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Eine Infektion mit Skabies ließ sich bei 126 Patienten (14,2%; KI 11,9-16,6; Std 1,17) nach-weisen. 124 der Infizierten stammten aus Afrika, davon 40 aus West-, 79 aus Ost- und 5 aus Nordafrika (s. Tabelle 7). Es konnte statistisch nachgewiesen werden, dass unbegleitete Min-derjährige aus Ost-Afrika signifikant häufiger mit Skabies infiziert waren als solche aus West-Afrika (Chi-Quadrat-Test, p-Wert < 0,001).

Von den 54 untersuchten Frauen litten 14 an Skabies (25,9%; KI 15,0-39,7; Std 5,96), bei den männlichen Jugendlichen waren es nur 112 von 836 (13,4%; KI 11,2-15,9; Std 1,18).

Somit konnte eine signifikant höhere Rate an Skabies-Infektionen bei Frauen festgestellt werden (Chi-Quadrat-Test, p-Wert 0,015). Die Aussagekraft dieses Zusammenhangs ist bei unterschiedlichen Gruppengrößen allerdings mit Vorsicht zu bewerten. Ein relevanter Zu-sammenhang zwischen einer Skabies-Infektion und einem niedrigen BMI-Wert sowie einer Anämie konnte nicht gezeigt werden (t-Test, p-Wert 0,53 bzw. Chi-Quadrat-Test, p-Wert 0,62).

Anzahl

Es werden nur solche Länder spezifisch aufgeführt, denen ein Skabies-Infizierter zu-geordnet werden konnte. Länder, aus denen zwar UM gescreent wurden, von denen aber niemand infiziert war, sind in dieser Tabelle unter „andere Herkunft“ aufge-führt.

Tabelle 7: Herkunft aller Skabies-Fälle

Endoparasitosen

Screening

Auf das Vorliegen endoparasitärer Erkrankungen wurde sowohl über anamnestische Anga-ben und Urin-Stix-Untersuchung als auch mittels Blut-Eosinophilie gescreent. Bei 871 der 890 Untersuchten (97,9%; KI 96,7-98,7; Std 0,48) wurde ein Differentialblutbild durchge-führt, bei den restlichen 19 UM war eine Blutentnahme entweder schon in einem anderen Zentrum erfolgt, wurde abgelehnt oder war nicht erfolgreich. Bei 164 Patienten (18,8%; KI 16,3-21,6; Std 1,32) konnte eine Eosinophilie nachgewiesen werden. 110 lagen dabei zwi-schen 500 und 1000/µl und 54 sogar über 1000/µl. Diese 164 Patienten sowie sieben Pati-enten mit intestinalen Symptomen ohne Eosinophilie wurden dazu aufgefordert, Stuhlproben von drei verschiedenen Tagen abzugeben (s. Abbildung 15).

Abbildung 15: Endoparasitose-Screening mit Ergebnissen

1Blut-Eosinophilie >500/µl Amöbiasis n = 1/871 (0,1%) Giardiasis n = 6/871 (0,7%) Helminthiasis n = 17/871 (2,0%)

Differentialblutbild

Aufforderung zur Abgabe von 3 Stuhlproben

Nur 83 (48,5%; KI 40,8-56,3; Std 3,82) der Jugendlichen unterliefen die komplette Diag-nostik mit drei Stuhlproben. 26 (15,2%; KI 10,2-21,5%; Std 2,75) gaben zwei, sieben (4,1%;

KI 1,7-8,3; Std1,51) eine und 55 (32,2%; KI 25,2-39,7; Std 3,57) keine Stuhlprobe ab. UM, die über Blut im Urin oder andere urogenitale Beschwerden klagten sowie diejenigen, bei denen im U-Stix Blut ohne eine bakterielle Infektion nachgewiesen wurde, gaben außerdem mittäglichen 4-Stunden Sammelurin ab.

