6 Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt
6.4 Gewässerschutz
6.4.2 Oberflächengewässer, Wasser- und Uferlebensraum .1 Räumliche Abgrenzung
6.4.2.4 Ausgangs- und Referenzzustand .1 Vorbemerkung
6.4.2.6.3 Parallelbetrieb 29 Hydrologische Verhältnisse
Im Revisionszustand nach Abschalten und Abkühlung des Reaktors werden die hydrologischen Verhältnisse gegenüber dem natürlichen Zustand nur leicht verändert, da eine relativ geringe Wassermenge (voraussichtlich ca. 20-40 l/s bei Zellenkühlturm, bzw. ca. 640 l/s mit direkter Flusskühlung) für die Nebenkühlung benötigt wird.
Hydrobiologische Verhältnisse und Fischereibedingungen
Im Rahmen der Revisionsarbeiten wird je nach System der Nebenkühlung eine relativ geringe Menge Kühlwasser bezogen und wieder in die Aare zurückgeleitet. Die hydrobiologischen Verhältnisse der Aare werden während dieser Zeit gegenüber dem natürlichen Zustand nicht verändert.
Durch entsprechende Sicherheitsmassnahmen muss allerdings sichergestellt werden, dass während den Revisionsarbeiten keinerlei gewässerverunreinigenden Stoffe insbesondere Radionuklide aus dem Betriebsgelände abgeschwemmt werden und in die Aare gelangen können.
Lebensraumverhältnisse im Wasser und am Ufer, Flora und Fauna
Die Lebensraumverhältnisse im Wasser entsprechen während den Revisionsarbeiten dem Zustand ohne EKKM. Ufermorphologie und Bauten am Ufer werden während dieser Zeit nicht verändert und stellen weiterhin eine geringe Beeinträchtigung dar, die durch Ausgleichsmassnahmen kompensiert wird.
6.4.2.6.3 Parallelbetrieb29 Hydrologische Verhältnisse
Beim gleichzeitigen Betrieb des KKM und des EKKM sind die Kühlwasserbezüge und -rückgaben kumuliert zu betrachten und müssen gemeinsam der gültigen Gesetzgebung entsprechen.
Gesamthaft werden der Aare im Sommer maximal 15.9 m3/s Wasser entnommen (11.6 m3/s KKM + 2.3 m3/s Kühlwasser EKKM + 2 m3/s Nebenkühlung EKKM mit Durchlaufkühlung). Bei niedrigster Wasserführung der Aare im Winter (Q365) entspricht diese Wassermenge gut 45% des
Aareabflusses. Die nach GSchG Art. 31 notwendige Restwassermenge von 7.9 m3/s kann immer gewährleistet werden.
Hydrobiologische Verhältnisse und Fischereibedingungen
Mit dem Kühlwasser des KKM werden der Aare maximal 728 MW Abwärme zugeführt. Aus der Kühlwasserrückgabe des EKKM kommen bei Normalbetrieb zusätzlich durchschnittlich 12 MW (maximal 30-40 MW) hinzu. Weiter können bis zu 100 MW Abwärme durch die Nebenkühlung (mit Durchflusskühlung) in die Aare abgeleitet werden. Wird die Nebenkühlung mit Zellenkühltürmen
29 Die BKW ist bestrebt, das bestehende KKM nach Inbetriebnahme des EKKM so rasch als möglich ausser Betrieb zu nehmen. Ein paralleler Leistungsbetrieb der beiden Anlagen ist aus heutiger Sicht jedoch möglicherweise erforderlich, um die Versorgungssicherheit für die BKW und die am EKKM beteiligten Partner in der ersten Phase nach Inbetriebnahme des EKKM weiterhin gewährleisten zu können.
