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Homepreneurinnen und Homepreneure

Im Dokument Produktion zurück ins Quartier? (Seite 39-43)

II. Forschungsstandanalyse

2.3 Betriebs- und Preneurstypen Urbaner Manufakturen

2.3.6 Homepreneurinnen und Homepreneure

Bei Homepreneurinnen und -preneuren handelt es sich um Unternehmerinnen und Unter-nehmer, die zu Hause arbeiten und meist im Sinne der Do-it-yourself-Bewegung Dinge des täglichen Bedarfs herstellen und vertreiben. Produktions- und Innovationsprozesse haben sich einer breiten Masse geöffnet, welcher nun auch neue Technologien zur Verfügung stehen, wodurch der gesellschaftliche Trend hin zur Do-it-yourself- bzw. Selbermachkultur (Simons, Petschow, Peuckert 2016) verstärkt wurde. „Junge, städtisch orientierte [Akteure]

wollen Dinge des täglichen Bedarfs wieder selbst herstellen“ (Baier, Müller, Werner 2013: 305). Dabei haben sie nicht ausschließlich das Ziel, sich selbst zu versorgen, sondern auch unternehmerisch tätig zu werden (ebd.).

Selbstgemachtes bekommt somit einen Wert und lässt sich auf unterschiedlichen Kanälen vertreiben. Einerseits kann dies über Internetplattformen wie DaWanda oder Etsy laufen oder auch über verschiedene weniger bekannte Marktforen, die zusätzlich als eine Art Aus-tauschmedium und Feedbackfunktion für die Kundschaft und Produzierende fungieren (ebd.). Andererseits vertreiben viele dieser Unternehmerinnen und Unternehmer ihre Produk-te auch innerhalb ihres BekannProduk-tenkreises und ihrer Nachbarschaft. Ein weiProduk-terer Kanal können klassische Messen oder Märkte sein. In jüngster Vergangenheit gibt es zudem das Phänomen, dass in Cafés oder Bars in einem Winkel selbstgemachte Waren angeboten werden. Außerdem gibt es mittlerweile spezielle Läden, die Regale an Kleinstunternehme-rinnen und -unternehmer vermieten, wo eine Auswahl an Waren angeboten werden kann.

Die Tätigkeiten und Produkte variieren dabei stark: Kochen, Backen, Basteln, Häkeln, Stri-cken, Nähen, Schreinern oder 3D-Druck sind denkbar. Die Produkte reichen von Portemonnaies über Schmuck, Mützen und Chutneys bis hin zu Smartphone-Hüllen.

Ursprung dieser Bewegung scheint zu sein, dass immer mehr Menschen wieder verstehen wollen, wie Produkte zusammengesetzt sind, funktionieren und produziert werden. Andrea Baier nennt dies, Industrieprodukte zu „entzaubern“ (2013: 309) und so die Möglichkeit zu bekommen, Dinge zu reparieren oder umzunutzen. Im Falle der hier beschriebenen Home-preneurinnen und -preuneure geht es womöglich v. a. „darum, sich in seinem Hobby zu professionalisieren und eventuell auch ein Zubrot zu verdienen, um nicht auf einen Job in der Industrie angewiesen zu sein“ (Friebe 2011).

Wie der Begriff „Homepreneure“ bereits andeutet, werden bestimmte Produkte in den haus-eigenen Räumlichkeiten erzeugt. Prinzipiell kann somit überall dort, wo gewohnt wird, auch in geringen Skalen emissionsarm produziert werden. Klassische Bilder sind in dem Zusam-menhang z. B. der eigene Produktionskeller oder die Bastelgarage. Aber auch in innerstädtischen Wohnungen, die beispielsweise in allgemeinen Wohngebieten liegen, kön-nen Dinge hergestellt werden. Da, wie bereits beschrieben, die Produktionsfläche die eigene Wohnung darstellt, fällt der Anteil der Produktion jedoch sehr gering aus. In der Regel sind am ganzen Wertschöpfungsprozess nicht mehr als die Bewohnerin bzw. der Bewohner selbst beteiligt, abgesehen vom weiteren Vertrieb eigener Produkte. Die Chancen für einen positiven Einfluss auf die Stadtentwicklung im Sinne einer Nutzungsmischung sind hierbei jedoch als sehr gering zu betrachten. Tätigkeiten sind nach außen hin kaum wahrnehmbar und werden meist nur von Einzelpersonen in Teilzeit neben der eigentlichen Wohnnutzung kurzzeitig ausgeführt. Ein Quartier dauerhaft durch jene Nutzung zu stabilisieren bleibt somit hinter anderen Möglichkeiten der Urbanen Produktion zurück. Jedoch können durch die

„Home-Produktion“ Menschen im Quartier gehalten werden, die mit ihren Produkten ein Stück weit zum eigenen Lebensunterhalt beitragen, aber auch Versorgungspotenzial bieten.