Insgesamt konnten bei 24 Patienten 25 parasitäre Darm- bzw. Blasen-Erkrankungen festge-stellt werden, ein Patient litt unter zwei verschiedenen Parasitosen (s. Abbildung 15). Die Höhe der Eosinophilie ließ sich nicht positiv mit dem Vorliegen einer Endoparasitose kor-relieren (t Test, p-Wert 0,83) (s. Abbildung 16).

Gesund Endoparasitose

0 1000 2000 3000 4000

Eosinophile (Sck/l)

500 Cut-Off 500/µl

Kein Endoparasitose-Nachweis

Abbildung 16: Eosinophilie-Werte mit und ohne Endoparasitose-Nachweis

Eosinophilie (Zellzahl/µl)

Soziodemographische Daten und weitere Gesundheitsaspekte der Endoparasitose-Fälle Es waren 14 West-Afrikaner (3,0%; KI 1,7-5,0; Std 0,79) und 10 Ost-Afrikaner (3,4%; KI 1,6-6,1; Std 1,05) erkrankt, statistisch gesehen waren also UM aus beiden Herkunftsregionen in etwa gleich häufig von einer Endoparasitose betroffen (s. Tabelle 8) (Chi-Quadrat-Test, p-Wert > 0,99).

Außerdem konnte kein Zusammenhang zwischen dem Vorliegen einer endoparasitären Er-krankung und einem niedrigen BMI oder einer Anämie nachgewiesen werden (t-Test, p-Wert 0,71 bzw. Chi-Quadrat-Test, p-p-Wert 0,26). Eine sinnvolle Korrelation zwischen Alter und Geschlecht und Erkrankung war aufgrund der niedrigen Fallzahl nicht möglich.

Tabelle 8: Herkunft aller Endoparasitose-Fälle

Anzahl

Tabelle 8: Herkunft aller Endoparasitose-Fälle

Es werden nur solche Länder spezifisch aufgeführt, denen ein an einer Parasitose-Infizierter zugeordnet werden konnte. Länder, aus denen zwar UM gescreent wurden, von denen aber niemand infiziert war, sind in dieser Tabelle unter „Andere Herkunft“ aufgeführt

Es werden nur solche Länder spezifisch aufgeführt, denen ein an einer Parasitose-Infizierter zugeordnet werden konnte. Länder, aus denen zwar UM gescreent wurden, von denen aber niemand infiziert war, sind in dieser Tabelle unter „Andere Herkunft“ aufgeführt.

Entitäten der Parasitose-Fälle

Von den 24 erkrankten UM konnte bei sechs eine Infektion mit G. lamblia diagnostiziert werden und bei einem Patienten eine Amöben-Infektion. Vierzehn Patienten litten unter ei-ner Schistosomiasis, acht wiesen eine intestinale Infektion mit S. mansoni auf und sechs die urogenitale Form mit S. haematobium. Insgesamt vier weitere Wurmerkrankungen wurden festgestellt, eine Infektion mit dem Rinderbandwurm Taenia saginata, eine mit dem Zwerg-fadenwurm Strongyloides stercoralis und zwei mit dem HakenZwerg-fadenwurm Ancylostoma du-odenale (s. Tabelle 9).

Interessanterweise klagten nur vier der erkrankten UM (16,7%; KI 7,4-37,4; Std 7,61) über Symptome (z.B. Bauchschmerzen, Gewichtsverlust oder Diarrhö). Nur einer der an einer Blasen-Bilharziose Erkrankten berichtete über eine anamnestische Makrohämaturie; eine Mikrohämturie in der U-Stix-Untersuchung konnte bei keinem der Betroffenen festgestellt werden.

