-gement der Unternehmerinnen und Unternehmer dazu geführt, dass sich das Ölbergfest mit mittlerweile ca. 50.000 Besucherinnen und Besuchern als lukratives Event alle zwei Jahre etabliert hat und maßgeblich dazu verhilft, dass Produkte und Manufakturen in der Region bekannt gemacht werden. So sind nicht nur bauliche Leuchtturmprojekte mit Erfolg gekenn-zeichnet, sondern auch immaterielle.

4) Strategien zwischen Stadtumbau und bürgerschaftlichem Engagement Im Jahre 2016 ist das Integrierte Handlungskonzept Dortmund-Hörde zum dritten Mal fortge-schrieben worden. Zahlreiche Projekte, die eine Aufwertung des Images, eine Stärkung des lokalen Wirtschaftsgefüges und Integrationsprojekte umfassen, werden durchgeführt. Kon-zepte für die Entwicklung von neuen Produktionsbetrieben in den Hörder Stadtumbauquartieren fehlen jedoch. Die Konzepte konzentrierten sich auf die Entwicklung des Einzelhandels in der Innenstadt von Hörde, auf die Verbesserung des öffentlichen Rau-mes, des Wohnumfeldes, des innenstadtnahen Wohnens und auf die Lösung von Verkehrsproblemen. Auch am Ölberg und insbesondere für Mirke wurde das Stadtentwick-lungsprogramm Stadtumbau fortgeschrieben. Bis 2025 will sich die Stadt Wuppertal weiterhin dem Thema Lokale Ökonomie widmen, weshalb die Handlungsfelder Gewerbeflä-chen und BrachfläGewerbeflä-chen in das Integrierte Handlungskonzept aufgenommen wurden. Zu nennen sind hier außerdem die Entwicklungsstrategien des Vereins Utopiastadt e. V., der die offenen Werkstätten verstetigen möchte, sowie u. a. die mögliche Errichtung eines Qualifizie-rungscenters zum Thema Handwerk und Arbeit 4.0 gemeinsam mit der Kreishandwerkerschaft und dem Jobcenter. Wie bereits bei den Leuchtturmprojekten er-wähnt, spielt auch die Zusammenarbeit zwischen Stadt und dem bürgerschaftlichem bzw.

Unternehmensengagement eine Rolle, da nur gemeinsam Urbane Produktion vermarktet werden kann. Ein weiterer Vorteil ist, wenn die Immobilien Eigentum der lokalen Bevölkerung sind. Diese ist eher bereit, in den eigenen Stadtteil zu investieren und die Immobilien z. B.

durch Urbane Manufakturen aufzuwerten und evtl. zu Beginn günstigere Mieten hinzuneh-men, um Leerstand entgegen zu wirken.

Abschließend kann festgehalten werden, dass Urbane Manufakturen in den ausgewählten Quartieren innerhalb der letzten Jahre an Bedeutung gewonnen haben und Bestandteil des in den Quartieren stattfindenden Aufwertungsprozesses sind. Das Produktionsspektrum ist recht breit, hat jedoch einen Schwerpunkt im Bereich der hochwertig hergestellten Produkte (Seifen, Taschen etc.). Es gibt Bezüge zu neuen Akteuren, die sich in den Vierteln engagie-ren und gemeinsam Strategien entwickeln, die in Ergänzung zum Instrumentarium der

Stadtentwicklung stehen. Sanierte altindustrielle Gebäude bieten sich als Räumlichkeiten für urbanes Produzieren an. Die beiden Quartiersbeispiele zeigen, dass sich Urbane Produktion bzw. Urbane Manufakturen auch ohne explizite planerische Vorgabe entwickeln können und in bestimmten Räumen – vor allem dort, wo es eine Vielzahl von freien (insbesondere klei-nen) Ladenlokalen und Hinterhöfen gibt – besonders anschlussfähig sind. Zudem gibt es Ausstrahlungseffekte, die den Nachzug von weiteren ähnlichen Laden- und Produktionskon-zepten nach sich ziehen. Allerdings ist es durchaus denkbar, Urbane Manufakturen mit ihrem Konzept aus Produktion, Direktvertrieb und Schulungsangeboten als festen Bestandteil einer nachhaltigen Stadtentwicklung und Stadterneuerung aufzunehmen (beispielsweise im Rah-men von FörderprogramRah-men) und im Sinne einer Quartiersstrategie aktiv zu unterstützen und zu fördern. Sowohl Quartiersmanagement als auch Wirtschaftsförderung und Stadtpla-nung wären daher Ansprechpartner für die Entwicklung und den Erhalt von Urbanen Manufakturen.

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