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Das Charakteristikum penetrierender Kryoprotektiva ist nach MERYMAN (1971) und LEIBO (1988) die Fähigkeit, durch eine Zellmembran hindurchzuströmen. Dies wird durch ein geringes Molekulargewicht ermöglicht. Penetrierende Kryoprotektiva dürfen auch in hohen Konzentrationen, die notwendig sind, um eine exzessive Eisbildung zu verhindern, nicht toxisch sein. Die Verbindung muß die Zelle penetrieren, um ihre kryoprotektive Wirkung zu entfalten, denn ansonsten wird die Zelle osmotisch dehydriert. Hohe intrazelluläre Elektrolytkonzentrationen wären die Folge (MERYMAN 1971).

Nach dem Hinzufügen des Kryoprotektivums besteht ein Osmolaritätsunterschied zwischen intra- und extrazellulärer Lösung, denn das Kryoprotektivum erhöht die Osmolarität der extrazellulären Lösung. Der Embryo schrumpft anfänglich durch das Ausströmen von Wasser, um ein Equilibrium zwischen intra- und extrazellulärer Lösung zu erreichen. Das Schrumpfen des Embryos wird so lange fortgesetzt, bis das Ausströmen von Wasser mit dem Einströmen von Kryoprotektivum im Gleichgewicht steht (SCHNEIDER u. MAZUR 1984; LEIBO 1989).

Je permeabler ein Embryo gegenüber einem gegebenen Kryoprotektivum ist, desto geringer ist das anfängliche Schrumpfen.

Der Grad der Penetration eines Kryoprotektivums in eine Zelle ist abhängig von deren Permeabilitätskoeffizienten für das Kryoprotektivum, von dem Gradienten zwischen intra- und extrazellulärer Konzentration des Kryoprotektivums, sowie von der Temperatur und der Zelloberfläche. Zudem haben jeder Embryo, Spezies und Entwicklungsstadium eigene Permeabilitätscharakteristika (SCHNEIDER u. MAZUR 1984; FRIEDLER et al. 1988).

Die Equilibrierung verläuft bei höheren Temperaturen schneller als bei niedrigen Temperaturen. Die Equilibrierung von Rinderembryonen wird normalerweise bei 20-25°C Raumtemperatur durchgeführt (DE LEEUW et al. 1991).

2.2.1.1. Glycerin

Glycerin (s. Tab.1) wurde erstmals von POLGE et al. (1949) als Kryoprotektivum beim Tiefgefrieren von Geflügelsperma eingesetzt. Beim Vergleich der Überlebensraten (ÜR) nach dem Tiefgefrieren von Rinderembryonen mit 1,0 M Glycerin und 1,5 M Dimethylsulfoxid (DMSO) konnte kein signifikanter Einfluß des Kryoprotektivums entdeckt werden (BILTON 1980). Jedoch wurde Glycerin dem DMSO vorgezogen, da es auch in sehr hohen Konzentrationen innerhalb von Zellen kaum toxisch wirkt (MERYMAN 1971).

Bei weiteren Versuchen sowohl mit Rinderembryonen (BOUYSSOU u. CHUPIN 1982;

PRATHER et al. 1987) als auch mit Mäuseembryonen (FALGE et al. 1982; RALL u. POLGE 1984; TAKEDA et al. 1987) wurde nachgewiesen, daß Glycerin in Konzentrationen von 1,3-1,4 M dem DMSO in Konzentrationen von 1,3-1,5 M als Kryoprotektivum beim konventionellen Tiefgefrieren überlegen ist. RALL u. POLGE (1984) begründeten dies damit, daß Glycerin-Lösungen eine höhere Viskosität als DMSO-Lösungen haben. Daher sei bei Embryonen in Glycerin im Vergleich zu solchen in DMSO bei Temperaturen unter 0°C die Bildung eines metastabilen, glasartigen Zustands wahrscheinlicher. Der mögliche schädigende Effekt durch Bildung von intrazellulärem Eis wird dadurch verringert.

