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III. Konservierung von Pfarrwitwen und Pfarrtöchtern

2.4 Parochianen und Patrone

Ganz anders gelagert war die Motivation der Eingepfarrten und Patrone beim Thema Konservierung. Auch bei ihnen standen finanzielle Gründe im Vordergrund. Wurden Pfarrwitwen oder Pfarrtöchter vom neuen Pastor bei der Pfarre erhalten, entfielen Versorgungszuwendungen: Allenfalls mußte für die Pfarrwitwe, deren Tochter den Nachfolger heiratete und die im Pfarrhaus keine Unterkunft fand, Wohnraum geschaffen werden. Zusätzlich erhielt sie gelegentlich den von der Kirchenordnung geforderten Unterhalt, das in Mecklenburg spät so genannte Pfarrwittum.

In einem Schreiben, welches zu der Proseckner Kirche sämptliche eingepfarte am 26. Oktober 1690 an den Fürsten als Patron richteten, argumentierten sie: Da schon eine Witwe vorhanden und zu versorgen war, bittet die Gemeinde um die Konservierung der jüngeren Witwe. Der seit 1669 amtierende Prosekener Pastor Nicolaus Christoph Blanck war im September 1689 verstorben. Nach Ablauf des Gnadenjahrs, als ein Nachfolger gewählt werden sollte, baten die Parochianen um Konservierung der bereits 46 jährigen Witwe; daß sie mit ihren noch unerwachsenen Kindern nicht wieder verstoßen werden, bey der Pfarre zuverbleiben erklehret, und wie solches an sich Landesüblich, also auch uns eingepfarreten sovielmehr damit gedienet, und genützet sein würde, alß diese Wittwe zur Ihrer Haußhaltung mit Vieh und Saat völlig eingerichtet, bereits auch noch daß für 20 Jahren des verstorbenen Pastoris Wittwe (sc. die Witwe Anna Sophie Giesenhagen) daselbst zu Proseken verhanden, daß wir auch doch nicht wißen würden, wie wir dieße (sc. die Witwe des Pastors Blanck) conserviren sollten. So gelanget an Ehrfürstl. Dchl. auch in dießen Stücke unßer unthrthstes suchen und bitten, Sie geruhen uns so gndst zu erscheinen,

398 Ebd. Bd. I. (Doberan) S. 110: Pastor Statius (1675-1714) heiratete sechs Monate, nachdem seine Ehefrau im Kindbettt gestorben war, die Witwe des Vorgängers.

399Willgeroth Bd. I. S. 205 (Pastor Nemtzow). Willgeroth Bd. III. S. 1158 (Pastor Müller).

und auß dergleichen Subjecta gndst Zu reflectiren durch welche die Wittwe bei der Pfarre conserviret werden könne, und für sich nicht betrübet, noch uns zur beschwerlichen Last, von der Pfarre verstoßen werde möge. Im Schreiben wurde zusätzlich erwähnt, daß der Verstorbene sich sehr rühmlich bei diesem Kirchspiel verhalten habe und ein Gott und den Menschen wohlgefälliges Leben geführt habe.400 Der Nachfolger Johann Conradi heiratete am 30. November 1690 die beträchtlich ältere Witwe Blanck. Die erwähnte, bereits in Proseken lebende und zu versorgende Witwe war Anna Sophie Giesenhagen, die seit 1669 im Witwenhaus lebte und mit einer geringen Sustentation unterhalten wurde. Sie starb 1691.

1704 berichtete Conradi dem Landesherren, daß es in Proseken ein Witwenhaus und eine kleine Sustentation gäbe: Eine Witwe sei nicht vorhanden, er lebe mit seiner 50jährigen Frau und der 20jährigen Tochter Anna Dorothea Blancke im Pfarrhaus.

Warum er das Alter seiner Frau verjüngte, ist nicht belegt: Er wurde 1661, seine Ehefrau jedoch bereits 1643 geboren. Sie starb 1722 im Alter von 79 Jahren. Seine zweite, 19jährige Frau heiratete der 63jährige im Jahre 1724, sie überlebte ihn und wurde 1730 vom Nachfolger konserviert.401

Ein ähnlicher Fall ist aus Rethwisch überliefert: Der am 7. August 1754 verstorbene Pastor Schwasmann hinterließ eine 26jährige Witwe mit zwei kleinen Kindern. Noch vor der Beerdigung des verstorbenen Pastors richteten die Kirchenvorsteher einen Brief an den Herzog und baten um Konservierung der Witwe. Sie begründeten ihren Antrag damit, daß in Rethwisch bereits eine Witwe mit ihrer unverheirateten Tochter zu versorgen sei. Der Gemeinde könne nicht die Last auferlegt werden, für eine weitere Witwe zu sorgen, dem neuen Prediger wolle man hingegen nicht zumuten, für zwei Witwen zu sorgen. Im Falle der Konservierung der Witwe Schwasmann hätte er den Vorteil wenigstens eine ziemlich eingerichtete Haushaltung vorzufinden. Die junge Witwe bat den Herzog bereits am 19. August 1754 um Erteilung des Konservatoriums. Am 9. Februar 1755, also noch vor Ablauf des Gnadenjahres, konservierte sie der gewählte Nachfolger Gideon Rudolph Nähmzwo. Der Vierzigjährige, seit Dezember 1754 Pastor in Rethwisch, heiratete die Witwe am Tage seiner Einführung.402

400 LHA Schwerin. Acta eccl. et scol. specialia Bd. II. Sign. 8428 Bl. 10v.

Bl. 11.

