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Zum besseren Verständnis des Zusammenhangs zwischen den verschiedenen Markern für das Erkennen einer Sepsis und deren Funktion im Krankheitsverlauf wird in diesem Abschnitt genauer auf die Entstehung und die pathophysiologischen Zusammenhänge der Sepsis und des SIRS eingegangen.

Wird der Körper mit einem, ihm unbekannten Erreger konfrontiert, so kommt es zu einer Reaktion des Immunsystems mit dem Ziel der lokalen Eindämmung und schlussendlich Elimination des eindringenden Erregers.49

In einem Review von Stearns-Kurosawa et al. aus dem Jahre 2009 konnten als Hauptauslöser einer Sepsis in 57 % gram-negative Infektionen, in 44 % gram-positive Infektionen und in 11 % Pilzinfektionen nachgewiesen werden. Ebenfalls in dieser Studie wurden häufige Komorbiditäten bei Sepsis ermittelt. So war bei 24 % der Patienten mit Sepsis ein Diabetes Mellitus, bei 16 % eine chronische Lungenerkrankung oder ein Krebsleiden, bei 14 % eine Herzinsuffizienz und bei 11 % der Patienten ein Nierenversagen zusätzlich zu diagnostizieren.14 Begünstigend für das Entstehen einer Sepsis kann zum einen ein sehr hohes oder sehr niedriges Patientenalter sein, zum anderen angeborene oder spezifische Immundefekte, Operationen, Mangel- oder Fehlernährung, Polytrauma, Infektionen, maschinelle Beatmung, parenterale Ernährung oder intravasale Katheter.50-52

Dringt ein Pathogen von außen in den Organismus ein, so versucht der Körper an erster Stelle die Infektion lokal begrenzt zu halten. Die erste Abwehrlinie gegen das Pathogen sind physikalische, natürliche Barrieren wie die Haut oder die Mukosa des Gastrointestinaltrakts.53 Hier sind als erstes die Komponenten der angeborenen Immunabwehr involviert.54

13 Wichtig in der Erkennung von krankmachenden Strukturen sind in erster Linie die so genannten

„Pattern-Recognition-Rezeptors (PRRs)“. Hierbei handelt es sich um eine Gruppe von Proteinen auf oder in Zellen des Immunsystems. Durch antigen-präsentierende Zellen, wie zum Beispiel dendritische Zellen, werden durch die PPRs Immunreaktionen-auslösende Bestandteile erkannt. Wichtigste und bekannteste Vertreter dieser Familie sind die so genannten Toll-like-Rezeptoren.223

Durch diese Rezeptoren ist der Körper sowohl in der Lage körperfremdes Material, wie auch körpereigenes Material zu erkennen.

Die ersten Immunzellen am Ort des Geschehens sind Monozyten, bzw. Makrophagen. Sie phagozytieren Bakterienbestandteile und schütten darauf eine Vielzahl von proinflammatorischen Zytokinen, wie zum Beispiel IL-6, IL-1β und TNF-α aus.14 Diese Freisetzung an Zytokinen aktiviert das erworbene Immunsystem und führt letztendlich unter anderem über eine T-Zell-Aktivierung zu einer dauerhaften Immunität gegenüber dem Pathogen.

