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2.2.2. Charakterisierung ausgesuchter Antigene

2.2.2.2. Pasteurella multocida

Pasteurellen sind kleine (0,2 – 2,0 µm) gram-negative kokkoide Stäbchen, die nicht motil, fakultativ anaerob und Katalase- und Oxidase-positiv sind, keine Sporen bilden und am besten auf mit Serum oder Blut supplementierten Nährmedien wachsen. Sie können bekapselt und unbekapselt sein. In der Umwelt sind sie Austrocknung und Desinfektionsmitteln gegenüber sehr empfindlich.

Ein weites Wirtsspektrum steht den Pasteurellen zur Verfügung, doch die meisten sind Kommensalen der Schleimhäute des oberen Atemtraktes und Darmtraktes der Tiere. Von den 13 Arten der Gattung Pasteurella sind 7 bisher bei Vögeln nachgewiesen worden (SIEGMANN 1993; QUINN et al. 1994).

Die sogenannte Geflügelcholera ist ein durch Pasteurella multocida ausgelöstes septikämisches Geschehen, bei dem Endotoxine eine große Rolle spielen. Die Infektion kann sowohl endogen als auch exogen erfolgen; am häufigsten ist jedoch die Aufnahme über den Atmungstrakt. Die Virulenz kann sich durch Transmission von Tier zu Tier erhöhen. Alle Pasteurellen stellen extrazellulär parasitierende Bakterien mit variablen Virulenzfaktoren dar, z.B. das thermolabile Dermonekrotoxin von einigen D-Stämmen von Pasteurella multocida (SIEGMANN 1993; QUINN et al.

1994; HAFEZ 1997). Der Erreger verliert seine Infektiosität beim Erhitzen auf 60 °C für 10 Minuten. Auch in der Umwelt wird der Keim rasch inaktiviert; in kühler und feuchter Umgebung kann er sich jedoch mehrere Wochen halten. Desinfektionsmittel in üblichen Konzentrationen sind in der Regel wirksam (MÉSZÁROS 1992).

Es existieren verschiedene Typen bzw. Serogruppen bei Pasteurella multocida, die auf Unterschieden in der Polysaccharidstruktur der Kapsel beruhen und mit den Buchstaben A – F bezeichnet werden. Zusätzlich werden noch somatische Typen unterschieden, die sich über die Lipopolysaccharidstruktur definieren und mit

Nummern angegeben werden. Bei Geflügel kommen vor allem Pasteurella multocida Typ A (Geflügelcholera) und D (sekundäre Pneumonie) vor; bei Puten kann auch Typ F mit bisher ungeklärter Bedeutung gefunden werden (SIEGMANN 1993; QUINN et al. 1994; HAFEZ 1997).

Klinisch werden Pasteurellen an Randteilen pneumonischer Lungen bzw. bei Septikämien an Leber- oder Nierenteilen nachgewiesen. Von lebenden Tieren kann man auch Eiter, Exsudate oder Nasentupfer verwenden. In der direkten Mikroskopie läßt sich manchmal bei Organ- und Herzblutausstrichen in Giemsa-Färbung oder mit Methylenblau die bipolare Anfärbung der Pasteurellen erkennen, die jedoch nach einigen Kulturpassagen verloren geht. Kultivierung erfolgt auf MacConkey-Agar und bluthaltigen Medien 24 – 48 Stunden aerob bei 37 °C. Die nach 24 Stunden in der Regel sichtbaren Kolonien sind mittelgroß, rund und grau-weiß. Man kann mukoide, glatte und rauhe Kolonieformen unterscheiden. Pasteurella multocida ist nicht hämolytisch, wächst nicht auf MacConkey-Agar, produziert Indol und hat einen typischen süßlichen Geruch. Typ A -Stämme haben oft relativ große, mukoide Kolonien, ihrer großen Kapseln mit Hyaloronsäure wegen.

Von Pasteurella multocida existieren drei Subspezies, die sich nur minimal in ihrer biochemischen Fermentation von Kohlenhydraten unterscheiden: Pasteurella multocida subspecies multocida, subspecies septica und subspecies gallicida, letzterer ist der Erreger der Geflügelcholera (SIEGMANN 1993; QUINN et al. 1994;

HAFEZ 1997).

2.2.2.2.1. Krankheitsbild durch Pasteurella multocida bei Puten: Geflügelcholera

Die Geflügelcholera ist eine enzootisch auftretende hochkontagiöse Erkrankung des Wirtschaftsgeflügels, die bei Puten perakut bis akut, aber auch chronisch verlaufen kann. Sie wurde 1932 zum ersten Mal in Maryland, USA beschrieben und unterlag in Deutschland bis zum 30.6.1991 der Anzeigepflicht mit gesetzlichem Schlachtverbot bei amtlicher Feststellung (HAFEZ 1997). Die Häufigkeit des Vorkommens hat sich

nach dem zweiten Weltkrieg bedeutend verringert, dennoch kommt die Pasteurellose in sämtlichen bewohnten Erdteilen vor. Besonders im Herbst treten Seuchenausbrüche mit gehäufter Mortalität auf; in kälteren klimatischen Zonen beobachtet man jedoch die akute Form nur selten, dafür sporadisch den chronischen Verlauf (MÉSZÁROS 1992).

Der Erreger gehört nicht zur Normalflora des Geflügels; als Infektionsquelle kommen chronisch kranke Tiere und genesende Träger des Bakteriums sowie freilebende Vögel, Muriden, Haustiere oder sogar Insekten in Frage. Die Verbreitung erfolgt aerogen, über direkten Kontakt oder indirekt über belebte und unbelebte Vektoren.

