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Potenziell funktionelle Bedeutung der gefundenen DNA-Varianten

Die Genexpression wird durch Transkriptionsfaktoren reguliert. Diese binden an Response-Elemente, welche spezifische Konsensussequenzen aufweisen und insbesondere in 5’-flankierenden Bereichen der Gene vorkommen. Response-Elemente dienen als Matrize für bestimmte Transkriptionsfaktoren, wobei eine Core-Konsensussequenz für die DNA/Protein-Interaktion wichtig ist und im Kern (Core) meist aus vier Basen besteht. Für die übrigen Nukleotide der Matrize werden vom jeweiligen Transkriptionsfaktor bestimmte Basen bevorzugt. Angaben zu Konsensussequenzen waren pro Response-Element je nach Untersuchungsergebnis z. T. verschieden (vgl.

Tab. 3, S. 25ff.). Die Bindung der Transkriptionsfaktoren an die DNA kann sich aktivierend aber auch inhibierend auf die Transkription auswirken und wird von Liganden beeinflusst. Auch die Kombination von Bindungen zweier oder mehrerer Transkriptionsfaktoren spielt bei der Transkriptionsregulation eine Rolle. In dieser Arbeit wurden diejenigen Response-Elemente und deren Transkriptionsfaktoren berücksichtigt (s. Tab. 3, S. 25 ff.), die im Immunsystem eine Rolle spielen können bzw. die in den orthologen Zytokin-Genen von Mensch und Maus als funktionell wichtig für die Transkription nachgewiesen wurden (s. Abb. 4, S. 36, Abb. 6, S. 40, Abb. 9 und 10, S.

48f. und Tab. 8, S. 45). Beeinflussungen der Krankheitsresistenz infolge Mutationen in Transkriptionsfaktoren sind bekannt (s. Review von LATCHMAN, 1996). Aber auch Polymorphismen in den Response-Elementen für Transkriptionsfaktoren können bewirken, dass die DNA/Protein-Bindung nicht mehr effizient stattfinden kann.

Infolgedessen kann die Expression des betreffenden Gens ausbleiben bzw. gestört sein (VAN HEEL et al., 2002). Andererseits kann eine Mutation in einem Response-Element

auch zu einer effizienteren Bindung führen oder es können durch Mutationen neue Response-Elemente entstehen. Wenn dadurch für die Krankheitsresistenz relevante Gene betroffen sind, kann sich dies im Phänotyp als vorteilhaft bzw. nachteilig erweisen, z.B. durch schnellere oder verzögerte Immunantworten.

In den eigenen Arbeiten wurde bei der In-silico-Analyse des IL-2-Gens festgestellt, dass Varianten in den potenziellen Bindungsstellen für GATA-1 bzw. GATA-3, AP-1 und STAT5 vorkommen. GATA1 spielt als Transkriptionsfaktor im Gegensatz zu GATA3 -keine besondere Rolle im Immunsystem. Für GATA-3 ist bekannt, dass es die Expression von Th2-Zytokinen (IL-5, IL-13) induziert und somit eine Th2-Immunantwort fördert (LEE et al., 2000). Demgegenüber stellten OUYANG et al. (1998) fest, dass GATA-3 die Ausbildung einer Th1-dominierten Immunantwort hemmt. Im IL-2, einem Th1-Zytokin, könnte man sich also eine inhibitorische Wirkung dieses Transkriptionsfaktors vorstellen. In dieser Arbeit konnten innerhalb der potenziellen GATA-Bindungsstellen Varianten im Bereich der Core-Konsensussequenz identifiziert werden (GATA Æ GCTA und GATA Æ GACA). Es ist vorstellbar, dass der Transkriptionsfaktor GATA-3 an diese Varianten nicht mehr binden kann und so die inhibitorische Wirkung aufhebt. Infolgedessen könnte die Th1:Th2-Balance gestört sein und zu Dysfunktionen bei der Immunantwort führen. Über einen solchen Fall berichten z.B. LUDLOW et al. (1996): Hierbei hatte ein SNP in der Konsensussequenz für GATA-1 im Gen „Platelet Glycoprotein“ zu einer Verringerung der Genexpression um 84 % geführt. Im untersuchten porcinen IL-2 gibt es mehrere Bindungsstellen für GATA-3, so dass die Auswirkungen der DNA-Variante in einer Position eventuell ohne Effekt bleibt.

Lediglich eine von drei AP-1-Bindungsstellen im IL-2 trägt eine Variante innerhalb der Core-Konsensussequenz. Bei den beiden anderen liegt der jeweilige SNP in der Matrix des Response-Elementes, so dass die AP-1-Bindung wahrscheinlich wenig beeinflusst wird. Mutationsanalysen in humanen IL-2-spezifischen Response-Elementen durch HUGHES und POBER (1996) ergaben, dass Mutationen im AP-1 in vitro (an Position -145 bis -152 bp) eine 85 - 95 %ige Verringerung der Transkriptionsrate zur Folge hatten. Hierbei waren jedoch drei Basen ausgetauscht worden. In der AP-1-Bindungsstelle des porcinen Gens weist die Variante B die Core-Konsensussequenz GTCA auf, während die Variante A die Nukleotidabfolge GCCA besitzt.

Im STAT5 ist lediglich die Base proximal der Bindungsmatrix von einer Variante betroffen. Eine Beeinflussung der Transkription ist in geringem Ausmaß zu vermuten.

