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Quantenmessproblem

Im Dokument Zur Interpretation der Quantenphysik (Seite 69-74)

II. Zur Interpretation der Quantenmechanik 55

6.4. Quantenmessproblem

Der meistdiskutierte Aspekt in Bezug auf die quantenmechanische Messung ist wohl der postulierte stochastische Kollaps, der bei Durchf¨uhrung einer Messung auftritt. Bei die-sem geht der Zustandsvektor des gemessenen Systems zuf¨allig und instantan in einen der Eigenzust¨ande des zur gemessenen Gr¨oße geh¨origen selbstadjungierten Operators

¨

uber, was im Rahmen der Standardinterpretation, je nach Auffassung, ontologisch einen Ubergang von¨

”potentiell liegen multiple Werte einer Gr¨oße vor, aber keiner ist reali-siert“ bzw.

”multiple Werte sind real“ zu

”ein konkreter Wert ist real“ bewirkt. Welcher Wert angenommen wird – welche Eigenschaft also schlussendlich tats¨achlich vorliegt – unterliegt dabei dem Zufall.

M¨ochte man auch makroskopische Systeme im Rahmen des quantenmechanischen For-malismus beschreiben, wie es am Ende des letzten Abschnitts motiviert wurde, so soll-te der Messprozess anhand einer unit¨aren Entwicklung des Gesamtsystems

”System + Messapparat“ modelliert werden k¨onnen. Eine unit¨are Entwicklung wird aber niemals zu einem stochastischen Prozess, wie dem des Kollaps im Messpostulat, f¨uhren. Dies kann man bereits daran erkennen, dass sich die L¨osungskurven einer Differentialgleichung von der Form der Schr¨odingergleichung niemals aufteilen oder schneiden k¨onnen. Ist der Zu-stand des beschriebenen Systems zu einem Zeitpunkt bekannt, so ist er f¨ur jeden davor-und danachliegenden Zeitpunkt eindeutig gegeben. Aus einem vorgegebenem Zustand wird kein

”oder“ (keine Wahrscheinlichkeitsverteilung ¨uber verschiedene Zust¨ande) und verschiedene Anfangszust¨ande werden sich umgekehrt durch dieselbe Zeitentwicklung niemals in denselben Zustand entwickeln. Wir k¨onnen also gleich vorwegnehmen, dass die wahrgenommenen Ph¨anomene – welche anhand des Kollaps zwar wunderbar beschrie-ben, aber nicht verstanden werden k¨onnen – allein anhand der Schr¨odingergleichung bzw.

der unit¨aren Dynamik im Rahmen der Standardquantenmechanik nicht erkl¨arbar sind.

Trotzdem gebe ich an dieser Stelle den Versuch einer Modellierung des quantenmecha-nischen Messprozesses wieder, welcher ausschließlich auf einer unit¨aren Entwicklung des Gesamtsystems

”System + Messapparat“ beruht und welcher in ¨ahnlicher Form bereits durch von Neumann in [31, S. 233 – 237] angestellt wurde.

Modellierung des Messprozesses

Wir versuchen also, den Messprozess durch eine unit¨are Evolution des Gesamtsystems

”System + Messapparat“ zu beschreiben. Im Zuge dessen wollen wir selbstverst¨ andlicher-weise die quantenmechanischen Messergebnisse, auf welche die Theorie aufbaut, erhalten.

Wie lassen sich nun aber Aussagen ¨uber physikalische Gr¨oßen und Messergebnisse treffen, wenn wir auf das Messpostulat verzichten m¨ochten? Dazu greifen wir Einsteins Kriteri-um f¨ur die Existenz einer Eigenschaft – die Eigenwert-Eigenzustand-Verkn¨upfung – auf und nehmen an, dass eine Eigenschaft genau dann eindeutig vorliegt, wenn der betrach-tete Zustand ein Eigenzustand des zugeh¨origen Messoperators ist. Zugegebenermaßen verzichten wir damit nicht komplett auf das Messpostulat. Wir geben jedoch den sto-chastischen Kollaps – also den instantanten, nicht unit¨ar beschreibbaren ¨Ubergang des Zustandes – auf und verwenden nur mehr die Eigenzust¨ande der postulierten selbstad-jungierten Messoperatoren.