Diese phagozytierten Bestandteile werden als „Pathogen-associated molecular patterns (PAMPs)“ auf der Oberfläche von Makrophagen präsentiert und von Antigen-präsentierenden Zellen, wie dendritischen Zellen, durch die PRRs erkannt. Bei PAMPs handelt es sich um chemische Muster, die im menschlichen Körper nicht vorkommen, aber auf der Oberfläche von, zum Beispiel Bakterien exprimiert werden. So werden beispielhaft Lipopolysaccharide auf der Außenhülle von Gram-negativen-Bakterien als PAMPs bezeichnet, oder aber Peptidoglycane auf Gram-positiven-Bakterien. Zudem wird Flagellin, bakterielle DNA-Fragmente, Chitin, Mannose oder aber Proteine aus der Wand von Pilzen zu der Gruppe der PAMPs gezählt.224 Ein ähnliches Muster an Zytokinen wie bei der Aktivierung des Immunsystems durch PAMPs wird auch bei Zellschäden nach Operationen, Verbrennungen, Trauma oder bei einer Pankreatitis ausgeschüttet und aktiviert über so genannte „Damage-associated-Molecular-Patterns“ (DAMPs) Antigen-präsentierende Zellen.53 Hierbei gehandelt es sich um Strukturen aus Zellen, die nicht durch den natürlichen, apoptotischen Zerfall entstehen, sondern im Rahmen von spontanen Zellverletzungen zu Stande kommen. Es handelt sich hierbei um Enzyme oder DNA-Fragmente aus dem Zellkern. Zu nennen sind hier die Heat-Schock-Proteine und insbesondere die Gruppe der High-Mobility-Group-Heat-Schock-Proteine (HGMB-Proteine).225

14 Die von Makrophagen freigesetzten Zytokine stimulieren zudem die Ausbildung von Adhäsionsmolekülen an der Endothelwand und ermöglichen so die Adhäsion und Invasion von neutrophilen Granulozyten. Insbesondere IL-8 sorgt für eine Rekrutierung von neutrophilen Granulozyten entlang eines chemischen Gradienten.226

Ebenfalls können phagozytierende Zellen können auf eine Aktivierung unterschiedliche mikrobizide Effektormechanismen entwickeln, mit denen sie Bakterien aus dem Körper eliminieren. Durch oxidative und nicht-oxidative Reaktionen kann der Körper Sauerstoffmetabolite bilden, die mikrobizid auf Bakterien wirken. Dieser Vorgang wird als

„respiratory burst“ bezeichnet und beschreibt mehrere komplexe Vorgänge, deren gemeinsame Endstrecke die Bildung von Sauerstoffmetaboliten ist.14

Unter dem Einfluss von IL-1, IL-6, IL-8 und TNF-α induzieren Endothelzellen die Produktion des Gewebefaktors (TF), reduzieren die Expression von Thrombomodulin und Heparin-Sulfaten und tragen so zu einer prokoagulatorischen Stoffwechsellage bei.55 Kommt es zu einer

„Dissiminierten intravaskulären Gerinnung (DIC)“, so findet anfänglich eine Herunterregulierung von Thrombin und damit eine Hemmung der Fibrinolyse statt.56 Es folgt eine intravaskuläre Fibrin-Formierung und eine Aktivierung der Endothelzellen.57 Die Folge ist eine vermehrte Durchlässigkeit der Endothelwände für Zellen und Flüssigkeit. Im Zuge der Fibrinablagerungen kommt es dann zu einem Verbrauch von Gerinnungsfaktoren, Thrombozyten und Antithrombin, sodass es letztlich zu einer vermehrten Blutungsneigung kommt. Klinisch führend und determinierend sind allerdings die Fibrin-bedingten-Verschlüsse der kleinen Gefäße und die konsekutive Hypoxie, die schlussendlich zu einem Multiorganversagen führt.55

Allerdings kommt es im Zuge einer Infektion nicht nur zu dem oben beschriebenen Inflammationssyndrom im Sinne einer überschießenden Immunreaktion, sondern auch zu einer um zwei bis vier Tage zeitlich versetzten antiinflammatorischen Reaktion.58 Ziel ist hier die Begrenzung des, durch die inflammatorische Reaktion begangenen Zellschadens.53 Viele Autoren sehen das Ungleichgewicht zwischen diesen beiden Reaktionen als Schlüsselfaktor zum Verständnis der pathophysiologischen Reaktionen bei der Sepsis. Zu bedenken ist dabei allerdings, dass die anti-inflammatorische Reaktion zu Lasten einer intakten Immunabwehr abläuft und den Körper empfänglich für Infektionen macht.59,60

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2.0. Biochemische und Immunhistochemische Marker bei