401 Willgeroth Bd. III. S. 1343f. Vgl. Schubert Anno 1704 Lfg. G2 (Proseken) S. 165ff.

402 Piersig, Streifzüge 2. Vgl. LHA Schwerin. Acta eccl. et scol. spec. Bd.

II. Sign. 8695 (Redewisch)

Aus der Klosterpfarre Ribnitz, deren Patronat als Kompatronat dem Landesherrn und dem Kloster zustand, sind Fälle bekannt, in denen nach erfolgter Präsentation eines Kandidaten von der Domina des Klosters Einspruch erhoben wurde. Sie konnte mit den Stimmen aller zur Wahl berechtigten Konventualinnen ihre Wunschkandidaten durchzusetzen. Nach dem Tod des Klosterpfarrers Johann Gerken (1650-1660) widersetzten sich die Domina und sämtliche Konventualinnen in einem Brief an den Landesherren der Wahl eines von diesem bestimmten Kandidaten und forderten dagegen die Einsetzung des Kandidaten Henrici. Die Domina ließ durch ihren Provisor schreiben: Er soll ordiniret und introduciret werden! Herzog Christian I.

gab nach: Wollen wir die Jungfrauen laßen.403 Henrici wurde am 11. August 1660 als Klosterprediger eingeführt, im Folgejahr konservierte er die Witwe seines Vorgängers Gerken und wechselte 1676 in die Erste Pfarrei der Stadtkirche zu Ribnitz. Nach seinem Weggang wiederholte sich das Spiel. Eine vom 17. März 1676 datierte Notiz ist pro memoria überliefert: Die Domina des Kloster zu Ribnitz wiedersetzt sich im Jahr 1676 dem Vorschlage des Hzgs. Gustav Adolph, den Magister Keyser zum Kloster Prediger zu nehmen und beruft sich auf das vom Herzoge im Jahre 1669 cedirte jus patronatus. Gewählt und eingeführt wurde Pastor Georg Schultz (1677-1692). Er war mit einer Ratsherrentochter aus Rostock verheiratet. Nach seinem Tod und verflossenem Gnadenjahr habe man am 9. Juli 1693 drei Kandidaten daselbst praesentiret und zur Wahl fürstellen laßen, berichtete der Provisor des Klosters an den Herzog. Der Kandidat Tranitz wurde mit den Stimmen der Klosterfrauen gewählt. Er konservierte die Witwe seines Vorgängers Schultz, wechselte jedoch 1702 als Pfarrer nach Wustrow auf dem Fischland, das zur Präpositur Ribnitz gehörte. Sein Nachfolger Bartholdi wurde am 9. Juni 1702 wiederum mit den 13 Stimmen der Domina und sämtlicher Konventualinnen des Klosters gewählt. Die beiden anderen Kandidaten erhielten je vier Stimmen. Die Ehefrau des von den adligen Klosterfrauen gewählten Pastors Nicolaus Heinrich Bartholdi war auch von adliger Herkunft. Ob es einen Zusammenhang mit dem Standesdenken der adligen Konventualinnen gab, verraten die Quellen nicht. Das Heiratsverhalten der Klosterprediger entsprach dem der Pfarrerschaft in Rostock und

403 Schmaltz, 2. Bd. S. 89ff. Die Säkularisierung der Mecklenburgischen Landesklöster hatten den Besitz des Herrscherhauses erheblich vermehrt.

Der Landesherr war Klosterfrauen gegenüber nachsichtig in der Durchführung der neuen Klosterordnung von 1559, die sich in Ribnitz erst in den folgenden Jahren durchsetzen konnte. Die Klöster waren zu Versorgungsanstalten der ledigen Töchter des Adels geworden, erst nach 1702 erhielt die Stadt Rostock in Ribnitz zwei Plätze für Töchter ihrer Bürger.

Schwerin, die bevorzugt Töchter von Mitgliedern des Rates der Stadt und Geistlichen der Domkirche ehelichten.404 Möglicherweise erwarteten die Ausübenden des Klosterpatronats eine standesgemäße Heirat von ihren Predigern. Für Ribnitz kann vermutet werden, daß Kandidaten, die mit einer Adligen verheiratet waren ebenso bevorzugt wurden wie jene, die Witwe oder Tochter des Vorgängers konservierten..405

404 Willgeroth Bd. I. S. 185f. Pastor Krüger (1623-1643): Ehefrau war Tochter eines Rostocker Superintendenten. Nach 10jähriger Vakanz: Pastor Gerken(1653-1666) Ehefrau war Tochter eines Rostocker Archidiakons.

Pastor Schultz (1678-1692) Ehefrau war Tochter eines Rostocker Ratsherrn.

405 LHA Schwerin. Acta eccl. et scol. spec. Bd. II. Sign. 8863 Bl. 1-13. Vgl.

Willgeroth Bd. I. S. 179, 185f. und 200.