Um die Interaktion zwischen MessapparatA und gemessenem SystemS zu modellie-ren, machen wir uns vorab einige Gedanken, was sinnvolle Kriterien f¨ur einen Messpro-zess sind. Dazu betrachten wir die Messung einer Observable mit zugeh¨origem Messope-ratorS=Pn

i=1λi|sii hsi| ∈L(HS).

• Eine erste sinnvolle Voraussetzung f¨ur eine Messung ist, dass es durch alleinige Betrachtung der Messapparatur m¨oglich sein soll, die gemessene Eigenschaft des Systems abzulesen. Dazu m¨ussen System und Apparat zu irgendeinem Zeitpunkt miteinander wechselwirken, was bedeutet, dassSundAmiteinander verschr¨anken.

• Weiters sollten die verschiedenen Messwerte der gemessenen ObservableS anhand des finalen Zustandes der Messapparatur erkenn- und insbesondere unterscheid-bar sein. Dazu muss erstens die Dimensiondim(HA) =m des Zustandsraums des Apparats gr¨oßer gleich der des Zustandsraums des Systems dim(HS) = n sein und zweitens das Vorliegen verschiedener Eigenzust¨ande des Messoperators S im System zu wohlunterscheidbaren Apparatzust¨anden f¨uhren. Dies ist erf¨ullt, wenn die zugeh¨origen Apparatzust¨ande senkrecht aufeinander stehen. Geht man zum Beispiel von Zeigern im Ortsraum aus, so impliziert die Orthogonalit¨at der Wel-lenfunktionen im Hilbertraum, dass die Tr¨ager der Zeiger im Konfigurationsraum disjunkt sind.28

Diesen ¨Uberlegungen zufolge m¨ussen sich die Eigenzust¨ande des Messoperators S ∈ L(HS) bei einem Messprozess gem¨aß

|sii |a0i (Evolution)

−−−−−−−−→ |sii |aii (148)

entwickeln, wobei es sich bei den |aii um paarweise orthogonale Apparatzust¨ande han-delt und|a0i der Zustand des Apparates ist, wenn sich dessen Zeiger in einer 0-Position befindet. Damit bleibt n¨amlich die bereits vor der Messung vorliegende Eigenschaft der gemessenen Gr¨oße durch die Messung unver¨andert und die Entwicklung f¨uhrt zu separa-blen Endzust¨anden, bei welchen die Teilzust¨ande der Messapparatur senkrecht aufeinan-der stehen. Dadurch ist garantiert, dass am Ende eindeutige Apparatzust¨ande vorliegen.

28Vgl. daszu [15, S. 12 – 16].

Gilt Gl. 148 aber f¨ur alle Zust¨ande der Messbasis {|sii}ni=1, so ist die Dynamik wegen des Superpositionsprinzips29f¨ur einen beliebigen Zustand|ψi=Pn

i=1ci|siides Systems

Der Zustand auf der rechten Seite von 149 stellt nun aber keinen separablen Zustand mehr dar. Wenn sichS also nicht gerade in einem Eigenzustand der durch den Apparat gemessenen Gr¨oße befindet, liegen am Ende ein verschr¨ankter Zustand und damit sowohl keine eindeutige Zeigerstellung als auch kein eindeutiger Zustand im System mehr vor.

Damit kann aber auch keine eindeutige Zeigerstellung mehr abgelesen werden, weshalb der Endzustand als Resultat eines Messprozesses ungeeignet ist. Nun liegt dies nicht an unserem m¨oglicherweise ung¨unstig gew¨ahlten Modell. Aufgrund des Superpositionsprin-zips f¨uhrt jede beliebige Zeitentwicklung, bei welcher System und Apparat verschr¨anken, zu diesem Problem. Wir sehen, dass wir allein anhand der Schr¨odingergleichung (unit¨aren Zeitentwicklung) und der Eigenwert-Eigenzustand-Verkn¨upfung das Auftreten eindeuti-ger Messergebnisse nicht erkl¨aren k¨onnen. Genau dies – dass die obige Modellierung des Messprozesses f¨ur eine Beschreibung der Realit¨at unzul¨anglich ist – verdeutlichte auch Schr¨odinger mit seiner ber¨uhmt gewordenen Katze, die als quantenmechanisch beschrie-benes Messinstrument ein besonders groteskes Bild abgibt:

