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Das Ziel des Straßenbaus besteht nach BRAUN darin, „dem Verkehr eine dauerhaft ebene Fahrbahn zur Verfügung zu stellen“, weshalb „die Einwirkung der Verkehrslasten“ auf dieselbe „nicht als Ursache, sondern nur als Auslöser für nicht erwünschte Reaktionen der Straßenbefestigung mit der Folge bleibender Formabweichungen angesehen werden kann“

[37].

Über Jahrzehnte wurde die Asphaltbauweise durch ständige Veränderungen und Verbesse-rungen der Mischgutzusammensetzung den kontinuierlich zunehmenden Verkehrsbean-spruchungen sowie den unterschiedlichen strukturqualitativen Schwerpunkten angepaßt.

Lt. TAPPERT sind die Möglichkeiten bei der Mineralstoffzusammensetzung und der Bin-demittelviskosität nahezu ausgeschöpft [220].

Nach HUSCHEK hat sich die überwiegend empirische Wissenschaft Straßenbau aus einer Vielzahl von praktischen Erfahrungen auf den verschiedenen Gebieten wie Material-technologie, Baumaschinentechnik, Fahrzeugtechnik oder beispielsweise der menschlichen Zuverlässigkeit entwickelt. „Aber es liegt gerade im Wesen der Empirie, daß man sich immer wieder grundsätzlich zu fragen hat, ob sich denn das bisher Bewährte auch künftig unter anderen, härteren Bedingungen bewähren wird oder ob es ratsam erscheint, neue Konzepte in Erwägung zu ziehen“ [102].

Auch ein optimal zusammengesetztes Asphaltmischgut muß versagen, wenn die vereinbar-ten Gebrauchseigenschafvereinbar-ten des hergestellvereinbar-ten Verkehrsweges aufgrund mangelhafter Ein-bauqualität nicht erreicht werden [251].

Unter Ausnutzung des Standes der Technik ist es möglich, optimierte Asphaltmischgüter mit hoher Qualität einzubauen und zu verdichten und somit gute Voraussetzungen zum Erreichen der konzipierten Nutzungsdauer zu schaffen, wenn auch dem komplexen Feld der Arbeitsvorbereitung die gebührende Aufmerksamkeit zuteil wird.

DIETRICH spricht an, daß es unumgänglich ist, sowohl Funktionsfehler, wie beispielsweise Temperaturunterschiede im Mischgut, als auch Handhabungsfehler des Bedienpersonals zu minimieren. Vollständig ausschalten kann man sie nicht [49], da der Verkehrswegebau mit der unter definierten Bedingungen stattfindenden industriellen Fertigung nicht vergleichbar ist.

Probleme im Bewegungsverhalten der schwimmenden Einbaubohle werden häufig von Temperaturschwankungen und nicht konstanten Vorlagehöhen des Materials vor dem Ein-bauwerkzeug dominiert, was der Beobachter eines Einbauprozesses von Walzasphalt ins-besondere beim Einsatz von Bohlen mit variabler Arbeitsbreite u.a. anhand der sich in sol-chen Fällen notwendigerweise einstellenden Einbaudickenunterschiede im Bereich zwi-schen Grundbohle und den Ausschiebeteilen (s. Abb. A.2 und Tab. A.1) bemerken wird.

Hartnäckig hält man an Überliefertem fest: RICHTER UND HEINDL [171] führen aus, daß

„die Einbautemperatur (bei einem Heiß-Asphalt) etwa bei 150 °C liegt“ und „schwacher blauer Dampf (…) die richtige Temperatur, gelblicher Dampf eine Überhitzung (zeigt)“.

Im Rahmen eines verfahrenstechnischen Seminars behauptete ein Einbaupolier, Tempera-turunterschiede von 10 °C mit dem bloßen Auge erkennen zu können. Daß das offensicht-lich nur selten funktioniert, verdeutoffensicht-licht Abb. 5: im linken Bild wird aus Demonstrations-gründen die Hand auf das soeben angelieferte Asphaltmischgut gelegt (ca. 50 °C), während auf dem rechten Bild [81] an der Dampfentwicklung stark überhitztes Einbaumaterial zu erkennen ist. Beide Mischgutpartien wurden eingebaut.

Abb. 5: Verarbeitung extrem kalten9 und heißen ([81]) Asphaltes

Die von HUTSCHENREUTHER UND WÖRNER in [107] referierten Werte aus der Praxis beim Einbau von Asphaltbetonen sowie der von FLOSZ je nach Bindemittelsorte deklarierte übli-che Temperaturbereich zwisübli-chen 150 und 180 °C bei der Übergabe des Mischgutes an den Fertiger [74] können vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen des Verfassers sowie unter Bezugnahme auf Literaturstellen mit wissenschaftlichem Hintergrund [15, 26, 56, 77, 106, 155, 200, 216, 264, 265] bei häufigen Temperaturdifferenzen des Mischgutes bis zu 55 °C nicht bestätigt werden, wenngleich auch bei exponierten Baumaßnahmen fallweise Spannen für die Anlieferungstemperatur von ± 10 °C vereinbart wurden [150].

