• Keine Ergebnisse gefunden

2.8 Therapie

2.8.2 Psychosoziale Therapieformen

Pflegefamilien für maximal ein Jahr effektiv Verhaltensprobleme senkt. Auch die Rezidivraten von Wiederholungstätern sowie von aufgrund schwerer Verhaltensprobleme hospitalisierten Jugendlichen werden kurz- und langfristig gesenkt.

1. Kontrollierte Studien, d.h. Verwendung von Vergleichsgruppen

2. Randomisierte Studien, d.h. zufällige Zuteilung der Probanden auf die einzelnen Gruppen zum Ausschluss eines systematischen Fehlers

3. Reliabilität, d.h. die verwendeten Erhebungsinstrumente prüfen, was sie messen sollen, um den Ergebnissen interne Validität zu verleihen

4. Deskriptive Statistik zur Beschreibung behandlungsrelevanter Charakteristika der Teilnehmer (Geschlecht, Alter, ethnische Zugehörigkeit, sozioökonomischer Status, Diagnose)

Zusätzliche methodische Kriterien sind zum einen „blinde“ Untersuchungen, bei denen der Beobachter nicht über die Zugehörigkeit der Probanden zu einem der beiden Therapiegruppen informiert ist. Weiter ist die Teilnehmerzahl wichtig, da sie über die Aussagekraft einer Studie entscheidet. Die APA empfiehlt mindestens 25 Teilnehmer, um die Wirksamkeit neuer Therapien im Vergleich zu bereits etablierten Behandlungen prüfen zu können. Auch die Abbrecherrate, d.h. der Teilnehmerverlust vor Beginn einer Nachuntersuchung oder Katamnese, ist ein methodisches Kriterium, da sie unter anderem die Aussagekraft einer Studie vermindern kann. Für Störungen des Sozialverhaltens ist eine hohe Abbrecherrate von 30-59% bekannt (Prinz &

Miller, 1994). Das Kriterium, nur solche Nachuntersuchungsdaten in der Evaluation zu berücksichtigen, die auf mindestens sechs Monate angesetzt waren, wurde von Brestan & Eyberg (1998) vernachlässigt. Ein weiteres methodisches Kriterium zur Beurteilung des Versuchsdesigns ist die Verfassung und präzise Einhaltung von Therapiemanualen. Sie dient der korrekten Anwendung und Replikation bestimmter Behandlungen. Die Bedeutung dieses Kriteriums wurde erst in den letzten 5-10 Jahren erkannt, so dass ein Großteil aller Interventionen ihm nicht entspricht.

Entsprechend den „Chambless-Kriterien“ wurden Studien für die Übersichtsarbeit von Brestan & Eyberg (1998) ausgesucht und anschließend auf „wahrscheinliche“ bzw. „gesicherte“ Wirksamkeit hin untersucht. Dasselbe geschah durch uns für Studien nach 1996.

„Gesicherte“ Behandlungsformen sind solche, die den Wirksamkeitsbeweis erbringen. Sie liefern bessere Ergebnisse als medikamentöse oder psychologische Placebobehandlungen bzw. als andere Therapien oder haben äquivalente Ergebnisse wie eine bereits gesicherte Therapie. Darüber hinaus ist die Replikation der Studienergebnisse von unabhängigen Untersuchern bzw.

Untersucherteams erfolgt. „Unabhängig“ wird von Brestan und Eyberg (1998) als von verschiedenen Autoren an unterschiedlichen Instituten durchgeführte Studien definiert. Ebenso finden sich Behandlungsmanuale zur Therapiedurchführung und die Spezifizierung der Teilnehmercharakteristika.

„Wahrscheinlich wirksame“ Therapieformen erfüllen zwei Kriterien. Die Therapie wurde erstens im Vergleich mit einer Wartelistekontrollgruppe als wirksamer erkannt. Zweitens sind alle Kriterien einer methodisch gut strukturierten Studie sowie das Kriterium der Replikation des Studienergebnisses vorhanden.

1. „Gesicherte“ Therapien

Als „gesicherte“ Therapieformen können zwei Behandlungsmethoden bezeichnet werden: die Verhaltensschulungsprogramme für Eltern und die Elternschulung. Beide wurden von Brestan & Eyberg (1998) nach den

„Chambless-Kriterien“ identifiziert. Von 1997 bis 2001 ist keine weitere Therapiestudie als „gesichert“ zu bezeichnen.

