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25 GPa liegt [57]. Um die Spannungen zwischen Implantat und Knochen m¨oglichst zu minimieren und so eine optimale Integration zu erzielen, w¨are es optimal, wenn der Implantatwerkstoff ¨ahnliche strukturelle Eigenschaften aufweist (

” Struktur-mimikry“). So k¨onnen Kr¨afte (z.T. ein Vielfaches des K¨orpergewichts) optimal auf Empf¨angerstrukturen ¨ubertragen werden.

Die physikochemische Biokompatibilit¨at beinhaltet, dass der verwendete Stoff nicht toxisch ist und auch durch Korrosion, Abrieb oder Abbau Substanzen nur unterhalb toxischer Konzentrationen freisetzt (

”bioinert“). Bei Endoprothesen ist es erw¨unscht, dass das Implantat mit dem Knochen eine feste Verbindung ein-geht (

”bioaktiv“), um einer Prothesenlockerung vorzubeugen. Dies kann durch verschiedene Oberfl¨achenbehandlungen beeinflusst werden, darunter f¨allt z. B. die Beschichtung mit Calciumphosphaten oder die Oberfl¨achenaufrauhung, die beide die oss¨are Integration unterst¨utzen (vgl. S. 5).

W¨ahrend die mechanische Vertr¨aglichkeit besonders bei Werkstoffen f¨ur k¨unst-liche Gelenke u.¨a. ber¨ucksichtigt werden muss, ist f¨ur Abrasivstoffe vor allem wichtig, dass der Stoff im K¨orper keine Irritation, Entz¨undung, Mutagenese oder Nekrose verursacht. Auch ist eine m¨oglichst rasche Resorbierbarkeit angestrebt, damit keine festen Partikel im K¨orper verbleiben, da diese einerseits Fremdk¨orper-reaktionen ausl¨osen k¨onnen, andererseits in Gelenken die reibungsarme Funktion beeintr¨achtigen und damit die Standzeit eines Implantates verringern.

1.9 Physiologie der Zellen

Da Zellen von einer semipermeablen Membran umgeben sind, werden sie von der Osmolarit¨at der Extrazellul¨arfl¨ussigkeit st¨andig beeinflusst. Die physiologische extrazellul¨are Osmolarit¨at betr¨agt 290 bis 300 mosmol/kg [13]. Die Zellen befin-den sich im Gleichgewicht und es findet kein absoluter Wassertransport ¨uber die Zellmembran statt. F¨ur ¨Anderungen der Osmolarit¨at sind Rezeptoren vorhanden, die eine sofortige Reaktion der Zelle erm¨oglichen. Es gibt verschiedene

Mechanis-1.9 Physiologie der Zellen 19

men, mit denen Zellen auf hypo- oder hyperosmolare Milieu¨anderungen reagieren k¨onnen.

1.9.1 Signaltransduktion

Damit der menschliche K¨orper als eine Einheit funktionieren kann, ist eine Kom-munikation von Zelle zu Zelle unerl¨asslich. F¨ur diese Signal¨ubermittlung stehen dem K¨orper verschiedene Systeme zur Verf¨ugung. Nervenzellen z. B. k¨onnen Rei-ze an der Membran ihrer Axone weiterleiten, wobei eine einzige NervenRei-zelle sich

¨uber eine L¨ange von ¨uber einem Meter erstrecken kann.

Eine weitere M¨oglichkeit ist die Produktion von extrazellul¨aren Botenstoffen, die eine Reaktion einer anderen Zelle (oder auch der produzierenden Zelle selbst) her-vorrufen kann. Kommunikation zwischen benachbarten Zellen ¨uber gel¨oste oder sogar oberfl¨achengebundene Botenstoffe bezeichnet man als parakrine Signale.

Doch auch weit entfernte Zellen k¨onnen, z. B. ¨uber Transport der Botenstoffe im Blut, erreicht werden. Ein wichtiges Beispiel hierf¨ur ist die endokrine Sekretion von Hormonen wie Insulin oder Adrenalin.