statt mit Durchflusskühlung betrieben, ist der resultierende Wärmeeintrag aus der Nebenkühlung vernachlässigbar klein. Damit beträgt der Wärmeeintrag in die Aare bei Normalbetrieb beider Anlagen zusammen maximal ca. 870 MW oder 120% der heutigen maximalen Wärmezufuhr. Bei ausschliesslichem Betrieb des Nebenkühlsystems bei Durchflusskühlung ohne Hauptkühlung beträgt der Abwärmeeintrag durch das EKKM 100 – 180 MW. Die von der Aare aufzunehmende Wärme beträgt in diesem aussergewöhnlichen Fall maximal 908 MW oder rund 125% der heutigen Abwärme. Entsprechend dieser Zunahme des Wärmeeintrages wird die
Wassertemperatur der Aare zusätzlich erhöht. Die Einleitbedingungen (Maximaltemperatur von 33°C für das KKM gemäss Spezialbewilligung 1992, 30°C für das EKKM gemäss GSchV) müssen dabei durch beide Werke separat eingehalten werden. Bezüglich der Flusserwärmung unterhalb der Einleitstelle sollten dagegen beide Wärmeeinträge kumuliert berücksichtigt werden (analog einer Abwassereinleitung gemäss GSchV Anhang 3.2, Art. 1 Abs. 4). Die maximal zulässige Erwärmung des Flusswassers von 3°C nach GSchV würde damit im Winter häufiger überschritten als dies heute der Fall ist und gemäss Spezialbewilligung 1992 toleriert würde. Um die Vorgaben der GSchV bezüglich Flusserwärmung einzuhalten, muss damit bei einem möglichen
Parallelbetrieb beider Nuklearanlagen der Betrieb des bestehenden KKM entsprechend eingeschränkt werden.
Nach vollständiger Durchmischung des Kühlwassers mit der Aare würde die Wassertemperatur beim Wehr Hagneck im Winter bei niedriger Wasserführung maximal (KKM auf Volllast, EKKM auf Volllast mit Nebenkühlsystem ohne Hybridkühlturm des Hauptkühlsystems) um rund 1.4°C höher liegen als ohne Kühlwassernutzung. Die Vorgaben der GSchV können damit auch hier eingehalten werden.
Bezüglich der chemischen Beschaffenheit der Aare ändert sich beim Parallelbetrieb gegenüber dem Normalbetrieb nichts, da beim Kühlwasser des bestehenden KKM keine Inhaltsstoffe aufkonzentriert werden und dieses somit in unveränderter Zusammensetzung in die Aare zurückgeleitet wird.
Lebensraumverhältnisse im Wasser und am Ufer, Flora und Fauna
Bezüglich der Lebensbedingungen für aquatische und terrestrische Organismen im und am Fluss ändert sich die Situation mit dem Parallelbetrieb insofern, als mit der kumulierten
Abwärmeeinleitung beider Werke die Flusswassertemperatur bis zur Saanemündung weiter erhöht wird. Für den Sohlenbewuchs und die aquatische Wirbellosenfauna werden die bisher beobachteten Effekte wie verändertes Artenspektrum, veränderte Individuendichte oder verändertes Wachstum einzelner Arten in der Wärmefahne leicht verstärkt. Da die bisherigen Veränderungen als nicht schwerwiegend eingestuft wurden [12] [13], sollte die Erhöhung der Abwärmeeinleitung um maximal 5% bis kurzfristig 25% keine allzu drastischen Auswirkungen haben.
Für die Fischfauna kann die erhöhte Abwärmeeinleitung unterschiedliche Wirkungen haben.
Einerseits kann die kritische Überlebenstemperatur für Salmoniden (25°C) in heissen Sommern weiter angenähert oder überschritten werden, andererseits wird die Anzahl Tage mit
Temperaturen > 15°C zunehmen. Diese Temperatur gilt als unterer Schwellenwert für eine Nierenkrankheit von Bachforellen und Äschen (PKD, "proliferative kidney disease") mit meist tödlichem Ausgang. Je mehr Tage über 15°C ein Gewässer im Spätsommer und Herbst aufweist,
zeigen, wurden Tage mit Tagesmittelwerten > 15°C in der Aare bei Mühleberg in den letzten 14 Jahren vor allem im Spätsommer und Herbst deutlich häufiger (vgl. Abbildung 6.4-8). Mit einer – auch nur leichten – Erhöhung des Abwärmeeintrages wird dieser Trend weiter verstärkt, mit zunehmend negativen Konsequenzen für die Fischfauna.
Abbildung 6.4-8: Anzahl Tage mit Tagesmittelwerten über 15°C (Schwellenwert für PKD) in den Monaten Mai-Oktober
Quelle: Stundenwerte Fassung KKM, BKW-FMB Energie AG
Im Winter, bei niedrigem Abfluss, ist die Flusserwärmung durch den Abwärmeeintrag deutlich grösser als im Sommer. Für die in der kalten Jahreszeit laichenden Fischarten (Bachforelle, Äsche) kann sich die zusätzliche Erwärmung negativ auf die Fortpflanzung auswirken, indem z.B. der Laichtermin (durch Licht- und Wassertemperatur gesteuert) verschoben wird, oder die Eientwicklung beschleunigt wird und die Jungfische zum falschen Zeitpunkt schlüpfen. Die Konsequenzen solcher Auswirkungen sind auf Grund des heutigen Wissensstandes mit grosser Wahrscheinlichkeit als negativ zu bewerten.
