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Bei lediglich 70 von 890 Untersuchten (7,9%; KI 6,2-9,8; Std 0,90) konnte im Zuge des Screenings keine pathologische Diagnose gestellt und kein auffälliger Befund erhoben wer-den.

Unter den Geflüchteten mit Gesundheitsproblemen, die entweder im Rahmen der Anamnese oder im Zuge der körperlichen und labordiagnostischen Untersuchung auffielen, waren zahnärztliche Probleme mit Abstand die häufigsten Diagnosen. Während bei ca. einem Drittel eine Karies festgestellt werden konnte, litten 6,3% (KI 4,8-8,1; Std 0,81) unter ande-ren zahnärztlichen Problemen wie Zahnfehlstellungen, Parodontose oder Zahnverlusten.

Auch dermatologische Erkrankungen waren zahlreich und kamen bei 27,9% (KI 24,9-31,0;

Std 1,50) vor. Neben Abszessen, Akne und Infektionen wie Fußpilz und Pediculosis war die Skabies mit 126 (14,2%; KI 11,9-16,6; Std 1,17) Erkrankten die insgesamt häufigste Infek-tionserkrankung und wird in Kapitel VI.4.4.1 genauer besprochen.

Der Gastrointestinaltrakt war bei 15,4% (KI 13,1-17,9; Std 1,21) der Untersuchten betrof-fen; insbesondere Durchfall, Obstipation und rezidivierende Bauchschmerzen kamen oft vor. Parasitäre Darmerkrankungen waren insgesamt selten und werden in Kapitel VI.4.4.2 genauer besprochen.

Störungen des Bewegungsapparates wie Rücken- oder Gelenkschmerzen, Skoliose oder Zustand nach sowie Verdacht auf Frakturen ließen sich bei 15,8% (KI 13,5-18,4; Std 1,22) diagnostizieren.

Der Respirationstrakt war bei jedem Zehnten betroffen, wobei auch hier weit verbreitete Erkrankungen wie leichte Erkältungen und Infekte des oberen Respirationstraktes überwo-gen. Eine pulmonale Tuberkulose wurde selten diagnostiziert und wird in Kapitel VI.4.1 näher behandelt.

Neurologische Auffälligkeiten wie Kopfschmerzen, Tremor und Verdacht auf Epilepsie so-wie ophthalmologische und urogenitale Probleme traten sporadisch auf (s. Abbildung 8).

Bei einem Viertel der Gescreenten konnten psychische Probleme diagnostiziert werden.

Meist litten die Jugendlichen unter Schlafstörungen (20,3%; KI 17,7-23,1; Std 1,35). Es ka-men aber auch starke Traumatisierung, selbstverletzendes Verhalten, Depression und Ver-haltensauffälligkeiten vor. Bei 15 Patienten (1,7%, KI 1,0-2,8; Std 0,43) konnte der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung gestellt werden.

Im Schnitt waren ungefähr gleich viele Mädchen wie Jungen von einer PTBS betroffen (1,9% vs. 1,7%). Schlafstörungen konnten häufiger bei Jungen nachgewiesen werden

(20,9% vs. 11,1%), der Unterschied war jedoch statistisch nicht signifikant (Chi-Quadrat-Test, p-Wert 0,08).

UM aus Ost-Afrika (19,5%) waren prozentual häufiger von psychischen Störungen betroffen als UM aus anderen Regionen (Nord-Afrika 10,0%, West-Afrika 15,8%), aber auch dieser Unterschied erwies sich als statistisch nicht signifikant (Chi-Quadrat-Test, p-Wert 0,08 und 0,19).

0 200 400 600

Zähne Haut (ohne Skabies) psychische Probleme Bewegungsapparat Gastrointestinaltrakt Respirationstrakt Sonstige

keine 70 (7,9%)

117 (13,1%) 87 (9,8%)

137 (15,4%) 141 (15,8%)

219 (24,6%) 248 (27,9%)

587 (65,9%)

Abbildung 8: Gesundheitliche Beschwerden nach Organsystem

Sowohl anamnestisch festgestellte Probleme in dem jeweiligen Bereich, als auch auffällige Befunde in der körperlichen Untersuchung wurden in dieser Statistik gewertet

Anämie

Ein Differentialblutbild wurde bei 871 Geflüchteten durchgeführt. Als Grenzwert für das Vorliegen einer Anämie wurde nach WHO-Richtlinie ein Hb von 13,0 g/dl festgelegt (76).

Insgesamt konnte bei 83 UM (9,5%; KI 7,7-11,7; Std 1,00) eine Anämie festgestellt werden, der mittlere Hb lag bei 11,5 g/dl (KI 11,25-11,86; Std 1,4) und reichte von 6,6 g/dl bis 13,0 g/dl.

Zur weiteren Klassifizierung wurden das mittlere korpuskuläre Volumen (MCV) und der mittlere korpuskuläre Hämoglobingehalt (MCH) bestimmt und jede Anämie eingeteilt in mikro-, makro- und normozytär sowie hypo-, hyper- und normochrom. Die Grenzwerte für den MCV-Wert wurden zwischen 80 und 95 fl und für den MCH-Wert zwischen 27 und 31 pg festgelegt (78, 79).

