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Auswirkungen von Abrasivmitteln zum Wasserabrasivstrahlschneiden auf lebende Zellen

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Academic year: 2022

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Aus dem Orthop¨adischen Fachkrankenhaus, Annastift e.V., Hannover

Auswirkungen von Abrasivmitteln zum

Wasserabrasivstrahlschneiden auf lebende Zellen

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin Medizinische Hochschule Hannover

Vorgelegt von

Maren Schulze aus G¨ottingen

und

Andreas Steiner aus Herdecke

Hannover, 2005

(2)

Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am: 24.05.2006 Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover.

Pr¨asident: Prof. Dr. med. Dieter Bitter-Suermann Betreuer der Arbeit: PD Dr. med. Frank Goss´e Referent: PD Dr. med. Oliver R¨uhrmann Korreferent: Prof. Dr. med. Michael Ott Tag der m¨undlichen Pr¨ufung: 24.05.2006

Promotionsausschussmitglieder: Prof. Dr. Reinhold E. Schmidt Prof. Dr. Anke Schwarz

PD Dr. H¨useyin Bektas

(3)

Wir danken

Privatdozent Dr. med. Frank Goss´e f¨ur die Betreuung der Doktorarbeit

Dr. med. Stephan Schmolke

f¨ur die Betreuung der Arbeit und die unerm¨udliche Hilfe bei allen diesbez¨uglichen Fragen

Privatdozent Dr. Peter M¨uller

f¨ur die intensive Unterst¨utzung bei der Ausarbeitung und Durchf¨uhrung der Versuche und das ausdauernde Korrekturlesen

Dipl. Ing. Frank Pude

f¨ur die fachkundige Hilfe in technischen Fragen und beim Aufbau der Arbeit

Dipl. Ing. Christian Biskup f¨ur die kompetente Fortsetzung der Arbeit im IW Andreas Dal¨ugge f¨ur die Einarbeitung bei dem Umgang mit den Zellkulturen Mario K¨oster f¨ur die Hilfe bei der Bedienung einiger technischer Ger¨ate und die

Versorgung mit Zellen

Maria H¨oxter f¨ur die Hilfe im Umgang mit dem FACS Karin Maaß f¨ur die Unterst¨utzung bei der Kultivierung der Zellen Dirk Bormann, der uns die Magnesiumlegierungen zur Verf¨ugung gestellt hat

(4)

Ich danke

Andreas Steiner

”Grundvoraussetzung f¨ur eine gemeinsame Doktorarbeit ist, dass die beteiligten Studenten optimal harmonieren [...] Stabil k¨onnen hier Studienfreundschaften sein,

die sich schon ¨uber l¨angere Zeit bew¨ahrt haben. Die Entscheidung sollte sehr gut

¨uberdacht werden, da die Chancen f¨ur ein Gelingen eher klein sind.“[4]

der besten Familie,

Erich, Erika, Martin, Steffen und Christian

Ulrike Richter,

die auch aus der Ferne immer f¨ur mich da ist

Maren Schulze

(5)

Ich danke Maren Schulze

f¨ur die fruchtbare Zusammenarbeit und die harmonische Freundschaft, die sogar w¨ahrend einer gemeinsamen Doktorarbeit standgehalten hat.

Meinen Eltern Renate und Hans Steiner f¨ur die liebevolle Unterst¨utzung.

Andreas Steiner

(6)

I

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 1

1.1 Historische Aspekte . . . 1

1.2 Sozio¨okonomische Bedeutung von Endoprothesen . . . 2

1.3 Erstellung des Implantatlagers . . . 3

1.4 Bisher verwendete Instrumente . . . 7

1.5 Das Wasserstrahlverfahren . . . 10

1.6 Anwendungen des Wasserstrahlverfahrens in der Medizin . . . 13

1.7 Wasserabrasivstrahlverfahren . . . 14

1.8 Anforderungen an Abrasivstoffe in der klinischen Anwendung . . . 15

1.9 Physiologie der Zellen . . . 18

1.9.1 Signaltransduktion . . . 19

1.9.2 Osmorezeptoren . . . 21

1.9.3 Osmotische Resistenz . . . 22

1.9.4 Apoptose . . . 24

1.10 Materialeigenschaften . . . 25

1.10.1 Zucker . . . 25

1.10.2 Magnesium . . . 27

1.11 Fragestellung . . . 33

2 Material und Methoden 35 2.1 Allgemeine Materialien und Methoden . . . 35

2.1.1 L¨osungen . . . 35

2.1.2 F¨arbungen . . . 35

2.1.3 Verwendete Zelllinien . . . 36

2.1.4 Ger¨ate . . . 37

2.1.5 Sterilisierung . . . 37

2.1.6 Einfrieren / Auftauen von Zellen . . . 37

2.1.7 Kultivierung von Zellen . . . 38

2.1.8 Passagieren von Zellen . . . 38

2.1.9 Auss¨aen von Zellen . . . 39

2.1.10 Zellzahlbestimmung . . . 39

2.2 Material und Methoden der Versuche mit Zuckerl¨osungen . . . 39

2.2.1 Verwendete Zelllinien . . . 39

2.2.2 Zuckerl¨osungen . . . 40

2.2.3 Inkubation von Zellen mit Zuckerl¨osung . . . 41

(7)

II

2.2.4 Stressnachweis mittels STAT-1-GFP . . . 41

2.3 Material und Methoden der Versuche mit Magnesium . . . 42

2.3.1 Verwendete Zelllinien . . . 42

2.3.2 Magnesiumlegierungen . . . 42

2.3.3 Kultivierung von Jurkatzellen . . . 42

2.3.4 Trennen von Jurkat-Zellen und Versuchsl¨osungen bzw. - suspensionen . . . 42

2.3.5 Doppelf¨arbung mit Hoechst und Propidiumjodid . . . 43

2.3.6 Apoptosenachweis mittels FACS . . . 43

2.3.7 Positivkontrolle mit Staurosporin . . . 44

3 Resultate 46 3.1 Zucker . . . 46

3.1.1 Etablierung der Zellkulturbedingungen und Analysemetho- den . . . 46

3.1.2 Zellwachstum und Zelltod nach Inkubation in unterschied- lichen Saccharosekonzentrationen . . . 47

3.1.3 Zeitabh¨angigkeit der ¨Uberlebensrate von Zellen nach Be- handlung mit Saccharosel¨osungen . . . 49

3.1.4 Verbessertes Wachstum von Zellen durch Kombination von Zucker und Salzl¨osung . . . 50

3.1.5 Einfluss verschiedener Zuckerarten auf das ¨Uberleben von Zellen . . . 52

3.1.6 Einfluss von Saccharose- und Kochsalzl¨osungen auf die Uberlebensrate der Zellen . . . .¨ 53

3.1.7 Einfluss der Zuckerl¨osungen auf unterschiedliche Zelllinien 54 3.1.8 Einfluss von hypoosmolaren L¨osungen auf die STAT-1– Aktivit¨at . . . 55

3.2 Magnesium . . . 57

3.2.1 Etablierung der Zellkulturbedingungen und Analysemetho- den . . . 57

3.2.2 Einfluss von Magnesium auf menschliche Zellen . . . 58

3.2.3 FACS-Analyse der Jurkat-Zellen nach der Einwirkung von Magnesium . . . 59

4 Diskussion 62 4.1 Reaktionen von kultivierten Zellen auf Zuckerl¨osungen . . . 62

(8)

III

4.2 Reaktion von kultiverten Zellen auf Magnesium . . . 65 4.3 Schlussfolgerungen . . . 66

Zusammenfassung 69

Literaturverzeichnis XIV

Anhang XX

Stichwortverzeichnis XXI

(9)

IV

Abbildungsverzeichnis

1 H¨uftgelenk: A: Nat¨urliches H¨uftgelenk, B: zementierte Schaftpro-

these . . . 6

2 Knochenschneiden mit Wasserabrasivstrahl . . . 11

3 Schnitttiefen von reinem Wasserstrahl und Wasserabrasivstrahl in Abh¨angigkeit vom Druck . . . 12

4 Wasserabrasivstrahlverfahren . . . 14

5 Der STAT-Signalweg . . . 21

6 Apoptotische Jurkat-Zellen . . . 24

7 Strukturformel von Saccharose und Laktose . . . 26

8 Entstehung von Sorbit aus D-Glukose und Xylit aus Xylose . . . . 26

9 Rasterelektronenmikroskopisches Bild eines Zuckerkristalls . . . . 27

10 Rasterelektronenmikroskopisches Bild von Magnesiumgranulat . . 33

11 Prinzip der FACS-Analyse . . . 45

12 Zellwachstum und Zelltod nach Inkubation in unterschiedlichen Saccharosekonzentrationen . . . 47

13 Zeitabh¨angigkeit der ¨Uberlebensrate von Zellen nach Behandlung mit Disaccharidl¨osungen . . . 49

14 Verbessertes Wachstum von Zellen durch Kombination von Zucker und Salzl¨osung . . . 50

15 Wirkung von 2 % Saccharosel¨osung auf kultivierte Zellen . . . 51

16 Einfluss verschiedener Zuckerarten auf das ¨Uberleben von Zellen . 52 17 Einfluss von Saccharose und Kochsalzl¨osungen auf die ¨Uberlebens- rate der Zellen . . . 53

18 Einfluss der Zuckerl¨osungen auf unterschiedliche Zelllinien . . . . 55

19 Fluoreszenzmikroskopisches Bild von NIH/3T3-Zellen . . . 56

20 Wirkung von Magnesium-Granulat (Mg) und Magnesium-Legierungen (AZ u. AE) auf Jurkat-Zellen . . . 59

21 Wirkung von Magnesium auf Jurkat-Zellen im FACS-Nachweis . . 61

22 Schneideigenschaften der verschiedenen Zucker . . . 64

23 Schnitttiefen von Sorbit und Magnesiumlegierung in PMMA . . . 65

Tabellenverzeichnis

1 Indikationen f¨ur Implantation von H¨uftendoprothesen . . . 2

2 Ursachen f¨ur H¨uftimplantatrevisionen [23] . . . 4

(10)

V

3 Ubersicht ¨uber die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Methoden¨ der Knochendurchtrennung . . . 9 4 Eigenschaften von WAIS- und WASS-Verfahren [34] . . . 16 5 Symptome bei Hypermagnesi¨amie in Abh¨angigkeit von der Serum-

konzentration . . . 32 6 Notwendige Mengen an Medium, PBS und TEP in verschiedenen

Kulturen . . . 39 7 Verwendete Zuckerarten und Konzentrationen . . . 40

(11)

1

1 Einleitung

1.1 Historische Aspekte

Nach Verwundung, Infektion oder Erkrankungen wie Osteomyelitis wurde schon vor einigen hundert Jahren eine operative Mobilisierung der Gliedmaßen ange- strebt, um eine drohende Versteifung des Gelenkes zu verhindern. Dies geschah z. T. durch komplette Entfernung des Gelenkes samt angrenzendem Knochen, so dass sich eine bindegewebige Pseudarthrose ausbildete - eine Einzelkasuistik, eine Ellbogenresektion von Ambroise Par´e, ist schon aus dem 16. Jahrhundert bekannt [55].

