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Mathematische Grundlagen

Im Folgenden finden Sie eine kurze Liste der in dieser Arbeit verwendeten mathemati-schen Konzepte inklusive einer kurzen Bemerkung, ob bzw. wo diese Konzepte in meiner Arbeit eingef¨uhrt werden. Im Anschluss f¨uhre ich noch einige mathematische Details, welche mir besonders wichtig erschienen, im Fließtext jedoch keinen geeigneten Platz fanden, kurz an. Diese Erl¨auterungen sind f¨ur eine erste Auseinandersetzung mit den Themen nicht geeignet, sondern dienen eher einer Auffrischung des bereits vorhandenen Wissens und einer Hervorhebung besonders wichtiger Details. Ich verwende in meiner Arbeit die in der Quantenmechanik ¨ubliche Dirac-Notation f¨ur Vektoren |ψi und deren Dual hψ|.

• Hilbertraum und Dualraum inkl. Eigenschaften (vorausgesetzt)

• Operatoren inkl. Darstellung (im Anschluss kurz behandelt)

• Spur und Spektrum eines Operators (vorausgesetzt)

• Tensorproduktraum (in Abschnitt 4.1 (Seite 37) eingef¨uhrt)

• Unit¨are Operatoren (in Abschnitt 2.2 (Seite 18) kurz eingef¨uhrt)

• Selbstadjungierte Operatoren inkl. Eigenbasen (im Anschluss kurz behandelt)

• Projektionen (im Anschluss kurz behandelt)

• Kommutator (in Abschnitt 3.3 (Seite 32) definiert)

• Grundlagen der Stochastik: Wahrscheinlichkeitsmaß und dessen frequentistische Interpretation, Wahrscheinlichkeitsraum, Zufallsvariable, Verteilung (vorausgesetzt) Operatoren

(Lineare) Operatoren sind allgemein (lineare) Abbildungen von einem VektorraumV in einen m¨oglicherweise anderen VektorraumW. In der grundlegenden Quantenmechanik arbeitet man beinahe ausschließlich mit linearen Operatoren, welche Elemente eines HilbertraumsH wieder in denselben abbilden, also mit Operatoren der Menge

L(H)..={A:H → H |Alinear}. (1)

In der vorliegenden Arbeit werden prim¨ar endlichdimensionale Vektorr¨aume und da-mit automatisch Hilbertr¨aume betrachtet. Auch wenn in der Quantenmechanik immer lineare Operatoren gemeint sind (außer es wird explizit anders angegeben) hat es sich vielerorts eingeb¨urgert, einfach von Operatoren zu sprechen. Die in dieser Arbeit verwen-dete Ausdrucksweise passt sich daran an; nichtlineare Operatoren werden also explizit als solche bezeichnet.

Jeder Operator der Menge L(H) l¨asst sich mithilfe einer Orthonormalbasis (ONB) {|vii}ni=1 von H und einem Tupel komplexer Zahlen {ai,j}ni,j=1 ∈ C2n mitn= dim(H) in der Form

A=

n

X

i,j=1

ai,j|vii hvj| (2)

schreiben. Man nennt diese Darstellung eines Operators Matrixdarstellung mit Eintrag ai,j =hvi|A|vjiin der i-ten Zeile und j-ten Spalte. (Motivation in [37, S. 16]) L¨asst sich ein Operator mittels einer ONB {|vii}ni=1 inDiagonalform

A=

n

X

i=1

ai|vii hvi| (3)

darstellen, so ist diese Orthonormalbasis eine orthonormale Eigenbasis – eine orthonor-male Basis bestehend aus Eigenvektoren – des Operators und die ai sind die zu den |vii geh¨origen Eigenwerte. (Man kann diese Aussage durch Anwendung des so dargestellten Operators auf die|viileicht nachpr¨ufen.) Insbesondere besitzen Operatoren, welche sich in dieser Form schreiben lassen, eine Eigenbasis, was nicht immer der Fall ist.

Der zu A∈L(H)adjungierte Operator A∈L(H) ist durch die Eigenschaft

hAu|vi=hu|A|vi=hu|Avi ∀u, v∈V (4) definiert.

Selbstadjungierte Operatoren

Auf einem endlichdimensionalen Vektorraum – wie wir ihn betrachten – nennt man Operatoren A , welche die Bedingung

hu|Avi=hAu|vi also A=A (5)

erf¨ullenselbstadjungiert.

