• Keine Ergebnisse gefunden

Phonation

Im Dokument Gut bei Stimme bleiben (Seite 10-14)

5.1 Stimmfunktion

5.1.2 Phonation

Dieser Funktionskreis umfasst alles, was mit der Produktion des primären Stimmtones zusammenhängt. Nach Petzenburg betrifft dies vor allem die anatomischen Gegebenheiten wie Kehlkopfgerüst und -muskulatur, sowie die funktionellen Erscheinungen wie die Stimmlippenschwingung und der Stimmeinsatz (vgl. Petzenburg, 2013, S.50).

5.1.2.1 Bau und Anatomie des Kehlkopfes

Der Kehlkopf liegt bei einer erwachsenen Person am oberen Ende der Luft-röhre. Er besteht aus verschiedenen Knorpelteilen, die durch Muskeln, Bän-der und Sehnen miteinanBän-der verbunden sind. Äusserlich ist Bän-der Kehlkopf vor allem beim Mann wegen dem Schildknorpel, dem sogenannten Adams-apfel, gut sichtbar (vgl. von Bergen, 2006, S. 39 f.). Der unterste Knorpel des Kehlkopfes ist der Ringknorpel. Er ist durch ein Gelenk mit dem Schildknor-pel verbunden. Die StellknorSchildknor-pel sind ebenfalls auf dem RingknorSchildknor-pel befes-tigt. Sie sind dreh- und verschiebbar. Die Stimmlippen bestehen aus zwei sich gegenüberliegenden Bändern, welche von einer Schleimhaut umgeben sind. Sie sind auf der einen Seite am Schildknorpel und auf der anderen an den Stellknorpeln befestigt. Dazwischen ist die Stimmritze, durch welche die Atemluft strömen kann (vgl. Abb.1. aus von Bergen, 2006, S. 42).

Abbildung 1 Der Kehlkopf von der Seite und von oben (von Bergen, 2006, S.42)

Der Kehldeckel, welcher bis zum Zungengrund hervorragt, legt sich beim Schlucken über den Eingang in die Luftröhre. Speisen und Getränke werden dadurch in die Speiseröhre geleitet (vgl. Petzenburg, 2013, S. 51). Der Kehl-kopf ist an einem Netz aus paarig angeordneten Muskeln aufgehängt. Sie stehen alle in einer Verbindung zu einander, weil jeder Muskel einen Anta-gonisten besitzt. Dank diesem Aufhängmechanismus wird die Funktionsfä-higkeit des Kehlkopfes in allen Kopf- und Halsstellungen garantiert. Die

11 folgende Abbildung veranschaulicht die hebenden und senkenden Kräfte der Muskulatur (vgl. Habermann, 1978, S. 37f).

Damit ein Ton erzeugt werden kann, werden verschiedene Muskeln benö-tigt, welche im und um den Kehlkopf zu finden sind. Petzenburg beschreibt die Wirkung der Kehlkopfmuskulatur folgendermassen: «Die Kehlkopfmus-kulatur dient dazu, zum einen die Gesamtbewegungen des Kehlkopfes, zum anderen die differenzierten Bewegungen im Inneren des Kehlkopfes, die letztlich die Stimmproduktion ermöglichen, auszuführen.» (Petzenburg, 2013, S. 52) Der Kehlkopf ist ein sehr bewegliches Organ. Besonders gut ersichtlich ist das, weil er beim Schlucken nach oben steigt oder bei unaus-gebildeten Singstimmen bei tiefen Tönen sinkt und bei hohen Tönen ange-hoben wird (vgl. Habermann, 1978, S. 41). Auch die Weite der Stimmritze ist variabel. Bei der stimmlosen Einatmung wird sie weit geöffnet, bei der

Abbildung 2: Bewegungsapparat des Zungenbeins und Aufhän-gung des Kehlkopfs (nach Wustrow) aus Habermann, 1978, S. 37

12 Ausatmung hingegen verengt, was eine zu plötzliche Entleerung der Lunge verhindern soll (ebd. S. 41f).

Die primären Aufgaben des Kehlkopfes sind einerseits die Offenhaltung der Luftröhre für die Atmung, andererseits das Verhindern des Eindringens von schädigenden Partikeln wie Speisereste oder Flüssigkeiten in die Lunge, so-wie Auswerfen von eingedrungenen Fremdkörpern durch Abhusten (vgl.

Petzenburg 2013, S. 50). Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass «jene Or-gane bzw. Organbezirke, die zum Singen und Sprechen zusammenwirken, […] nicht eigentlich für diesen Zweck da [sind; S.B.], sondern werden ledig-lich dafür benutzt, weil sie hierfür fähig wurden» (Habermann, 1978, S. 31).

5.1.2.2 Tongebung

Die Stimmlippen sind an der Tonerzeugung massgeblich beteiligt, weil sie den Atemdruck nutzen, um zu schwingen und somit durch Schliessen und Öffnen feine Schallwellen zu erzeugen. Sie bestehen im Inneren aus einem Muskel, welcher die Spannung der Stimmlippe reguliert und von einer Schleimhaut überzogen ist (vgl. Petzenburg, 2013, S. 54f).