Glycerin wird beim konventionellen Tiefgefrieren gewöhnlich in Konzentrationen von 1-2 M verwendet. MERRY et al. (1983) untersuchten die in vitro-ER (Entwicklungsrate) von Mäuseembryonen nach dem Tiefgefrieren in drei verschiedenen Glycerin-Konzentrationen mit schrittweisem Ausverdünnen. Dabei unterschieden sich die in vitro-ER der Embryonen (49, 44 und 52%) nach Tiefgefrieren in 1,0 M, 1,4€M und 1,8 M Glycerin nicht signifikant voneinander.

LEHN-JENSEN (1986) verglich verschiedene Glycerin-Konzentrationen (0,5 M, 1,0 M und 1,4 M) beim Tiefgefrieren von Tag 6½-7½-Rinderembryonen. Dabei stellte er fest, daß die Kryoprotektion bei einer Glycerin-Konzentration von 0,5 M nicht ausreichend war. Bei Verwendung von 1,0 bzw. 1,4 M Glycerin war die Kryoprotektion gut, wobei kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Konzentrationen entdeckt werden konnte.

Tab. 1: Physikalisch-chemische Eigenschaften penetrierender Kryoprotektiva

Glycerin DMSO Ethylenglykol Propanediol

dreiwertiger Alkohol mit 2 primären und 1 sekundären und Ether mischbar1

1 BEYER u. WALTER (1984)

2 NEUMÜLLER (1987)

3 CHRISTEN (1972)

Damit bestätigte er die Ergebnisse von KENNEDY et al. (1983), die ebenfalls keine signifikanten Unterschiede bei den Überlebensraten zwischen den Glycerin-Konzentrationen 1,0 und 1,4 M fanden. WARE u. BOLAND (1987) verglichen verschiedene Glycerin-Konzentrationen beim Tiefgefrieren von Schafembryonen mit anschließendem Ausverdünnen mit dem nicht penetrierenden Kryoprotektivum Sucrose. Hierbei erwies sich eine Glycerin-Konzentration von 2,8 M unabhängig von der Geschwindigkeit des Ausverdünnens mit Sucrose als toxisch.

Kryoprotektiva wie Glycerin und DMSO permeieren die Zelle nicht so schnell wie Wasser (VOELKEL u. HU 1992a). Die Zeit, die das Kryoprotektivum beim Influx bis zum Erreichen einer bestimmten Konzentration in die Zelle mit Equilibration an die extrazellulären Verhältnisse benötigt, wird als Equilibrierungszeit bezeichnet. LEHN-JENSEN (1986) verglich die unterschiedlichen Diffusionsraten von DMSO und Glycerin bei 6½-7½ Tage alten Embryonen. Er stellte fest, daß die Embryonen in PBS (Phosphat-Buffered-Solution) ca.

15 min zur Equilibrierung in 1,4 M Glycerin, aber 20 min in 1,5 M DMSO benötigen (bei 20°C). Die Rinderembryonen in 1,4 M Glycerin schrumpften dabei auf 45-50% ihres isotonischen Ausgangsvolumen, wenn mit einer niedrigen Gefrierrate von < 0,8°C/min bis -25°C gekühlt wird.

PAVEL (1985) kam bei dem Vergleich zweier Equilibrierungszeiten von Rinderembryonen in 1,0 M Glycerin zu dem Schluß, daß eine Verlängerung von 10-15 min auf 20-35 min keinen Einfluß auf die Überlebensraten nach Transfer hat.

Verschiedene Autoren untersuchten die Möglichkeit der Equilibrierung von Rinderembryonen in 10% Glycerin (entspricht 1,4 M Glycerin) / PBS in einem Schritt. Nach CHUPIN u.