Selbstadjungierte Operatoren weisen die beiden wichtigen Eigenschaften auf, dass sie immer eine orthonormale Eigenbasis und ausschließlich reelle Eigenwerte λ∈ σ(A) be-sitzen. Zweiteres folgt aus

λhv|vi=hλv|vi=hAv|vi=hv|Avi=hv|λvi=λhv|vi, (6) was f¨ur alle Eigenwerteλ∈σ(A) und alle zugeh¨origen Eigenvektoren|vi ∈ Hgilt. Erste-res beweise ich an dieser Stelle nicht und verweise auf [26, S. 176]. Stattdessen skizziere ich einige zugrundeliegende ¨Uberlegungen:

Jeder Vektor ist Eigenvektor zu h¨ochstens einem Eigenwert (Abbildungen sind eindeu-tig!) und aus

λihu|vi=hAu|vi=hu|Avi=λjhu|vi (7) folgt f¨ur alle Eigenvektorenu, v∈ H eines selbstadjungierten Operators zu unterschied-lichen Eigenwerten λi 6= λj, dass hu|vi = 0 sein muss. Aus diesen beiden Aussagen kann man schließen, dass die Eigenr¨aume (also die von den Eigenvektoren jeweils eines Eigenwertesλ∈σ(A) aufgespannten Untervektorr¨aume) selbstadjungierter Operatoren bis auf den~0 -Vektor disjunkt sind und orthogonal aufeinander stehen. W¨urde man nun zeigen, dass die Eigenr¨aume zus¨atzlich den gesamten Vektorraum aufspannen, so w¨are man bereits am Ziel. Man kann n¨amlich in jedem der aufeinander senkrecht stehenden

Eigenr¨aume eine Orthonormalbasis w¨ahlen und h¨atte in diesem Fall mit der Menge al-ler ausgew¨ahlten Vektoren automatisch eine orthonormale Basis des gesamten Raums bestehend aus Eigenvektoren des selbstadjungierten Operators gew¨ahlt. In [26, S. 176]

wird die Aussage durch Induktion bewiesen.

Wenn keiner der Eigenwerte entartet ist, also zu jedem Eigenwert nur ein Eigenvektor existiert, so haben alle Eigenr¨aume des Operators Dimension 1 und die orthonorma-le Eigenbasis (OEB) ist eindeutig. Ist mindestens ein Eigenwert entartet, so ist auch mindestens ein Eigenraum mehrdimensional, weshalb es in diesem Untervektorraum un-endlich viele verschiedene M¨oglichkeiten gibt, eine ONB zu w¨ahlen. Damit existieren auch unendlich viele verschiedene OEBs.

Betrachten wir zur Veranschaulichung ein kurzes Beispiel, die Identit¨at. Der Operator A= n1 ·1besitzt nur den n-fach entarteten Eigenwertλ= 1n. Der Eigenraum zu diesem Eigenwert ist der gesamte n-dimensionale Vektorraum, auf welchem die Identit¨at defi-niert wurde. Jede beliebige Basis des Vektorraums ist eine Eigenbasis, insbesondere ist jede beliebige ONB eine OEB vonA= n1 ·1.

Projektionen

Selbstadjungierte Operatoren mit der Eigenschaft

P2=P◦P =P (8)

nennt man Projektoren. F¨ur jeden Projektor existiert ein orthonormales Tupel von Vek-toren {|eii}ki=1 mitk≤dim(H), anhand dessen P in der Form

k

X

i=1

|eii hei| (9)

ausgedr¨uckt werden kann. Selbstadjungierte Operatoren besitzen n¨amlich wie bereits erl¨autert eine orthonormale Eigenbasis und k¨onnen daher in Form von Gl. 3 (durch Ei-genwerte und Eigenvektoren in Diagonalform) beschrieben werden. Die einzig m¨oglichen Eigenwerte sind wegen P2 =P und daraus folgend λ2ii,∀λi ∈σ(P) aber 0 und 1, woraus durch einsetzen in Gl. 3 direkt Gl. 9 folgt.

