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III. Materiell-rechtliche Würdigung

1. Planrechtfertigung

1.1 Erforderlichkeit des Vorhabens

Der Bau der geplanten Fernwärmeverbindungsleitung zwischen den Fernwärmenetzen Universität und Ost ist aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit vernünftigerweise ge-boten (Planrechtfertigung). Das Vorhaben dient der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit mit klimafreundlicher Fernwärme in Bremen. Hierdurch kön-nen im erheblichen Umfang CO

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-Emissionen reduziert werden.

Die Bremer Fernwärmeversorgung ist in die Fernwärmegebiete Ost, West und Universi-tät aufgeteilt. Die drei Gebiete sind netztopologisch und physikalisch vollständig vonei-nander getrennt und verfügen jeweils über eigene Erzeugungsanlagen. Die Fernwärme wird dabei zu einem großen Teil durch die Verwertung von Restmüll mittels hocheffizi-enter Kraft-Wärme-Kopplungs-Prozesse (d. h. unter gleichzeitiger Erzeugung von Strom) bereitgestellt.

Die Netzgebiete Uni und West gelten als besonders effizient und ressourcenschonend.

Dies ist insbesondere auf den hohen Anteil CO

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-neutraler Wärmeerzeugung aus thermi-scher Abfallverwertung zurückzuführen. Die Wärmeversorgung im Netzgebiet Ost baut aktuell auf vorwiegend fossiler Wärmeerzeugung mittels kohle- und erdgasbefeuerter Erzeugungsanlagen auf.

Durch den Bau der Verbindungsleitung zwischen dem Netz Uni und Ost können Umwelt-verträglichkeit, die Wirtschaftlichkeit, und die zukünftige Versorgungssicherheit der Wärme in Bremen maßgeblich verbessert werden.

Der Bau der Verbindungsleitung führt sukzessive zu einer erzeugungs- und netzseitigen Kostenreduktion. Die Erzeugung wird flexibler bezüglich zukünftiger Nachfrageverände-rungen und für die Entwicklung technologischer Nachfolgelösungen im Netzgebiet Ost.

Dies entsteht durch Kombination von geringeren Wärmegestehungskosten und einem

geringeren Primärenergiefaktor durch verstärkte Auskopplung von Wärme aus dem

Müllheizkraftwerk (MHKW) Oken.

Durch die geplante Verbindungsleitung zwischen den Netzgebieten Uni und Ost kann zukünftig klimafreundlich erzeugte Wärme aus Abfall im MHKW Oken in das Netzgebiet Ost transportiert werden. Dieser Anteil der Wärme muss dann nicht mehr durch fossile Brennstoffe im Kraftwerk Hastedt erzeugt werden. Dies verbessert maßgeblich die CO

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-Bilanz des Netzgebietes Ost.

Darüber hinaus soll die Leitung nach dem Plan im Verlauf mit zahlreichen Abzweigstellen zum Anschluss von Verteilleitungen versehen werden. So können Bereiche der Stadt-teile, durch den die Fernwärmeleitung führen soll, zukünftig mit Fernwärmeversorgt wer-den. die ist vor allem im Hinblick auf die aus Klimaschutzsicht notwendige Abkehr von der Nutzung fossiler Energien bei der Wärmebereitstellung (z.B. Ölheizungsverbot nach Gebäudeenergiegesetz).

Die Verbindungsleitung bietet für die Wärmeversorgung weitere Vorteile. Über weite Teile des Jahres kann -je nach Witterung- der Großteil der Wärme für das Netzgebiet Ost aus dem Müllheiz-Kraftwerk (MHKW) bereitgestellt werden.

Die Verbindungsleitung gewährleistet zusätzlich eine gegenseitige Ersatzversorgung zwischen dem MHKW und den Energieversorgungsanlagen im Netzgebiet Ost („Ausfall-verbund“). Damit kann der Gasverbrauch durch Spitzenkesseleinsatz zur Wärmeversor-gung aus dem Heizwerk Vahr deutlich reduziert werden.

Die Verbindungsleitung soll damit einen entscheidenden Beitrag zu den Bremer Klima-schutzzielen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen leisten.

Diese Redundanz ermöglicht im Übrigen eine abschnittsweise Erneuerung des Ost-stranges, welche mit wesentlich geringeren Kosten verbunden ist als die parallele Neu-verlegung mit anschließendem Rückbau.

Die aus dem MHKW stammende Wärme ist als klimafreundlich anzuerkennen, weil der Müll unabhängig von der Wärmeauskopplung verbrannt wird und die dabei ohnehin ent-stehende Energie in Wärme umgewandelt wird. Für die Bereitstellung der Wärme wird also praktisch keine zusätzliche Energie benötigt.

Im Verfahren wurde verschiedentlich kritisiert, dass die Wärme aus dem MHKW aus der Müllverbrennung entstehe. Diese sei nicht ökologisch, da der Müll vermieden werden solle, nicht verbrannt. Weiterhin wurde bezweifelt, dass die derzeitigen Müllmengen in Zukunft Bestand haben würden, da erklärtes Ziel sei, die Menge des zu verbrennenden Mülls zu reduzieren.

Im Erörterungstermin wurde von der Vorhabenträgerin und auch vom zuständigen Fach-referat dargelegt, dass nicht zu erwarten sei, dass das Müllaufkommen in den nächsten Jahren sinke. Gleichwohl kann es zu der Situation kommen, dass der Müll durch ein verringertes Aufkommen oder durch eine andere Zusammensetzung im Verlauf der Nut-zung der Verbindungsleitung weniger oder energieärmer wird. In diesem Fall ist die Vor-habenträgerin dafür verantwortlich, eine andere zentrale Wärmequelle zu finden, die die privatrechtlich zugesicherte Wärmeversorgung sicherstellt. Das Vorhaben selbst stellt einen Teil des Ersatzes der bisherigen Wärmequelle, des Kohlekraftwerks Hastedt dar.