PROCUREUR (1984) ist es möglich, Rinderblastozysten in einem Schritt von 10-30 min in 1,4 M Glycerin zu equilibrieren. Ein starkes Schrumpfen der Embryonen wurde nach dem Einsetzen in 1,4 M Glycerin beobachtet, dem eine Reexpansion durch den Influx von Wasser innerhalb von 10-15 min folgte. Die Entwicklungsfähigkeit der Tag 7-Rinderembryonen wurde durch die One-Step-Hinzugabe von 1,4 M Glycerin nicht gesenkt. Es wurde ein erhöhter Anteil von Embryonen mit Schäden der Zona pellucida beobachtet, die aber anschließend keinen weiteren Einfluß auf die Entwicklungskapazität in vivo und in vitro hatten (NIEMANN 1985).

Auch FRANKS et al. (1986) konnten keine Einfluß der Art des Hinzufügen des Kryoprotektivums (One Step-Hinzufügen oder schrittweises Hinzufügen) auf die Überlebensfähigkeit der Embryonen feststellen.

THONON (1995) hingegen verglich die Überlebensraten von IVF-Embryonen (IVF = in vitro-Fertilisation) beim Tiefgefrieren in 10% Glycerin und erhielt beim schrittweisen Hinzufügen höhere Überlebensraten als beim Hinzufügen in einem Schritt.

Die Permeabilität von Glycerin ist im Vergleich zu anderen penetrierenden Kryoprotektiva geringer (SZELL et al. 1989; TACHIKAWA et al. 1993). Bei der Übertragung von in Glycerin equilibrierten Embryonen in isotonischer PBS-Lösung kommt es zu einem Einströmen von Wasser. Die Zellen schwellen an und lösen sich auf. Infolgedessen müssen die Embryonen nach dem Auftauen in mehreren Schritten oder mit Hilfe eines nicht penetrierenden Kryoprotektivums ausverdünnt werden (SCHNEIDER u. MAZUR 1984).

Die Trächtigkeitsraten nach Transfer von in 10% Glycerin tiefgefrorenen in vivo gewonnenen Rinderembryonen lagen im Bereich von 40,5-69,6%, die von in vitro produzierten Rinderembryonen deutlich niedriger (ELSDEN et al. 1982; NELSON u. NELSON 1988;

HRUSKA 1991; HASLER et al. 1995; KLING 1997). Einen Überblick der Überlebensraten von Rinderembryonen nach kontrolliertem Tiefgefrieren mit Glycerin gibt Tabelle 2.

Glycerin wird aber auch in Kombination mit anderen Kryoprotektiva bei der Vitrifikation und in multimolaren Konzentrationen beim ultraschnellen Gefrieren eingesetzt (BIELANSKY u.

HARE 1988; ALI u. SHELTON 1993b; GUITIERREZ et al. 1993a).

Tab. 2: Überlebensraten von Rinderembryonen nach konventionellem Tiefgefrieren bei Verwendung von Glycerin als Kryoprotektivum und dem Ausverdünnen von Glycerin in mehreren Schritten mit oder ohne Sucrose oder in einem Schritt mit Sucrose

Blastozysten 1,4 M 6 Schritte 0,0 M 56,0% ÜR (nach 24 h IVC)

NIEMANN et

HRUSKA 1991 d7-Embryonen 1,5 M 1 Schritt 1,1 M 49,0% TR

LANDSVERK

1 Schritt (in Paillette) 1 Schritt (in Paillette)

0,5 M

IVP-Blastozysten 1,4 M (+ 0,25 M Suc)

KLING 1997 1,4 M 4 Schritte 0,3 M 49,02% TR

ARRESEIGOR

IVP = in vitro-Produktion d = Tag

Suc = Sucrose TR = Trächtigkeitsrate

ÜR = Überlebensraten(Anteil Embryonen ohne sichtbare morphologische IVC = in vitro-Kultur

Schäden an Gesamtzahl der tiefgefrorenen / aufgetauten Embryonen nach IVC (NIEMANN et al. 1982))

2.2.1.2. Dimethylsulfoxid (DMSO)

Die Schutzwirkung von DMSO (physikalisch-chemische Eigenschaften s. Tab. 1) beim Tiefgefrieren von Zellen wurde zum ersten Mal von LOVELOCK und BISHOP (1959) beschrieben. Beim ersten erfolgreichen Tiefgefrierversuch, den WHITTINGHAM et al. (1972) mit Mäuseembryonen durchführten, erschien DMSO dem Glycerin überlegen. BANK u.