”Man kann auch ganz burleske F¨alle konstruieren. Eine Katze wird in eine Stahl-kammer gesperrt, zusammen mit folgender H¨ollenmaschine (die man gegen den direk-ten Zugriff der Katze sichern muß): in einem Geigerschen Z¨ahlrohr befindet sich eine winzige Menge radioaktiver Substanz, so wenig, daß im Lauf einer Stundevielleicht ei-nes von den Atomen zerf¨allt, ebenso wahrscheinlich aber auch keines; geschieht es, so spricht das Z¨ahlrohr an und bet¨atigt ¨uber ein Relais ein H¨ammerchen, das ein K¨olbchen mit Blaus¨aure zertr¨ummert. Hat man dieses ganze System eine Stunde lang sich selbst

¨uberlassen, so wird man sich sagen, daß die Katze noch lebt,wenninzwischen kein Atom zerfallen ist. Der erste Atomzerfall w¨urde sie vergiftet haben. Dieψ−Funktion des ganzen Systems w¨urde das so zum Ausdruck bringen, daß in ihr die lebende und die tote Katze (s.v.v.) zu gleichen Teilen gemischt oder verschmiert sind. Das Typische an diesen F¨allen ist, daß eine urspr¨unglich auf den Atombereich beschr¨ankte Unbestimmtheit sich in grob-sinnliche Unbestimmtheit umsetzt, die sich dann durch direkte Beobachtungentscheiden l¨aßt. Das hindert uns, in so naiver Weise ein

”verwaschenes Modell“ als Abbild der Wirk-lichkeit gelten zu lassen. An sich enthielte es nichts Unklares oder Widerspruchsvolles. Es ist ein Unterschied zwischen einer verwackelten oder unscharf eingestellten Photographie und einer Aufnahme von Wolken und Nebelschwaden.“ [41][S. 812]

29asst sich der Anfangswert|ψit0 einer linearen Differentialgleichung als Superposition eines Tupels anderer zul¨assiger Anfangswerte|ψit

0 =P

iiit

0 schreiben, so gilt dies auch f¨ur jede L¨osung dieses Anfangswertproblems |ψit. Anhand der L¨osungen der Anfangswerte |ψit

0 asst sich |ψit also durch

|ψit=P

iiit ausdr¨ucken. Im Fall der Schr¨odingergleichung bedeutet dies: L¨asst sich ein Zustand zu einem Zeitpunkt als Superposition|ψit

0=P

iiit

0 schreiben, so l¨asst sich der zeitentwickelte Zustand

|ψitauf dieselbe Weise mittels der ebenfalls zeitentwickelten Zust¨andeiitschreiben; also in der Form

|ψit

0=P

iiit

0.

Auch D¨urr und Lazarovici halten in [15, S. 33] fest, dass eindeutige Messergebnis-se allein anhand des Zustandsvektors und desMessergebnis-sen unit¨arer Entwicklung nicht erkl¨art werden k¨onnen. M¨ochte man an eindeutigen Messergebnissen festhalten, k¨onne – so schließen sie – die Schr¨odingergleichung entweder nicht jede Entwicklung quantenme-chanischer Systeme beschreiben, oder die Beschreibung quantenmequantenme-chanischer Systeme durch den Zustandsvektor sei nicht vollst¨andig. Schließlich sei es anhand des Zustandes nicht feststellbar, welches Messergebnis bei einer konkreten Messung auftrete. Sie schrei-ben:”Wenn wir [. . . ] darauf bestehen, dass das Ergebnis der Messung entweder

”1“ oder

”2“ (aber nicht beides zugleich) ist, dann haben wir folgende Situation: Entweder ist die Wellenfunktion des Gesamtsystems nach der Messung nicht [c1|s1i |a1i+c2|s2i |a2i ]. Dann ist die Schr¨odinger-Gleichung nicht richtig, zumindest nicht immer. Oder die Wellenfunktion des Gesamtsystems ist tats¨achlich [ c1|s1i |a1i+c2|s2i |a2i ], aber die-se Wellenfunktion beschreibt den Zustand des Systems nicht vollst¨andig. Dann fehlen n¨amlich genau jene Bestimmungsst¨ucke, die den Unterschied machen zwischen einem Zeiger der nach links zeigt und einem Zeiger der nach rechts zeigt [. . . ].“ [15, S. 33]