6.4.2.6.4 Fazit
Gesamthaft kann auf Grund der aktuellen Kenntnisse davon ausgegangen werden, dass mit dem geplanten Projekt im Normalbetrieb und im Revisionszustand die gesetzlichen Vorgaben
bezüglich Oberflächengewässer und Erhaltung der gewässertypischen Flora und Fauna
eingehalten werden können. Gegenüber dem Ausgangszustand werden die Lebensbedingungen für die gewässertypische Flora und Fauna dank des geringeren Wärmeeintrages in die Aare verbessert.
Beim Parallelbetrieb beider Kernkraftwerke müsste im Winter bei Niederwasser der Aare die Leistung des bestehenden KKM unter Umständen reduziert werden, damit die
Einleitbedingungen bezüglich der Flusserwärmung unterhalb der Einleitstelle eingehalten werden können. Weiter werden die bereits heute feststellbaren, mit der Abwärmeeinleitung zu
erklärenden Veränderungen in Wachstum und Zusammensetzung der Organismengemeinschaften
zwischen Wasserrückgabe und Wehr Niederried leicht verstärkt. Zudem sind negative
Auswirkungen auf die Fischfauna im Sommer (PKD) und Winter (Fortpflanzung und Entwicklung) möglich.
Die verbleibenden und nicht zu vermeidenden Belastungen müssen mit angepassten Ersatzmassnahmen ausgeglichen werden.
6.4.2.7 Massnahmen zum Schutz der Umwelt
Entlang des ganzen Aarelaufes zwischen Wohlensee und Bielersee ist ein erhebliches Renaturierungspotenzial vorhanden. Da mehrere Grossprojekte auf diesem Aareabschnitt in Planung oder Realisierung sind, müssen die jeweils notwendigen Ausgleichs- und
Ersatzmassnahmen dieser Projekte koordiniert werden. Dies wird innerhalb der BKW sichergestellt und bei Bedarf werden die zuständigen kantonalen Fachstellen beigezogen.
Für den Fachbereich Oberflächengewässer werden vier Massnahmen bzw. Ersatzmassnahmen zum Ausgleich der temporären und bleibenden Beeinträchtigungen durch das Projekt EKKM vorgesehen (vgl. Massnahmenübersicht Kapitel 7):
M6.4.2-1 Seitenbäche Talmatt (vgl. auch M6.10-16) EM6.4.2-1 Aufwertung Aareufer links
EM6.4.2-2 Aufwertung Aareufer rechts EM6.4.2-3 Seitenarm Runtigenau 6.4.2.8 Pflichtenheft
Aktualisierung der Daten zum Ausgangszustand in P1 und Vergleich mit den Aufnahmen 2008/09 und früher:
Zusammensetzung der Fischfauna und des Fortpflanzungserfolges ausgewählter Arten;
Zusammensetzung der Wirbellosenfauna und Schätzung der Biomasse der Fischnährtiere;
Zusammensetzung der aquatischen Vegetation und Sohlenbedeckungsgrad zwischen Wehr Mühleberg und Saanemündung;
Temperaturverhältnisse der Aare in P1 und P2;
Summarische Erhebungen zu Morphologie, Fisch- und Wirbellosenbestand und Ufervegetation im Gäbelbach (Untersuchungsperimeter P3);
Begleitung der Detailprojektierung und der Bauphase in gewässerökologischen Belangen;
Detailausarbeitung der Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen.
6.4.3 Abwasser
6.4.3.1 Räumliche Abgrenzung
Es werden alle Abwässer berücksichtigt, die während dem Bau und Betrieb sowohl auf dem Betriebsgelände als auch bei den temporären Baustelleninstallationen und Umschlagplätzen entstehen.
Als Abwasser gilt alles Wasser, welches in irgendeiner Weise gefasst und abgeleitet wird.
