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5. Polymerisation von Ethylen in Gegenwart polarer Reagenzien

5.2. Polymerisation in Gegenwart polarer Reagenzien

Der Einfluss verschiedener polarer, protischer oder aprotischer Verbindungen auf den Polymerisationsverlauf wurde in homogener, toluolischer Lösung untersucht. Im Falle des Zusatzes von Wasser bildet sich oberhalb von 0,05 vol-% Wasserzusatz ein Zweiphasensystem. Im Gegensatz zum Arbeiten in wässriger Emulsion kann definitiv davon ausgegangen werden, dass keine Massentransferlimitierungen auftreten. Die Lösungsmittelgemische wurden vor dem Zusatz der Katalysatorvorstufe 30 min unter 5 bar Ethylendruck gerührt. Dadurch ist auch in den wässrigen Systemen eine Sättigung der Toluolphase mit Wasser unter den Bedingungen der Reaktion gewährleistet.

Der gewählte Katalysatorvorläufer CF3/I*py wurde schon in mehreren Untersuchungen in der Polymerisation in Miniemulsion eingesetzt.62,63,86 Dieser Katalysator erzeugt unter den Versuchsbedingungen leicht verzweigtes Polymer mittleren Molekulargewichts, welches im Verlauf der Reaktion ausfällt.

Für dieses Katalysatorsystem wurde der Einfluss von Wasser, Methanol und Pentanol, als polare protische Reagenzien, sowie THF als polares aber nicht protisches Reagenz auf die Aktivität und die Polymermikrostruktur in der Ethylenpolymerisation untersucht.

Die Zugabe polarer, aber nicht protischer Verbindungen, wie etwa THF, beeinflusst die Polymerisationsaktivität nicht (Abb. 5-3). Selbst in Reaktionsmischungen, die 10 vol-% THF enthalten, setzt der Katalysator das Monomer mit annähernd unverminderter Geschwindigkeit um, es ist fast kein Absinken der Aktivität zu beobachten (Tab. 5-1; Versuch 5-17). Eine Koordination von THF am Metallzentrum findet selbst bei diesen hohen THF-Überschüssen höchstens in sehr geringem Umfang statt.

Protische Verbindungen hingegen setzen schon in sehr kleinen Konzentrationen die in 1-stündigen Experimenten beobachtete mittlere Polymerisationsaktivität der Katalysatoren

O I I

N

CF3 CF3

F3C F3

C

Ni Me N

CF3/I*py

deutlich herab. Schon 0.05 vol-% (370 Äquivalente vs. NiII) Wasser im System senken die mittlere Aktivität um rund 30 %. Der Einfluss von Methanol und Pentanol entspricht in etwa dem von Wasser (in dem Zusammensetzungsbereich, in welchem Wasser vollständig mit der Toluolphase mischbar ist, s.u.). Mit steigendem Gehalt an protischer Komponente im Reaktionsgemisch sinkt die beobachtete Aktivität der Katalysatoren. Bei einem Methanolgehalt von 10 vol-% wird fast keine Polymerbildung beobachtet.

Abb. 5-3 Mittlere Polymerisationsaktivität von CF3/I*py in Gegenwart von polaren Reagenzien (40 bar Ethylen, ≈15 µmol Katalysator, 50°C, 1 h).

Erwartungsgemäß ist die Wirkung von Wasser limitiert. Oberhalb eines Gehalts von 0.5-1 vol-% ist keine weitere Abnahme der mittleren Aktivität bei steigendem H2O-Gehalt mehr zu beobachten. Die Löslichkeit von Wasser in Toluol/Ethylen-Gemischen, wie sie während der Polymerisation vorliegen (es lösen sich unter Reaktionsbedingungen rund 100 g Ethylen in 1 L Toluol),82 ist bisher nicht untersucht worden. Die Sättigungskonzentration von Wasser in reinem Toluol liegt bei 20°C bei etwa 0.06 vol-%. Der beobachtete geringere Einfluss von Wasser bei Zugabe größerer Volumina stimmt damit etwa überein.