Mithilfe der Darstellung in Gl. 9 wird ersichtlich, dass die Anwendung des ProjektorsP auf einen Vektor |vi ∈ H eine Orthogonalprojektion von |vi auf den von den {|eii}ki=1 aufgespannten k-dimensionalen Untervektorraum von H bewirkt. Die Erkenntnis, dass es sich bei der Anwendung eines Projektors um die Projektion auf einen Untervektor-raum von H handelt, macht auch die Definition eines Projektors (vgl. Gl. 8) leichter verst¨andlich. Die Projektion eines beliebigen Vektors liegt n¨amlich bereits im betrachte-ten Untervektorraum (UVR), weshalb eine weitere Projektion auf denselben UVR diesen Vektor nicht mehr ver¨andert.

Ich m¨ochte an dieser Stelle noch zwei Relationen anf¨ugen, welche auf Projektoren be-ruhen. Die erste Relation folgt aus der bereits erw¨ahnten Eigenschaft selbstadjungierter Operatoren, dass deren Eigenr¨aume erstens orthogonal aufeinander stehen und sie zwei-tens immer den gesamten Vektorraum aufspannen. Projiziert man also einen Vektor auf

jeden der Eigenr¨aume eines beliebigen selbstadjungierten OperatorsAund addiert diese projizierten Vektoren, so erh¨alt man demnach wieder den urspr¨unglichen. Mathematisch l¨asst sich das durch die Relation

1= X

λ∈σ(A)

Pλ (10)

ausdr¨ucken. Dabei sind die Pλ die Projektoren auf die zu den λ ∈ σ(A) geh¨origen Ei-genr¨aume. Bildlich gesprochen hat man nur eine Zerlegung eines Vektors in orthogonale Anteile vorgenommen und diese wieder aufaddiert. Man kann dies mit der Darstellung eines Vektors durch Koordinaten nach Wahl einer Orthonormalbasis vergleichen.

Aber auch jeder selbstadjungierte Operator A kann mittels der Projektionen auf seine eigenen Eigenr¨aume ausgedr¨uckt werden:

A= X

λ∈σ(A)

λ·Pλ (11)

Mithilfe von Gl. 9 kann man erkennen, dass diese Darstellung direkt aus der M¨oglichkeit folgt, selbstadjungierte Operatoren in Diagonalform (vgl. Gl. 3) darzustellen.

Spur

Die Spur eines OperatorsA∈L(H) ist f¨ur eine Orthonormalbasis{|eii}ni=1∈ Hndurch Sp(A)..=

n

X

i=1

hei|A|eii=

n

X

i=1

aii (12)

definiert.

Tats¨achlich ist die Spur unabh¨angig von der Wahl der Basis (Beweis in [1, S. 6]) und somit f¨ur einen Operator mit orthonormaler Eigenbasis – f¨ur einen diagonalisierbaren Operator (Gl. 3) – gleich der Summe der Eigenwerte. (Mehrfachz¨ahlung entarteter Ei-genwerte) Die Spur ist außerdem linear und es gilt:

Sp(AB) =Sp(BA). (13)

Teil I.

Grundstruktur der Quantenmechanik

In diesem Kapitel werde ich das Grundger¨ust der Quantenmechanik rekonstruieren und f¨ur meine Arbeit wichtige Aspekte herausarbeiten. Nach einem kurzen geschichtlichen Einblick folgt eine Erl¨auterung der drei Postulate der Quantenphysik. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Konzept gemischter Zust¨ande, weshalb die Postulate direkt mit-hilfe von Dichteoperatoren formuliert sind. Im Anschluss gehe ich auf einige wichtige Eigenschaften der Quantenmechanik ein um schlussendlich noch auf zusammengesetzte Systeme und im selben Zuge auf Verschr¨ankung, Separierbarkeit und reduzierte Dichte-operatoren zu sprechen zu kommen.

Geschichtlicher Einblick

Der heutigen Standardformulierung der Quantenmechanik geht eine interessante Ge-schichte voraus. Durch sie wird der Zusammenhang zwischen den Wellenfunktionen und der Hilbertraumformulierung der Quantenmechanik sch¨on sichtbar, denn zumindest teil-weise hat sich die Betrachtung von Vektoren aus der von Wellenfunktionen abgeleitet.

Beh¨alt man die Wellennatur von Zust¨anden im Hinterkopf, kann man sich viele Dinge in der Quantenmechanik besser vorstellen. Dies gilt insbesondere f¨ur die Diskussion von relativen Phasen und koh¨arenten ¨Uberlagerungen.