Wenn ein Ton erzeugt wird, verschliesst sich die Stimmritze vollständig.

Dies ist die sogenannte Phonationsstellung. Das Öffnen und Schliessen der Stimmlippen wird durch die Drehbewegung und durch seitliches Verschie-ben der Stellknorpel ermöglicht (vgl. von Bergen, 2006, S. 42). Um Verände-rungen in der Tonhöhe und der Lautstärke zu erhalten, wechselt «das Ver-hältnis von Spannung und schwingender Masse der Stimmlippen» (von Ber-gen, 2006, S. 47). Dafür werden diverse Muskeln benötigt, denn je höher der Ton sein soll, desto stärker sind die Stimmlippen gespannt und gestreckt.

Diese Funktion kann gut mit einem Gummiband veranschaulicht werden:

Durch Streckung wird es länger, klingt aber auch höher, wenn man daran zupft. Für eben diese Spannung sind die äusseren Kehlkopfmuskeln verant-wortlich (vgl. von Bergen, 2006, S. 49). Als Voraussetzung für eine stimm-hygienisch einwandfreie Tonerzeugung ist das «ständig wieder neu ange-passte ausgewogene Verhältnis von Stimmlippenspannung und schwingen-der Masse verbunden mit einem genau darauf abgestimmten Atemdruck»

(von Bergen, 2006, S. 50).

Damit tiefe Töne entstehen können, werden die Stimmlippen nicht durch die äussere Kehlkopfmuskulatur gespannt und gestreckt, sondern bleiben kurz und werden durch die Innenmuskulatur reguliert. Das Ergebnis ist eine langsame Schwingung mit intensiver Verschiebung der Randkante der

13 Stimmlippen. Im Gegensatz dazu sind die Stimmlippen bei hohen Tönen ge-streckt und gespannt. Sie sind in einer längeren, schlanken Form, wobei nur der Rand in Schwingung gebracht wird (vgl. von Bergen, 2006, S. 51). Bei leisen Tönen schwingt ebenfalls nur die Randzone, der Atemdruck ist hier nicht sehr hoch. Bei lauten Tönen ist jedoch die schwingende Masse grösser, weshalb der Atemdruck etwas höher und die Verschiebung der Randkanten intensiver sein muss (vgl. ebd.).

Der Stimmeinsatz steht zu Beginn der Tonerzeugung. Dieser kann auf ver-schiedene Arten definiert werden. Petzenburg beschreibt den Stimmeinsatz folgendermassen: «Als Stimmeinsatz wird […] der Moment bezeichnet, in dem die Stimmlippen von einem schwingungslosen Zustand in die Stimm-stellung übergehen und zu schwingen beginnen» (Petzenburg, 2013, S. 74).

5.1.2.3 Weicher Stimmeinsatz

Hier werden die Stellknorpel so gedreht, dass sich die Stimmlippen fast be-rühren. Die heraufströmende Ausatemluft erhöht den Druck auf die Stimm-lippen, welche dabei nach oben angehoben und schliesslich seitlich etwas auseinander gedrückt werden. Die Schleimhaut auf den Stimmlippenrän-dern wird dabei ebenfalls von unten nach oben verschoben (vgl. von Bergen, 2006, S. 44). Kaum ist die Stimmritze offen, wird sie auch wieder geschlos-sen. Diese Schwingungen entstehen ohne ein vorhergehendes Geräusch.

5.1.2.4 Gehauchter Stimmeinsatz

Falls der Atemstrom bereits fliesst, obwohl die Stimmlippen noch nicht in einer geschlossenen Position sind, hat dies ein hörbares Luftgeräusch vor dem Ton zur Folge. Dies nennt man einen gehauchten Einsatz. Dieser ist laut Petzenburg nicht stimmschädigend, sofern er nicht zu häufig angewen-det wird. Denn «in der stimmbildnerischen und vor allem auch der stimm-therapeutischen Praxis hat sich gezeigt, dass der gehauchte Stimmeinsatz hervorragend zum Training des weichen Stimmeinsatzes eingesetzt werden kann, da er vom Mechanismus her dem weichen Einsatz (Schliessbewegung) sehr nahe kommt» (Petzenburg, 2013, S. 76).

5.1.2.5 Harter Stimmeinsatz/Glottisschlageinsatz

Bereits vor dem Stimmeinsatz werden die Stimmlippen fest zusammenge-drückt und anschliessend durch den Luftdruck auseinandergesprengt. Als Folge entsteht ein knalliges, knackendes Geräusch zu Beginn des Tones (vgl.

von Bergen, 2006, S. 45). Petzenburg schreibt dazu: «Sowohl für die Sing-stimme als auch für den sprechkünstlerischen Bereich kann also der Glot-tisschlageinsatz prinzipiell nicht empfohlen werden, zu groß ist die Gefahr,

14 dass […] damit eine stimmschädigende Wirkung erzielt wird» (vgl. Petzen-burg, 2013, S.79).

Im Dokument Gut bei Stimme bleiben (Seite 10-14)