MAURER (1974) und MAURER u. HASEMAN (1976) benutzten es erfolgreich zum Tiefgefrieren von Kaninchenembryonen, WILLADSEN et al. (1978) und BILTON ( 1980) zum Tiefgefrieren von Rinderembryonen und TROUNSON u. MOHR (1983) zum Tiefgefrieren von humanen Embryonen.

DMSO dringt in die embryonalen Zellen nicht so schnell wie Wasser ein (VOELKEL u. HU 1992a), im Vergleich zum Glycerin jedoch schneller (TROUNSON u. MOHR 1983; AGCA et al. 1997). Eine wichtige Eigenschaft des DMSO ist laut MERYMAN (1971) seine vollständige Penetration in die Zellen. Dies ist nach MIYAMOTO et al. (1998) für die Kryoprotektion auch notwendig, da DMSO seinen Schutz allein in der extrazellulären Lösung nicht entfalten kann.

Eine DMSO-Konzentration von 1 M bietet nach LEIBO u. MAZUR (1978) noch keine ausreichende Kryoprotektion. Andere Autoren unterstützten mit ihren Ergebnissen diese Aussage, in dem sie eine Konzentration von min. 1,5 M DMSO bei den verschiedenen Spezies beim konventionellen Tiefgefrieren für notwendig halten (s.Tab.3) (BANK u. MAURER 1974;

FORGRAVE et al. 1977 und WILLADSEN 1980).

Die Veränderungen von Osmolarität und pH-Wert im Vergleich zu PBS zeigen, daß DMSO in Konzentrationen, die für eine Kryoprotektion erforderlich sind, einen größeren osmotischen Streß und größere Veränderungen des pH-Werts als Glycerin verursacht (LEHN-JENSEN 1980) und somit schneller als Glycerin toxisch wirkt (FRIEDLER et al. 1988). Bei vergleichenden Untersuchungen von DMSO und Glycerin beim konventionellen Tiefgefrieren konnte bei Mäuseembryonen (FALGE et al. 1982) und bei Rinderembryonen (WILLADSEN

1980; BOUYSSOU u. CHUPIN 1982; LEHN-JENSEN 1984) eine Verbesserung der Überlebensraten durch den Einsatz von Glycerin erreicht werden.

DMSO besitzt eine große Fähigkeit zur Glasbildung (FRIEDLER et al. 1988; VALDEZ et al.

1992). Daher ist es eine bevorzugte Komponente in Vitrifikationslösungen (ISHIMORI et al.

1992 u. 1993; VICENTE u. GARCIA-XIMENEZ 1994).

(DMSO) als Kryoprotektivum

expandierte Blastozysten 1,5 M DMSO 43,8% TR

WILLADSEN et al.

1978

späte Morulae u. frühe Blastozysten

1,5 M DMSO 6 Schritte ER: 3/17

TR: 3/10 BILTON 1980 Morulae u. frühe

Blastozysten

1,5 M DMSO 6 Schritte 28,6% TR

SCHNEIDER et al.

1980

d6½-8-Embryonen 1,5 M DMSO 6 Schritte 29,0% TR

TERVIT u.

ELSDEN 1981

Morulae - expandierte Blastozysten

1,5 M DMSO 6 Schritte 25,0% TR

BOUYSSOU u.

CHUPIN 1982

Blastozysten 1,5 M DMSO 6 Schritte 31,0 bzw. 16,0%

ÜR

nach 24 bzw.

48 h IVC FRANKS et al.

1985

Blastozysten 1,5 M DMSO 1 o. 3 Schritte 25,4% ÜR nach 12 h IVC LEHN-JENSEN

1,5 M DMSO 6 Schritte o. 3 Schritte mit 0,5 M Suc

49,1% ÜR ÜR nach 12 h IVC VOELKEL u. HU

1992a

d7-7½-Embryonen 1,5 M DMSO direktes Ausverdünnen in PBS

35, 35 bzw. 25%

ÜR

nach 24, 48 bzw.