0.01 0.1 1 10

0 10 20 30 40 50

0,0

reines Toluol H2O

MeOH Pentanol THF

H2O (Zugabe nach 15 min) mittlere Aktivität [103 TO h-1 ]

Gehalt an polarer Komponente im Reaktionsgemisch [vol%]

Polymerisation in Gegenwart polarer Reagenzien

Reaktionsbedingungen: p(Ethylen): 40 bar; Reaktionsmedium: 200 mL Toluol; TOF in 103 mol(Ethylen)·mol(Ni)-1·h-1;

a Zugabe des Additivs erfolgete nach 15 min Reaktionszeit;

b ausschließlich Methyl-Verzweigungen;

c < 1 / 1000 C Ehtyl-Verzweigungen;

n.e.: nicht ermittelt

Polymerisation in Gegenwart polarer Reagenzien

Tab. 5-1Polymerisation mit CF3/I*pyin Gegenwartpolarer Reagenzien.

Die Beobachtung, dass eine merkliche Empfindlichkeit gegenüber protischen Reagenzien besteht, die zu einer irreversiblen (siehe unten) Deaktivierung führt, wirft die Frage auf, warum in wässriger Miniemulsion über Stunden relativ konstante Aktivitäten beobachtet wurden. Diesbezüglich wurde der Aktivitätsverlauf anhand der zeitlichen Verfolgung der Gasaufnahme aufgezeichnet (Abb. 5-4). Nach 15 min ist das System gesättigt und der Ethylenfluss gibt den Verlauf aufgrund der Polymerisation wieder. Dies wird auch durch den Vergleich des Integrals der Kurve mit der nach Versuchsende isolierten Polymermenge bestätigt (für die ersten 15 min wurde dabei die Aktivität aus dem Kurvenverlauf t > 15 min extrapoliert). In reinem Toluol polymerisiert der Katalysator über 1 h mit annähernd konstanter Aktivität (Kurve A). In Gegenwart von Wasser ist die beobachtete Aktivität wesentlich geringer (Kurve B). Auch nach 1 h ist der Katalysator noch aktiv. Im Detail nimmt die Aktivität, im Gegensatz zur Polymerisation in reinem Toluol, im beobachteten Zeitraum von 15 bis 60 min ab, auf rund ein Drittel der Aktivität bei t = 15min.

Abb. 5-4 Aktivitätsverlauf in der Polymerisation von Ethylen mit CF3/I*py bei Zugabe von polaren Reagenzien (40 bar Ethylen, 50°C).

Die Zugabe von Wasser erst nach 15 min Polymerisation führt ebenfalls zu einem Absinken der Aktivität, diese bleibt aber stets deutlich höher als bei Zusatz von Wasser bereits vor Beginn der Reaktion (Kurve C). Nach erfolgtem Beginn der Polymerisation ist also der

0 15 30 45 60

0 15 30 45 60 75 90

C B

A

berechnet aus dem normierten momentanen Gasverbrauch

A : reines Toluol B : 2 mL H2O

C : Zugabe von 2 mL H2O nach 15 min

momentane Aktivität [103 h-1 ]

Reaktionszeit [min]

Polymerisation in Gegenwart polarer Reagenzien

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Einfluss von Wasser geringer. Möglicherweise begrenzt die Anwesenheit von hydrophobem Polymer den Zutritt von Wasser zu den aktiven Zentren.

Die beobachteten Aktivitätsverläufe sprechen dafür, dass die Deaktivierung durch Wasser zumindest teilweise auf einem irreversiblen Deaktivierungsprozess beruht. Das Ausmaß der Deaktivierung ist in den frühen Stadien der Reaktion besonders groß.

Molekulargewicht und Polymermikrostruktur

Die Polymermikrostruktur des gebildeten Polymers ändert sich in Anwesenheit eines polaren oder protischen Reagenzes über weite Konzentrationsbereiche nicht merklich. Der untersuchte Katalysator bildet in trockenem Toluol üblicherweise Polyethylen mit Mn = 2.3 x 104 und ≈ 9 Verzweigungen pro 1000 Kohlenstoffatome. Polymere, welche in Anwesenheit von 1 vol-% Wasser, MeOH oder Pentanol gebildet wurden, haben vergleichbare Molekulargewichte und Verzweigungsgrade. Auch sehr hohe Konzentrationen an THF von 10 vol-% haben keinen Einfluss auf das Molekulargewicht. Dies erscheint plausibel, da schon aufgrund der unvermindert hohen Aktivität auf eine sehr geringe Wechselwirkung zwischen dem Katalysatorzentrum und THF geschlossen werden kann.