Verbreitet hat sich die Methode der Knochendurchtrennung (Osteotomie) aber erst im fr¨uhen 19. Jahrhundert, als z. B. John Rhea Barton (1794 – 1871) in Phil- adelphia 1826 als einer der Ersten eine Femurosteotomie durchf¨uhrte. In Deutsch- land trug der Chirurg Josef Anton Mayer (1798 – 1860) zur Etablierung der Osteo- tomie bei. In den zahlreichen Operationen, die er durchf¨uhrte, nutzte er wie seine Zeitgenossen vor allem Hammer und Meißel und versuchte, wie ein Bildhauer neue Gelenkfl¨achen aus dem Knochen zu formen oder auch den Knochen nur zu durchtrennen. Mit dem Trepan, einem Knochenbohrer, konnte der Knochen durchl¨ochert und sp¨ater gebrochen werden. Auch kunstvoll gefertigte Stich- und Kettens¨agen (z. B. die von Leonardo Gigli bekannt gemachte Drahts¨age) sowie das einige Jahre zuvor von Bernhard Heine entwickelte Osteotom, eine Kombination verschiedener Scheibens¨agen und Bohrer, wurden h¨aufig verwendet [44].

Im Laufe der Jahre wurden immer erfolgreichere Methoden entwickelt, gelenkna- he Knochensubstanz zu erhalten, die Heilung zu f¨ordern und die Gelenkfunktion zumindest teilweise wiederherzustellen. Bald wurden auch erste Experimente mit Gelenkers¨atzen aus Elfenbein oder Leichenamputaten durchgef¨uhrt. Themistocles Gluck berichtete in seinen Ver¨offentlichungen von erfolgreichen Operationen: Es sei zu einer

”geradezu idealen Substitutionssynostose zwischen Knochen und El-

(12)

1.2 Sozio¨okonomische Bedeutung von Endoprothesen 2

fenbein [...] also einer Transsubstantiation im histologischen Sinne mit gegen- seitiger organischer Fixation zwischen Knochen und Elfenbein“ gekommen [22].

Seitdem wurden eine Reihe unterschiedlicher Implantationsmethoden und Mate- rialien zur Herstellung von Prothesen erprobt. Heute werden h¨aufig Pfanne, Kopf und Schaft der Prothese aus unterschiedlichen Materialien hergestellt, z. B. eine Polyethylenpfanne in Kombination mit einem Keramikkopf und einem Schaft aus CoCrMo-Stahl oder Titanlegierungen, z.T. zur besseren Knochenintegration mit Hydroxylapatit beschichtet [10].

1.2 Sozio¨ okonomische Bedeutung von Endoprothesen

Endoprothesenimplantationen z¨ahlen heute zu den erfolgreichsten Routineeingrif- fen und haben daher in vielerlei Hinsicht große Bedeutung erlangt. Die Zahl der implantierten Endoprothesen steigt seit Jahren in Europa und Nordamerika kon- tinuierlich an. Nach den Daten des schwedischen Endoprothesenregisters werden dort j¨ahrlich etwa 100 H¨uftendoprothesen pro 100.000 Einwohnern implantiert [23]. In Deutschland sind es mit etwa 120 Implantaten pro 100.000 Einwohnern sogar noch mehr, also bei 82 Millionen Einwohnern mehr als 100.000 pro Jahr.

Die Kosten hierf¨ur werden auf etwa 900 Millionen Euro gesch¨atzt [8].

Indikation Anteil [%]

Osteoarthrose 75,7

Fraktur 10,9

Entz¨undlich / rheumatisch 6,2 Idiopathische H¨uftkopfnekrose 3,0

Andere 4,2

Tabelle 1: Indikationen f¨ur Implantation von H¨uftendoprothesen [23]

Die h¨aufigste Indikation f¨ur einen Gelenkersatz ist die Osteoarthrose (s. Tab. 1), aber auch in Folge von Frakturen und Arthritis kann eine Implantation erfor-

(13)

1.3 Erstellung des Implantatlagers 3

derlich sein. Nach dem Gesundheitsbericht f¨ur Deutschland, herausgegeben vom Bundesgesundheitsministerium, leiden ca. 6 % der deutschen Bev¨olkerung unter Arthrose, das sind ca. 5 Mio Menschen. Risikofaktoren f¨ur Arthrose sind ¨Uberge- wicht sowie Gelenkverletzungen bzw. Gelenk¨uberlastung. Durch Ver¨anderungen in der Indikationsstellung ist in Deutschland bereits jeder 5. Patient, der zur Implantation eines alloplastischen Kniegelenkersatzes ansteht, j¨unger als 60 Jah- re. Dies f¨uhrt zu einem entscheidenden Anstieg der entstehenden prim¨aren und sekund¨aren Folgekosten.

Mit weiteren Verschiebungen in Richtung eines immer j¨ungeren Patientenkollek- tivs ist zu rechnen. Ausgehend von den Daten im Gesundheitsbericht f¨ur Deutsch- land wird infolge der ansteigenden Implantationsfrequenz bei immer j¨ungeren Pa- tienten auch mit einer Steigerung der absoluten Zahl der Wechseloperationen von Endoprothesen zu rechnen sein. Generell muss davon ausgegangen werden, dass 7 % der zementierten und sogar 13 % der zementfreien Prothesen (vgl. Seite 6) aus unterschiedlichen Gr¨unden revidiert werden m¨ussen (s. Tab. 2).

Durch neue Operationstechniken kann die Prothesenstandzeit als ein prim¨ares Zielkriterium verbessert und die Frequenz der Wechseloperationen zumindest f¨ur den Anteil der aseptischen Lockerungen reduziert werden. Diese M¨oglichkeit hat auch angesichts steigender Kosten im Gesundheitswesen entscheidende Bedeu- tung.

1.3 Erstellung des Implantatlagers

Die Bearbeitung des Biomaterials Knochen im lebenden System ist auch heu- te noch die Kernleistung in vielen orthop¨adischen Operationen. Besonders bei der Implantation von Endoprothesen ist es sowohl f¨ur die Gesundheit des Pati- enten als auch f¨ur die Kostenentwicklung w¨unschenswert, eine m¨oglichst lange Haltbarkeit zu erreichen. Dies setzt eine hohe Pr¨azision bei der Erstellung des Implantatlagers und ein gewebeschonendes Trennverfahren voraus.

(14)

1.3 Erstellung des Implantatlagers 4

Ursache des Prothesenwechsels Anteil [%]

Aseptische Lockerung 71,1

Infektion 7,5

Fraktur 5,6

Dislokation 4,8

Technische Fehler 3,7

Andere 7,3

Tabelle 2: Ursachen f¨ur H¨uftimplantatrevisionen [23]

Verankerung von Endoprothesen

Ein k¨unstliches Gelenk wird bis zu 4,2 x 106 Wechsellastzyklen pro Jahr ausge- setzt [47]. Treten dabei kleinste Bewegungen des Implantates in Relation zum Knochen (Mikrobewegungen) auf, f¨uhrt das zu einer inhomogenen Druck- und Kr¨afteverteilung. Eine dadurch ausgel¨oste selektive Resorption von Knochensub- stanz und Ausbildung fibr¨oser Membranen zwischen Implantat und Knochen (”Distanzosteogenese“) k¨onnen zu einer aseptischen Lockerung des Implantates f¨uhren.

Die optimale Verankerung der H¨uftendoprothesen im Femurschaft stellte daher von Anfang an ein großes Problem dar. Seit Moore und Judet in den vierziger Jahren erstmals den Metallschaft der Implantate intramedull¨ar, also im Mark des R¨ohrenknochens, verankert hatten, versuchte man, einer solchen Lockerung entgegenzuwirken [9].

Bioinerte Materialien (vgl. Seite 18) wie Titan vermindern durch eine stabile Oxidschicht auf der Oberfl¨ache die Ausbildung einer Bindegewebsmembran und erm¨oglichen daher eine direkte Verbindung zwischen Implantat und Knochen (”Kontaktosteogenese“).

Eine besonders feste Verbindung entsteht durch bioaktive Materialien, die die Mineralstruktur des Knochens nachahmen und eine chemische Verbindung mit

(15)

1.3 Erstellung des Implantatlagers 5

ihm eingehen k¨onnen (

”Verbundosteogenese“). Als bioaktive Implantatwerkstoffe stehen z. B. Glaskeramiken zur Verf¨ugung. Außerdem besteht die M¨oglichkeit der Beschichtung eines Metallimplantates, beispielsweise mit Calciumphophaten oder dem osteoinduktiven BMP 2, einem k¨orpereigenen Zytokin [51]. Hierbei ist jedoch eine Revision des Implantates ohne Knochenzerst¨orung sehr schwierig.

Zementierte und zementfreie Prothesen

1959 f¨uhrte Sir John Charnley die Verwendung von Polymethylmetacrylat (PM- MA) als Knochenzement ein [9] und fixierte Schaftprothesen damit wie in Abbil- dung 1 gezeigt. Dadurch konnte die Belastbarkeit direkt nach der Implantation erh¨oht, die Fixierung kurz- und mittelfristig verbessert und die Rate der notwen- digen Reoperationen gesenkt werden. Beobachtungen ¨uber einen l¨angeren Ver- lauf zeigten jedoch, dass auch diese Methode das Problem nicht zu l¨osen vermag:

Aseptische Lockerungen sind weiterhin h¨aufig, Fremdk¨orperreaktionen treten ver- mehrt auf und hinzu kommt eine thermische Sch¨adigung des Gewebes, da bei der intraoperativen Polymerisation des Zements Reaktionsw¨arme entsteht. Auch ist die Osteointegration durch den im Vergleich zum Knochen geringen E-Modul des Zements eingeschr¨ankt (vgl.