Die Anf¨ange der Quantenphysik liegen im Beginn des 20. Jahrhunderts. Bereits im Jahr 1900 ver¨offentlicht Planck sein ber¨uhmtes Strahlungsgesetz [35], f¨ur welches er die Annahme traf, dass die Strahlung eines Schwarzk¨orpers nur in Form diskreter Energie-quanten emittiert w¨urde. 1905 erkl¨art Einstein den Photoelektrischen Effekt anhand der Annahme, Licht weise unter bestimmten Umst¨anden Teilchencharakter auf [17].

Die Teilchennatur von Licht und die Quantisierung von Energie werden also erkannt und es beginnt sich ein neues Gebiet in der Physik aufzutun. Nachdem Bohr 1913 sei-ne Atomtheorie aufgestellt hat [8, 9, 10], spaltet sich die Quantenphysik in mehrere Richtungen auf. W¨ahrend sich Born, Heisenberg und Jordan der sogenannten Matrizen-mechanik widmen [13, 12], stellt de Broglie 1924 in seiner Dissertation [14] erstmals die These von Materiewellen vor. Er dreht die bisherige Betrachtung von

”Lichtteilchen“ also um und betrachtet zur Materie geh¨orige Wellen. F¨ur die Berechnung der Energie aus den klassischen Eigenschaften der Materie (Masse, Impuls) verwendet er Einsteins Energie-Masse-Relation. Aufbauend auf de Broglies Idee der Materiewellen versucht Schr¨odinger in Analogie zur Maxwellschen Theorie eine Wellengleichung f¨ur Teilchen zu finden. Im Jahr 1926 ver¨offentlicht er in den

”Annalen der Physik“ vier Mitteilungen [42, 43, 44, 45], in welchen er eine Wellengleichung f¨ur Materie – die Schr¨odingergleichung – postuliert und die nicht-relativistische Wellenmechanik weitgehend auf die heutige Form bringt.

Im M¨arz [46] schafft Schr¨odinger in seiner Arbeit “ ¨Uber das Verh¨altnis der

Heisenberg-Born-Jordanschen Quantenmechanik zu der meinen” [46] den Zusammenhang zwischen Wellen- und Matrizenmechanik herzustellen. Es entsteht eine Art

”vereinigte Quanten-mechanik“, welche sich vor allem durch Borns Wahrscheinlichkeitsdeutung [11] und von Neumanns Axiomatisierung der Quantenmechnik durch Verwendung von Hilbertr¨aumen und linearen Operatoren [31] in die heute gebr¨auchliche Form der Standardquantenme-chanik entwickelt. Heute wird das Grundger¨ust durch drei Postulate festgelegt, welche Gegenstand des ersten Abschnitts meiner Arbeit sein werden.1

2. Postulate

Das Grundger¨ust der Quantenmechanik besteht aus drei Postulaten und deren Interpre-tation. Die Postulate stellen einen geeigneten mathematischen Rahmen zur Verf¨ugung, um jegliche experimentelle Situation der Form

Pr¨aparation −→ zeitliche Entwicklung −→ Messung,

deren Erkl¨arung in den Bereich der Quantenmechanik f¨allt, zu beschreiben. Gegenstand der Beschreibung sind also Situationen, in welchen ein abgeschlossenes quantenmecha-nisches System pr¨apariert wird, sich dann unter bekannten Einfl¨ussen (Felder etc.) ent-wickelt und schlussendlich gemessen wird.

In den Postulaten wird der mathematische Formalismus der Standardquantenmecha-nik festgelegt und mathematische Objekte werden mit physikalischen Entit¨aten (Zu-stand, Messgr¨oße, ...) verkn¨upft. Durch die Postulate wird also mathematischen Ob-jekten eine physikalische Bedeutung verliehen. Trotz dieser ersten Zuweisung zwischen mathematischen und physikalischen Objekten, welche durch die Postulate festgelegt – und f¨ur eine physikalische Theorie wohl unerl¨asslich – ist, muss eine vollst¨andige Inter-pretation der mathematischen Struktur zus¨atzlich gegeben werden und ist nicht bereits implizit in den Postulaten enthalten. Genau dieser offen gelassene Interpretationsspiel-raum und die Schwierigkeit, f¨ur diese L¨ucke eine befriedigende (z.B. mit Wahrnehmung und Experimenten vereinbare) in sich konsistente Interpretation zu finden, stellen in meinen Augen die Kernproblematik des Teils II dieser Arbeit dar.