Anzahl Prozentsatz (95%-KI; Std) Parasitosen

Entamoeba histolytica 1 0,1 (0,00-0,62; 0,11)

Giardia lamblia 6 0,7 (0,25-1,46; 0,27)

Helminthen

Schistosoma mansoni 8 0,9 (0,39-1,76; 0,32)

Schistosoma haematobium 6 0,7 (0,25-1,46; 0,27)

Taenia saginata 1 0,1 (0,00-0,62; 0,11)

Strongyloides stercoralis 1 0,1 (0,00-0,62; 0,11) Ancylostoma duodenale 2 0,2 (0,03-0,81; 0,16)

Gesamt 25 2,8 (1,83-4,12; 0,55)

Tabelle 9: Entitäten endoparasitärer Erkrankungen

Tabelle 9: Entitäten endoparasitärer Erkrankungen

Diskussion

VII.1 Studienpopulation und soziodemographische Da-ten

Mit 890 UM wurden in Freiburg in den Jahren 2016 und 2017 insgesamt 2,0% derjenigen UM gescreent, die in Deutschland in den entsprechenden Jahren angekommen sind. Damit liegt die Größe der Kohorte über den meisten bisher veröffentlichten Studien mit bis zu 219 Teilnehmern (35, 43, 44). Nur die Studie von Theuring et al. hat mit 1248 in Berlin etwas mehr UM eingeschlossen (45).

Alter und Geschlecht

Das durchschnittliche Alter in der Kohorte lag bei 16,2 Jahren und unterschied sich nicht wesentlich zwischen den Geschlechtern. Die Annahme, dass vor allem ältere Jugendliche ihre Heimat verlassen, wird somit durch die erhobenen Daten unterstützt. Ein höheres Durchschnittsalter bei Mädchen wie bei Kloning et al. konnte hier nicht bestätigt werden (43). Zu bemerken ist, dass in den meisten Fällen ein Überprüfen des Alters aufgrund feh-lender persönlicher Dokumente nicht möglich war und Geburtsdaten teilweise durch das Gesundheitsamt festgelegt wurden. Eine persönliche Nachfrage beim Jugendamt in Freiburg ergab, dass rückblickend bis zu einem Drittel der UM als volljährig eingestuft wurden. Da es keine öffentliche Statistik zu dieser Fragestellung gibt, sind allerdings auch diese Anga-ben mit Vorsicht zu bewerten.

Der größte Teil der untersuchten UM war männlich (93,9%), nur ein geringer Teil weiblich (6,1%). Dieselbe Tendenz konnten Marquart, Kloning und Mockenhaupt et al. in ihren Ko-horten unbegleiteter Minderjähriger in unterschiedlichen Regionen Deutschlands feststellen (35, 43, 82). Auch bundesweit ist dieser Trend gegeben und lässt sich vermutlich darauf zurückführen, dass Frauen und Mädchen häufiger im Familienverband fliehen und Familien in finanzieller Not überwiegend junge Männer mit besseren Fluchtchancen nach Europa schicken (10, 83). Seit 2017 steigt der Anteil an unbegleiteten Mädchen in Deutschland je-doch deutlich an (auf zuletzt ca. 20%), sodass in Zukunft für das weibliche Geschlecht spe-zifische Gesundheitsaspekte wie Genitalverstümmelungen oder Schwangerschaft weiter in den Fokus des Screenings rücken müssen (2, 7, 84).

In der vorliegenden Arbeit ließ sich eruieren, dass sich signifikant mehr Mädchen aus Ost-Afrika als aus West-Ost-Afrika unter den UM befanden. Rund 70% der Mädchen kamen aus dem ost-afrikanischen Eritrea. Dieselbe Tendenz lässt sich auch bei Kloning et al. finden, hier waren alle Mädchen entweder aus Eritrea oder dem ebenfalls ost-afrikanischen Somalia (43).

Diese besondere Zusammensetzung spiegelt die katastrophale humanitäre Situation eritrei-scher Frauen wider, die zu einem Massenexodus vor sexualisierter Gewalt, sklavenähnlichen Bedingungen im Militärdienst sowie vor Genitalverstümmelungen führt (85).