72 h IVC

Abkürzungen: TR = Trächtigkeitsrate ER = Entwicklungsrate

Suc = Sucrose IVC = in vitro-Kultur

ÜR = Überlebensrate

2.2.1.3. Propanediol

Propanediol (s. Tab.1) besitzt eine höhere Tendenz zur Bildung eines glasartigen Zustands als Glycerin oder DMSO. Dadurch senkt es die Menge an intrazellulärem Eis, die während des langsamen Tiefgefrierens gebildet wird (RENARD u. BABINET 1984; FRIEDLER et al.

1988). Bei Embryonen werden überwiegend Konzentrationen von 1,5-1,6 M Propanediol eingesetzt (SUZUKI et al. 1990).

Die Substanz kommt überwiegend bei Embryonen und Oozyten von Mäusen und Menschen zur Anwendung, wo die Eignung als Kryoprotektivum bei Embryonen durch zahlreiche Untersuchungen dokumentiert wurde (RENARD u. BABINET 1984; HERNANDEZ-LEDEZMA et al. 1988; KO u. THRELFALL 1988; HERNANDEZ-HERNANDEZ-LEDEZMA u. WRIGHT 1990, SHAW et al. 1995).

Hingegen zeigen die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen nur eine geringe Eignung von Propanediol für die Kryoprotektion von Rinderembryonen. Beim Vergleich verschiedener Kryoprotektiva (Ethylenglykol, DMSO und Glycerin) mit Propanediol lagen die in vitro-Überlebensraten mit Propanediol nach konventionellem Tiefgefrieren und direktem Ausverdünnen von Rinderembryonen sowie nach ultraschnellem Tiefgefrieren in Konzentrationen von 3 M deutlich unter denen der anderen Kryoprotektiva (VOELKEL u. HU 1992a, GUTIERREZ et al. 1993b). Auch im Vergleich von Propanediol mit Ethylenglykol beim Tiefgefrieren von in vitro produzierten Rinderembryonen wurde mit Propanediol eine deutlich niedrigere Schlupfrate als mit Ethylenglykol erzielt (TAKAGI et al. 1994b). Beim Vergleich des Einflußes verschiedener Kryoprotektiva auf die Überlebensfähigkeit von ICM (inner cell mass)-Zellen von in vitro produzierten Rinderembryonen erwies sich Propanediol toxischer als Glycerin und Sucrose, Ethylenglykol und Methylcellulose (TAKAGI et al.

1994a). Die Überlebensraten von Rinderembryonen nach konventionellem Tiefgefrieren mit Propanediol finden sich in Tabelle 4.

Propanediol erwies sich auch bei alleiniger Verwendung in hohen Konzentrationen bei der Vitrifikation von Mäuseembryonen als toxisch. Als Komponente in einer Vitrifikationslösung (VS 1), die aus penetrierenden (DMSO, Acetamid, Propanediol) und nicht penetrierenden Kryoprotektiva (Polyethylenglykol) bestand, trug es hingegen dazu bei, die Konzentration der übrigen Kryoprotektiva zu senken (RALL u. FAHY 1985; FRIEDLER et al. 1988). Auch bei IVF-Rinderblastozysten wurde nach Equilibrierung in 40% Propanediol, Ethylenglykol oder Glycerin jeweils mit 30% Ficoll und 0,5 M Sucrose für 2 min mit Propanediol eine deutlich niedrigere Schlupfrate (24%) als bei den anderen beiden Kryoprotektiva erreicht (TACHIKAWA et al. 1993). GAJDA u. SMORAG (1993) hingegen konnten bei der Vitrifikation von Kaninchenembryonen durch Erhöhung der Propanediol-Konzentration von 35 auf 50% eine Steigerung der Überlebensraten von 1-Zell- wie auch 2-Zell-Kaninchenembryonen erzielen.