6.4.3.2 Grundlagen
Gewässerschutzverordnung (GSchV) vom 28. Oktober 1998
Kantonales Gewässerschutzgesetz (GschG) vom 11. November 1996 Kantonale Gewässerschutzverordnung vom 24. März 1999
Gewässerschutz und Abfallvorschriften für Baustellen GSA Februar 2003 Richtlinie für das Versickerungs-, Regen- und Reinabwasser GSA August 2003
Entwässerung von Industrie- und Gewerbearealen unter besonderer Berücksichtigung des Meteorwassers, Vollzugshilfe GSA August 2003
Voruntersuchung und Pflichtenheft mit Stellungnahmen von Bund und Kanton Machbarkeitsstudie Baulogistik (Entwurf vom 11.07.2008)
6.4.3.3 Methodik
Die Baustellenentwässerung und die Wasserversorgung der Baustelle soll soweit als möglich in einem Kreislauf erfolgen. Dazu ist auf Grund des konkreten Bauprojektes im UVB 2. Stufe ein Entwässerungskonzept zu erstellen und zu beurteilen. Dabei richtet sich das Konzept nach den Grundsätzen der SIA 431, wobei je nach Grösse des Abwasseranfalls und der freien
Ableitkapazitäten Stapelbecken in entsprechender Grösse gebaut werden müssen. Die technischen Lösungen dazu werden erst in der 2. Stufe erarbeitet.
6.4.3.4 Ausgangs- und Referenzzustand
Sowohl auf dem Baufeld des EKKM als auch auf der vorübergehend beanspruchten Fläche in der Umgebung mit den Wohnunterkünften, der Logistikfläche und den optionalen Umschlagplätzen wird heute kein Abwasser gefasst. Das Regenwasser versickert in den meist landwirtschaftlich genutzten Flächen.
6.4.3.5 Bauzustand mit projektintegrierten Massnahmen
Die Baustelle hat sowohl einen grossen Anfall von Baustellenabwasser als auch einen grossen Bedarf an Brauchwasser. Einerseits wird Brauchwasser als Bohrwasser für die Baugrubensicherung und Reinigungsarbeiten gebraucht, andererseits ist viel Anmachwasser für die Betonherstellung in guter Qualität bereitzustellen.
Durch die grosse Baustellenoberfläche fällt viel Meteor- und Sickerwasser sowie Wasser aus der Wasserhaltung an.
Da alles Baustellenabwasser behandelt werden muss, um es zumindest in die Kanalisation einleiten zu können, bietet es sich an, das Wasser einer Reinigung zuzuführen, welche die
Verwendung des gereinigten Wassers als Brauchwasser zulässt. Die Reinigung muss den Standard für die Einleitung in die Aare erreichen. Diese Qualität reicht für sämtliche
Brauchwasseranforderungen aus.
Das Baustellenabwasser wird in einer zentralen Anlage aufbereitet, wobei nach dem
Absetzbecken, wo nötig, Fällung, Flockung und Neutralisation zur Anwendung kommen. Das Wasser wird anschliessend in das neu zu erstellende Reservoir EKKM gepumpt und von dort in das neue, zum Teil definitive Hydrantennetz der Baustelle geleitet. Das Netz muss
löschwassertauglich ausgestaltet sein. Ein Reservoirvolumen von mindestens 2'000 m3 würde den Tagesbedarf der Baustelle abdecken.
Bei Wasserknappheit kann zusätzliches Wasser aus der Grundwasserhaltung oder aus der Fassung von Hang- und Quellwasser in die Bauwasserhaltung eingespeist werden. Dieser Fall erscheint aber eher unwahrscheinlich.
Einzig für das Trinkwasser ist ein Trinkwassernetzanschluss ab Netz Mühleberg nötig. Der Bezug entspricht den rund 75 m3 Wasser, welche täglich als häusliches Abwasser anfallen. Ein derartiger Bezug sollte das Netz Mühleberg vor keine Probleme stellen. Für das Trinkwassernetz ist eine temporäre, kleinkalibrige Leitungsinstallation ausreichend.
Schlussfolgerungen: Die Baustelle funktioniert bei der Wasserversorgung weitgehend autonom.
Einzig Trinkwasser für Küche und Bad sowie das daraus anfallende Abwasser sind über die bestehenden Gemeindenetze zu beziehen bzw. zu entsorgen. Die Installations- und
Bereitstellungsplätze ausserhalb des Bauperimeters werden separat versorgt bzw. entwässert.
Dort gilt SIA 431 bzw. VSA SN 592'000.