Verhaltensschulungsprogramme für Eltern auf der Grundlage des Buches von Patterson und Gullion (1968) „Living With Children“ (Weisz & Jensen, 2000):

Diese Therapieformen wurden für Kinder mit oppositionell-trotziger sowie aggressiver Symptomatik entwickelt. Sie basieren auf der Annahme, dass sich Verhaltensprobleme infolge maladaptiver Eltern-Kind Interaktionen entwickelt und gefestigt haben (Patterson, 1982; Patterson, Reid & Dishion, 1992). Sie werden primär mit den Eltern durchgeführt, so dass zwischen Therapeut und Kind wenig direkter Kontakt besteht (Kazdin, 1997). Die Behandlung ist meist von kurzer Dauer mit dem Ziel, das Muster der Interaktion Eltern-Kind zu verbessern. Eltern erlernen sowohl systematische Beobachtung zur Spezifizierung des Problemverhaltens als auch Prinzipien des sozialen Lernens

und der Verhaltensänderung (Roth & Fonagy, 1996). Dazu zählen die konsequente Anwendung von Regeln und von klaren Auswirkungen bei an-oder unangemessenem Verhalten (Brestan & Eyberg, 1998): positive Belohnung für angemessenes Verhalten (z.B. soziales Lob, Gutscheine, Punkte) und Nichtbeachtung oder Bestrafung abweichenden Verhaltens (z.B.

keine Belohnung, Verlust von Privilegien, Auszeiten) (Kazdin, 1997). Die Studienergebnisse zeigen einen Therapieeinfluss auf das Kind, auf gefährdete Verwandte und auf die maternale Psychopathie (Kazdin, 1995b). Kinder erzielen hier bessere Ergebnisse als Jugendliche (Dishion & Patterson, 1992).

Elternschulung mittels vorbildhafter Videoaufzeichnungen von Webster-Stratton:

Diese Programme basieren auf den Prinzipien elterlicher Schulung wie sie ursprünglich von Hanf (1969) beschrieben wurde. Sie sind vornehmlich für Kinder im Alter zwischen 4-8 Jahren mit Hinweisen auf Verhaltensprobleme oder den diagnostischen Kriterien einer oppositionell-trotzigen Störung bzw.

Störung des Sozialverhaltens konzipiert (Brestan & Eyberg, 1998). In Gruppen mit therapeutengeleiteter Diskussion über vorher gehaltenen Videounterricht lernen Eltern und andere Fürsorgeberechtigte mit ihren Kindern zu kommunizieren und Interaktionsprobleme zu lösen, aber auch Grenzen zu setzen und mit deviantem Verhalten umzugehen (Weisz & Jensen, 2000).

Diese Behandlungsform wurde in Studien mit Wartelisten-Kontrollgruppen oder mit verschiedenen Elternschulungsprogrammen getestet. Dazu gehören Studien von Spaccarelli et al. (1992), Webster-Stratton (1984, 1990, 1994) und Webster-Stratton et al. (1988). Sowohl Eltern als auch deren Kinder zeigen positive Effekte der Intervention. Eltern verbessern sich hinsichtlich ihrer erzieherischen Fähigkeiten, ihrer Einstellung zu ihren Kindern und ihrem Selbstbewusstsein hinsichtlich ihrer Elternrolle. Bei den Kindern zeigt sich eine deutliche Abnahme des ursprünglich devianten Verhaltens (Brestan & Eyberg, 1998).

2. „Wahrscheinlich wirksame“ Behandlungsformen

Entsprechend der „Chambless-Kriterien“ für „wahrscheinlich wirksame“

Therapien erhielten bis 1996 10 Interventionen die erforderliche empirische Unterstützung (siehe Tabelle 2.5). Von 1997-2001 zeigten sich weitere acht Behandlungsformen als wahrscheinlich wirksam. Diese überschnitten sich zum Teil mit dem ersten Zeitraum (siehe Tabelle 2.6). Bis 2001 erhalten daher 14 Interventionen die erforderliche empirische Unterstützung, welche im Folgenden nach dem Alter der Zielgruppe unterteilt dargestellt werden sollen.