Im IL-6-Gen ist lediglich die Sequenz benachbart zu dem Response-Element für SP-1 von einer Variante betroffen. Es existieren jedoch drei Varianten, die - im Vergleich zum Menschen - Matrizen für die Transkriptionsfaktoren NFkB, CRE-BP1 und PAX5 verändern. Bei NFkB und PAX5 sind hierbei die Core-Konsensussequenzen betroffen.

In der Literatur ist für einige Zytokin-Gene beim Vergleich zwischen Mensch und Maus eine hohe Homologie bezüglich der regulatorischen Elemente im 5’-flankierenden Bereich beschrieben (z.B. TANABE et al., 1988; LOOTS et al., 2000). Die starke Konservierung dieser Elemente spricht für eine wichtige Funktion bei der Aktivierung der Transkription. Veränderte Konsensussequenzen sprechen demnach für eine untergeordnete Rolle dieser Elemente bei der Transkriptionsregulation oder aber sie könnten Ausdruck eines unterschiedlichen Selektionsdruckes zwischen Spezies sein.

PAX5 ist ein B-Zell-spezifischer Transkriptionsfaktor. Bisher wurde eine PAX5-Bindungsstelle im 5’-flankierenden Bereich des IL-6 nicht nachgewiesen, doch lässt die essenzielle Bedeutung von IL-6 für die B-Zell-Reifung auf eine Funktion von PAX5 schließen.

Im humanen IL-6 wurde u.a. ein SNP an Position -174 bp (FISHMAN et al., 1998) nachgewiesen, welcher die Expression beeinflusst. Allerdings gibt es keine Untersuchungen, die eine veränderte Immunabwehr konkret auf eine veränderte Expressions-rate infolge eines solchen Polymorphismus nachweisen können. Jedoch belegen Assoziationsstudien einen Zusammenhang zwischen Zytokin-Konzentration im Plasma und der Resistenz bzw. Disposition gegenüber mehreren Erkrankungen (z.B.

BOUTLIS et al., 2003). Am besten ist dieser Zusammenhang bei autoimmun induzierten Krankheiten belegt, z.B. IL-6 und Juvenile chronische Arthritis (FISHMAN et al., 1998).

Im IL-12B-Gen liegen die gefundenen Varianten nicht im Bereich potenzieller Response-Elemente. Jedoch unterscheiden sich einige Response-Elemente beim Schwein von denen des Menschen und der Maus. Daher erlauben die vorliegenden Daten noch keine Bewertung des Einflusses der porcinen Response-Elemente.

Auch im 5’-flankierenden Bereich des IFN-γ wurden keine Varianten innerhalb der sequenzierten Tiere gefunden, während im Vergleich zum Menschen Unterschiede in den potenziellen Response-Elementen IRF-7 und IRF-2 zu beobachten sind. Diese Response-Elemente haben eine wichtige Funktion bei der virus-induzierten Aktivierung der TypI-Interferone (HARADA et al., 1989; SATO et al., 2000). Ob die Response-Elemente in ihrer Funktion im Vergleich zum Menschen verändert sind, ist eine interessante Frage, die allerdings nur experimentell belegt werden kann, wie z.B. über Analysen mittels Footprints, EMSA, Reportergenen oder Deletionen.

Interessant ist ein CA-Repeat im Intron 1 des humanen IFN-γ, welcher nachweislich mit der Expression assoziiert ist (PRAVICA et al., 1999). Verschiedene Allele dieses Locus konnten bereits mit mehreren autoimmun bedingten Erkrankungen assoziiert werden, so beispielsweise mit dem Insulin-abhängigen Diabetes mellitus und mit Asthma (NAKAO et al., 2001; AWATA et al., 1994). Zwischen Rind, Schwein und Maus durchgeführte Alignments der in den Datenbanken zur Verfügung stehenden Einträge über IFN-γ verweisen auf einen fehlenden CA-Repeat. Auch in intronischen Bereichen können sich Varianten auf die Genexpression auswirken. Es ist bekannt, dass sich auch hier Enhancer- bzw. Silencer-Sequenzen befinden. Außerdem können Varianten das mRNA-Splicing verändern und so zu einem veränderten Protein führen. Beispielsweise sind Polymorphismen in den Introns des IFN-γ bekannt, die sich auf das Splicing auswirken (z. B. IWASAKI et al., 2001). Auch beim IL-12B sind beim Menschen SNPs in den Intronbereichen gefunden worden (HUANG et al., 2000). Es gibt also für weiterführende experimentelle Arbeiten beim Schwein viele lohnende Untersuchungsansätze.

In dieser Studie wurden erstmals beim Schwein Polymorphismen in den funktionell wichtigen Bereichen der untersuchten Zytokin-Gene nachgewiesen. Insbesondere waren konservierte und für die Genexpression oder Proteinfunktion relevante Bereiche einbezogen worden. Daher lag die Wahrscheinlichkeit, innerhalb einer Spezies Varianten zu finden, niedriger als zufallsgemäß, jedoch handelt es bei den so nachgewiesenen Varianten mit großer Wahrscheinlichkeit um funktionswichtige. Die Expression der Zytokine ist in Menge und Zeitrhythmus als bedeutend für die Immunfunktion gefunden worden, so dass daraus kausale Einflüsse auf die Krankheitsresistenz abzuleiten sind. Daher ist auch beim Schwein der Einsatz weiterer

Methoden zur experimentellen Prüfung der Zytokin-Genfunktionen von großem Interesse.

5.7 Polymorphe Verbreitung und veterinärmedizinisch-züchterische