”Strukturmimikry“, Seite 18). Der E-Modul von Po- lymethylmetacrylat betr¨agt ca. 3,2 GPa1. w¨ahrend der von Knochen zwischen 15 und 25 GPa variiert2. Durch diesen Unterschied entsteht eine inhomogene Kr¨af- teverteilung im Implantat, die eine erh¨ohte Belastung der Verbindung nach sich zieht. Auch Versuche, die Elastizit¨at von Polymethylmetacrylat anzupassen, f¨uhr- ten nicht zu den erhofften Erfolgen.

Weitere Nachteile des Zements sind eine l¨angere Operationsdauer, die m¨uhsame Entfernung der Zementreste im Falle einer Revisionsoperation und die Infektions-

1KernGmbH: TechnischeKunststoffteile. http://www.kern-gmbh.de/cgi-bin/riweta.cgi?

nr=2610&lng=1,2002

2Bourauelet al.:

Finite-Elemente-Modellierung (FEM) zur Belastung praxisgerechter Ortho- dontischer Mini-Implantate (OMI)“, DGKFO-Vortrag, Poliklinik f¨ur Kieferorthop¨adie der Universit¨at Bonn

(16)

1.3 Erstellung des Implantatlagers 6

PMMA Trochanter

major Caput fermoris

Collum ossis femoris

Os femur Os pubis

Os ischii Os ilii

Prothesen- schaft Os femur

Pfanne Prothesen-

kopf Acetabulum

A B

Abbildung 1: H¨uftgelenk: A: Nat¨urliches H¨uftgelenk, B: zementierte Schaftprothese

gefahr, die aufgrund der Affinit¨at einiger Staphylokokkenarten zu Kunststoffen erh¨oht ist. Durch Beimischung von Antibiotika (meist Cephalosporine) zum Ze- ment konnte die Infektionsrate allerdings von ca. 8 % auf unter 1 % gesenkt werden [16].

Vor einigen Jahren wurde daher wieder dazu ¨ubergegangen, zementfreie Prothe- sen zu implantieren. Hier ist die Prim¨arstabilit¨at direkt vom Form-Kraft-Schluss zwischen Prothese und kn¨ochernem Lager abh¨angig, und diese stellt die Grundla- ge f¨ur ein dauerstabiles Implantat dar. Durch Entwicklung geeigneter Methoden ist diese Passung so zu verbessern, dass eine wesentliche Erh¨ohung der Lebens- dauer der Implantate erreicht werden kann. Neben der Oberfl¨achenqualit¨at der Schnittfl¨ache ist f¨ur die Erstellung des Implantatlagers vor allem die Genauigkeit des Trennverfahrens von Bedeutung. Diese wiederum wird haupts¨achlich von den Prozesskr¨aften bestimmt, also den Kr¨aften, die beim Schneiden zwischen Werk- zeug und Werkst¨uck wirken. Sie erschweren eine pr¨azise Handhabung und f¨uhren zu großen Abweichungen von der geplanten Schnittf¨uhrung.

(17)

1.4 Bisher verwendete Instrumente 7

Randzonensch¨adigung

Eine Sch¨adigung der Randzonen des Knochens f¨uhrt zu einer deutlich verlangsam- ten Heilung. Meist handelt es sich hier um thermische Sch¨adigungen (z. B. durch die Energie eines Lasers oder die Reibungsw¨arme von oszillierenden S¨agen). Bei Uberschreiten der f¨ur Proteine kritischen Temperatur von etwa 55 – 60¨ ➦C dena- turieren diese, die Zellen sterben ab. Dadurch entstehen nekrotische Bereiche, auf die der K¨orper mit Bildung von Bindegewebe und Abkapselung des Implan- tates reagiert. Auch dies verhindert bzw. verz¨ogert die oss¨are Integration eines Implantates.

Automatisierung

Operationsroboter fanden in den letzten Jahren auch in der Orthop¨adie zuneh- mend Verwendung. Sie etablierten sich zun¨achst im Bereich der H¨uftendopro- thetik, wo sie den Femur zur Aufnahme der Schaftprothese vorbereiten k¨onnen.

Bisher kommt dabei meist eine hochtourige Fr¨ase zum Einsatz, die zwar extern gek¨uhlt wird, aber dennoch thermische Sch¨adigungen im Knochen bewirkt. Die Genauigkeit der intraoperativen Teilschritte wird durch die hohen Prozesskr¨afte an der Fr¨ase stark beeintr¨achtigt.

Um optimale Operationsergebnisse zu erzielen, ist es erstrebenswert, automati- sierte Handhabungssysteme mit strahlgef¨uhrten Trennverfahren zu kombinieren, da die Arbeitsarme der Roboter besonders pr¨azise arbeiten k¨onnen, jedoch sehr anf¨allig gegen¨uber hohen Prozesskr¨aften sind.

1.4 Bisher verwendete Instrumente

Bei der Durchtrennung von Knochen hat sich die oszillierende S¨age als einfach zu handhabendes Standardinstrumentarium etabliert. Ein Nachteil dieses Trennver- fahrens ist die entstehende Reibungsw¨arme, die zu o.g. Nekrosen an den Schnitt- fl¨achen f¨uhrt. Daher wird auch heute noch bei einigen Indikationen zur Osteoto- mie dem Meißel der Vorzug gegeben, wenn es auf den Erhalt vitalen Knochenge-

(18)

1.4 Bisher verwendete Instrumente 8

webes an den Schnittfl¨achen ankommt. Bei diesem Verfahren ist die W¨armeent- wicklung zu vernachl¨assigen.

Eine weitere Limitierung der oszillierenden S¨age, aber auch des Meißels, ergibt sich aus den damit zu fertigenden Schnittgeometrien, die im Wesentlichen auf die Schaffung von planen Fl¨achen begrenzt sind. Daher sind heute die g¨angigen Endoprothesendesigns an diese Limitation angepasst.

Andere in der Literatur beschriebene Alternativen zu den o.g. Werkzeugen zur Re- vision von Endoprothesen, die z. B. eine h¨ohere Passgenauigkeit haben, konnten sich klinisch nicht durchsetzen. Ein Beispiel ist die extrakorporale Stoßwellenli- thotripsie (ESWL), bei der Ultraschall eingesetzt wird, um im Knochenzement Mikrobr¨uche zu erzeugen und damit die Festigkeit herabzusetzen [29]. Auch wur- de das Aufschmelzen und anschließende Entfernen durch Ultraschallsonden be- schrieben [20].

Ein weiterer viel versprechender Ansatz ist das Schneiden mit Laser. Die Prozess- kr¨afte, die eine exakte Handhabung erschweren und Deformierungen des Werk- st¨uckes hervorrufen, sind hier sehr niedrig, was eine hohe Pr¨azision erm¨oglicht.

So ist z. B. die Entfernung einer zementierten H¨uftendoprothese mit einem CO2- Laser (gepulst, bei 20 – 25 W) theoretisch mit einem niedrigeren Verlust von Kno- chengewebe und einem geringeren Risiko f¨ur Frakturen und Perforationen verbun- den als die Revision mittels mechanischer Trennverfahren. Die Komplikations- rate und die Operationsdauer steigen dabei nicht an [46]. Verfolgt man jedoch die langfristige Heilung des angrenzenden Gewebes, stellt man fest, dass schon nach Bearbeitung mit einem CO2-Laser von 5 W (860 J/cm2) eine signifikante Heilungsverz¨ogerung im Vergleich zu mechanisch durchtrenntem Knochengewebe nachzuweisen war. Bei Untersuchungen von McDavidet al. konnte nur bei einem kleinen Anteil der mit Laser bearbeiteten Knochen Regeneration des Gewebes im thermisch gesch¨adigten Gebiet ¨uberhaupt nachgewiesen werden, obwohl geeigne- te Maßnahmen zur K¨uhlung (K¨uhlmittel aus sterilem Wasser und Luft) getroffen worden waren [35]. Auch Friesen et al. untersuchten die Knochenheilung nach

(19)

1.4 Bisher verwendete Instrumente 9

Vorteile Nachteile

Oszillierende S¨age

· Schneidleistung ↑

· einfache Handhabung

· kurze OP-Dauer

· Thermische Zellsch¨adigung ↑

· Beschr¨ankte Schnittgeometrien

· Prozesskr¨afte ↑

· Pr¨azision ↓ Meißel

· Thermische Zellsch¨adigung ver vernachl¨assigbar

· einfache Handhabung

· Pr¨azision ↓

· Prozesskr¨afte ↑

· Beschr¨ankte Schnittgeometrien ESWL

· Pr¨azision ↑

· Prozesskr¨afte ↓

· Sch¨adigung gesunden Gewebes

Laser

· Prozesskr¨afte ↓

· Pr¨azision ↑

· Blutstillung durch Koagulation

· Thermische Gewebesch¨adigung

Wasserstrahl

· Pr¨azision ↑

· Prozesskr¨afte ↓

· Keine thermische Sch¨adigung

· selektives Schneiden von Weich- geweben

· R¨uckst¨ande der Abrasivstoffe im Gewebe

· Sperrige Ger¨ate im OP

· Spritzkontamination

· Aufquellen weichen Gewebes

· Ger¨auschentwicklung

Tabelle 3: ¨Ubersicht ¨uber die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Methoden der Kno- chendurchtrennung (Daten aus [27], [44], [38], [35], [19])

Durchtrennung mit verschiedenen Lasertypen und -intensit¨aten und fanden un- abh¨angig der ver¨anderten Parameter eine signifikante Heilungsverz¨ogerung [17].

(20)

1.5 Das Wasserstrahlverfahren 10

Alle genannten Techniken arbeiten nichtselektiv oder ungenau und erzeugen im angrenzenden Knochengewebe Mikrobr¨uche bzw. thermische Sch¨aden (eine ¨Uber- sicht zeigt Tabelle 3) und verringern damit die Standzeit von Endoprothesen bei Erst- oder Revisionsoperationen [27]. Der Schaden des angrenzenden Gewebes insbesondere durch W¨arme soll durch den Einsatz des Wasserstrahlverfahrens in der Orthop¨adie verringert werden.