In diesem Abschnitt 2 habe ich mich dazu entschlossen, ein Gesamtbild der Standard-quantenmechanik zu konstruieren, anstatt diese Einf¨uhrung in die Quantentheorie auf die reine Formulierung der Postulate zu beschr¨anken. Die zus¨atzliche Interpretation, wel-che in diesem Abschnitt 2 implizit mitgegeben und teilweise hinterfragt und diskutiert wird, ist eine Form der sogenannten Standardinterpretation. Da diese – in Lehrb¨uchern und wissenschaftlichen Arbeiten oftmals implizit enthaltene Deutung – leider nicht ein-deutig definiert ist und somit leicht variierende Interpretationen umfasst, orientiere ich mich diesbez¨uglich an der in [1] implizit verwendeten und explizit dargestellten [1, S.

42f.] Form der Standardinterpretation. In Abschnitt 6.2 stelle auch ich diese Standar-dinterpretation nochmals explizit vor.

1Ein ¨ahnlicher Abriss der Geschichte der Quantenmechanik kann in zahlreichen B¨uchern gefunden werden. Meine Rekonstruktion fußt auf Informationen von Gerbers Aufbereitung der Geschichte der Wellenmechanik in [20].

Damit komme ich zum ersten der drei Postulate.

2.1. Zust¨ande

Widmen wir uns zuallererst einmal der Frage, was ein Zustand ¨uberhaupt ist. Diese erste Frage findet in der Quantentheorie keine einheitliche Antwort und ist bereits Gegenstand der in dieser Arbeit sp¨ater noch behandelten Interpretationsschwierigkeiten der Theorie.

Allgemein ist ein Zustand ein mathematisches Objekt, welches der Charakterisierung von physikalischen Systemen dient. Dabei kommt jedem System genau ein Zustand zu.

In der klassischen Mechanik ist der Zustand eines Massenpunktes beispielsweise ein Vek-tor P = (x, y, z, px, py, pz) im sechsdimensionalen Phasenraum. Man charakterisiert die Punktmasse also zu jedem Zeitpunkt durch drei Orts- und Impulskoordinatenx, y, zund px, py, pz. Wie wir sehen werden, k¨onnen wir quantenmechanischen Systemen im Sinne der Standardquantenmechanik im Regelfall keine fixen Eigenschaften, wie beispielsweise einen jeweils fixen Ort, Impuls oder Energiewert zuordnen. Stattdessen gibt man sich in dieser Theorie mit Wahrscheinlichkeitsaussagen zufrieden. Eine m¨ogliche Frage, welche im Rahmen der Quantentheorie beantwortet werden kann, w¨are zum Beispiel, wie wahr-scheinlich ein gewisser Energiewert bei einer Messung an einem System auftreten wird.

Demnach ist der Zustand in der Standardquantenmechanik ein mathematisches Objekt, anhand dessen man f¨ur ein System die Messstatistiken aller in der Quantentheorie vor-kommenden Messgr¨oßen bestimmen kann.

H¨aufig m¨ochte man Systeme nicht mit jenem Zustand beschreiben, anhand dessen die Messwertwahrscheinlichkeiten aller m¨oglichen physikalischen Gr¨oßen bestimmt werden k¨onnen. Dies ist auch nicht immer n¨otig. Man kann das System h¨aufig auch anhand eines Teilzustandes beschreiben, anhand dessen dann nur die Behandlung gewisser Observa-blen m¨oglich ist. M¨ochte man anhand des Zustandes ausschließlich Aussagen ¨uber den Spin des Teilchens treffen, so kann man das betrachtete System durch einen Zustand im sogenannten Spinraum beschreiben. M¨ochte man dahingegen sowohl Spin- als auch Orts-messungen beschreiben k¨onnen, ben¨otigt man dazu einen Zustand im Produktraum von Orts- und Spinraum. Wie dies genau verstanden werden kann, werden wir in Abschnitt 4 noch ausf¨uhrlich behandeln.

In der Quantenmechanik kann man zwischen zwei Arten von Zust¨anden unterschei-den. Ein System kann sich in einem reinen, oder einem gemischten Zustand befinden.