Hat der Botenstoff die Zielzelle erreicht, muss der Informationsfluss sowohl die Zell– als auch die Kernmembran ¨uberqueren, um im Zellkern eine

Aktivit¨ats-¨anderung von Transkriptionsfaktoren hervorrufen zu k¨onnen. Diese beeinflussen dann die Transkription und Translation der Zielgene positiv oder negativ und bestimmen damit die Reaktion der Zelle.

Durch Signalkaskaden dieser Art kann die Zelle auf Signale von außen sehr viel-f¨altig reagieren: Die Membranpermeabilit¨at kann selektiv ver¨andert werden, z. B.

durch ¨Offnen oder Schließen von Membrankan¨alen. Dadurch wiederum k¨onnen anorganische Ionen oder andere in der Zelle gespeicherten Stoffe freigesetzt oder lokal akkumuliert werden. Auch k¨onnen aktive Pumpmechanismen in beliebige Richtung ¨uber die Membran aktiviert werden.

Prinzipiell ist f¨ur diese sogenannte Signaltransduktion zun¨achst ein Rezeptor not-wendig, an den das Hormon bindet. Durch die sich dabei ergebende

Konforma-1.9 Physiologie der Zellen 20

tions¨anderung des Rezeptors wird ein Signaltransduktor aktiviert, wodurch wie-derum intrazellul¨are Botenstoffe produziert werden. H¨aufig verl¨auft die Signal-transduktion mehrstufig (Signalkaskade).

Eine sehr bedeutende Rolle als Signaltransduktoren spielen rezeptorassoziierte G-Proteine, von denen eine Vielzahl von Isoformen bekannt sind. Sie haben in jedem Fall ein Guaninnukleotid gebunden, und zwar Guanosindiphosphat (GDP) im inaktiven, Guanosintriphosphat (GTP) im aktiven Zustand. Eine weitere M¨og-lichkeit von Transmembranrezeptoren, die Information intrazellul¨ar weiterzuge-ben, ist die Autophosphorylierung von Rezeptoren mit Tyrosinkinaseaktivit¨at.

Durch diese Phosphorylierung werden wiederum andere Signalproteine aktiviert, eine Kette von Proteinaktivierungen wird in Gang gesetzt, an deren Ende die Aktivierung oder Hemmung von Transkriptionsfaktoren steht.

Teil einer bedeutenden Signalkaskade auf dem Weg in den Nukleus sind die

”Signal Transducers and Activators of Transcription“ (STAT), die, wie in Abbildung 5 vereinfacht dargestellt, selbst als Transkriptionsfaktoren fungieren.

Die STAT-Kaskade wird ausgel¨ost durch Bindung eines Signalmolek¨uls (z. B.

Interferon-γ) an einen Rezeptor mit Tyrosinkinaseaktivit¨at, der dadurch dime-risiert. Durch diese Dimerisierung k¨onnen sich rezeptorgebundene Januskinasen3 (Jak) gegenseitig aktivieren und – in ihrer aktiven Form – die STATs phosphory-lieren. Diese wiederum erfahren dadurch eine Konformations¨anderung und k¨on-nen nun ebenfalls dimerisieren. Als Komplex penetrieren sie in den Kern, wo sie die Transkription und Translation der interferonstimulierten Gene beeinflussen.

Antiinflammatorische, antivirale und antiproliferative Proteine k¨onnen dadurch z. B. vermehrt produziert werden [31][1].

STATs liegen in mehreren Isoformen vor, die sowohl Hetero– als auch Homodi-mere bilden k¨onnen. Bindung von Interferon γ an der Zellmembran l¨ost vor al-lem eine Homodimerisation der STAT-1-Molek¨ule aus, wodurch der Dimer GAF (gamma-activated factor) entsteht. Durch Markierung von STAT-1 mit einem

3Der r¨omische Gott Janus hat zwei Gesichter: ein nach vorne und ein nach hinten blickendes;

Januskinasen haben zwei Proteinkinasedom¨anen

1.9 Physiologie der Zellen 21

Abbildung 5: Der STAT-Signalweg [32]. IFN – Interferon, Jak – Januskinase, STAT – Signal transducers and activators of transcription, GAF – Gamma-activated factor.

fluoreszierenden Protein kann dessen Ansammlung im Zellkern unter Einwirkung von Interferonγ visualisiert werden (s. S. 55).