Im krassen Widerspruch dazu stehen die akribischen Forderungen bei der Herstellung von Probekörpern im Laboratorium gem. [3, 289] mit maximal zulässigen Abweichungen von

± 5 °C von der Prüftemperatur nach Bitumenart und -sorte.

Die in der ZTV Asphalt-StB 07 [273] aufgeführte niedrigste und höchste zulässige Tempe-ratur der unterschiedlichen Mischgutarten in Abhängigkeit von der Bindemittelsorte (s.

Auszug in Tab. 2) sollen der Sicherung der Bindemittel- und Mischgutqualität sowie einer ausreichend bemessenen Zeit für die Endverdichtung dienen und wurden im Laufe der Jah-re sich ändernden Bedingungen angepaßt.

ZICHNER betonte bereits 1964, daß die Temperaturspannen verhältnismäßig weit gehalten werden, damit alle vorkommenden Fälle abgedeckt werden können, für bestimmte Bau-weisen aber engere Grenze zu beachten sind [269].

9 Aufnahme des Verfassers

Tab. 2: Niedrigste und höchste Temperatur des Asphaltmischgutes in °C in Anlehnung an [273] für Asphaltbeton (AC) und Splittmastixasphalt (SMA)

Bindemittel- AC SMA kν

sorte νTu To

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50/70 140 – 180 4,7

25/55-55 A 150 – 190 150 – 190 4,3

„Die unteren Grenzwerte gelten für das Asphaltmischgut bei Anlieferung auf der Baustelle; die oberen Grenzwerte gelten für das Asphaltmischgut bei der Herstellung und beim Verlassen des Asphaltmischers bzw. des Silos.“ [273]

Mischgutlieferungen, die sich beispielsweise im extremen Fall um die Spanne zwischen maximaler und minimaler Grenztemperatur gem. [273] unterscheiden, sind als regelkon-form zu betrachten: eine Zurückweisung wegen gravierender Temperaturunterschiede ist nur nach einer vorherigen Vereinbarung mit dem Mischwerk möglich. Zur Verdeutlichung der sich daraus ableitenden Änderungen der kinematischen Viskosität ν wurde in Tab. 2 nach Daten der Fa. Shell [201] ein Faktor kν aus dem Quotienten der kinematischen Visko-sität an der unteren νTu und oberen νTo zulässigen Temperaturgrenze gebildet. Man er-kennt, daß im gewählten Beispiel bei voller Ausnutzung der Spanne die Änderungen der kinematischen Viskosität mit Faktoren 4,3 ≤ kν ≤ 4,7 belegt sind. Das Problem verschärft sich bei gegebenen Temperaturunterschieden in Richtung der unteren Grenze der zulässi-gen Spanne, weil die Viskositäts-Temperatur-Kurve bekannterweise einer Exponential-funktion gehorcht.

Aus diesem Grund ist die obenerwähnte Einengung der Anlieferungstemperatur des Mischgutes auf ± 10 °C [150] sowie der von DAMM in [43] gebrachte Hinweis auf eine Bohlenreaktion bei einer Temperaturschwankung von 10 °C ohne Angabe der tatsächlich vorhandenen Temperaturen wenig aussagekräftig.

Immer wieder kommen von Seiten der Auftragnehmer Fragen auf, welche Vorlagehöhe des Mischgutes am günstigsten wäre und welche Auswirkungen schwankende Schnecken-drehzahlen auf das Einbauergebnis haben. In letzter Zeit schließen sich auch zunehmend Vertreter von Behörden – vorzugsweise nach Baustellenbesuchen – dieser Fragestellung an, dürfen doch Diskontinuitäten in der Drehzahl der Verteilerschnecke, der Material-vorlagehöhe sowie der Mischguttemperatur hinsichtlich ihres Auftretens zu recht als ubi-quitär bezeichnet werden. Die pauschale Behauptung, sie wären imponderabel, ist nach der Erfahrung des Verfassers nicht haltbar.

Zurückkommend auf HUSCHEK, „ob es ratsam erscheint, neue Konzepte in Erwägung zu ziehen“ [102], stellt sich, bedingt durch weiterhin steigende Verkehrs- und Klima-beanspruchungen, diese Frage gleichermaßen für die strukturelle Dimensionierung sowie für die Material- und Oberflächeneigenschaften mit dem Schwerpunkt, den unebenheits-bedingten vertikalen Lasteintrag zu minimieren.

Bevor eine entsprechende Aufgabenstellung formuliert werden kann, ist im Rahmen einer Sichtung der zugänglichen Literatur zu prüfen, ob zu der umrissenen Problematik – dem Einfluß schwankender Mischguttemperaturen, Materialvorlagehöhen und Schneckendreh-zahlen auf die Einbaudicke, den Vorverdichtungsgrad10 und die Längsebenheit beim Ein-bau von Walzasphalt – bereits Stellung bezogen und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt wurden.

10 siehe Begriffe, Definitionen, Formelzeichen und Symbole