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DIE POLITIK KIRGISISTANS

PRÄSIDENT Parlament

Regierung und lokale Verwaltungen Lokale

Volks-versammlungen

Gerichts- organe

Die oberste legislative Gewalt wird vom Parlament ausgeübt. In der ersten Phase vor Inkrafttreten der Verfassung des unabhängigen Kirgisistan hatte der Oberste Rat die legislative Gewalt inne5. Im Prinzip war es ein Einkammerparlament.

Mit der Annahme der neuen Verfassung bekam das Parlament die neue Bezeichnung «Dschokorgu Kenesch» und wurde mit den Funktionen des obersten legislativen Staatsorgans ausgestattet. 1995 trat das neue Zweikammerparlament zum ersten Mal zusammen, mit Abgeordneten, die nach dem Mehrheitsprinzip und den Kandidatenlisten in den Wahlbezirken gewählt wurden. Diese zwei Kammern waren die gesetzgebende Versammlung (45 Abgeordnete) und die Volksvertretung (35, später 60 Abgeordnete). In der 2. Legislaturperiode (2000 bis 2005) setzte sich die gesetzgebende Versammlung jeweils zu zwei Dritteln aus Abgeordneten, die nach Kandidatenlisten gewählt wurden, sowie zu einem Drittel aus Kandidaten der Parteilisten zusammen. Insgesamt 15 akkreditierte politische

4 Siehe auch: E. Abildajew: Politische Ordnung Kirgisistans: Probleme und Perspektiven, in: Ilim-Verlag, Bischkek 2001.

5 Siehe auch: M. Kutschukow: Hauptphasen der Parlamentsentwicklung in der Kirgisischen Republik zwischen 1990 und 2000. Doktorarbeit der Geschichte. Bischkek 2004.

ZENTRALASIEN: EINE INNENANSICHT

Parteien hatten damals ihre Kandidaten aufgestellt6. Die Verfassung schrieb ein komplexes System der Zuständigkeitsabgrenzungen für die einzelnen Parlamentskammern vor.

2005 kehrte man zum Einkammerparlament zurück, das 75 Abgeordnete hatte, die in den Wahlkreisen nach Kandidatenlisten gewählt wurden.

Das heutige System der staatlichen Gewalt stellt ein weitgehend durchdachtes Modell dar, welches anspruchsvollsten demokratischen Standards entspricht7. Dennoch steht es unter ständiger Kritik, denn das System orientiert sich weniger an rechtlichen Rahmen, sondern wird vielmehr von der jeweiligen politischen Mentalität geprägt.

In der Verfassung von 1993 wurde die lokale Selbstverwaltung dem Volk übertragen. Mit der Bestimmung über die lokale Selbstverwaltung von 1994 konnten die lokalen Selbstverwaltungsorgane gewählt werden8. Das geschah zum ersten Mal am 22. Oktober 1994. Damit löste man das sowjetische System der Ortsräte ab. 1996 entstanden Exekutivausschüsse bei den Dorfgemeinden (sog. Dorfämter). Damals wurden mehrere staatliche Aufgaben an die Ortsgemeinden übertragen und soziale Einrichtungen in kommunales Eigentum überführt. Nach 1997 befassten sich auch die Stadtverwaltungen mit der Reform der lokalen Selbstverwaltung.

Nicht umgesetzt wurde damals jedoch die geplante Entwicklung eines Instrumentariums für die Selbstfinanzierung der lokalen Verwaltungen.9 Erst im Dezember 2004 wurde ein Gesetz verabschiedet, mit dem neue Regeln für die öffentlichen Haushalte in Kraft traten, die die lokale Entwicklung fördern sollten.

Die neue Verwaltung entstand aus den früheren sowjetischen Verwaltungsorganen. Deshalb wurden einige Elemente des einstigen Systems längerfristig beibehalten. Trotz des demokratischen Wahlprinzips besaßen der Präsident und die einstigen Staatsfunktionäre eine weit reichende Macht, die ihnen totalen Einfluss ermöglichte. Der Präsident und sein Apparat kontrollierten sämtliche Lebensbereiche, auch die, die in die Zuständigkeit anderer Gewalten fielen. Der erst Mann im Staate verfügte über eine uneingeschränkte Macht über die Regierung und während der ersten zehn Jahre auch über das Parlament und bediente sich dabei verschiedener Einflussmittel einschließlich der Parlamentsauflösung. Die Judikative war ebenfalls der totalen Kontrolle des Präsidenten unterworfen. Zwar wurde die

6 Eben da.

7 Siehe auch: G. Iskakowa: Wahlen und Demokratie in Kirgisistan: Verfassungsrahmen der Präsident-Parlament-Verhältnisse, in: Biyiktik-Verlag, Bischkek 2003.