Tabelle 2.5: Wahrscheinlich wirksame Therapien und die sie unterstützenden Studien bis 1996 folgend dem Review von Brestan und Eyberg (1998)

Behandlungsform Unterstützende Studien

Training zur Ärgerkontrolle durch Stressbewältigung

Feindler, Marriott & Iwata (1984) Schlichter & Horan (1981)

Ärgerüberwindungstraining Lochman, Burch, Curry & Lampron (1984) Lochman, Lampron, Gemmer & Harris (1989) Durchsetzungstraining Huey & Rank (1984)

Delinquenzpräventions-programm

Tremblay, Pagani-Kurtz, Masse, Vitaro & Phil (1995) Vitaro & Tremblay (1994)

Multisystemische Therapie

Borduin, Mann, Cone, Henggeler, Fucci, Blaske & Williams (1995)

Henggeler, Rodick, Borduin, Hanson, Watson & Urey (1986) Henggeler, Melton & Smith (1992)

Eltern-Kind

Interaktionstherapie

Eyberg, Boggs & Algina (1995)

McNeil, Eyberg, Eisenstadt, Newcomb & Funderburk (1991) Zangwill (1983)

Elternschulungs-programm

Peed, Roberts & Forehand (1977) Wells & Egan (1988)

Problemlösetraining

Kazdin, Esveldt-Dawson, French & Unis (1987a) Kazdin, Esveld-Dawson, French & Unis (1987b) Kazdin, Siegel & Bass (1992)

Rational-Gefühl-stimulierende Therapie Block (1978) Auszeittherapie kombiniert

mit Signalgebung Hamilton & McQuiddy (1984)

Tabelle 2.6: Wahrscheinlich wirksame Therapien und die sie unterstützenden Studien von 1997-2001

Behandlungsform Unterstützende Studien

Eltern-Kind Interaktionstherapie

Funderburk & Eyberg (1998) Schuhmann, Foote et al. (1998) McNeil, Capage et al. (1999) Sanders, Dadds et al. (2000) Multisystemische Therapie Henggeler, Melton et al. (1997) Elternschulungsprogramm Webster-Stratton & Hammond (1997) Kindzentriertes Training Webster-Stratton & Hammond (1997) Mehrdimensionale

Familiengruppentherapie McKay, Gonzales et al. (1999) Back on Track-Therapie Myers, Burton et al. (2000)

Fernsehserien-Medienintervention Sanders, Montgomery et al. (2000) Ärgerkontrolltraining Sukhodolsky, Solomon et al. (2000)

Kinder im Vorschulalter

Eltern-Kind Interaktionstherapien basierend auf Hanfs (1969) Zwei-Stadien-Behandlungsmodell:

Die Eltern-Kind Interaktionstherapie gehört zusammen mit dem Elternschulungsprogramm und der Auszeittherapie kombiniert mit Signalgebung zu der Gruppe behavioraler Familientherapie. Sie sind in der Literatur stark vertreten (Brestan & Eyberg, 1998). Ziel ist es, den Eltern einerseits die positive Interaktion mit ihren Kindern mit daraus folgender Beziehungsstärkung und andererseits den effektiven Umgang mit „Non-Compliance“ mittels Ignorieren oder Auszeiten zu lehren (Weisz & Jensen, 2000).

Delinquenz-Präventionsprogramm:

Dieser Behandlungsansatz verbindet behaviorale Elternschulung mit prosozialem Training für gemischte Kindergruppen. Diese bestehen aus extrem prosozialen Kindern und solchen mit großem Risiko, eine Störung des Sozialverhaltens zu entwickeln (Weisz & Jensen, 2000).

Fernsehserien-Medienintervention:

Diese bei disruptiven Kindern angewandte Medienintervention besteht aus einer 12 Episoden dauernden Fernsehserie über familiäre Anpassung und disruptives kindliches Verhalten. Sie ist die erste einer fünfstufigen Intervention für

erzieherische und familiäre Unterstützung, genannt „Triple P“ (Positive Parenting Program). Sowohl verbesserte erzieherische Kompetenz als auch vermindertes disruptives Verhalten der Kinder konnte bis zu sechs Monaten nach Therapieende nachgewiesen werden (Sanders, Montgomery et al., 2000).