Nur im Fall des Zusatzes von großen Mengen (10 vol-%) MeOH wird ein deutlicher Effekt auf das Molekulargewicht beobachtet. Eine konservative Berechnung der mindestens je Metallzentrum gebildeten Anzahl an Ketten (unter der Annahme, dass alle Metallzentren aktiv sind) ergibt, dass in allen Fällen außer dem vorgenannten mindestens 10 Polymerketten je Ni-Zentrum gebildet werden. Auch eine irreversible Deaktivierung, etwa durch Protolyse der Metall-Alkyl-Bindung während des Kettenwachstums, sollte also das mittlere Molekulargewicht und die Molekulargewichtsverteilung nicht signifikant beeinflussen. Im Experiment mit 10 vol-% MeOH liegt die Zahl der je Metallzentrum gebildeten Ketten lediglich bei mindestens 2. Das im Vergleich zur Polymerisation in Abwesenheit von MeOH deutlich geringere Molekulargewicht kann also auf die Konkurrenz von Kettenwachstum und Kettenübertragung durch MeOH zurückgeführt werden.

5.3. Polymerisation in Miniemulsionen sehr apolarer Medien

Aus den beschriebenen Untersuchungen geht hervor, dass der Katalysator insbesondere zu Beginn der Reaktion vor protischen Reagenzien abgeschirmt werden muss. Die Löslichkeit der protischen Reagenzien in der organischen Phase spielt dabei eine wichtige Rolle. Ein aus diesen Beobachtungen abgeleiteter Ansatz, die Aktivität der Katalysatoren in wässriger Miniemulsion zu steigern, ist die organische Phase zu hydrophobisieren, um den Wassergehalt in der organischen Phase zu reduzieren. In den vorangegangenen Untersuchungen in unserer Arbeitgruppe wurde der organischen Phase zwar auch ein Hydrophob zugesetzt, aber nur in sehr geringen Mengen, da es nur der Stabilisierung der Miniemulsion gegenüber Ostwald-Reifung diente. Eine im Vergleich zu Toluol hydrophobere Katalysatorphase, wie etwa Pentan, Hexadekan, niedermolekulares Polydimethylsiloxan (PDMS) oder flüssiges niedermolekulares verzweigtes Polyethylen, könnte die Produktivität insgesamt verbessern.

Es wurde daher versucht, die bekannten Katalysatoren CF3/I*py und CF3/CF3/I*py in solchen sehr hydrophoben Medien zu lösen und in Miniemulsionen dieser Medien in der Ethylenpolymerisation einzusetzen.

Versuch 5-22 beschreibt die bisherige in unserer Arbeitsgruppe für die Polymerisation mit Salicylaldiminato-Ni(II)-Katalysatoren in Miniemulsion der Katalysatorlösung verwendete Vorschrift. Die organische Phase besteht aus einem Toluol/Hydrophob-Gemisch im Verhältnis von etwa 10:1, und es wird eine recht hohe Katalysatormenge eingesetzt. Die eingesetzte Katalysatormenge löst sich homogen in der organischen Phase, die dann in der wässrigen Phase zu einer blass-orangefarbenen opaken Miniemulsion dispergiert werden kann. Üblicherweise geschieht dies, indem die organische Phase mit einem Teil der wässrigen Tensidlösung zu einer Makroemulsion vermengt wird, die dann mittels Ultraschall (120W, 2 min) zu einer Miniemulsion homogenisiert wird. Die katalytische Aktivität des Komplexes in der anschließenden Polymerisation ist mit 3.1 x 103 TOh-1 hoch im Vergleich zu anderen Systemen,31,56 aber gut eine Größenordnung kleiner als in toluolischer Lösung.62,63

Zur Optimierung der Rezeptur und zur Anpassung an den höheren Hydrophobanteil in den folgenden Versuchen, der in der Regel die Viskosität der organischen Phase erhöht, wurde die Beschallungszeit, bei gleicher Leistung (120 W), auf 8 min erhöht. Zusätzlich wurde die Vorschrift dahingehend abgeändert, dass die gesamte Tensidmenge in 30 mL Wasser gelöst wurde und in diesem Volumen die organische Phase dispergiert wurde. Die so präparierte transparente Miniemulsion wurde anschließend zu 170 mL entgastem und temperiertem

Polymerisation in Gegenwart polarer Reagenzien

81

Wasser in den Reaktor überführt. Nach kurzem Rühren wurde der Reaktionsmischung eine Probe zur Tröpfchengrößenbestimmung mittels DLS entnommen. Die entnommenen Proben waren ebenfalls transparent. Eine so hergestellte Miniemulsion weist eine mittlere Tröpfchengröße (aus DLS, volumengemittelt) von etwa 60-70 nm auf und ist im Vergleich zu einer Miniemulsion mit kürzerer Beschallungszeit enger verteilt (Abb. 5-5). Diese optimierte Vorschrift wurde, soweit nicht anders gekennzeichnet, für alle Versuche in dieser Arbeit angewendet.