39,8% (KI 29,2-51,1; Std 5,37) der Anämien konnten mit Hilfe des MCV als mikrozytär und 42,2% (KI 31,4-53,5; Std 5,42) durch den MCH als hypochrom eingestuft werden. Insge-samt waren 41,0% der Anämien damit hypochrom mikrozytär. Im Gegensatz zu makrozytä-ren und hyperchromen Formen (6,0%; KI 2,0-13,5; Std 2,61 bzw. 10,8%; KI 5,1-19,6; Std 3,41) überwog der Anteil der normozytären und normochromen Anämien (51,8%; KI 40,6-62,9; Std 5,49 bzw. 44,6%; KI 33,7-55,9; Std 5,46) (s. Abbildung 9).

0 10 20 30 40 50

Klassifiziert durch das mittlere korpuskuläre Volumen (MCV) in mikro-, makro-, normozytär sowie durch den mittleren korpuskulären Hämoglobingehalt (MCH) in hypo-, hyper-, normochrom (78, 79)

Betrachtet man die Geschlechterverteilung unter den von einer Anämie Betroffenen, fällt auf, dass 22,2% (KI 12,0-35,6; Std 5,66) der Mädchen und nur 9,3% (KI 7,4-11,5; Std 1,00) der Jungen erkrankt waren. In der untersuchten Kohorte litten Mädchen daher signifikant häufiger unter einer Anämie als Jungen (Chi-Quadrat-Test, p-Wert 0,0008). Unter den un-tersuchten Mädchen konnte bei vier eine Schwangerschaft festgestellt werden, die in allen Fällen mit einer Anämie einherging. Die Wahrscheinlichkeit, als schwangeres Mädchen von einer Anämie betroffen zu sein, war also signifikant höher als bei nicht Schwangeren (Exakte Fisher-Test, p-Wert 0,0001)

Ein statistischer Zusammenhang zwischen dem Vorliegen einer Anämie und einer Infekti-onserkrankung (TBC, Hepatitis B, HIV, Skabies, Endoparasitosen) konnte nicht nachgewie-sen werden (Chi-Quadrat-Test, p-Wert 0,32).

VI.4 Spezielle Infektionskrankheiten

Tuberkulose

Tuberkulose-Screening

Insgesamt wurden 874 der 890 UM auf Tuberkulose gescreent (98,2%; KI 97,1-99,0; Std 0,44). Acht Jugendliche erhielten kein Screening, acht weitere gaben an, bereits in einem anderen Zentrum gescreent worden zu sein. 85,9% (KI 83,4-88,2; Std 1,18) wurden mittels Röntgen-Thorax gescreent, 8,7% (KI 6,9-10,8; Std 0,95) mittels QuantiFERON® und 5,4%

(KI 4,0-7,1; Std 0,76) unterliefen beide Tests (s. Abbildung 10).

Bei 799 der 874 Untersuchten (91,4%; KI 89,4-93,2; Std 0,95) konnte eine Tuberkulose ausgeschlossen werden. 5 (0,6%; KI 0,2-1,3; Std 0,25) wiesen einen unspezifisch auffälligen Röntgen-Thorax auf und sollten sich erst nach Weiterverlegung erneut bei einem Radiologen vorstellen.

Bei 70 der 874 untersuchten UM (8,0%; KI 6,3-10,0; Std 0,92) fiel das Screening positiv aus. Als TBC-verdächtige Röntgen-Thorax-Befunde konnten bei insgesamt 34 UM (3,9%; KI 2,7-5,4; Std 0,65) verdächtige Infiltrate, Pleuraergüsse, hiläre und/oder mediasti-nale Lymphadenopathien sowie Pleuraschwielen nachgewiesen werden. 17 der 34 wiesen zusätzlich einen positiven QuantiFERON®-Test auf. Bei weiteren 41 UM ließ sich ein posi-tiver QuantiFERON®-Test ohne Röntgen-Thorax nachweisen. Bei Symptomfreiheit wurden diese Patienten als latent infiziert klassifiziert.

Von 70 als positiv gescreenten Patienten konnte bei 6 eine Tuberkulose ausgeschlossen wer-den, 11 wurden weiterverlegt, bevor eine abschließende Diagnostik möglich war. Bei insge-samt 53 Jugendlichen (6,1%, KI 4,6-7,9; Std 0,81) ließ sich eine Tuberkulose bestätigen, 15 (1,7%; KI 1,0-2,8; Std 0,44) wurden dabei als aktiv erkrankt eingestuft und 38 der 123 UM (30,9%; KI 22,9-40,0; Std 4,17), die einen QuantiFERON® Test unterlaufen hatten, als latent infiziert (s. Abbildung 10).

Tuberkulose-Screening n = 874/890 (98,2%)

positives Ergebnis n = 70/874 (8,0%) negatives

Ergebnis n = 799/874 (91,4%) kontrollbedürftiges

Ergebnis n = 5/874 (0,6%)

keine Tuberkulose

n = 6 (0,7%)

Tuberkulose-Erkrankung n = 53 (6,1%)

aktive Tuberkulose-Erkrankung n = 15/874 (1,7%)

latente Tuberkulose-Infektion n = 38/123 (30,9%)

TBC verdächtiger1 Röntgen-Thorax n = 34 positiver QuantiFERON®-Test n = 58 beide Tests positiv/verdächtig n = 17

lost to follow-up n = 11 (1,3%)

Abbildung 10: Tuberkulose-Screening mit Ergebnissen

1Infiltrate, Pleuraergüsse, hiläre/mediastinale Lymphadenopathien, Pleuraschwielen

Soziodemographische Daten und weitere Gesundheitsaspekte