Präadoleszente Schulkinder Problemlösetraining:

Dieser Behandlungsansatz basiert auf der Annahme, dass dissoziales Verhalten zumindest teilweise auf kognitiven Prozessen beruht (Roth & Fonagy, 1996). Zu diesen Prozessen gehört beispielsweise die Tendenz, anderen Kindern unangemessene Feindseeligkeiten zu attributieren, soziale Situationen nicht meistern zu können (z.B. Freunde finden) und Schwierigkeiten bei der Lösung zwischenmenschlicher Probleme zu haben (Rubin et al., 1991). Nach Kazdin (1997) wird Aggressivität nicht nur durch Umwelteinflüsse getriggert, sondern auch durch die Art der Wahrnehmung und Verarbeitung dieser Einflüsse. Ziel des Problemlösetrainings ist die Entwicklung interpersoneller kognitiver Fertigkeiten der Problemlösung. Die Kinder erlernen, sich gedanklich einer bestimmten Situation zu nähern. Sie sollen die Wichtigkeit des gewählten Verhaltens als Antwort auf eine zwischenmenschliche Situation erkennen. Zu diesem Zweck werden strukturierte Aufgaben wie Spiele, geistige Aktivitäten und Geschichten verwandt (Kazdin, 1997). Der Therapeut nimmt eine aktive Rolle ein. Er kombiniert verschiedene Prozeduren: Vorbildfunktionen, Anwendung des Erlernten, Rollenspiele, Verstärkung sowie milde Bestrafung (Kazdin & Weisz, 1998). Viele Therapieversionen sind als Manuale erhältlich (z.B. Feindler & Ecton, 1986; Finch et al., 1983; Shure, 1992).

Evaluationsstudien zeigen wiederholt signifikant gebessertes aggressives sowie dissoziales Verhalten Zuhause, in der Schule und in Gemeinschaften bis zu einem Jahr später (Baer & Nietzel, 1991; Durlak et al., 1991; Kazdin, 1997).

Diese Therapieeffekte konnten in verschiedenen kontrollierten Studien mit verhaltensgestörten Jugendlichen repliziert werden. Die Korrelation der Veränderung kognitiver Prozesse mit einem guten Therapieergebnis konnte noch nicht hergestellt werden (Kazdin, 1997).

Ärgerbeherrschungstraining:

Diese kognitiv-behaviorale Therapie lehrt aggressive Kinder mit der häufig Verhaltensprobleme auslösenden Wut umzugehen. Erlebte Situationen werden besprochen und die Kontrolle über die Expression der Wut erlernt (Weisz &

Jensen, 2000). Studien belegen eine signifikante Verbesserung von aggressivem und disruptivem Verhalten sowie eine signifikant bessere Wutkontrolle.

Mehrdimensionale Familiengruppentherapie:

Diese Therapieform wurde zur psychiatrischen Hilfe von schlecht verdienenden Minderheitenfamilien entwickelt. Sie verzeichnet bei disruptiven Verhaltensstörungen eine signifikante Verbesserung sowohl der Störung selbst, als auch von Lernschwierigkeiten, Impulsivität und Hyperaktivität nach viermonatiger Therapie (McKay, Gonzales et al., 1999).

Kindzentriertes Training:

Diese Form der Gruppentherapie früh beginnender Verhaltensstörungen führte zu signifikant besseren Problemlösefähigkeiten sowie zu angemessenerer Konfliktbewältigung. Mit der Zeit nahmen auch Verhaltensstörungen Zuhause signifikant ab.

Jugendliche

Training zur Ärgerkontrolle durch Stressbewältigung:

Diese Behandlungsform soll den Umgang mit Verhaltensprobleme auslösender Wut erleichtern (Weisz & Jensen, 2000). Im Gegensatz zum Ärgerbeherrschungstraining ist diese Therapie vornehmlich für Jugendliche konzipiert.