(PROH) als Kryoprotektivum

d8-Blastozysten 2,0 M PROH 40,0% SR SR nach 20 h IVC

SUZUKI et al.

1990

d7-Embryonen 1,6 M PROH DT mit 0,2 M Suc in Paillette

61,0% TR

SEIDEL et al.

1992

d7-Embryonen 1,0 M PROH DT 40,0% TR

TAKAGI et al.

1993

Blastozysten u. expan-dierte Blastozysten

1,6 M PROH direktes Ausver-dünnen in PBS

31,0, 41,5 bzw.

40,0% SR

IVP, nach 10, 20 u.

40 min Equilibrierung, SR zu geschlüpften

1,6 M PROH direktes Ausver-dünnen in PBS

Blastozysten 1,6 M PROH direktes Ausver-dünnen in PBS

94,0% ÜR bzw.

77,0% SR

IVP

Abkürzungen: SR = Schlupfrate IVP = in vitro-Produktion

IVC = in vitro-Kultur ÜR = Überlebensrate

DT = Direkttransfer PBS = Phosphat-Buffered-Solution

2.2.1.4. Ethylenglykol

Ethylenglykol besitzt ein niedrigeres Molekulargewicht als Glycerin, DMSO und Propanediol (s. Tab.1). Dies ist Voraussetzung für eine schnelle Penetration von Ethylenglykol in die Zelle hinein und aus der Zelle heraus. Diese hohe Permeabilität und die darausfolgende geringere Toxizität auch bei hohen Konzentrationen sind wichtige Vorteile gegenüber anderen Kryoprotektiva (MAHMOUDZADEH et al. 1993; CSEH et al. 1997).

Die kryoprotektive Wirkung von Ethylenglykol wurde erstmals beim kontrollierten Tiefgefrieren von 8-Zell-Mäuse- und Rattenembryonen gezeigt (MIYAMOTO u. ISHIBASHI 1977). In zahlreichen Untersuchungen wurden die Überlebensraten von Embryonen vom Rind und auch vom Schaf nach konventionellen Tiefgefrieren mit Ethylenglykol oder Glycerin verglichen. Dabei erhielt man bei Verwendung von Ethylenglykol im Vergleich zur Verwendung von Glycerin gleichwertige oder höhere Überlebensraten (COCERO et al. 1988;

LANGE 1995; KLING 1997; BEAL et al. 1998).

VOELKEL u. HU (1992a; 1992b) verwendeten Ethylenglykolkonzentrationen zwischen 1,0-2,0 M beim konventionellen Tiefgefrieren von Rinderembryonen im Stadium von Morula bis zur expandierten Blastozyste. Dabei erwies sich eine Konzentration von 1,5 M Ethylenglykol als am geeignetsten. STREICHER (1998) erhielt nach konventionellem Tiefgefrieren von in vitro produzierten Rinderembryonen ähnliche Ergebnisse. Er verwendete 10% (= 1,8 M) und 20% (= 3,6 M) Ethylenglykol. Nach in vitro-Kultur war die Schlupfrate bei Verwendung von 10% Ethylenglykol (46,3%) höher als bei Verwendung von 20% Ethylenglykol (24,5%).

SOMMERFELD u. NIEMANN (1999) equilibrierten in vitro produzierte Tag 7-Rinderblastozysten für 10 min in Ethylenglykol-Lösungen mit Konzentrationen von 1,8 bis 8,9 M bei Raumtemperatur. Mit 98% wurde die höchste Schlupfrate nach 72 h in vitro-Kultur bei einer Konzentration von 3,6 M Ethylenglykol erzielt. Nach Equilibrieren und Ausverdünnen in einem Schritt erwies sich 3,6 M Ethylenglykol auch beim konventionellem Tiefgefrieren von in vitro produzierten Rinderembryonen als die optimale Konzentration.