Nach Delphine Meisseet al. [36] kann eine Aktivierung der STAT-1–Kaskade auch beobachtet werden, wenn Zellen aufgrund osmotischer Ver¨anderungen anschwel-len. Hierbei ist der physikalische Reiz durch die Volumenzunahme der Zelle direkt verantwortlich f¨ur die Aktivierung der chemischen Signale (s. Abschnitt 1.9.2) [30].

1.9.2 Osmorezeptoren

Durch die beschriebenen ligandenspezifischen Rezeptoren erh¨alt die Zelle lediglich Informationen ¨uber das Vorhandensein und – in gewissen Grenzen – der extra-zellul¨aren Konzentration dieser Liganden. Doch auch auf andere Faktoren muss eine Zelle reagieren k¨onnen, so zum Beispiel auf ¨Anderungen der Osmolarit¨at des

1.9 Physiologie der Zellen 22

Extrazellul¨arraums oder auf physikalische Reize (z. B. Druck– oder Ber¨uhrung).

Die zellul¨are Wahrnehmung dieser Aspekte erfolgt ¨uber dehnungsaktivierte, selte-ner dehnungsinaktivierte, Ionenkan¨ale. Sie reagieren auf Dehnung der Zellmem-bran mit Permeabilit¨ats¨anderung f¨ur Kationen wie Na+, K+ oder Ca++ [49].

Diese erfolgt nicht wie zun¨achst vermutet durch dehnungsbedingte Vergr¨oßerung elastischer Kan¨ale, sondern meist selektiv durch allosterische Signalerfassung [6].

Durch den Ioneneinstrom k¨onnen wiederum intrazellul¨are Signalkaskaden ausge-l¨ost werden, die der Zelle eine Reaktion auf den Reiz erm¨oglichen.

Da Hypo- oder Hyperosmolarit¨at durch Wasserein- oder Ausstrom auch Ver¨ande-rungen in der Zellgr¨oße und damit Dehnung oder Stauchung der Zellmembran mit sich bringen, wird vermutet, dass auch osmotische Ver¨anderungen in der Umge-bung der Zelle zumindest zum Teil durch diese dehnungsabh¨angigen Ionenkan¨ale wahrgenommen werden. F¨ur einige Zellarten wurde dies schon nachgewiesen, z. B.

f¨ur Hypophysenzellen der Knochenfische [48] und Rattenneuronen [7].

1.9.3 Osmotische Resistenz

Die Mechanismen, mit denen sich Zellen vor Sch¨adigung auf Grund von osmoti-schen Vorg¨angen sch¨utzen, sind im Prinzip in allen Lebewesen (mit Ausnahme der Archaebakterien) sehr ¨ahnlich. Die Zellen akkumulieren bei steigender Os-molarit¨at des sie umgebenden Mediums osmotisch wirksame Stoffe wie Zucker, deren Alkohole (s. Abb. 8), vierwertige Aminderivate oder bestimmte Amino-s¨auren (einige Bakterien auch K+), um auch die intrazellul¨are Osmolarit¨at zu erh¨ohen. Man nennt diese Stoffe kompatibel, da sie auch in hohen Konzentra-tionen nicht toxisch wirken und weder die elektrische Ladung noch den pH-Wert der Zelle beeinflussen. Die Akkumulation dieser Stoffe bei steigender Osmola-rit¨at kann durch Biosynthese, durch erh¨ohte Aufnahme in die Zelle oder auch durch Umsetzung akkumulierter Stoffe erreicht werden4. Obwohl es neben diesen

4Gowrishankar, Centre for Cellular & Molecular Biology, Hyderabad 500 007, India:

Components and Cellular Mechanisms of Adaptation to Biological Water Stress“, http://www.iubs.org/test/bioint/40/4.htm

1.9 Physiologie der Zellen 23

Mechanismen auch noch Hinweise auf andere gibt, scheint die Synthese von Di-sacchariden wie Trehalose oder Saccharose auszureichen, die Zelle ¨uberleben zu lassen [11].