Multisystemische Therapie (MST):

MST stellt einen am familiären System orientierten Behandlungsansatz dar (Henggeler & Borduin, 1990). Es wird angenommen, dass klinisch manifeste

Probleme Jugendlicher im familiären Kontext entstehen. Auch extrafamiliäre Faktoren (z.B. Peergruppen, Schule, Nachbarschaft) werden je nach Notwendigkeit in die Therapie integriert (Kazdin, 1997). MST besteht aus verschiedenen Therapietechniken für Kinder und ihre Familien, bei der die einzelnen Therapieformen je nach Bedarf eingesetzt werden, die familienorientierte Herangehensweise aber im Vordergrund steht. Zu den Therapietechniken zählen unter anderem die strukturelle und strategische Familientherapie, elterliches Verhaltenstraining sowie kognitive Verhaltenstherapieansätze. Das Ziel besteht darin, Eltern die nötigen Fähigkeiten zur Bewältigung von Schwierigkeiten mit der Kindererziehung zu vermitteln. Zu diesem Zweck werden Probleme identifiziert, die Kommunikation verbessert und Zusammenhalt und emotionale Wärme unter den Familienmitgliedern entwickelt. Auch Eheschwierigkeiten sollen behoben werden, um Eltern die Fähigkeit zu geben als solche zu funktionieren (Kazdin, 1997). Die Jugendlichen selbst sollen im Umgang mit Familie, Freunden, Schule und Nachbarschaft gestärkt werden. Am besten geeignet ist diese Intervention für mehrfach gestörte (Schmidt, 1998), chronisch gewalttätige oder Drogen konsumierende Jungen und Mädchen im Alter zwischen 12 bis 17 Jahren, die Risiko laufen, außerfamiliär untergebracht zu werden, sowie deren Familien (Gibbons, 1999). MST ist im Vergleich zu anderen Ansätzen überlegen, das Ausmaß von Delinquenz, emotionaler Probleme und Verhaltensstörungen zu reduzieren sowie die Funktion des Systems Familie zu verbessern (Borduin et al., 1995; Henggeler et al., 1986; Henggeler, Melton &

Smith, 1992). Selbst Katamnesen über zwei, vier oder fünf Jahre wiesen, verglichen mit anderen Therapieformen, geringere Verhaftungsraten der Jugendlichen nach. Die Anwendung von MST ist aufgrund der Notwendigkeit mehrere qualitativ hochwertige Interventionen zur Verfügung stellen zu müssen sehr anspruchsvoll (Kazdin, 1997). Auch bestehende Manuale sind wegen sehr allgemein gehaltener Formulierungen qualitativ minderwertig, so dass Replikationen problematisch sind, obwohl sie bereits durchgeführt werden (Henggeler, Schoenwald & Pickrel, 1995).

Durchsetzungs-/Selbstbehauptungstraining:

Das Programm zielt darauf ab, disruptiven Jugendlichen sozial akzeptierte Formen des Ausdrucks ihrer Wünsche und Gefühle beizubringen (Weisz &

Jensen, 2000).

Rational-Gefühlstimulierende Therapie:

Prinzipien der „rationalen Bewertung“ finden bei afrikanischen und lateinamerikanischen Schülern mit schlechten Leistungen erfolgreiche Anwendung (Weisz & Jensen, 2000).

Back on Track-Therapie:

Dieser kurzzeitige, multimodale Therapieansatz ist ein Unterhaltungsprogramm nach der Schule für Jugendliche mit Störungen des Sozialverhaltens und Gewaltverbrechen. Er beinhaltet Gruppen- und Familientherapie, Elterngruppen, Bildungsabschnitte, Gemeindedienstprojekte und Übungen zur Empathiebildung. Bis zu einem Jahr später konnte in Studien signifikant die Rate krimineller Verbrechen und damit die der gerichtlichen Anklagen verringert werden (Myers et al., 2000).