Abb. 5-5 Vergleich der Tröpfchengrößenverteilung (aus DLS) von unterschiedlich

präparierten Miniemulsionen; durchgezogene Linie: 10 vol-% Hexadekan in der organischen Phase, Beschallung: 2 min, 120 W; gestrichelte Linie: 50 vol-%

Hexadekan in der organischen Phase, Beschallung: 8 min, 120 W.

Zur zusätzlichen Hydrophobisierung der organischen Phase wurde das Toluol-Hydrophob-Verhältnis im ersten Schritt auf 1:1 erhöht. Da die Katalysatorvorstufe in aliphatischen Kohlenwasserstoffen nur schlecht löslich ist, wurde die Katalysatormenge reduziert um eine vollständige Lösung des Katalysators zu erreichen. In der Polymerisation zeigt sich, dass trotz geringerer Katalysatorbeladung die mittlere Aktivität fast doppelt so hoch ist wie mit dem Standard-System.

Eine weitere Steigerung des Hydrophobanteils brachte keine zusätzliche Steigerung der mittleren Aktivität (Versuch 5-24), da der Katalysator in einer solchen Mischung kaum mehr vollständig gelöst werden kann und schon aus der Miniemulsion teilweise als orangefarbener Niederschlag wieder ausfällt. Es bildet sich zwar nur wenig intensiv orange gefärbtes Koagulat, dieses enthält offensichtlich bedeutende Anteile an Katalysator.

0 2 4 6 8 10 12 14

10 100 1000

Volume (%)

Diameter (nm)

82

Reaktionsbedingungen: p(Ethylen): 40 bar; T: 50°C; Reaktionsmedium: 200 mL Wasser, 1.5g SDS, 8 min US (120W);

a TOF in 103 mol(Ethylen)·mol(Ni)-1·h-1;

b der Polymerdispersion; Volumenmittel aus DLS;

c Reaktionsmedium: 98 mL Wasser, 0.75g SDS, 2 min US (120W);

d 16 min US (120W) eagenzien

Polymerisation mit Miniemulsionen sehr apolarer Lösemittel.

Polymerisation in Gegenwart polarer Reagenzien

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Die Beständigkeit der Färbung, auch in Gegenwart von Luftsauerstoff, bestätigt, dass der enthaltene Katalysatorkomplex erst aus der organischen Phase kristallin ausgefallen ist und dann vom Polymer eingeschlossen wurde.

Polyethylen als Hydrophob

Alternativ zu Hexadekan wurde versucht, ein niedermolekulares verzweigtes Polyethylen als Hydrophob einzusetzen. Zu diesem Zweck wurde mit einem Salicylaldiminato-Nickel(II)-Komplex (Abb. 4-4: R1 = CH3) ein Polyethylen mit einem Molekulargewicht von Mn = 1.4 x 103g mol-1 (Mw/Mn=1.9) und 73 Verzweigungen/1000 Kohlenstoffatomen synthetisiert. Die Reaktion wurde bei 50°C in homogener toluolischer Lösung durchgeführt. Das Polymer wurde durch Ausfällen in MeOH isoliert und anschließend mehrfach mit MeOH gewaschen. Das nunmehr farblose, opake flüssige Material wurde unter Rühren über Nacht bei 130°C im Hochvakuum getrocknet und entgast.

Da sich der Präkatalysator nicht in reinem Polyethylen löste, wurde der Komplex in einem Gemisch aus 1.5 mL PE und 0.5 mL Toluol gelöst und in der wässrigen Phase miniemulgiert. Vermutlich wurde der Präkatalysator noch während der Bereitung der Präkatalysatorlösung zerstört, da sich diese von rot-orange nach braun-gelb verfärbte.