Der Ausbruch der Krankheit ist abhängig von der Erregervirulenz sowie der Abwehrlage des Wirtes; Pute und Ente sind zudem von sich aus hoch anfällig (SIEGMANN 1993). Bei der Pute schlägt auch die medikamentelle Therapie nur schlecht an. Wildvögel sind dagegen meist hochresistent (MÉSZÁROS 1992). Für das Entstehen der Geflügelcholera sind zum Teil die Endotoxine von Pasteurella multocida verantwortlich (QUINN et al. 1994).

Bei Puten erkranken vor allem Tiere über 8 Wochen. Eintrittspforten stellen die Schleimhäute der Schnabelhöhle und des Pharynx sowie Hautwunden dar. Die Erkrankung verläuft meist primär septikämisch in Form einer systemischen Koagulopathie. Die Tiere sterben an einem durch freiwerdendes Endotoxin ausgelösten Schockgeschehen. Bei geringer Erregervirulenz kann sich die Krankheit auch nur auf den Atemtrakt beschränken oder eine sekundäre Organmanifestation ausbilden nach vorübergehender nichtletaler Bakteriämie. Die Inkubationszeit kann wenige Stunden bis 9 Tage betragen, die Mortalität schwankt zwischen 3,5 und 90 %.

Man unterscheidet zwischen verschiedenen Verlaufsformen, wobei bei perakutem Verlauf keine Symptome am Einzeltier beobachtet werden können, sondern nur plötzlich vermehrte Verluste im Betrieb eintreten. Akut erkrankte Tiere zeigen Störungen des Allgemeinbefindens, gelb-grauen bis grünlichen Durchfall, Zyanose

der Kopfanhänge und Dyspnoe mit Schnabelatmung. Selten wird blutiger Ausfluß aus der Schnabelhöhle beobachtet. Die Tiere sterben nach 2 – 4 Tagen bei zunehmender Dyspnoe unter Krämpfen. In der chronischen Form zeigen sich lokalisierte Entzündungserscheinungen, z.B. an den Sprunggelenken, der Brustblase, den Sinus oder den Augen und/oder Atemgeräusche und Schnupfensymptome (SIEGMANN 1993; HAFEZ 1997). Die Kehllappen sind zunächst geschwollen, entwickeln aber später umgrenzte harte Herde, die meist aufbrechen (Läppchenkrankheit). Durch Futterverweigerung magern die Tiere ab, werden teilweise anämisch. Verlust des Gleichgewichtssinnes durch Erkrankung des Mittelohrs, Lähmungen und Tortikollis (GLÜNDER et al. 1982) können auch auftreten. Periarthritische Abszesse oder solche in Haut und Unterhaut brechen auf oder verkapseln sich. Die genannten Symptome treten meist nicht zusammen, sondern nur eins zur Zeit auf, manchmal vergesellschaftet mit Durchfall. Ein krampfartig abgesetztes, gelblich-bröckeliges Exkret weist auf Eileiterentzündung hin (MÉSZÁROS 1992).

Bei Sektionen findet man bei perakuten Verläufen meist gar nichts oder nur epikardiale Petechien und ekchymatöse Blutungen in Schleimhäuten und serösen Häuten; selten eine exsudative Pneumonie. Bei akutem Verlauf zeigen sich ein- oder beidseitige exsudative fibrinopurulente Pneumonien (bei Puten oft kruppös), Leberschwellungen und serofibrinöse Entzündungen des Perikards, der Luftsäcke und des Peritonäums. Petechien, Ekchymosen, Hydroperikard und Nekrosen in verschiedenen Organen sind nicht selten. Fibrinauflagerungen kann man auf vielen Organen und im Darmkanal entdecken, wo kleine Erosionen, hämorrhagische bis fibrinöse Enteritis und Blutbeimengungen des Inhaltes auftreten können. Bei chronischer Erkrankung stehen katarrhalisch fibrinöse Rhinitis, Sinusitis und Blepharokonjunktivitis oder Tracheitis mit Bronchopneumonie im Vordergrund.

Hochgradige lokale entzündlich-regressive Veränderungen der Skelettmuskulatur, Knochen, Meningen, Augen und des Mittelohrs, Gelenk- und Schleimbeutelentzündungen mit massenhaft serofibrinösem Exsudat und Eileiter-,

Eierstock- und Bauchfellentzündungen kommen auch vor (MÉSZÁROS 1992;

SIEGMANN 1993; HAFEZ 1997).

Histologisch können vor allem die Gefäßwandschädigungen, Störungen der Hämodynamik und Gerinnung, bei akutem Verlauf Hyperämie, Ödemblutungen und Gefäßthromben nachgewiesen werden. Daneben werden oft Koagulationsnekrosen in parenchymatösen Organen und Infiltrationen mit heterophilen Granulozyten gefunden (SIEGMANN 1993).

Die Diagnose kann nur über Erregerisolierung und –identifikation nach der Verdachtsdiagnose gestellt werden. Als Differentialdiagnose muß dabei vor allem an Putenrhinotracheitis (TRT), klassische Geflügelpest, Newcastle Disease, Aviäre Influenza A, Tuberkulose, Mykotoxikose sowie Ornithobacterium rhinotracheale-Infektion, Salmonellen-, Streptokokken- und Staphylokokken, Rotlauf- und Yersinieninfektion gedacht werden (MÉSZÁROS 1992; SIEGMANN 1993; HAFEZ 1997).