8 K. Dschumalijew, T. Odschukejewa (Hrsg.): Das 21. Jahrhundert: Die Institution des Präsidentenamtes in der Kirgisischen Republik. Teil I, in: Ilim-Verlag, Bischkek 1998.

9 A. Akajew: Demokratie ist ohne die Unterstützung der Volksherrschaft ohnmächtig. Vortrag auf der Tagung der lokalen Selbstverwaltungsvorstände der Kirgisischen Republik (am 23. Nov. 1994)//

Kirgisistan: Werdegang der Unabhängigkeit. Bischkek 1995.

DIE POLITIK KIRGISISTANS

Struktur an marktwirtschaftliche Bedingungen angepasst, dennoch behielt sie zahlreiche überflüssige Funktionen bei, die noch aus der Zeit stammen, als der Staat das Gesamtleben seiner Bürger kontrollierte. Angesichts geringer Einkünfte öffentlicher Angestellter bereiteten diese Umstände den Nährboden für die Korruption.

Die Staatsführung wollte Mängeln in der Verwaltung vorbeugen und akzeptierte die Unterstützung von unterschiedlichen internationalen Organisationen und Geberinstitutionen. Diese halfen bei der Reform des Verwaltungssystems, einer Evaluation der Staatsorgane und der Einführung neuer Verwaltungsstandards. Das neue Staatsdienstmodell beabsichtigte ferner die Trennung zwischen politischen und administrativen Ämtern, die Ausschreibung öffentlicher Ämter, die obligatorische Offenlegung der Einkünfte öffentlicher Angestellter und letztlich auch ihrer Familienangehörigen. Im Zuge der Korruptionsbekämpfung wurden praktische Maßnahmen zur Abschaffung korruptionsfördernder Faktoren umgesetzt. Die Anzahl der lizenzpflichtigen Geschäfts- und Unternehmensarten ging jeweils von 63 auf 29 und von 196 auf 102 bis 2005 zurück. Mit dem verabschiedeten Gesetz plante man die Fülle an Zertifizierungs- und Standardisierungsanträgen um das Zehnfache zu reduzieren. Um der Korruption im Bildungsbereich entgegenzuwirken, wurden schriftliche Tests bei der Einschreibung an Hochschulen eingeführt.

Die Gerichtsreform war mit den 2003 verabschiedeten Gesetzen zur Verfassungsänderung weitgehend abgeschlossen. Die ursprünglichen drei Gerichtsformen, das Verfassungsgericht, das Oberste Gericht und die Zivilgerichte einschließlich der Schiedsgerichte, wurden in zwei Arten umgewandelt. Im Moment existieren das stark kritisierte Verfassungsgericht und die Zivilgerichte, die sämtliche Arten der Gerichtsverfahren durchführen:

Straf-, Zivil-, Schieds- und Verwaltungsverfahren. Darüber hinaus wird die Schiedsgerichtsbarkeit in Zivilrechtsstreiten praktiziert.

Mit den erlangten demokratischen Freiheiten betraten zahlreiche Parteien die politische Bühne. Im November 1991 wurden 65 Parteien und bürgerliche Bewegungen im Justizministerium registriert10. Die meisten von ihnen sind inzwischen aufgelöst. Am 1. Juni 1995 gab es nur noch 12 Parteien und sechs offiziell registrierte bürgerliche Bewegungen.11

Die damals in Kirgisistan entstandenen Parteien hatten wenige Mitglieder, die sich um einzelne politische Führer gruppierten. Außerdem gab es Parteien, die aus den KPdSU-Überresten entstanden waren, sowie solche, die mit Hilfe der Administration extra für die Wahlen von 1995 und 2000 gegründet wurden. Aus dem folgenden Diagramm geht hervor, dass die Parteigründungen sich an den jeweiligen Wahlterminen orientierten.

10 U. Tschinalijew: Besonderheiten der Entstehung einer bürgerlichen Gesellschaft in der Kirgisischen Republik. Moskau 2001, Seite 69.

11 F. Nijasow (Hrsg.): Politische und wirtschaftliche Reformen in Kirgisistan (1991–1995), Bischkek 1995, Seite 31.

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