Neben diesen „wahrscheinlich wirksamen“ Behandlungsmethoden soll nun eine häufig in der Literatur als wirksam beschriebene Behandlungsmethode für Störungen des Sozialverhaltens Erwähnung finden, die nicht von Brestan und Eyberg (1998) beschrieben wurde und keinen Eingang in die Liste

„wahrscheinlich wirksamer Therapien“ von 1997–2001 gefunden hat:

3. Funktionale Familientherapie (FFT)

Die funktionale Familientherapie stellt nicht nur ein Interventions-, sondern auch ein effektives Präventionsprogramm für Risikojugendliche und deren Familien dar. Sie wurde 1969 an der „University of Utah“ entwickelt. Das Ziel war, die Schwachpunkte des klassisch-behavioralen Elterntrainings für die Diagnosegruppe der nicht-sozialisierten Störung des Sozialverhaltens hinsichtlich der mangelnden zeitlichen Stabilität eines erzielten Therapieerfolges zu verbessern (Heekerens, 1999). FFT ist eine kosteneffektive

Kurzzeitintervention von im Mittel vier Wochen Dauer (Heekerens, 1999;

Alexander & Parsons, 1993; Alexander et al., 2000). Die Zielgruppe sind Jugendliche im Alter von 11–18 Jahren und deren jüngere Geschwister. Das Erlernen dieser Behandlung mittels Manualen ist gut möglich (Schmidt, 1998).

Die funktionale Familientherapie wählt einen integrativen Therapiezugang, beruhend auf behavioralen und kognitiven Ansichten zum Thema Dysfunktion (Alexander, Holtzworth-Munroe & Jameson, 1994; Alexander & Parsons, 1982).

Sie geht davon aus, dass das Problemverhalten für den Jugendlichen der einzige Weg ist, zwischenmenschliche Aufgaben wie Intimität, Unterstützung aber auch Abstand unter den Familienmitgliedern zu erfüllen (Kazdin, 1997).

Hinsichtlich seiner empirischen Evaluation zählt diese Form der Therapie neben dem behavioralen Elterntraining, dem Problemlösefähigkeitstraining für Kinder und der multisystemischen Therapie zu den vier Interventionsformen mit guter empirischer Unterstützung (Carr, 2000), wie es aus dem Review von Kazdin (1998) über die Effektivität einer Reihe psychosozialer Therapieformen für Kinder und Jugendliche mit Verhaltensstörungen (d.h. oppositionell trotzige Störung und Störungen des Sozialverhaltens) hervorgeht. Die funktionale Familientherapie erhält bei der Evaluation von methodenkritischer Literatur durchweg positive Kritiken (vgl. Gurman & Kniskern, 1978; Masten, 1979;

Jacobson, & Bussod, 1986; Wells & Dezen, 1978). Vorhandene Studien konzentrieren sich hauptsächlich auf schwer therapierbare Populationen, z.B.

verurteilte Delinquente und Wiederholungstäter. Dennoch sind Erfolge in unabhängigen Studien bis zu 2,5 Jahre nach Therapieende nachweisbar (Kazdin, 1997; Roth & Fonagy, 1996; Schmidt, 1998). Nach Carr (2000) konnten Verbesserungen 18 Monate bis 3,5 Jahre nach Therapieende beibehalten werden, wobei die Rezidivrate halb so groß war wie im Falle der Routinetherapie. Nach Alexander et al. (2000) reduziert diese Behandlungsform signifikant und zu 25-60% effektiver als andere Programme die Rezidivrate bzw. den Beginn von Straftaten. Nach Therapieende zeigte sich eine verbesserte Familieninteraktion (Alexander & Parsons, 1973) und -kommunikation (Carr, 2000), verringerte Verhaltensprobleme und seltenere Gerichtskontakte. Zudem reduzierte FFT signifikant den potentiellen Beginn von

Straftaten der jüngeren Geschwister des behandelten Jugendlichen (Klein, Alexander & Parsons, 1977), d.h. eine Generalisierung der Behandlungseffekte fand statt (Carr, 2000). 1989 konnte Friedman dagegen keine signifikanten Gruppenunterschiede beim Vergleich FFT mit Elterntraining neun Monate nach einer 24–wöchigen Behandlungsphase feststellen. Shadish et al (1997) stellte zudem bei einer Untersuchung zum Thema Familientherapie fest, dass für delinquente Jugendliche drei Studien mit nicht-signifikanten Ergebnissen vorliegen. Eine Präzision der Art der Familientherapie wird hier nicht vorgenommen.

Angesichts der Vielzahl von positiven Evaluationsergebnissen ist es für FFT nicht ersichtlich, warum diese Behandlungsform nicht den „Chambless-Kriterien“ entspricht und von Brestan & Eyberg (1998) nicht als „wahrscheinlich wirksame“ Therapie eingeordnet wurde.