Sinkt die Osmolarit¨at, k¨onnen Zellen auch wieder osmotisch wirksame Stoffe (z. B.

die Aminos¨aure Taurin) abgeben, um eine zu große Volumenzunahme zu verhin-dern [12].

H¨ohere S¨augetiere (einschließlich Menschen) erreichen den gr¨oßten Teil der os-motischen Hom¨oostase suprazellul¨ar, d.h. auf Basis des multizellul¨aren Organis-mus. So kann durch Wasseraufnahme oder Diurese ein konstantes internes Milieu eingehalten werden. Der Großteil der externen K¨orperoberfl¨ache ist dabei kaum durchl¨assig f¨ur Wasser und Ionen.

Es gibt jedoch auch hier spezialisierte Zellen, die erh¨ohtem osmotischen Stress ausgesetzt sind, z. B. in der Niere: Hier kann durch das Gegenstromsystem der Henle’schen Schleife Urin mit stark schwankender Osmolarit¨at produziert werden, was z. B. die Ausscheidung von Substanzen auch bei geringer Wasserzufuhr er-m¨oglicht (der Urin einer K¨angurumaus (Dipodomys) kann z. B. eine Osmolarit¨at von bis zu 9000 mosmol/l haben). Es konnte gezeigt werden, dass die Nierenzel-len die n¨otige osmotische Resistenz dadurch erlangen, dass sie die kompatibNierenzel-len Verbindungen Sorbit, Glucosylgycerol und Betain akkumulieren [53] [18].

Die Osmoresistenz von S¨augerzellen ist jedoch grunds¨atzlich begrenzt. Akkumu-lation und Abgabe osmotisch wirksamer Stoffe k¨onnen nur bis zu einer gewissen Grenze verhindern, dass die Zelle platzt bzw. austrocknet. Auch ist es m¨oglich, dass Zellen, die ¨uber eine gewisse Zeitspanne osmotischem Stress ausgesetzt wa-ren, zwar ¨uberleben, aber dennoch gesch¨adigt wurden. Dann kann ihre Teilungs-und Regenerationsf¨ahigkeit stark eingeschr¨ankt sein, was im Falle eines klinischen Einsatzes der Wasserabrasivstrahltechnik die Heilung verz¨ogern k¨onnte.

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1.9.4 Apoptose

Zellen, die durch eine akute Sch¨adigung sterben, schwellen an und platzen, wobei die umliegenden Zellen mit dem Inhalt der zerst¨orten Zellen in Kontakt kommen (Nekrose). Das kann wiederum eine Sch¨adigung der betroffenen Zellen und eine Entz¨undungsreaktion verursachen.

Beim programmierten Zelltod (Apoptose) dagegen sterben die Zellen, ohne an-dere zu sch¨adigen. Die Zelle schrumpft, das Chromatin kondensiert, so dass der Zellkern eine charakteristische granulierte Morphologie aufweist (Abb. 6), das Zytoskelett und die Kernh¨ulle wird zerst¨ort. Schließlich zerf¨allt die Zellmembran.

Der Zellinhalt verbleibt in Membranvesikeln, welche vom umliegenden Gewebe aufgenommen werden k¨onnen. Aber auch durch verschiedene Stressoren, wie z. B.

Isch¨amie, Entzug von Wachstumsfaktoren, Strahlen, TNFα, massive osmotische Zellschrumpfung und Toxine kann aus den Mitochondrien Cytochrom C ins Zy-tosol freigesetzt, welches mit Hilfe eines Adapter-Proteins (Apaf-1) intrazellul¨are Caspasen aktiviert und so ¨uber die proteolytische Caspase-Kaskade die Apoptose ausl¨ost [1].

Abbildung 6: Apoptotische Jurkat-Zellen nach Behandlung mit dem Zellgift Staurospo-rin und F¨arbung mit Hoechst.