Diese Vermutung wurde in der Polymerisation bestätigt, bei der kein Polymer isoliert werden konnte. Da diese Beobachtung reproduzierbar und unabhängig von der Reihenfolge der Zugabe war, kann nur vermutet werden, dass die gewählte Aufarbeitung des Polymers nicht alle störenden Verunreinigungen zu beseitigen vermag.

Polydimethylsiloxan (PDMS) als Hydrophob

Ein anderes gebräuchliches Hydrophob stellen Polydimethylsiloxane (PDMS) dar. Für die vorliegende Untersuchung wurde ein handelsübliches, üblicherweise als Heizmedium verwendetes Silikonöl gewählt. Die farblose klare Flüssigkeit wurde über Nacht bei 130°C im Hochvakuum entgast. Silikonöl hat eine höhere Viskosität als das Toluol/Hexadekan-Gemisch, was unter den gewählten Bedingungen zunächst zu größeren Lösemitteltröpfchen in der Miniemulsion und in Folge dessen auch zu größeren Polymerpartikeln in der Dispersion führte.

In reinem Silikonöl löst sich der Präkatalysator CF3/I*py überhaupt nicht, weshalb der Komplex in einem Gemisch aus 1 mL Toluol und 1 mL Silikonöl homogen gelöst und anschließend in einer wässrigen SDS-Lösung dispergiert wurde. Aus der erhaltenen Miniemulsion fiel jedoch ein Teil des Komplexes in Form eines orangeroten Niederschlags wieder aus, der sich am Gefäßboden sammelte. Gleiches wurde auch bei Verwendung einer organischen Phase aus 1 mL Toluol und 1.5 mL Silikonöl beobachtet. Der höhere Anteil an Silikonöl vermindert zusätzlich die Stabilität der erhaltenen Dispersion, sodass ein Großteil des gebildeten Polymers ausfiel (Tab. 5-2; Versuch 5-26). Obwohl ein wesentlicher Teil des Katalysators ausgefallen war und wahrscheinlich nicht für die Polymerisation zur Verfügung stand, in die Berechnung der Aktivität aber trotzdem einging, wurden mit 3-4 x 103 TO h-1 vergleichbare oder höhere mittlere Aktivitäten beobachtet als in Polymerisation mit sehr geringem Hydrophobanteil (Tab. 5-2; Versuch 5-22).

Polymerisation mit CF3/CF3*py

Um ein Ausfallen des Katalysators aus der hydrophoben organischen Phase zu vermeiden, wurde eine Katalysatorvorstufe verwendet, die eine bessere Löslichkeit in apolaren Lösungsmitteln aufweist. Der in unserer Arbeitgruppe erstmals beschriebene Komplex CF3/CF3*py zeigt in der Ethylen-Homopolymerisation eine mit CF3/I*py vergleichbare Aktivität, ist aber im Gegensatz zu diesem durch die zusätzlichen CF3-Gruppen in apolaren Lösungsmitteln, wie Pentan, besser löslich.86 Im Experiment zeigte sich jedoch, dass der

Komplex in reinem Silikonöl ebenfalls nur wenig löslich ist, so dass von der eingesetzten Katalysatormenge ein nicht zu vernachlässigender Anteil in der org. Phase nur suspendiert war (Tab. 5-2; Versuch 5-27). Eine geringe Produktivität und die Bildung eines

orange-O N

CF3 CF3 F3C

F3C

Ni Me

N

CF3/CF3*py

F3C F3C

CF3 F3C

Polymerisation in Gegenwart polarer Reagenzien

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farbenen Koagulats, welches der Farbintensität nach wohl beträchtliche Mengen des nicht gelösten Katalysatorvorläufers enthielt, waren die Folgen.

In einer Miniemulsion mit einer Lösungsmittelmischung, in der die eingesetzte Menge Komplex hingegen vollständig gelöst werden konnte, war die mittlere Aktivität mit 5.4 x 103 TO h-1 entsprechend höher (Versuch 5-28). Der hohe Silikonöl-Anteil in der organischen Phase reduzierte aber, wie schon im Versuch 5-27 und 5-26 beobachtet, die kolloidale Stabilität der Dispersion und führt zu einem höheren Anteil an Koagulat. Was die geringere Stabilität im Detail hervorruft ist nicht vollständig geklärt. Einen Hinweis darauf kann aber die Untersuchung der Partikelmorphologie in Kap. 6.4. (Seite 101ff) geben.