Ethylenglykol diffundiert schneller als Glycerin durch die Zellmembran. Die in vitro-Überlebensraten von Schafembryonen wurden nach Tiefgefrieren mit 1,5 M Ethylenglykol nicht durch die unterschiedliche Anzahl von Stufen bei der Equilibrierung und auch bei der Ausverdünnung beeinflußt (McGINNIS et al. 1989). Da Ethylenglykol auch bei höheren Temperaturen eine weitaus geringere toxische Wirkung als Glycerin aufwies, kann der aufwendige und schrittweise Ausverdünnungsvorgang des Kryoprotektivums nach dem Auftauen entfallen. Ein Direkttransfer der mit Ethylenglykol tiefgefrorenen Rinderembryonen ist möglich (VOELKEL u. HU 1992b). Die Praktikabilität (weniger Zeit- und Materialaufwand) wurde in mehreren Untersuchungen bei Rinderembryonen mit guten Ergebnissen bestätigt (Mc INTOSH u. HAZELAGER 1994; BRACKE et al. 1995; DOCHI et al. 1995; JANOWITZ u. HERMANNS 1995; LANGE 1995). Tabelle 5 zeigt Überlebensraten von Rinderembryonen nach konventionellem Tiefgefrieren bei Verwendung von Ethylenglykol.

Ethylenglykol wird sowohl beim konventionellen Tiefgefrieren wie auch bei der Kryokonservierung durch direktes Überführen in flüssigen Stickstoff (Vitrifikation und ultraschnelles Gefrieren) verwendet. Auch bei der Vitrifikation erwies es sich im Vergleich zu anderen Kryoprotektiva als weniger toxisch. Bei Rinderembryonen konnten mit einer Vitrifikationslösung, die Ethylenglykol enthielt (7,15 M Ethylenglykol, 2,5 M Ficoll und 0,3 M Sucrose) und in einem Schritt hinzugefügt wurde, deutlich höhere in vitro-Überlebensraten als mit anderen Vitrifikationslösungen, bestehend aus DMSO, Acetamid, Propanediol und Polyethylenglykol bzw. Glycerin und Propanediol, erreicht werden (MAHMOUDZADEH et al. 1993). Mit einer Lösung, die 40% Ethylenglykol enthielt und der ein Makromolekül (30%

Ficoll) sowie ein nicht penetrierendes Kryoprotektivum (0,5 M Sucrose) beigefügt wurden, konnten Mäuseembryonen und in vitro produzierte Rinderembryonen erfolgreich kryokonserviert werden (KASAI et al. 1990; TACHIKAWA et al. 1993; MARTINEZ et al.

1998).

Die Verwendung von Ethylenglykol als penetrierendes Kryoprotektivum in einer Vitrifikationslösung, bestehend aus 6,0 M Ethylenglykol und 1,8 M Glycerin, wird als Grund für die guten Überlebensraten nach Vitrifikation von Schafembryonen angesehen. Nach

Transfer von jeweils zwei Embryonen auf einen Empfänger lag die Trächtigkeitsrate bei 55%

für Morulae und 62% für Blastozysten (ALI u. SHELTON 1993a).

Kryoprotektivum

Morulae u. Blastozysten 1,5 M EG DT 59,0% TR

BRACKE et al.

1995

1,5 M EG DT 57,7% TR

DOCHI et al.

1995

Morulae u. Blastozysten 1,8 M EG

1,8 M EG + 0,25 M Suc DT DT

69,0% TR 52,0% TR

CSEH et al. 1995 d7-d10-Embryonen 1,8 M EG direkt in PBS 40,0-73,6% ÜR IVP

JANOWITZ u.

HERMANNS 1995

1,5 M EG DT 55,8% TR

LANGE 1995 Morulae u. Blastozysten 1,5 M EG DT 58,2% TR

RODRIGUES et al. 1995

d7-u. d8-Blastozysten 1,5 M EG 3,6 M EG

direkt in PBS

in 1,8 M EG + 1,0 M Suc

68,0 bzw. 70,0% ÜR 87,0% ÜR,

73,0% ER

IVP

HASLER et al.