1.5 Das Wasserstrahlverfahren

Im industriellen Bereich wird das Wasserstrahlverfahren seit den vierziger Jahren eingesetzt, zun¨achst zum Abbau von Kohle und Gestein, sp¨ater zum Schneiden, Bohren und Reinigen. Da g¨angige Hochdruckpumpen nicht daf¨ur ausgelegt sind, den daf¨ur notwendigen Druck von mehreren Hundert Megapascal ¨uber l¨angere Zeit aufrecht zu erhalten, wurden seit Anfang der sechziger Jahren Druck¨uber- setzer entwickelt und in den siebziger Jahren zur Industriereife gebracht. Die Er- zeugung eines Arbeitsdruckes von 250 – 450 MPa stellt heute kein Problem mehr dar [14].

Die technologischen Vorteile des Wasserstrahlschneidens sind vielf¨altig [14]:

· Ein direkter Kontakt von Werkst¨uck und Werkzeug findet nicht statt, da- her ist der Werkzeugverschleiß auf die D¨use beschr¨ankt, deren Standzeit sehr hoch ist. Auch minimiert sich das Reinigen bzw. Desinfizieren eines Werkzeuges.

· Aus dem gleichen Grund sind die Prozesskr¨afte (vgl. S. 6) gering, was die Pr¨azision erh¨oht und eine Automatisierung erleichtert.

· Durch die direkte Wirkung des Wassers ist die Staubbelastung der Um- gebung gering, die Schneidkanten werden nicht oder kaum thermisch ge- sch¨adigt. Auch ist Schneiden unter Wasser oder in explosionsgef¨ahrdeter Umgebung m¨oglich.

(21)

1.5 Das Wasserstrahlverfahren 11

· Da der Schneidspalt entsprechend dem Strahldurchmesser (etwa 0,1 – 0,5 mm) sehr gering ist, lassen sich auch filigrane Strukturen mit sehr ge- ringem Materialverlust schneiden.

· Es ist m¨oglich, praktisch beliebige Konturen zu schneiden, zu bohren und den Schnitt an jeder beliebigen Stelle des Werkst¨uckes zu beginnen. Das zu f¨uhrende Werkzeug ist klein und flexibel.

· Mit einem Druckaggregat kann die Bedienung mehrerer D¨usen erfolgen, dies ist sinnvoll bei fl¨achenhaftem Materialabtrag wie z. B. der Entfernung einzelner Schichten eines Werkstoffes.

A B

Abbildung 2: Knochenschneiden mit Wasserabrasivstrahl. A: Schnitt durch die Epiphy- se eines Femur, B: Anpassung an das Implantat.

Mit einem reinen Wasserstrahl k¨onnen die meisten nichtmetallischen Werkstof- fe wie Elastomere, d¨unne Kunststoffe etc. bearbeitet werden. Da eine lineare Abh¨angigkeit zwischen F¨orderdruck und Schnitttiefe besteht, ist bei Materialien h¨oherer H¨arte der zum Schneiden ben¨otigte Druck sehr hoch. Um beispielsweise in Knochengewebe mit reinem Wasser eine Schnitttiefe von 5 mm zu erreichen, ist ein Druck von ca. 100 MPa notwendig [27] .

Man f¨ugte daher bei der industriellen Anwendung seit Ende der Siebziger Jahre dem Wasserstrahl Feststoffpartikel zu, da so der Materialabtrag durch Abrasion

(22)

1.6 Anwendungen des Wasserstrahlverfahrens in der Medizin 12

stark ansteigt. Auf diese Weise kann nahezu jedes Material geschnitten, der Druck f¨ur bisherige Anwendungen gesenkt und auch die Qualit¨at der Schnittfl¨ache ver- bessert werden (s. S. 16). Durch Abrasivstoffzusatz kann in Stahl eine Schnitttiefe von ¨uber 300 mm erreicht werden.

Auch beim Schneiden von Knochen k¨onnen so die ben¨otigten Dr¨ucke reduziert werden [27][34]. Abbildung 3 zeigt, dass z. B. der Schnitt eines Abrasivstrahls in PMMA schon bei 40 MPa doppelt so tief ist wie der eines reinen Wasserstrahls bei 60 MPa.

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18

40 60

Druck [MPa]

Schnitttiefe [mm]

Knochen (Wasser) Knochen (Abrasiv) PMMA (Wasser) PMMA (Abrasiv)

Abbildung 3: Schnitttiefen von reinem Wasserstrahl und Wasserabrasivstrahl in Ab- h¨angigkeit vom Druck [27]. Wasserd¨usendurchmesser: 0,3 mm, Vorschub: 10 mm/min, Abstand: 15 mm. Bei Abrasivstrahl: WAIS-Technik, Fokussierung 0,9 mm, Massenstrom 80 g/min.

1.6 Anwendungen des Wasserstrahlverfahrens in der Medizin

Der klinische Einsatz des Wasserstrahlverfahrens in der Abdominalchirurgie bei der Bearbeitung parenchymat¨oser Organe (Leber, Niere) l¨asst sich bis in die fr¨u-

(23)

1.6 Anwendungen des Wasserstrahlverfahrens in der Medizin 13

hen 80er Jahre zur¨uckverfolgen. Neben der reinen Schneidwirkung wird dabei v.a. die F¨ahigkeit zur Gewebediskriminierung genutzt. Durch geeignete Parame- terwahl (Druck und D¨usengeometrie) kann erreicht werden, dass der Wasserstrahl selektiv nur das relativ weiche Parenchym durchtrennt, w¨ahrend die festeren Ge- f¨aße erhalten bleiben und vom Operateur sicher und ohne Blutverlust ligiert wer- den k¨onnen. Auch wurde gezeigt, dass die Synovia eines Gelenkes getrennt von Knorpel und Knochen geschnitten werden kann [25]. Weitere Einsatzgebiete lie- gen, wenn auch in deutlich kleinerem Umfang, in der Neurochirurgie [38] zur Pr¨aparation von Tumoren und Gef¨aßmalformationen sowie in der Ophthalmolo- gie, speziell in der Kataraktchirurgie [56].

Neben der Selektivit¨at beim Schneiden von Weichgewebe sind auch die ande- ren oben aufgef¨uhrten Eigenschaften des Wasserstrahls klinisch von Vorteil. Ins- besondere eignet sich das Verfahren sehr gut zum Einsatz in Kombination mit Operationsrobotern.

In der Orthop¨adie wird der Wasserstrahl im Rahmen von klinischen Studien zur Bandscheibendekompression und zur Synovektomie eingesetzt. Bislang gibt es nur wenige Publikationen, die sich mit dem Einsatz von Wasserstrahlverfahren zur Be- arbeitung biologischer Hartgewebe (Knochen) befassen. Giraud erw¨ahnt z. B. in einem ¨Ubersichtsartikel zum Stand der Osteotomieverfahren aus dem Jahre 1991 das Water-Jet-Cutting als

”in Hinblick auf ihr Potential interessante M¨oglichkeit zur Knochendurchtrennung“ [21]. ¨Uber erste reproduzierbare Schneidexperimente auch an PMMA, berichteten Honlet al. 1998 im Rahmen eines Wasserstrahlsym- posiums. PMMA muss bei der Entfernung der Prothese im Falle einer Lockerung oder Infektion durchtrennt werden - m¨oglichst ohne Sch¨adigung des umgebenden Knochens. Honl untersuchte auch erstmals die Wirkung von Abrasivstoffzusatz zur Durchtrennung des Knochenzements [26].

(24)

1.7 Wasserabrasivstrahlverfahren 14

1.7 Wasserabrasivstrahlverfahren

Beim Wasserabrasivstrahlschneiden werden dem Wasser abrasive Feststoffpar- tikel unterschiedlicher Gr¨oße (meist zwischen 50 und 500µm) zugemischt. F¨ur diese Zumischung stehen prinzipiell zwei verschiedene Techniken zur Verf¨ugung (s. Abb. 4):

A B

Misch- kammer

Abrasiv- tank

Fokus

Wasserabrasivstrahl VH O

2

Wasserabrasivstrahl Hochdruck-

wasserzufuhr

Düse VH O

2

VSusp

Düse

Trichter

Hochdruck- wasserzufuhr

Abbildung 4: Wasserabrasivstrahlverfahren: A - Wasserabrasivinjektorstrahl-Verfahren (WAIS); B - Wasserabrasivsuspensionsstrahl-Verfahren (WASS) [27][2]

Beim Wasserabrasivinjektorstrahl-Verfahren (WAIS) gelangt der durch eine pri- m¨are D¨use erzeugte feine Wasserstrahl im Inneren des Abrasivstrahlkopfes in eine nachgeschaltete Mischkammer, in der sich ein Unterdruck ausbildet (Injektorpum- penprinzip). ¨Uber eine seitliche ¨Offnung wird aus einem Abrasivstoffbeh¨alter ein Luft-Abrasivstoff-Gemisch angesaugt (trockene Zumischung). Es wird vom Was- serstrahl mitgerissen und beschleunigt, wobei der Anteil der Luft im Abrasivstrahl etwa 90 % betr¨agt. Die Partikel erreichen in Abh¨angigkeit von der Fokusl¨ange 50 bis 70 % der Wasserstrahlgeschwindigkeit.

Durch die getrennten Zuf¨uhrungsleitungen ist diese Methode sehr gut steuerbar, Wasser- und Abrasivstoffzufuhr k¨onnen separat geregelt werden. Der Nachteil besteht haupts¨achlich in der großen Menge Luft im Strahl, diese wird mit be- schleunigt, hat aber keine Schneidleistung und f¨uhrt so zu einem Energieverlust.

(25)

1.8 Anforderungen an Abrasivstoffe in der klinischen Anwendung 15

Zus¨atzlich k¨onnte die Luft im klinisch eingesetzten Abrasivstrahl das Risiko f¨ur eine Luftembolie erh¨ohen.

Die zweite angewandte Technik ist das Wasserabrasivsuspensionsstrahl-Verfahren (WASS). Hier wird der Abrasivstoff dem Wasserstrahl als Suspension ¨uber ein Bypasssystem zugef¨uhrt. Die Menge des Abrasivstoffes wird dabei ¨uber die beiden Massenstr¨ome ˙VH2O und ˙VSusp gesteuert.