Es wurde noch weitere Gemische untersucht (Versuch 5-29 und 5-30), in denen sich die Komplexeinwaage zwar vollständig löste, in der nachfolgenden Polymerisation aber, wie schon in Versuch 5-24 beobachtet wurde, teilweise wieder ausfiel. Die Produktivitäten waren auch hier entsprechend niedrig.

Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass mit einer Zusammensetzung der Miniemulsion, welche einen hohen Anteil an Hexadekan oder PDMS enthält, eine gegenüber einer hauptsächlich aus Toluol bestehenden organischen Phase der Miniemulsion (2 mL Toluol, 0.2 mL Hexadekan) eine etwas höhere Aktivität beobachtet wird. Eine mögliche Erklärung ist eine stärkere Abschirmung des Katalysators gegenüber Wasser in der frühen Phase der Polymerisation. Um dieses näher untersuchen und ganz auf den Toluolanteil verzichten zu können, muss zum einen die Löslichkeit der Präkatalysatoren in den apolaren Lösungsmitteln verbessert werden und zum anderen die Stabilität der entstehenden Dispersion verbessert werden. Ein Ansatz dazu kann die in Kap. 6.4 beschriebene Anhebung der Reaktionstemperatur über die Kristallisationstemperatur der Polymere sein.

6. Neutrale zweikernige Salicylaldiminato-Ni(II)-Komplexe in der Ethylen-Polymerisation

6.1. Einleitung

Katalysatoren auf der Basis später Übergangsmetalle werden heute industriell in Zweiphasen-Katalysen zur Herstellung niedermolekularer Verbindungen in Gegenwart von Wasser175, 176 eingesetzt. Als Beispiel für den Einsatz von späten Übergangsmetallen in der Olefinoligomerisation ist das SHOP-Verfahren (Shell igher Olefin Process) zu nennen, bei dem Ethylen an Ni-Katalysatoren zu 1-Olefinen oligomerisiert wird.

Bereits in den 1980er Jahren wurde die Polymerisation von Ethylen durch neutrale Phosphinoenolato-Ni(II)-Komplexe untersucht. Unter anderem wurden als Katalysatorvorstufe PPh3-Komplexe eingesetzt, welche für die Polymerisation mit Phosphinfängern aktiviert wurden.64-68,75,177,178 Es wurden dabei sowohl wasserlösliche (4a) wie auch lipophile Katalysatoren (4b) eingesetzt.

Abb. 6-1 SHOP-Typ Polymerisationskatalysatoren und daraus abgeleitete zweikernige Komplexe.

Von diesen Komplexen sind auch die ersten Beispiele für neutrale, zweikernige Ni(II)-Polymerisationskatalysatoren abgeleitet. 1994 berichteten Kurtev und Tomov von neutralen Nickel(II)-Phosphin-Komplexen (5), die durch Verknüpfung zweier Nickel-Zentren über die Phosphinoenolat-Liganden durch unterschiedliche Brücken hervorgingen und von den SHOP-Typ Katalysatoren abgeleitet sind.179 Die Nickel-Zentren wurden dabei entweder über eine aliphatische Butyl- oder Octyl-Kette, eine Norbornyl-Einheit, einen Phenylring oder eine Ferrocenyl-Einheit verbunden. Die Aktivitäten dieser zweikernigen Komplexe gegenüber Ethylen sind stark vom jeweiligen Liganden abhängig und liegen im Bereich von 0.4 x 103 TO h-1 bis 183 x 103 TO h-1. Die verbrückten Komplexe sind fast alle aktiver als die

Zweikernige Salicylaldiminato-Ni(II)-Komplexe

87

zugrundeliegenden einkernigen Komplexe. Nur die Ferrocenyl-Brücke zeigt keinen Einfluss auf die katalytische Aktivtät. Kurtev hält als Grund für die höheren Aktivitäten der verbrückten gegenüber den unverbrückten Komplexen sowohl elektronische wie auch sterische Effekte für möglich, ohne diese aber näher zu spezifizieren. Um Polymere (Mn ≈ 1 x 104 g mol) zu bilden, müssen diese Komplexe wie die analogen einkernigen PPh3-Komplexe mit Phosphinfängern aktiviert werden.