Ersterer kann durch einen Zustandsvektor in einem Hilbertraum H, dem sogenannten Zustandsraum dargestellt werden, w¨ahrend Zweiterer durch einen Operator mit speziel-len Eigenschaften beschrieben wird. Ich m¨ochte den Unterschied an dieser Stelle durch die Schilderung zweier Situationen kurz illustrieren, bevor ich die beiden Objekte genau definiere und auf deren wichstigste Eigenschaften eingehe.

• Reine Zust¨ande Betrachtet man ein abgeschlossenes quantenmechanisches Sys-tem, ¨uber das man die volle Information besitzt, so kann man dieses System durch einen auf die L¨ange 1 normierten Vektor in einem Hilbertraum (allgemein ¨uber C) beschreiben. In diesem Fall nennt man den Zustand des Systems einen rei-nen Zustand. Die Dimension des Hilbertraumes, der ¨ublicherweise Zustandsraum

genannt wird, h¨angt vom betrachteten System ab. So kann man den Spin eines Teilchens z.B. durch einen Vektor in einem zweidimensionalen Hilbertraum be-schreiben, w¨ahrend der Ortsraum – also der Zustandsraum des Ortes – eines freien Teilchens unendlichdimensional ist.

Sehen wir uns als Beispiel ein Teilchen mit einem beliebigen Spin an: Man be-schreibt diesen Zustand durch einen eindeutig festgelegten normierten Vektor |ψi im zumC2 isomorphen Spinraum. Wie in jedem Vektorraum ist es m¨oglich,|ψials Linearkombination – oder Superposition, wie die in der Quantenmechanik ¨ubliche Bezeichnung lautet – einer frei gew¨ahlten Basis zu schreiben. W¨ahlt man eine be-liebige Orthonormalbasis{|0i,|1i}, so existieren zwei komplexe Zahlenc0, c1∈C, sodass|ψi=c0|0i+c1|1igilt. Die Superposition mehrerer Zust¨ande ist also wieder ein Vektor im Zustandsraum. Auch er k¨onnte demnach ein quantenmechanisches System beschreiben – zum Beispiel das betrachtete System zu einem sp¨ateren Zeit-punkt.

• Gemischte Zust¨ande M¨ochte man nun eine Situation beschreiben, in der nicht die volle Information ¨uber das System vorhanden ist, muss man von den Zu-standsvektoren auf eine Art klassische Wahrscheinlichkeitsverteilung ¨uber m¨ogliche Zust¨ande ¨ubergehen.

Betrachten wir zur Veranschaulichung wieder das eben genannte Beispiel des Spin-raums. Jetzt wissen wir aber nur, dass sich das Teilchen mit Sicherheit in einem der beiden Zust¨ande|0ioder|1ibefindet, k¨onnen wie bei einem verdeckten W¨urfel aber nicht angeben, in welchem. Stattdessen k¨onnen wir f¨ur beide Zust¨ande Auf-trittswahrscheinlichkeitenp0, p1∈[0,1] angeben.

Dieser Zustand kann nun nicht mehr durch einen Vektor im Hilbertraum der reinen Zust¨ande beschrieben werden. Stattdessen m¨ussen wir zur Beschreibung dieses Zustandes einen erweiterten Raum, den Vektorraum der (linearen) Operatoren auf dem HilbertraumH

L(H)..={A:H → H |Alinear}, (14) zu Hilfe ziehen. Dies f¨uhrt uns auf das Konzept der Dichteoperatoren.

H¨atte man immer die M¨oglichkeit, die volle Information ¨uber Systeme zu erlangen, br¨auchte man das Konzept gemischter Zust¨ande nicht. Abgeschlossene quantenmechani-sche Systeme sind per se also immer in einem reinen Zustand, wir k¨onnen ihnen mangels vollst¨andigen Wissens aber manchmal nur einen gemischten Zustand zuordnen.

Es ist ¨ublich, die Postulate anhand der reinen Zust¨ande zu formulieren und das Kon-zept der Dichteoperatoren erst zu einem sp¨ateren Zeitpunkt einzuf¨uhren. Ich habe mich in meiner Arbeit daf¨ur entschieden, die Postulate gleich anhand der Dichteoperatoren zu formulieren. Einerseits weil gemischte Zust¨ande ein grundlegendes Konzept meiner Arbeit sind und deren Verst¨andnis f¨ur diese Arbeit essenziell ist. Andererseits weil es m¨oglich ist, die Vektoren eines Hilbertraums (die reinen Zust¨ande) in die Menge der Ope-ratoren auf dem Hilbertraum einzubetten und daher ohnehin beide Arten von Zust¨anden durch Dichteoperatoren dargestellt werden k¨onnen. (Wir werden sehen, dass die reinen

Zust¨ande durch eine Teilmenge aller Dichteoperatoren beschrieben werden, welche eine gewisse Eigenschaft aufweisen.)