Eine Regelung des Suspensionsmassenstroms ˙VSusp ist jedoch bei den hohen Dr¨ucken mit einem starken Verschleiß der Regelventile verbunden. Die fr¨uhe Zu- mischung des Abrasivstoffes hat zus¨atzlich den Nachteil, dass sich durch die l¨an- gere Verweildauer im Wasser der Abrasivstoff teilweise l¨osen kann und scharfe Kanten der kristallinen Strukturen sich abrunden. Es eignet sich daher f¨ur was- serl¨osliche Abrasiva nicht. Ein großer Vorteil dieses Verfahrens ist, dass keine Luft im Wasserstrahl transportiert wird, was im Hinblick auf das Embolierisiko und vor allem energetisch g¨unstiger ist. Bei gleichem Druck und gleichem Massen- strom kann mit der WASS-Technik daher etwa doppelte Schneidleistung wie mit der WAIS-Technik erreicht werden, weshalb dieses Verfahren industriell h¨aufig eingesetzt wird [33].

Das Problem des hohen Luftanteils bei der WAIS-Technik kann in der Medizin zum Beispiel dadurch gel¨ost werden, dass der gesamte Abrasivstofftrichter unter Wasser ist. Der Abrasivstoff wird dann zwar direkt vor dem Schneiden erst zu- gemischt, wird aber nicht in Luft, sondern in Wasser zum Strahl transportiert (feuchte Zumischung).

1.8 Anforderungen an Abrasivstoffe in der klinischen Anwendung

Im industriellen Einsatz kommen bei der Abrasivtechnik haupts¨achlich scharfkan- tige, mineralische Stoffe wie Quarzsand, Granat, Olivin oder Korund zum Einsatz.

Da ein Zur¨uckbleiben von Abrasivstoffresten im Operationssitus nicht zu vermei-

(26)

1.8 Anforderungen an Abrasivstoffe in der klinischen Anwendung 16

WAIS WASS

Vorteile Gut regelbar Hoher Luftanteil fehlt Nachteile Energieverlust Schlecht regelbar

Luftgehalt Abrundung der Abrasiva Ben¨otigter Druck <400 MPa <200 MPa

Tabelle 4: Eigenschaften von WAIS- und WASS-Verfahren [34]

den ist, k¨onnen diese Stoffe, die im K¨orper toxische- und Fremdk¨orperreaktionen ausl¨osen k¨onnen, klinisch nicht verwendet werden.

Bei klinischen Anwendungen des Wasserstrahls an weichen Geweben wurde ohne Feststoffzusatz eine ausreichende Trennleistung erreicht. Der zum Trennen von Knochen ben¨otigte Druck ist wesentlich h¨oher (s. S. 11), was im Operations- saal zwar technisch zu realisieren, jedoch sehr aufw¨andig ist. Außerdem erfolgt der Materialabtrag beim Schneiden mit reinem Wasserstrahl haupts¨achlich durch Zertr¨ummerung und Herausbrechen kleiner Fragmente unter dem auftreffenden Strahl, so dass es nicht m¨oglich ist, eine scharf begrenzte, glatte Schnittfl¨ache zu erzeugen. Die Schnittqualit¨at vom Wasserabrasivstrahl wesentlich besser, der Materialabtrag erfolgt haupts¨achlich ¨uber Abrasion, was die Entstehung einer glatteren Schnittfl¨ache erm¨oglicht [27].

Klinisch wurden Wasserabrasivstrahlverfahren bislang nicht eingesetzt. Um das Wasserstrahlverfahren auch erfolgreich in der Orthop¨adie zur Osteotomie einset- zen zu k¨onnen, m¨ussen zun¨achst geeignete Verfahren entwickelt und vertr¨agliche Abrasivstoffe gefunden werden.

Der Verbleib von unl¨oslichen Abrasivstoffpartikeln im K¨orpergewebe kann neben Entz¨undungen weitere unkalkulierbare Folgeerscheinungen haben. Hauptanfor- derung an einen medizinischen invasiv einsetzbaren Abrasivstoff ist daher die Wasserl¨oslichkeit, so dass sich die Partikel nach dem eigentlichen Materialab-

(27)

1.8 Anforderungen an Abrasivstoffe in der klinischen Anwendung 17

tragsprozess im Transportmedium, in der Sp¨ulfl¨ussigkeit und im Gewebswasser aufl¨osen k¨onnen.

Daneben besteht die Forderung nach einer pharmakologischen Unbedenklichkeit, da nach dem Aufl¨osevorgang der Feststoffe im Gewebe keine Toxizit¨at auftreten darf.

Schneideigenschaften

Hinsichtlich ihrer Eignung f¨ur den Schneideprozess hat sich eine kristalline Struk- tur der Abrasivstoffe bei hoher H¨arte als positiv herausgestellt, da nach dem heu- tigen Kenntnisstand der Materialabtrag auf Abrasion und Oberfl¨achenzerr¨uttung (Mikrobr¨uche, Mikrorisse, etc.) beruht. Diese wird verursacht z.T. von der dyna- mischen Stoßbelastung beim Auftreffen von den Abrasivpartikeln, aber auch von der Schleifwirkung der einzelnen Partikel.

Die Abrasivsubstanz sollte außerdem eine hohe Molmasse aufweisen, damit sie dem Wasserstrahl in Konzentrationen von 10 – 20 % zugesetzt werden kann, ohne dass die physiologische Osmolarit¨at von 290 mosmol/l nach Aufl¨osung der Sub- stanz in der Transport-, Sp¨ul- und Gewebsfl¨ussigkeit ¨uberschritten wird.

Eine geringe Hygroskopie der Abrasivsubstanz ist w¨unschenswert, da sie Klum- penbildung verhindert und damit bei der WAIS-Technik eine gute F¨orderung des Abrasivstoffes in die D¨use beg¨unstigt.

Biokompatibilit¨at

Nach Wintermantel et al. wird unter Biokompatibilit¨at die Vertr¨aglichkeit zwi- schen einem technischen und einem biologischen System verstanden. Sie gliedert sich in mechanische und physikochemische Biokompatibilit¨at [58].

Die mechanische Biokompatibilit¨at tr¨agt der Tatsache Rechnung, dass das biolo- gische Gewebe nicht homogen ist, sondern durch seine Faserstruktur eine starke Anisotropie aufweist. Die Spongiosa, der lasteinleitende Teil des Knochens, hat ein E-Modul um 500 MPa, w¨ahrend der der last¨ubertragenden Corticalis um 10 –

(28)

1.9 Physiologie der Zellen 18

25 GPa liegt [57]. Um die Spannungen zwischen Implantat und Knochen m¨oglichst zu minimieren und so eine optimale Integration zu erzielen, w¨are es optimal, wenn der Implantatwerkstoff ¨ahnliche strukturelle Eigenschaften aufweist (

”Struktur- mimikry“). So k¨onnen Kr¨afte (z.T. ein Vielfaches des K¨orpergewichts) optimal auf Empf¨angerstrukturen ¨ubertragen werden.

Die physikochemische Biokompatibilit¨at beinhaltet, dass der verwendete Stoff nicht toxisch ist und auch durch Korrosion, Abrieb oder Abbau Substanzen nur unterhalb toxischer Konzentrationen freisetzt (

”bioinert“). Bei Endoprothesen ist es erw¨unscht, dass das Implantat mit dem Knochen eine feste Verbindung ein- geht (

”bioaktiv“), um einer Prothesenlockerung vorzubeugen. Dies kann durch verschiedene Oberfl¨achenbehandlungen beeinflusst werden, darunter f¨allt z. B. die Beschichtung mit Calciumphosphaten oder die Oberfl¨achenaufrauhung, die beide die oss¨are Integration unterst¨utzen (vgl. S. 5).

W¨ahrend die mechanische Vertr¨aglichkeit besonders bei Werkstoffen f¨ur k¨unst- liche Gelenke u.¨a. ber¨ucksichtigt werden muss, ist f¨ur Abrasivstoffe vor allem wichtig, dass der Stoff im K¨orper keine Irritation, Entz¨undung, Mutagenese oder Nekrose verursacht. Auch ist eine m¨oglichst rasche Resorbierbarkeit angestrebt, damit keine festen Partikel im K¨orper verbleiben, da diese einerseits Fremdk¨orper- reaktionen ausl¨osen k¨onnen, andererseits in Gelenken die reibungsarme Funktion beeintr¨achtigen und damit die Standzeit eines Implantates verringern.

1.9 Physiologie der Zellen

Da Zellen von einer semipermeablen Membran umgeben sind, werden sie von der Osmolarit¨at der Extrazellul¨arfl¨ussigkeit st¨andig beeinflusst. Die physiologische extrazellul¨are Osmolarit¨at betr¨agt 290 bis 300 mosmol/kg [13]. Die Zellen befin- den sich im Gleichgewicht und es findet kein absoluter Wassertransport ¨uber die Zellmembran statt. F¨ur ¨Anderungen der Osmolarit¨at sind Rezeptoren vorhanden, die eine sofortige Reaktion der Zelle erm¨oglichen. Es gibt verschiedene Mechanis-

(29)

1.9 Physiologie der Zellen 19

men, mit denen Zellen auf hypo- oder hyperosmolare Milieu¨anderungen reagieren k¨onnen.

1.9.1 Signaltransduktion

Damit der menschliche K¨orper als eine Einheit funktionieren kann, ist eine Kom- munikation von Zelle zu Zelle unerl¨asslich. F¨ur diese Signal¨ubermittlung stehen dem K¨orper verschiedene Systeme zur Verf¨ugung. Nervenzellen z. B. k¨onnen Rei- ze an der Membran ihrer Axone weiterleiten, wobei eine einzige Nervenzelle sich

¨uber eine L¨ange von ¨uber einem Meter erstrecken kann.

Eine weitere M¨oglichkeit ist die Produktion von extrazellul¨aren Botenstoffen, die eine Reaktion einer anderen Zelle (oder auch der produzierenden Zelle selbst) her- vorrufen kann. Kommunikation zwischen benachbarten Zellen ¨uber gel¨oste oder sogar oberfl¨achengebundene Botenstoffe bezeichnet man als parakrine Signale.

Doch auch weit entfernte Zellen k¨onnen, z. B. ¨uber Transport der Botenstoffe im Blut, erreicht werden. Ein wichtiges Beispiel hierf¨ur ist die endokrine Sekretion von Hormonen wie Insulin oder Adrenalin.