Insofern ist der Wechsel des Energieträgers kein ungewöhnlicher Vorgang. Die

Fern-wärmeversorgung bietet aufgrund der zentralen Wärmequelle gute Voraussetzungen,

um zukünftig flexibel auf eine geänderte Technik zu reagieren.

Es ist für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nicht erforderlich, die zukünftige Energieversorgung für die gesamte Nutzungsdauer des Vorhabens zu bele-gen. Aufgrund des Umbruchs in der Energieversorgung ist derzeit noch nicht klar, wie lange und in welchem Umfang die Wärme aus der Müllverbrennung genutzt werden kann. Gleichzeitig ist nicht klar, welche alternative Technik zu dem Zeitpunkt, zu dem eventuell ein (teilweiser) Energieträgerwechsel erforderlich ist, sich ökonomisch und ökologisch als sinnvoll darstellt. Dies kann aber nicht der Zulassung des Vorhabens ent-gegengehalten werden. Relevant ist, dass es derzeit keine Anzeichen für eine maßgeb-liche und schnelle Verringerung des Müllaufkommens gibt und die Fernwärme auch mit anderen Energieträgern bereitgestellt werden kann.

Die Fernwärme aus Müllverbrennung ist heute, neben anderen, dezentralen und lokalen Systemen, eine anerkannte Methode, die Wärmeversorgung von Gebäuden klima-freundlicher zu gestalten. Dies ist auch eins der bisherigen Ergebnisse der Enquetekom-mission „Klimaschutzstrategie für das Land Bremen“.

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Dabei geht es darum, die Bereitstellungsformen je nach Anwendungsfall zu mischen und die vorhandenen Potentiale zu nutzen. Zum Beispiel stehen die Fernwärmeversorgung und der Einsatz von Wärmepumpen nicht in Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich. Sofern Fernwärme klimafreundlich bereitgestellt werden kann, ist es auch sinnvoll, sie zu nutzen. Es können so de Ressourcen für die Bereitstellung der Wärme aus ande-ren Energieträgern geschont werden.

1.2 Alternativen zum Vorhaben

Die mit der Planung verfolgten Ziele lassen sich nicht durch alternative Lösungen errei-chen, mit denen geringere Auswirkungen auf öffentliche und private Belange verbunden wären.

Technische Alternativen bestehen, wie oben beschrieben, zwar grundsätzlich. Diese sind allerdings als Varianten der unterschiedlichen Formen der klimafreundlichen Wär-mebereitstellung zu sehen und ergänzen die Nutzung ohnehin bestehender Fernwärme-kapazitäten. Des Weiteren sind die Einsatzmöglichkeiten z.B. von Wärmepumpen im innerstädtischen Bereich z.B. wegen Lärmentwicklung (Luftansaugung) und hoher Ener-giekosten in nicht ausreichend gedämmten Bestandsgebäuden beschränkt.

Die Vorhabenträgerin hat alternative Trassenverläufe zum jetzt geplanten Vorhaben ge-prüft. Abweichende Trassenalternativen scheiden aus verschiedenen Gründen, wie feh-lender Machbarkeit, Unwirtschaftlichkeit und/oder unverhältnismäßig höherer nachteili-ger Umweltauswirkungen aus. Zu weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen 19 und 20 zum Planfeststellungsantrag der Vorhabenträgerin verwiesen.

Im Verfahren wurde teilweise auf die Trasse D, die sogenannte „Autobahnvariante“ als geeignetere verwiesen. Diese Variante würde zwar zu geringeren Belastungen der jetzt berührten Stadtteile führen. Sie weist aber ökologisch und hinsichtlich der Beeinträchti-gung privater Belange Nachteile gegenüber der beantragten auf. So müssten an der

1 Martin Michalik, Zwischenbericht der Enquetekommission „Klimaschutzstrategie für das Land Bremen“, März 2021, Seite 45. Die Fundstelle wurde im Dezember 2021 der Internet-seite der Bremischen Bürgerschaft entnommen (www.bremische-buergerschaft.de).

Autobahn deutlich mehr Bäume gefällt werden. Zwar wären dies keine stadtbildprägen-den Bäume, wie dies teilweise bei der beantragten Variante der Fall ist. Die ökologische Funktion und die Funktion als Lärm- und Sichtschutz für die Anwohner dort würde jedoch bei denen der bei der beantragten Variante zu fällenden Bäume deutlich erheblich Be-einträchtigt. Zusätzlich müssten Privatgrundstücke und Teile des Rhododendronparks in Anspruch genommen werden. Vor allem erfüllt diese Variante nicht die Funktion, insbe-sondere die Stadtteile Horn-Lehe und Schwachhausen zusätzlich mit Fernwärme zu ver-sorgen. Die Möglichkeiten, mit der Autobahntrasse Gebiete mit großen Wärmever-brauch, die bisher nicht mit Fernwärme versorgt werden, kaum vorhanden. Die Trassen-variante D erfüllt also nicht die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele und scheidet schon aus diesem Grund als Alternative aus.

Aus der Gegenüberstellung der von der Vorhabenträgerin geprüften Alternativen ergibt sich, dass die Vorhabenträgerin beabsichtigt, die umsetzbare Trassenvariante mit den geringsten Auswirkungen zu realisieren, mit der sich die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele erreichen lassen.

Ohne die Realisierung der geplanten Fernwärmeverbindungsleitung könnte die im Müll-heizwerk bestehende Kapazität an klimafreundlicher Wärme nicht genutzt werden.

2. Darstellung und Bewertung der öffentlichen und privaten