Damit m¨ochte ich zum ersten Postulat kommen, in welchem quantenmechanische Zust¨ande nun endg¨ultig definiert werden:

Postulat 1: Zustand

Ein quantenmechanisches System wird mathematisch durch einen Operator ρ auf einem HilbertraumH mit den Eigenschaften

• ρist selbstadjungiert :⇔ρ

• ρist positiv semidefinit :⇔ ∀ |ψi ∈ H:hψ|ρ|ψi ≥0

• ρhat Spur 1 :⇔Sp(ρ) = 1

dargestellt. Man nenntρ einen Dichteoperator.

Eigenschaften

Gleich im Anschluss an dieses Postulat m¨ochte ich ein paar wichtige Eigenschaften von Dichteoperatoren erl¨autern. W¨ahrend einige davon bereits beim ersten Lesen einem bes-seren Verst¨andnis dienen k¨onnten, werden andere erst im Laufe der folgenden Kapitel ben¨otigt. Ich werde beim sp¨ateren Verwenden auf die jeweilige Eigenschaft verweisen.

1. Spur und Spektrum: Daρselbstadjungiert ist, positiv definit ist und Spur 1 hat, gilt f¨ur die Eigenwerte des Operators:

Sp(ρ) = X

λ∈σ(ρ)

λ= 1, λ∈[0,1] (15)

Sp(ρ2) = X

λ∈σ(ρ)

λ2 ≤1 (16)

2. Charakterisierung Rein-Gemischt: Existiert zu einem Dichteoperator ein normiertes|ψi ∈ H, sodass dieser sich in der Form ρ =|ψi hψ|– also als Projek-tion auf den eindimensionalen Untervektorraum{c|ψi |c∈C} von H – schreiben l¨asst, so ist der durch ρ beschriebene Zustand rein. Diese Eigenschaft f¨uhrt in Kombination mit den im Postulat genannten Eigenschaften von Dichteoperatoren darauf, dass bei reinen Zust¨anden das Spektrum immer aus den Eigenwerten 0 und 1 besteht und der Eigenraum zum Eigenwert 1 immer eindimensional ist; der restliche Hilbertraum ist Eigenraum zum Eigenwert 0. Man kann reine Zust¨ande also folgendermaßen charakterisieren:

ρ=ρ2 und somit Sp(ρ) =Sp(ρ2) = 1 (17)

F¨ur gemischte Zust¨ande gilt dahingegen, dass mindestens zwei Eigenvektoren nicht Teil des Eigenraumes zum Eigenwert 0 sind und damit:

ρ6=ρ2 und Sp(ρ2)<1 =Sp(ρ) (18) 3. Ensemblezerlegung: Wie im Kapitel zu den mathematischen Grundlagen erl¨autert, besitzt jeder selbstadjungierte Operator (insbesondere auch jeder Dichte-operator) mindestens eine orthonormale Eigenbasis und l¨asst sich bez¨uglich dieser Eigenbasis (bzw. Eigenbasen) {|eii}ni=1 ∈ Hn und seiner Eigenwerte λi ∈ σ(ρ) in

schreiben. Dabei ist|eiijeweils Eigenvektor zum Eigenwertλiundndie Dimension des Hilbertraums H. Die einzelnen ρi = |eii hei| beschreiben reine Zust¨ande, wie aus Eigenschaft 2 hervorgeht.

Kann man einen Dichteoperator als Linearkombination ρ=

m

X

i=1

qiii hψi| ∀i∈ {1, . . . , m}:ψi ∈ H (20) von reinen Dichteoperatoren |ψii hψi| schreiben, so nennt man diese Darstellung eine Ensemblezerlegung des Zustandes ρ. Bei einer Ensemblezerlegung muss m

qiii hψi| ∀i∈ {1, . . . , m}:ψi ∈ H (20) von reinen Dichteoperatoren |ψii hψi| schreiben, so nennt man diese Darstellung eine Ensemblezerlegung des Zustandes ρ. Bei einer Ensemblezerlegung muss m