Hat der Botenstoff die Zielzelle erreicht, muss der Informationsfluss sowohl die Zell– als auch die Kernmembran ¨uberqueren, um im Zellkern eine Aktivit¨ats-

¨anderung von Transkriptionsfaktoren hervorrufen zu k¨onnen. Diese beeinflussen dann die Transkription und Translation der Zielgene positiv oder negativ und bestimmen damit die Reaktion der Zelle.

Durch Signalkaskaden dieser Art kann die Zelle auf Signale von außen sehr viel- f¨altig reagieren: Die Membranpermeabilit¨at kann selektiv ver¨andert werden, z. B.

durch ¨Offnen oder Schließen von Membrankan¨alen. Dadurch wiederum k¨onnen anorganische Ionen oder andere in der Zelle gespeicherten Stoffe freigesetzt oder lokal akkumuliert werden. Auch k¨onnen aktive Pumpmechanismen in beliebige Richtung ¨uber die Membran aktiviert werden.

Prinzipiell ist f¨ur diese sogenannte Signaltransduktion zun¨achst ein Rezeptor not- wendig, an den das Hormon bindet. Durch die sich dabei ergebende Konforma-

(30)

1.9 Physiologie der Zellen 20

tions¨anderung des Rezeptors wird ein Signaltransduktor aktiviert, wodurch wie- derum intrazellul¨are Botenstoffe produziert werden. H¨aufig verl¨auft die Signal- transduktion mehrstufig (Signalkaskade).

Eine sehr bedeutende Rolle als Signaltransduktoren spielen rezeptorassoziierte G-Proteine, von denen eine Vielzahl von Isoformen bekannt sind. Sie haben in jedem Fall ein Guaninnukleotid gebunden, und zwar Guanosindiphosphat (GDP) im inaktiven, Guanosintriphosphat (GTP) im aktiven Zustand. Eine weitere M¨og- lichkeit von Transmembranrezeptoren, die Information intrazellul¨ar weiterzuge- ben, ist die Autophosphorylierung von Rezeptoren mit Tyrosinkinaseaktivit¨at.

Durch diese Phosphorylierung werden wiederum andere Signalproteine aktiviert, eine Kette von Proteinaktivierungen wird in Gang gesetzt, an deren Ende die Aktivierung oder Hemmung von Transkriptionsfaktoren steht.

Teil einer bedeutenden Signalkaskade auf dem Weg in den Nukleus sind die

”Signal Transducers and Activators of Transcription“ (STAT), die, wie in Abbildung 5 vereinfacht dargestellt, selbst als Transkriptionsfaktoren fungieren.

Die STAT-Kaskade wird ausgel¨ost durch Bindung eines Signalmolek¨uls (z. B.

Interferon-γ) an einen Rezeptor mit Tyrosinkinaseaktivit¨at, der dadurch dime- risiert. Durch diese Dimerisierung k¨onnen sich rezeptorgebundene Januskinasen3 (Jak) gegenseitig aktivieren und – in ihrer aktiven Form – die STATs phosphory- lieren. Diese wiederum erfahren dadurch eine Konformations¨anderung und k¨on- nen nun ebenfalls dimerisieren. Als Komplex penetrieren sie in den Kern, wo sie die Transkription und Translation der interferonstimulierten Gene beeinflussen.

Antiinflammatorische, antivirale und antiproliferative Proteine k¨onnen dadurch z. B. vermehrt produziert werden [31][1].

STATs liegen in mehreren Isoformen vor, die sowohl Hetero– als auch Homodi- mere bilden k¨onnen. Bindung von Interferon γ an der Zellmembran l¨ost vor al- lem eine Homodimerisation der STAT-1-Molek¨ule aus, wodurch der Dimer GAF (gamma-activated factor) entsteht. Durch Markierung von STAT-1 mit einem

3Der r¨omische Gott Janus hat zwei Gesichter: ein nach vorne und ein nach hinten blickendes;

Januskinasen haben zwei Proteinkinasedom¨anen

(31)

1.9 Physiologie der Zellen 21

Nukleus Zytoplasma

GAF

DNA

STAT

STAT

STAT

Dimerisierung

Konformations- änderung

Rezeptor

Zellmembran

GAF

IFNg

IFN g

Dimerisierung, Jak-Aktivierung Jak

Jak

Jak

Jak

IFN g

Abbildung 5: Der STAT-Signalweg [32]. IFN – Interferon, Jak – Januskinase, STAT – Signal transducers and activators of transcription, GAF – Gamma-activated factor.

fluoreszierenden Protein kann dessen Ansammlung im Zellkern unter Einwirkung von Interferonγ visualisiert werden (s. S. 55).

Nach Delphine Meisseet al. [36] kann eine Aktivierung der STAT-1–Kaskade auch beobachtet werden, wenn Zellen aufgrund osmotischer Ver¨anderungen anschwel- len. Hierbei ist der physikalische Reiz durch die Volumenzunahme der Zelle direkt verantwortlich f¨ur die Aktivierung der chemischen Signale (s. Abschnitt 1.9.2) [30].

1.9.2 Osmorezeptoren

Durch die beschriebenen ligandenspezifischen Rezeptoren erh¨alt die Zelle lediglich Informationen ¨uber das Vorhandensein und – in gewissen Grenzen – der extra- zellul¨aren Konzentration dieser Liganden. Doch auch auf andere Faktoren muss eine Zelle reagieren k¨onnen, so zum Beispiel auf ¨Anderungen der Osmolarit¨at des

(32)

1.9 Physiologie der Zellen 22

Extrazellul¨arraums oder auf physikalische Reize (z. B. Druck– oder Ber¨uhrung).

Die zellul¨are Wahrnehmung dieser Aspekte erfolgt ¨uber dehnungsaktivierte, selte- ner dehnungsinaktivierte, Ionenkan¨ale. Sie reagieren auf Dehnung der Zellmem- bran mit Permeabilit¨ats¨anderung f¨ur Kationen wie Na+, K+ oder Ca++ [49].

Diese erfolgt nicht wie zun¨achst vermutet durch dehnungsbedingte Vergr¨oßerung elastischer Kan¨ale, sondern meist selektiv durch allosterische Signalerfassung [6].

Durch den Ioneneinstrom k¨onnen wiederum intrazellul¨are Signalkaskaden ausge- l¨ost werden, die der Zelle eine Reaktion auf den Reiz erm¨oglichen.

Da Hypo- oder Hyperosmolarit¨at durch Wasserein- oder Ausstrom auch Ver¨ande- rungen in der Zellgr¨oße und damit Dehnung oder Stauchung der Zellmembran mit sich bringen, wird vermutet, dass auch osmotische Ver¨anderungen in der Umge- bung der Zelle zumindest zum Teil durch diese dehnungsabh¨angigen Ionenkan¨ale wahrgenommen werden. F¨ur einige Zellarten wurde dies schon nachgewiesen, z. B.

f¨ur Hypophysenzellen der Knochenfische [48] und Rattenneuronen [7].

1.9.3 Osmotische Resistenz

Die Mechanismen, mit denen sich Zellen vor Sch¨adigung auf Grund von osmoti- schen Vorg¨angen sch¨utzen, sind im Prinzip in allen Lebewesen (mit Ausnahme der Archaebakterien) sehr ¨ahnlich. Die Zellen akkumulieren bei steigender Os- molarit¨at des sie umgebenden Mediums osmotisch wirksame Stoffe wie Zucker, deren Alkohole (s. Abb. 8), vierwertige Aminderivate oder bestimmte Amino- s¨auren (einige Bakterien auch K+), um auch die intrazellul¨are Osmolarit¨at zu erh¨ohen. Man nennt diese Stoffe kompatibel, da sie auch in hohen Konzentra- tionen nicht toxisch wirken und weder die elektrische Ladung noch den pH-Wert der Zelle beeinflussen. Die Akkumulation dieser Stoffe bei steigender Osmola- rit¨at kann durch Biosynthese, durch erh¨ohte Aufnahme in die Zelle oder auch durch Umsetzung akkumulierter Stoffe erreicht werden4. Obwohl es neben diesen

4Gowrishankar, Centre for Cellular & Molecular Biology, Hyderabad 500 007, India:

Components and Cellular Mechanisms of Adaptation to Biological Water Stress“, http://www.iubs.org/test/bioint/40/4.htm

(33)

1.9 Physiologie der Zellen 23

Mechanismen auch noch Hinweise auf andere gibt, scheint die Synthese von Di- sacchariden wie Trehalose oder Saccharose auszureichen, die Zelle ¨uberleben zu lassen [11].

Sinkt die Osmolarit¨at, k¨onnen Zellen auch wieder osmotisch wirksame Stoffe (z. B.

die Aminos¨aure Taurin) abgeben, um eine zu große Volumenzunahme zu verhin- dern [12].

H¨ohere S¨augetiere (einschließlich Menschen) erreichen den gr¨oßten Teil der os- motischen Hom¨oostase suprazellul¨ar, d.h. auf Basis des multizellul¨aren Organis- mus. So kann durch Wasseraufnahme oder Diurese ein konstantes internes Milieu eingehalten werden. Der Großteil der externen K¨orperoberfl¨ache ist dabei kaum durchl¨assig f¨ur Wasser und Ionen.

Es gibt jedoch auch hier spezialisierte Zellen, die erh¨ohtem osmotischen Stress ausgesetzt sind, z. B. in der Niere: Hier kann durch das Gegenstromsystem der Henle’schen Schleife Urin mit stark schwankender Osmolarit¨at produziert werden, was z. B. die Ausscheidung von Substanzen auch bei geringer Wasserzufuhr er- m¨oglicht (der Urin einer K¨angurumaus (Dipodomys) kann z. B. eine Osmolarit¨at von bis zu 9000 mosmol/l haben). Es konnte gezeigt werden, dass die Nierenzel- len die n¨otige osmotische Resistenz dadurch erlangen, dass sie die kompatiblen Verbindungen Sorbit, Glucosylgycerol und Betain akkumulieren [53] [18].

Die Osmoresistenz von S¨augerzellen ist jedoch grunds¨atzlich begrenzt. Akkumu- lation und Abgabe osmotisch wirksamer Stoffe k¨onnen nur bis zu einer gewissen Grenze verhindern, dass die Zelle platzt bzw. austrocknet. Auch ist es m¨oglich, dass Zellen, die ¨uber eine gewisse Zeitspanne osmotischem Stress ausgesetzt wa- ren, zwar ¨uberleben, aber dennoch gesch¨adigt wurden. Dann kann ihre Teilungs- und Regenerationsf¨ahigkeit stark eingeschr¨ankt sein, was im Falle eines klinischen Einsatzes der Wasserabrasivstrahltechnik die Heilung verz¨ogern k¨onnte.