Maudlin fasst die Problematik in [29] noch etwas allgemeiner zusammen, indem er nicht einfach vorweg annimmt, dass am Ende einer Messung tats¨achlich eindeutige Mes-sergebnisse vorliegen m¨ussen. Stattdessen stellt er ein Tripel von Aussagen auf, welche in Kombination einen Widerspruch bilden. Mindestens eine der drei Aussagen30:

– Die Quantenmechanik ist vollst¨andig, d.h. der Vektor |ψi, mit dem das quanten-mechanische System korreliert ist, bestimmt s¨amtliche objektiven Eigenschaften des betreffenden Systems.

– Vektoren im Hilbertraum unterliegen immer einer linearen zeitlichen Dynamik, n¨amlich (etwa) gem¨aß der Schr¨odinger-Gleichung.

– Messungen haben bestimmte, definite Resultate. Nach einer Messung zeigt also das Ger¨at genau einen der m¨oglichen Werte an, die durch die Eigenwerte des entsprechenden Operators gegeben sind.

muss demnach verworfen werden.

Die von den verschiedenen Autoren auf unterschiedliche Weise dargestellte Problematik der Unzul¨anglichkeit der obigen Modellierung ist unter dem Namen Quantenmesspro-blem bekannt. Oftmals wird noch ein weiterer ebenfalls mit der obigen Modellierung einhergehender Aspekt, das sogenannte preferred-basis problem, als Teil des Quanten-messproblems verstanden. Dieses wird am Ende des Abschnitts diskutiert.

Kollaps

Von Neumann versuchte die Problematik zu l¨osen, indem er einen nicht-unit¨aren Kollaps postulierte, welcher ausschließlich bei Messungen auftreten soll. Der unit¨are Prozess in Gl. 149 wird dabei durch eine zweite nicht deterministische Dynamik erg¨anzt, welche einen Kollaps des finalen Gesamtzustands in Gl. 149 auf einen der separablen

System-30Die Aussagen sind nach der sinngem¨aßen deutschen ¨Ubersetzung von Friebe u. a. in [19, S. 62]

zitiert.

Apparat-Zust¨ande in Gl. 148 bewirkt, also eine Entwicklung der Form

n

X

i=1

ci|sii |aii −−−−−→ |sKollaps ii |aii, (150) wobei es dem Zufall unterliegen soll, auf welchen der|sii |aii der Superpositionszustand dabei kollabiert. Die relativen H¨aufigkeiten sollen wiederum durch die |ci|2 gegeben sein.

Die Einf¨uhrung des Kollaps scheint zwar die Erkl¨arung eindeutiger Messergebnisse (bzw. Zeigerstellungen) zu erm¨oglichen, f¨uhrt jedoch wieder zu den urspr¨unglichen Pro-blemen der quantenmechanischen Messung zur¨uck, welche erst der Grund f¨ur unseren Modellierungsversuch waren. Die Frage danach, was eine Messung so besonders macht und wodurch der Kollaps ausgel¨ost wird, bleibt ungekl¨art. Mehr als dass man durch den Kollaps nur wieder zu den alten Problemen zur¨uckgekehrt ist, wurde dadurch auch noch eine Debatte ausgel¨ost, an welchem Punkt der Messung die zweite Dynamik – der Kollaps – denn nun tats¨achlich auftreteten soll. Dieser Punkt, an welchem der Kol-laps positioniert wird, ist in der Literatur als Heisenbergschnitt bekannt. Bei Bohr war dieser wohl zwischen gemessenem System und Messapparat zu verorten, weil er den Kollaps als Erscheinung der Wechselwirkung eines (makroskopischen) klassischen und eines (mikroskopischen) quantenmechanischen Systems verstand. Von Neumann dahin-gegen versuchte, bei seiner Modellierung die Interaktion von gemessenem System und Messapparat ganz im Sinne der Quantenmechanik unter ausschließlicher Ben¨utzung ei-ner unit¨aren Dynamik zu beschreiben, und postulierte anschließend einen Kollaps des Gesamtsystems