1996

1,5 M EG direkt in PBS 68,0 bzw. 60,0% ER IVP

LOONEY et al.

1996

1,5 M EG DT 50,0% TR

KLING 1997 Morulae u. Blastozysten 1,5 M EG DT 50,8% TR

SOMMERFELD 1997

expandierte Blastozysten 3,6 M EG DT 23,8% TR IVP

YANG et al. 1997 Blastozysten u.

expandierte Blastozysten

1,8 M EG

1,8 M EG + 0,1 M Suc

direkt in PBS 60,9% SR 45,8% SR

IVP

ARRESEIGOR et al. 1998

Morulae u. Blastozysten 1,5 M EG DT 47,4% TR

BEAL et al. 1998 DT 59,6% TR

LANE 1998 Blastozysten 1,5 M EG DT 29,0% TR IVP

STREICHER 1998

Blastozysten 1,8 M EG,

1,8 M EG + 0,2 M Suc, 3,6 M EG

in PBS + 0,3 M Suc 46,3% SR 37,5% SR 24,5% SR

IVP

MARTINEZ et al.

1999

Morulae u. Blastozysten 1,5 M EG (+ 0,1 M bzw.

0,3 M Suc)

DT 29,0, 39,0 bzw

29,0% TR

Abkürzungen: EG = Ethylenglykol

DT = Direkttransfer TR = Trächtigkeitsrate Suc = Sucrose

ÜR = Überlebensrate ER = Entwicklungsrate IVP = in vitro-Produktion SR = Schlupfrate

d = Tag

PBS = Phosphat-Buffered-Solution

Andere Untersucher erreichten durch Kombination von Ethylenglykol mit DMSO gute Überlebensraten bei der Vitrifikation von Embryonen verschiedener Spezies (ISHIMORI et al.

1992; ISHIMORI et al. 1993; VICENTE u. GARCIA-XIMENEZ 1994; VICENTE u.

VIUDES-DE-CASTRO 1997; LANE et al. 1998). Dabei wurden Ethylenglykol bzw. DMSO in einer Konzentration von 20-25% eingesetzt.

Eine 40% (= 7,2 M) Ethylenglykol-Lösung erlaubte eine Vitrifikation von Rinderembryonen, eine Lösung mit 37,5% gewährleistete jedoch keine ausreichende Vitrifikation (DARVELID et al. 1994). Durch Hinzufügen eines Makromoleküls konnte dies verbessert werden. VAJTA et al. (1996) hielten eine alleinige Verwendung von Ethylenglykol in hohen Konzentrationen, wie sie bei der Vitrifikation notwendig ist, für zu toxisch. Dagegen erzielte SOMMERFELD (1997) nach Vitrifikation von IVP-Rinderembryonen mit 7,2 M Ethylenglykol eine gute in vitro-Entwicklungsrate.

Eine gute Kryoprotektion von Ethylenglykol konnte auch bei ultraschnellem Gefrieren von Mäuse- und Rinderembryonen nachgewiesen werden. Hohe in vitro-Überlebensraten wurden beim ultraschnellen Tiefgefrieren von Ein-Zell-Mäuseembryonen nach 10 min Equilibrierung in 3 M Ethylenglykol mit 0,25 M Sucrose erreicht (RAYOS et al. 1992). Nach ultraschnellem Gefrieren von expandierten Mäuseblastozysten waren die Schlupfraten bei Verwendung von 7 M Ethylenglykol im Vergleich zu 7 M Propanediol nach vorausgegangenem Dehydrieren mit Sucrose deutlich höher (NOWSHARI u. BREM 1998). In vitro produzierte Rinderembryonen wurden mit 20% Ethylenglykol und 0,3 M Sucrose bzw. Trehalose ultraschnell tiefgefroren und anschließend direkt übertragen. Nach Transfer von je zwei Embryonen auf einen Empfänger wurden zwei der vier Empfänger trächtig, und nach in vitro-Kultur lagen die Schlupfraten bei 63 bzw. 64% (MATSUOKA et al. 1995).