(34)

1.9 Physiologie der Zellen 24

1.9.4 Apoptose

Zellen, die durch eine akute Sch¨adigung sterben, schwellen an und platzen, wobei die umliegenden Zellen mit dem Inhalt der zerst¨orten Zellen in Kontakt kommen (Nekrose). Das kann wiederum eine Sch¨adigung der betroffenen Zellen und eine Entz¨undungsreaktion verursachen.

Beim programmierten Zelltod (Apoptose) dagegen sterben die Zellen, ohne an- dere zu sch¨adigen. Die Zelle schrumpft, das Chromatin kondensiert, so dass der Zellkern eine charakteristische granulierte Morphologie aufweist (Abb. 6), das Zytoskelett und die Kernh¨ulle wird zerst¨ort. Schließlich zerf¨allt die Zellmembran.

Der Zellinhalt verbleibt in Membranvesikeln, welche vom umliegenden Gewebe aufgenommen werden k¨onnen. Aber auch durch verschiedene Stressoren, wie z. B.

Isch¨amie, Entzug von Wachstumsfaktoren, Strahlen, TNFα, massive osmotische Zellschrumpfung und Toxine kann aus den Mitochondrien Cytochrom C ins Zy- tosol freigesetzt, welches mit Hilfe eines Adapter-Proteins (Apaf-1) intrazellul¨are Caspasen aktiviert und so ¨uber die proteolytische Caspase-Kaskade die Apoptose ausl¨ost [1].

Abbildung 6: Apoptotische Jurkat-Zellen nach Behandlung mit dem Zellgift Staurospo- rin und F¨arbung mit Hoechst.

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1.10 Materialeigenschaften 25

1.10 Materialeigenschaften

Momentan ist das Wasserstrahlverfahren in der Orthop¨adie noch in der Entwick- lungsphase. Es m¨ussen zun¨achst einsatzf¨ahige Methoden und Materialien f¨ur den klinischen Einsatz entwickelt und getestet werden.

Unter R¨ucksichtnahme der im Abschnitt 1.8 genannten Anforderungen an Abra- sivmittel sind zum Beispiel verschiedene Kohlenhydrate und Magnesium interes- sant.

1.10.1 Zucker

Kohlenhydrate sind Polyhydroxyaldehyde oder -ketone mit der chemischen For- mel Cn(H2O)n, die in der pflanzlichen Photosynthese entstehen. Wichtige Vertre- ter sind z. B. Zucker und St¨arke.

Viele Zucker und Zuckeralkohole haben eine gute Biovertr¨aglichkeit und sind zum Wasserabrasivstrahlschneiden geeignet, einige davon sind Saccharose, Laktose, Xylit und Sorbit.

Saccharose setzt sich aus den beiden Monohexosen Glukose und Fruktose zu- sammen und besteht damit aus zwei Kohlenstoffringen (s. Abb. 7). Mit einer Molmasse von 342,3 g/mol und kristalliner Struktur ist sie zum Schneiden geeig- net und sehr gut wasserl¨oslich. Saccharose wird komplett von den K¨orperzellen aufgenommen und verwertet, eine direkte Toxizit¨at ist nicht zu erwarten.

Laktose (Milchzucker) ist ein reduziertes Disaccharid, das aus Galaktose und Glukose besteht. Da es zu etwa 4 % in der Kuhmilch enthalten ist, kann es zur Verwendung als S¨ußungsmittel relativ einfach aus Molke gewonnen werden.

Xylit und Sorbit sind keine Zucker, sondern Zuckeralkohole (Alditole). Sie ent- stehen aus Zuckern durch Reduktion der Carbonylgruppe, z. T. unter Entstehung eines Chiralit¨atszentrums. Da sie teils sehr viel s¨ußer sind als Zucker und vom K¨orper ohne Insulin verstoffwechselt werden k¨onnen, werden sie h¨aufig als Zucke- rersatzstoffe verwendet. Xylit entsteht durch katalytische Hydrierung aus Xylose.

Es kommt in geringen Mengen in einigen Pilzen, in Obst und Gem¨use vor. Seine

(36)

1.10 Materialeigenschaften 26

OH H

OH OH H H HO

CH2OH

Glukose

O

H CH2OH HO

H H OH CH2

HO

Fruktose

O

Saccharose

O

H H OH OH H HO

H

CH2OH

Galaktose

OOH H H

OH OH H H

CH2OH

Glukose

O

Laktose

Abbildung 7: Strukturformel von Saccharose und Laktose

H C O

H C OH

HO C H

H C OH

H C OH

CH2OH D-Glukose

+2 H

−−−−−

H

H C OH

H C OH

HO C H

H C OH

H C OH

CH2OH Sorbit

H C O

H C OH

HO C H

H C OH

CH2OH Xylose

+2 H

−−−−−

H

H C OH

H C OH

HO C H

H C OH

CH2OH Xylit Abbildung 8: Entstehung von Sorbit aus D-Glukose und Xylit aus Xylose

S¨uße und sein Geschmack ist mit Saccharose vergleichbar, daher wird es, nicht zuletzt wegen seiner antikariogenen Wirkung, oft in Kaugummi verwendet. Der Name Sorbit r¨uhrt daher, dass dieses aus Glukose entstehende Alditol in Beeren, u. a. der Vogelbeere (Sorbus aucuparia), enthalten ist (s. Abb. 8). Sorbitol findet

(37)

1.10 Materialeigenschaften 27

ebenfalls Verwendung als Zuckeraustauschstoff, ist aber z. B. auch in Frostschutz- mitteln und Tinte enthalten [37].

Das elektronenmikroskopische Bild (Abb. 9) zeigt die kristalline Struktur eines Zuckers nativ und in Suspension. Die abgerundeten Kanten des Kristalls sind deutlich sichtbar.

Abbildung 9: Rasterelektronenmikroskopisches Bild eines Zuckerkristalls - Saccharose.

Foto: IW

1.10.2 Magnesium

In unsere Erw¨agungen zu m¨oglichen Abrasivstoffen bezogen wir nicht nur ver- schiedene Zucker, sondern auch andere Materialien ein, wie z. B. Magnesium, welches mit seinen Legierungen als resorbierbarer biokompatibler Implantatwerk- stoff in letzter Zeit vermehrt Gegenstand verschiedener Studien geworden ist567 [41]. Der Vorteil von resorbierbaren Implantaten besteht in der Einsparung ei-

5Niemeyer et al.:Magnesium alloys as biodegradable metallic implant materials for cardio- vascularic and orthopaedic surgery“, 7th European Conference on Advanced Materials and Processes, Rimini, 2001

6Niemeyer et al.:

Magnesium als resorbierbarer Implantatwerkstoff“, 2. Tagung des DVM- Arbeitskreises Biowerkstoffe, Implantologie: Mechanische und klinische Aspekte von Im- plantaten, Mainz, 2000

7Witte et al.:

Characterization of Degradable Magnesium Alloys as Orthopaedic Implant Material by Synchrotron-Radiation-Based Microtomography“,http://www-hasylab.desy.

de/science/annual_reports/2001_report/part1/contrib/47/5461.pdf

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1.10 Materialeigenschaften 28

ner weiteren Operation, da das Implantat nicht entfernt werden muss, sondern sich nach einiger Zeit aufl¨ost. Die mechanischen Eigenschaften des Magnesiums kommen denen des Knochens sehr nahe, so dass es sich in dieser Hinsicht f¨ur orthop¨adische Implantate wie N¨agel und Schrauben eignet 7. Besonders g¨unstig sind Kennwerte wie Elastizit¨atsmodul und Festigkeit, die sehr nah an den Werten der Kortikalis des humanen Knochens liegen [3]. Aber auch Stents aus Magnesi- um k¨onnen beim Dilatieren von Gef¨aßen Vorteile gegen¨uber den bisher ¨ublichen Stents bringen, da sie zun¨achst das Gef¨aß offen halten und sich dann mit der Zeit aufl¨osen [24]. Ein wichtiger Faktor f¨ur die Biokompatibilit¨at von Implantatmate- rialien sind die elektrochemischen Eigenschaften. Da Magnesium elektronegativer als die meisten anderen Implantatmaterialien ist, hat es eine geringere thrombo- gene Wirkung bei Kontakt mit Blut [45].

Magnesium ist ein Leichtmetall (Dichte: 1,738) der 2. Hauptgruppe des Perioden- systems (Ordnungszahl 12, rel. Atommasse 24,305). Es kommt in der Natur nicht in reiner Form vor, sondern nur gebunden, vor allem in Form von Silicaten, wie z. B. Serpentin, Olivin u. Asbest. Die wichtigste Quelle f¨ur der Magnesiumgewin- nung ist das Magnesit (MgCO3), es kommt aber auch im Dolomit (CaMg(CO3)2), Carnallit (KMgCl3 ·6 H2O), Kieserit (Mg(SO4) ·H2O) und im Meerwasser zu 0,13 % vor.

Magnesium wurde erstmals 1808 von Sir Humphrey Davy durch Schmelzflusselek- trolyse isoliert. In Deutschland wurde 1866 mit der industriellen Erzeugung von Magnesium durch Elektrolyse aus Karnallit begonnen. Ab 1875 fand Magnesium als Blitzlicht bei der Fotografie Verwendung. 1909 wird das erste Patent f¨ur eine Magnesium-Legierung als Konstruktionswerkstoff vergeben. 1922 sorgte in einem Motorrad von Opel ein Magnesiumkolben und -kurbelgeh¨ause f¨ur Aufsehen. In den dreißiger Jahren wurden der Motorblock und das Getriebegeh¨ause des VW- K¨afer aus Magnesium gefertigt. Nach den siebziger Jahren verringerte sich wieder der Anteil der Maschinenelemente aus Magnesium und erst in den letzten Jahren

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wird es wieder vermehrt eingesetzt, beispielsweise als Geh¨ause von Mobiltelefonen oder Notebooks, aber vor allem auch von der Autoindustrie.