”System + Apparat“. Bei ihm scheint sich der Schnitt also erst hinter dem Apparat zu befinden. Andere, wie z.B. Wigner, diskutierten den Kollaps in Zusam-menhang mit der Wahrnehmung eines Messenden und verorteten den Heisenbergschnitt erst in dessen Bewusstsein.31 Bell dahingegen kritisiert diese Vorstellung eines vom Be-wusstsein eines

”Messenden“ ausgel¨osten Kollaps stark. So schreibt er beispielsweise in [4, S. 244]:

”Was genau qualifiziert irgendwelche physikalischen Systeme, die Rolle des

’Messenden‘ zu spielen? Hat die Wellenfunktion der Welt tausende von Millionen von Jahren darauf gewartet, zu springen, bis ein einzelliges, lebendes Gesch¨opf erschien?

Oder musste sie etwas l¨anger warten, auf ein besser qualifiziertes System. . . mit einem Doktortitel? Wenn die Theorie auf etwas anderes, als hochidealisierte Laboroperationen angewandt werden soll, sind wir dann nicht gezwungen, zuzugeben, dass mehr oder weni-ger’messungs¨ahnliche‘ Prozesse mehr oder weniger jederzeit, mehr oder weniger ¨uberall, stattfinden? Haben wir das Springen dann nicht st¨andig?“ Schlussendich gibt es auch noch Theorien, in welchen ein Heisenbergschnitt tats¨achlich verbannt wird. So zum Bei-spiel in Hugh Everetts Viele-Welten-Interpretation.32 Diese Interpretation verneint die dritte Aussage von Maudlins Aussagentripel und verzichtet damit auf eindeutige Mes-sergebnisse. (vgl. [15, S. 37]) Wie der Name der Interpretation bereits andeutet, wird in ihr unsere Wahrnehmung eindeutiger Messergebnisse grob gesagt dadurch begr¨undet, dass sich unsere Welt bei jeder Messung in multiple, im Anschluss an die Messung nicht mehr wechselwirkende Zweige aufteilt. Auch der Beobachter wird in multiple

” Parallel-schicksale“ aufgeteilt, jedes Bewusstsein registriert jedoch nur jenen Zweig, in welchem

31Siehe beispielsweise [50].

32Eine Einf¨uhrung in diese Interpretation findet sich beispielsweise in [15, S. 107 – 118].

es sich befindet.

Ein weiteres Problem

Wie bereits weiter oben angemerkt, bleibt noch ein weiteres Problem, welches durch den eingef¨uhrten Kollaps ungel¨ost bleibt. Wenn von Neumann n¨amlich davon spricht, dass der Kollaps den ¨Ubergang in Gl. 150 bewirkt, so hat er die Basis{|sii}ni=1, auf welche das System kollabiert (genauer gesagt: auf einen Zustand davon), wiederum ad hoc bestimmt.

Denn, obwohl sich die unit¨are Entwicklung, welche hinter der Zustandstransformation in Gl. 149 steckt und den Messprozess beschreiben soll, durch die paarweise orthonormalen Vektoren {|si⊗aii}ni=1 in besonders sch¨oner und einfacher Form darstellen l¨asst, kann dies kein Kriterium f¨ur die Auszeichnung dieser Vektoren {|si⊗aii}ni=1 sein. Im Regel-fall gibt es f¨ur einen Zustand |ψi im Tensorproduktraum HS⊗ HA n¨amlich unendlich viele solcher Paare von Mengen paarweise orthonormaler Vektoren {|eii}ni=1∈ HSn und {|fij}nj=1 ∈ HAn, anhand derer sich|ψi in der Form

|ψi=

n

X

i=1

˜

ci|ei⊗fii (151)

darstellen l¨asst. Man nennt eine Darstellung dieser Form eine Schmidt-Zerlegung oder biorthogonale Zerlegungdes Zustands|ψi. Es bleibt anhand der Modellierung also unklar, auf welche Basis der Zustand schlussendlich kollabiert. Die Problematik der unerkl¨arten Auszeichnung einer Basis, welche bei Eintreten des postulierten Kollaps relevant wird, ist im Englischen unter dem Namen preferred-basis problem bekannt.

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