Über neutrale zweikernige Nickel(II)-Komplexe, die auch ohne zusätzliche Aktivierung Polymere bilden, wurde erstmals 2003 von Jin berichtet.180 Es handelte sich dabei um Nickel-Phosphin-Komplexe (6) mit einem chelatisierenden 2,5-disubstituierten Amino-p-benzochinon-Liganden. Diese setzten ohne Zusatz von Phosphinfängern in toluolischer Lösung Ethylen zu Polyethylen um. Die beobachtete Aktivität war mit 6 x 103 TOh-1 ähnlich jener, die Kurtev für die verbrückten SHOP-Katalysatoren beobachtete. Die Molekulargewichte der gebildeten Polymere waren mit Mn = 1-13 x 104 g mol-1 hingegen deutlich höher, teilweise jedoch sehr breit verteilt. Über mögliche Wechselwirkungen der beiden Metallzentren äußerten sich die Autoren nicht.

Abb. 6-2 Zweikernige neutrale N^O-chelatisierende Nickel(II)-Komplexe.

Vor kurzem berichteten Jin181 und Huang182 von zweikernigen Salicylaldiminato-Ni(II)-Komplexen (7 und 8), welche von 2,4,6-Trialkyl-m-phenylendiaminen abgeleitet sind. Bei diesen Komplexen sind die koordinierenden Stickstoffatome über eine Arylbrücke verbunden, welche nicht näher spezifizierte kooperative Effekte der Metallzentren ermöglichen sollen.

Einen wesentlichen Einfluss auf die Aktivität hat diese Brücke aber nicht, auch bei diesen Komplexen wird die Polymerisationsgeschwindigkeit im wesentlichen von dem Substitutionsmuster am Salicylaldehyd bestimmt (≈ 1 x 104 TO h-1). Jin beobachtete mit dem Komplex 7 (R1 = Me, R2 = Ph R3 = H) ein etwas höheres Molekulargewicht (Mn = 2.3 x 104 g mol-1; Mw/Mn = 6.1) mit einer deutlich breiteren Verteilung als mit dem analogen einkernigen

O

Komplex und vermutete die Bildung von nicht äquivalenten aktiven Zentren durch elektronische Wechselwirkungen der Metallzentren als Ursache dafür.181

Im Gegensatz dazu beschrieb Li 2005 einen von bekannten Strukturen abgeleiteten zweikernigen 3,3’-Bisalicylaldiminato-Nickel(II)-Komplex (9), bei dem der das jeweils andere Metallzentrum koordinierende Phenolatrest als sperriger Substituent fungiert.183 Von dem zugrundeliegenden einkernigen Salicylaldiminato-Nickel(II)-Komplex war schon früher berichtet worden, dass eine sterisch anspruchsvolle Substitution in der ortho-Position zum koordinierenden Sauerstoffatom die Stabilität und die Aktivität des Komplexes in der Ethylen-Polymerisation erhöht.74,70 Daher verband Li zwei Salicylaldiminato-Nickel(II)-Komplexe genau an dieser ortho-Position am Salicylaldehyd, sodass jeweils ein Nickel-Zentrum dem anderen als aktivierender Substituent wirkt. Dieser Komplex war, im Gegensatz zum unsubstituierten einkernigen Analogon, ohne zusätzlichen Aktivator gegenüber Ethylen polymerisationsaktiv. Die Aktivität (≈ 1.6 x 104 TO h-1) war dabei etwas niedriger als mit Komplexen, die in ortho-Position zum koordinierenden Sauerstoffatom einen Anthryl-Substituenten tragen, unter vergleichbaren Reaktionsbedingungen beobachtet wurde (≈ 4.2 x 104 TO h-1).70

Abb. 6-3 Zweikernige neutrale Ni(II)-Komplexe mit chelatisierenden Salicylaldiminato-Liganden.

Lee berichtete 2005 über Salicylaldiminato-Ni(II)-Komplexe desselben Typs, die jedoch über die para-Position der N-Aryl-Reste verbunden waren. Die verschieden langen und unterschiedlich gewinkelten aromatischen und aliphatischen Brücken bestimmen den Abstand der Metallzentren und haben maßgeblichen Einfluss auf einen kooperativen Effekt derselben in der Copolymerisation von Ethylen mit polar substituierten Norbornenen. Diese Komplexe

O

Zweikernige Salicylaldiminato-Ni(II)-Komplexe

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(10) bauten unter gegebenen Bedingungen wesentlich mehr Norbornen ein als die einkernigen

(10) bauten unter gegebenen Bedingungen wesentlich mehr Norbornen ein als die einkernigen