Durch sein niedriges elektrochemischen Potential von E0H = -2,36 V wird es leicht oxidiert (starkes Reduktionsmittel). Es wird durch S¨auren aller Art unter Salzbil- dung und Wasserstoffentwicklung gel¨ost. Auch viele Salzl¨osungen zersetzen das Metall. Kaltes Wasser greift es wegen Ausbildung einer Mg(OH)2–Schutzschicht nur sehr langsam, warmes Wasser schneller an (Mg + H2O → MgO + H2) [28]

[43].

Durch das niedrige elektrochemische Potential ist Magnesium fast immer das un- edlere Element und l¨ost sich daher durch Korrosion auf. Außerdem bilden Elektro- lyte wie z. B. NaCl-L¨osung mit Magnesium hydrolyseunbest¨andige Verbindungen und verursachen so eine L¨osung des Metalls [3].

Die hohe chemische Reaktionsfreudigkeit, besonders mit Sauerstoff, macht eine gewisse Vorsicht beim Umgang mit dem Material notwendig. Gr¨oßere Magnesium- st¨ucke entz¨unden sich nur, wenn sie durch eine hohe W¨armezufuhr zum Schmelzen gebracht werden. Feine Magnesiumsp¨ane und -staub sind dagegen leicht entz¨und- lich, da die W¨arme nicht fortgeleitet werden kann. Die Entz¨undung feiner Magne- siumsp¨ane erfolgt ab einer Temperatur von ca. 450 – 500➦C. Funkenschlag beim Aufeinandertreffen von Werkzeugen reicht, um die Initialz¨undung zu verursachen.

Magnesiumstaub kann explosionsartig verbrennen, die Gefahr ist allerdings nicht h¨oher als z. B. bei Holz-, Kohlen- oder Aluminiumstaub. In Verbindung mit Was- ser kann es zu Reaktionen mit Bildung von Magnesiumhydroxid und Wasserstoff kommen, was ab einer gewissen Konzentration die Gefahr einer Wasserstoffex- plosion mit sich bringt, weshalb Magnesiumemulsionen nicht in geschlossenen Gef¨aßen aufbewahrt werden d¨urfen. Magnesiumbr¨ande k¨onnen weder mit Was- ser, noch mit ABC – Pulver, CO2 oder Stickstoff gel¨oscht werden. Geeignet sind hierf¨ur z. B. Spezialsand oder Eisensp¨ane. Der Schmelzpunkt des Metalls liegt bei 650➦C, der Siedepunkt bei 1107➦C. Die mechanischen Eigenschaften des Ma- gnesiums k¨onnen durch die Legierung mit verschiedenen anderen Elementen be-

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1.10 Materialeigenschaften 30

einflusst werden. Bei der Bezeichnung der Legierung wird das Legierungselement durch einen Kurzbuchstaben und den gerundeten prozentualen Anteil gekenn- zeichnet. Die Legierung AZ31 z. B. besteht also etwa aus 3 % Aluminium, 1 % Zink und 96 % Magnesium.

Aluminium ist das am h¨aufigsten verwendete Legierungselement f¨ur Magnesi- um. Es bewirkt u.a. eine h¨ohere H¨arte und Zugfestigkeit der Legierung. ¨Ahn- lich verh¨alt sich Zink. Alle Seltenen Erden erh¨ohen die Warmfestigkeit und die Kriechfestigkeit. Beryllium, Zirkon und in besonderem Maße Mangan erh¨ohen die Korrosionsbest¨andigkeit89 [5].

Im Hinblick auf die Korrosionsbest¨andigkeit ist die Reinheit der Legierung von großer Bedeutung. Steigt z. B. der Eisengehalt von AZ91 auf Werte oberhalb von ca. 100µg/g, nimmt die Korrosionsgeschwindigkeit drastisch zu10. Das Zink hat keinen nennenswerten Einfluss auf die Korrosion der Legierung. In besonderem Maße f¨uhren auch Chlorid-, Nickel- und Kupfereinschl¨usse zu einer starken Er- h¨ohung der Korrosion [5].

In der Industrie wird wegen seiner guten Gießeigenschaften die Legierung AZ91 am h¨aufigsten verwendet. Das von uns f¨ur die Versuche verwandte AZ31 dage- gen eignet sich eher f¨ur Knetlegierungen, die sich aber bisher nicht etablieren konnten. Legierungen der Reihe AE (Aluminium + Seltene Erden) bieten sich f¨ur Anwendungen, bei denen hohe Warm- und Kriechfestigkeit wichtig ist, an.

Wegen der sehr teuren Legierungselemente (Seltene Erden, Silber, Yttrium) sind sie aber bisher haupts¨achlich in der Luft- und Raumfahrt zu finden.

8Kleiner S:

Magnesium und seine Legierungen“. Institut f¨ur Metallforschung, ETH Z¨urich.

In: Feinstbearbeitung technischer Oberfl¨achen - 6. Internationales IWF-Kolloquium, Eger- kingen, Schweiz, 2002

9Nowicki L: Magnesium – Werkstoffeigenschaften.http://elanoinfo.mkl.uni-karlsruhe.

de/elanoportal/Dokumente/werkstoffe_magnesium.pdf

10Beffort und Hausmann:

Das Leichtmetall Magnesium und seine Legierungen“. In: Seminar Magnesium Aktuelle Entwicklungen und Trends. EMPA Thun, 1999

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1.10 Materialeigenschaften 31

F¨ur den K¨orper ist Magnesium ein essentielles Element. In der Nahrung ist es besonders reichhaltig in Getreideprodukten (besonders in Vollkornerzeugnissen), Milchprodukten, Fleisch und vielen Gem¨usesorten enthalten. Auch Tee und Kaf- fee sind gute Magnesiumquellen. Der Tagesbedarf liegt bei 200 – 300 mg (WHO).

Die Gesamtmenge im K¨orper betr¨agt ca. 950 – 1150 mmol (ca. 23 – 28 g), weit mehr als z. B. Eisen. Davon finden sich 67 % im Knochen, 31 % im Intrazellu- larraum (haupts¨achlich in der Muskulatur) und ca. 1 % im Extrazellularraum [15]. Der Referenzbereich f¨ur die Magnesiumkonzentration im Serum liegt bei 0,66 bis 1,1 mmol/l, wovon 50 % in freier oder ionisierter (biologisch aktiver) Form, 30 % gebunden an Albumin und 10 % komplexgebunden an Phosphat und Zitrat vorliegt [52]. Magnesium ist Cofaktor bei allen durch ATP katalysierten Enzymreationen. Dadurch sind der gesamte Energiestoffwechsel, die neuromus- kul¨are Erregbarkeit, die Proteinsynthese und die Regulation der Membranper- meabilit¨at von Magnesium abh¨angig. Bei Magnesiummangel kann es zu Sensibili- t¨atsst¨orungen, Kribbelgef¨uhl, Muskelzittern und Muskelkr¨ampfen kommen. Auch Herzrhythmusst¨orungen und Herzinsuffizienz k¨onnen resultieren. Verst¨arkt wird ein eventueller Magnesiummangel durch verschiedene Medikamente und durch Faktoren, die die Magnesiumresorption im Darm hemmen. Dazu z¨ahlen Thiamin- mangel (Vitamin B1), Riboflavinmangel (Vitamin B2) und alkohol- und protein- reiche Ern¨ahrung. Eine eventuelle ¨Uberdosis kann ¨uber die Niere ausgeschieden werden (bis zu 5 g/d) [52]. Magnesium wird im Glomerulum frei filtriert und wie Natrium und Kalzium in der Henleschleife r¨uckresorbiert. Die maximale Dosis f¨ur eine Kurzinfusion liegt beim Erwachsenen bei 6 mg. Von einer Hypermagnesi¨amie spricht man bei einer Magnesiumkonzentration im Serum von ¨uber 1,6 mmol/l.

Symptomatisch wird die Hypermagnesi¨amie aber erst, wenn die Normalwerte zwei- bis dreifach ¨uberschritten werden (s. Tab. 5). Solch hohe Serumspiegel tre- ten in der Regel nur bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz (GFR < 1/4 des Normalwertes) auf. Weitere Ursachen f¨ur eine Hypermagnesi¨amie sind Hyperkal-

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1.10 Materialeigenschaften 32

Mg-konzentration Symptome

2 – 2,5 mmol/l Schwindel, Gef¨aßerweiterung, Hypotonie

2 – 3,5 mmol/l Sedierung, Muskelschw¨ache, abgeschw¨achte Sehnenreflexe 2,5 – 5 mmol/l arterielle Hypotonie, Bradykardie, diffuse Vasodilatation 5 – 7,5 mmol/l Koma, Atemstillstand, Areflexie

6 – 9 mmol/l Herzstillstand

Tabelle 5: Symptome bei Hypermagnesi¨amie in Abh¨angigkeit von der Serumkonzentra- tion [52]

z¨amie (z. B. bei Hyperparathyreoidismus oder Skelettmetastasen), Hypothyreose, Nebenniereninsuffizienz und eine Lithiumintoxikation.

Durch Magnesiumsalz in hohen Dosen kann das zentrale Nervensystem vollst¨an- dig gel¨ahmt werden. Magnesium kann durch Kalziumionen antagonisiert werden.

Außerdem steht Furosemid bei Magnesiumintoxikationen als Notfallmedikament zur Verf¨ugung, welches die Ausscheidung erh¨oht und schließlich kann Magnesium auch mittels H¨amodialyse aus dem K¨orper entfernt werden [43] [52]. Medizinisch wird Magnesium u.a. bei Tachykardien, Obstipation (Magnesiumsulfat) und als Antazida (Mg2+-hydroxid, Mg2+-trisilikat) angewendet. Des Weiteren hat Ma- gnesium verschiedene positive Effekte auf den Organismus. Es wirkt z. B. kardio- protektiv, antiarrythmisch, antihypertensiv und festigend auf Z¨ahne und Kno- chen [28] [43] [42]. Bei parenteraler Gabe von Magnesium kann es zu Wechselwir- kungen mit anderen Medikamenten kommen: Bei Barbituraten, Hypnotika und Narkotika besteht das Risiko einer Atemdepression. Die Wirkung von nichtdepo- larisierenden Muskelrelaxanzien (Curare) und Kalziumantagonisten wird durch Magnesium verst¨arkt. Gegenanzeigen f¨ur eine parenterale Magnesiumgabe sind Myasthenia gravis und ein AV-Block.

Abbildung 10 zeigt das rasterelektronenmikroskopische Bild von Magnesium- Granulat, wie es zum Wasserabrasivstrahlschneiden verwendet wird.

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