Bei Erfolgsaussichten ist durchaus denkbar, die hauseigene Produktion ins Quartier auszu-lagern bzw. auszuweiten und somit sichtbar zu werden. Im besten Fall können dann Leerstand oder angebotene Ladenflächen im Quartier für die weitere Produktion genutzt werden (siehe Fallstudie MädelsKramLaden in Kap. 7.1.3), was wiederum zu mehr positiven Gesamteffekten führt.

2.4 Synthese

Die folgende Abbildung 5 zeigt unser Verständnis Urbaner Produktion; wie diese im Einzel-nen unterteilt wird, wo sie stattfindet und welche Ausprägung sie haben kann.

Abb. 5: Arten, Betriebsformen und Orte Urbaner Produktion

Die in dieser Studie im Mittelpunkt stehenden kleinen und mittleren Betriebe bzw. Kleinstbe-triebe im Bereich der Urbanen Produktion lassen sich in Urbane Landwirtschaft und Urbane Manufakturen unterteilen, denen wiederum einzelne Betriebstypen konkret zugeordnet wer-den können. So kann eine Urbane Manufaktur einen Handwerksbetrieb darstellen oder auch einen Lebensmittelbetrieb. Sicherlich werden mit Urbanen Manufakturen einerseits Betriebe, die hochspezialisierte bzw. hochwertige (Luxus-)Güter herstellen, verbunden, aber wir fas-sen gleichzeitig auch ganz traditionelle Handwerksbetriebe darunter. Des Weiteren können Mischformen der verschiedenen Betriebstypen entstehen. So kann eine Marmeladenmanu-faktur gleichzeitig Nahrungsmittelbetrieb sein und ökologisch-orientiert handeln oder ein Techbetrieb der Migrantenökonomie angehören.

Urbane Manufakturen bieten die Möglichkeit, Arbeitsplätze in der Stadt zu schaffen. Durch die Vernetzung, in beispielsweise offenen digitalen Werkstätten, treten Spill-Over-Effekte auf, die zur Wissensbildung und -weitergabe dienen. Vor allem das Handwerk kann dadurch stabilisiert und gestärkt und in den urbanen Raum eingebettet werden. Aufgrund ihrer lokalen Ausrichtung sind Urbane Manufakturen ein geeigneter Ausgangspunkt, lokale Wertschöp-fungsketten zu stärken und durch weitere Vernetzung ggf. auch sektorübergreifende Produktionsentwicklung zu stimulieren.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass von Urbanen Manufakturen mit ihren hochwertigen und handwerklich hergestellten Produkten Ausstrahlungseffekte ausgehen können, durch die ihr räumliches Umfeld aufgewertet wird. In diesem Zusammenhang bietet es sich an, zu klären, inwieweit sich die gezielte Ansiedlung Urbaner Manufakturen als ein Instrument der Quartiersentwicklung eignet. Nicht zuletzt tragen Urbane Manufakturen zu einer gemischten

Stadt bei, in der die Funktionen Wohnen und Arbeiten nicht voneinander getrennt, sondern in der Nachbarschaft stattfinden können.

Für Urbane Produktion lassen sich einige charakteristische Orte feststellen (siehe Abb. 5):

Anfänge Urbaner Produktion finden sich beispielsweise häufig in Privaträumen wie Keller oder Garage, wo Unternehmerinnen und Unternehmer eine Produktidee zunächst ausprobie-ren und in kleinsten Skalen, womöglich nur für eine private Kundschaft, herstellen. Gewerbe- und Handwerkerhöfe eignen sich insbesondere für die verschiedenen Betriebstypen Urbaner Manufakturen, da Synergien gebündelt (ggf. können Maschinen gemeinsam genutzt werden) und Netzwerke entstehen können. Ebenso können Coworking-Spaces gute Orte für Urbane Produktion sein, wo (offen gestaltete) Arbeitsplätze und Infrastruktur (Internetanschluss, technische Gerätschaften und Räumlichkeiten) für eine bestimmte Zeit, unverbindlich ange-mietet werden können. Dies ermöglicht es den Unternehmen, flexibel zu agieren, von den anderen Co-Workerinnen und -Workern zu profitieren und gemeinsame Aktivitäten zu pla-nen. Ähnliches gilt für die Makerspaces (sog. Hightech-Werkstätten), wo insbesondere Techpreneurinnen und -preneure eine technische Infrastruktur nutzen können und Gleichge-sinnte für den Austausch von Ideen vorfinden. Insgesamt sind Leerstände bzw. Brachflächen für alle Arten der Urbanen Produktion in Betracht zu ziehen, da teilweise noch große Flächen vorhanden sind und kreative Produktionsprozesse neue Nutzungen möglich machen. Letzte-re bieten auch die Möglichkeit einer Zwischennutzung.

Im Dokument Produktion zurück ins Quartier? (Seite 39-43)