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4.1. Ein guter Start als Basis für Entwicklung

Der Eintritt in das Kinderhaus ist für Familie und Kind ein großer Schritt. Viele Gefühle sind damit verbunden. Zu Beginn ist es wichtig sich kennenzulernen und Vertrauen und

Verständnis zueinander aufzubauen. „Sichere Bindungsbeziehungen sind […] die Grundlage für eine gesunde Entwicklung und für lebenslanges Lernen“.3 Aus diesem Grund achten wir sehr auf einen positiven Einstieg. Dieser beginnt im Austausch mit den Eltern bei der Anmeldung, den Elternabenden und weiteren Kennenlernsituationen.

Danach folgt der Beziehungsaufbau zum Kind. Diese bedeutsame Zeit nennen wir

„Eingewöhnung“. Das Kind darf nach seinem Tempo die Pädagogen, seine Gruppe, die Spielmöglichkeiten, den Tagesablauf und die Räume kennenlernen. Wir gehen sensibel auf das Kind ein, um einen gemeinsamen Beziehungsaufbau zu gestalten. Unser Ziel ist es, dass sich das Kind sicher und geborgen fühlt. Eingewöhnung ist individuell und sie braucht Zeit. Je nach Alter, Charakter und Erfahrungen des Kindes gestaltet sich jede Eingewöhnung anders.

4.2. Gelebtes Miteinander

4.2.1. Akzeptanz und Wertschätzung

Jedes Kind ist auf seine Weise einzigartig und besonders. Wir nehmen jeden Menschen in seiner Ganzheitlichkeit an und erfreuen uns an der Vielfalt, die sich dadurch ergibt. Die Mischung aus verschiedenen Charakteren macht unser Miteinander bunt und bietet viele positive Lernerfahrungen. Die Kinder wachsen mit ihren Stärken und Schwächen sowie mit denen der anderen auf. Sie entwickeln ein Bewusstsein dafür, lernen sie zu

akzeptieren und wertzuschätzen. Wir begleiten sie einfühlsam, schenken ihnen

Aufmerksamkeit und das nötige Verständnis. Im täglichen Miteinander begegnen wir uns auf Augenhöhe, achten unsere Gefühle und nehmen Rücksicht aufeinander. Ein schönes Beispiel, um einem Menschen eine besondere Wertschätzung zu schenken, ist seinen Geburtstag zu feiern. Das Geburtstagskind darf an diesem Tag bei uns im Mittelpunkt stehen.

4.2.2. Partizipation

Partizipation bedeutet Beteiligung, im Sinne von Mitwirkung, Mitgestaltung und Mitbestimmung. Sie begründet sich auf Partnerschaft und Dialog. Kinder brauchen

Begleitung, um ihre Meinung zu äußern und Entscheidungen zu treffen. Partizipation stellt hohe Anforderungen an uns Pädagogen. Wir beobachten genau, hören aktiv zu und

3 BEP U3 S. 41

nehmen Kinder in allen Situationen ernst. Wir sind Vorbild und bieten Anregungen. Partizipation braucht gleichberechtigten Umgang auf Augenhöhe. Die Kinder werden von uns unterstützt, um eine respektvolle

Gesprächs- und Streitkultur zu entwickeln.

Getroffene Entscheidungen werden zeitnah

umgesetzt. Diese Verbindlichkeit schafft Sicherheit und Vertrauen.

4.2.3. Das Freispiel

Das Spiel ist die „Arbeit“ des Kindes, wodurch die eigene Welt erfahrbar wird. Hier ist das Lernen am

effektivsten. „Es macht eine beglückende Erfahrung mit sich selbst, mit seiner eigenen Lust am selbstständigen Entdecken und

Gestalten. Und diese Lust, die es dabei erfährt, wird tief in seinem Gehirn verankert.“4 Dadurch nimmt das Freispiel eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der Bildungs- und Erziehungsziele ein. Die Kinder wählen frei Raum, Zeit, Dauer, Material und Spielpartner. Somit erleben sie sich als eigenständig handelndes Wesen, welches ganz individuell nach seinem Tempo

wachsen darf. Im Spiel mit anderen Kindern eröffnen sich unermessliche Entwicklungsmöglichkeiten.

Durch ältere Kinder lernen sie sich körperlich, geistig, sprachlich und emotional zu „strecken“.

Durch Jüngere lernen sie sich zu „beugen“.

Einfühlungsvermögen, sozialen Kompetenzen und Selbstbewusstsein entwickelt sich weiter.

Das Freispiel bietet eine optimale Möglichkeit, durch

Beobachtung die Bedürfnisse und Interessen der Kinder wahrzunehmen, ihre

lernsensiblen Phasen zu erkennen und auf diese einzugehen. Wir bieten den Kindern den geschützten Rahmen, um nachhaltig zu lernen, Interessen auszuleben und Emotionen zu erkennen und zu benennen. Hierbei nehmen wir situationsentsprechend verschiedene Rollen ein, wie beispielsweise die des Spielpartners und unterstützen sie bei der Bewältigung von Emotionen und Konflikten. Wir achten auf eine gut vorbereitete Umgebung mit vielen Anreizen.

4„Wie Kinder heute wachsen“ S. 72

„Kinder lernen vieles leichter von Kindern als von Erwachsenen, da

die Entwicklungsunterschiede nicht unüberwindbar groß

erscheinen“

BEP S. 129-130

„Spiel ist nicht Spielerei, es hat hohen Ernst und tiefe Bedeutung“

Friedrich Fröbel 1782-1852

„Beteiligung ist von klein auf möglich, dass heißt mit Kindern jeden Alters und bei allen sie

betreffenden Themen. Alter und Entwicklungsstand spielen für die Beteiligungsform eine Rolle, nicht hingegen für

die Beteiligung als solche.“

BEP U3 S. 122

4.2.4. Regeln und Rituale

Regeln und Rituale gliedern unseren Alltag und unser Zusammenleben. Rituale sind immer wiederkehrende Abläufe. Die Kinder finden darin Sicherheit, Halt und

Geborgenheit. Das Miteinander ist harmonisch, wenn Regeln klar formuliert sind und einen verlässlichen Rahmen vorgeben.

4.2.5. Haus der kleinen Forscher

Die Stiftung „HdkF“ möchte allen Kindern im Kita- und Grundschulalter die alltägliche Begegnung mit

naturwissenschaftlichen, mathematischen und technischen Themen ermöglichen. Jeder soll die Gelegenheit haben dieses spannende Feld mit Freude für sich zu entdecken. Im

Zentrum steht das gemeinsame Lernen und Forschen mit Erwachsenen als Lernbegleiter.

Mit ihren Angeboten möchte die Stiftung auch zur langfristigen Nachwuchssicherung in den MINT-Bereichen (MINT: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) beitragen. Dies geschieht auch durch Fortbildungen für das pädagogische Personal.

Wir vom Kinderhaus teilen die Bildungsziele der Stiftung und geben diese Inhalte mit Begeisterung an die Kinder weiter. Seit dem Jahr 2015 sind wir ausgezeichnet zum „Haus

der kleinen Forscher“, welches wir uns durch eine umfangreiche Ausbildung und regelmäßigen

Weiterbildungen erarbeitet haben. Diese Zertifizierung wird alle zwei Jahre erneuert. Im täglichen Miteinander forschen und experimentieren wir gemeinsam mit den Kindern zu unterschiedlichen Themen. Spielsituationen geben oft Gelegenheiten zum Forschen. Wir bieten Hilfestellung und die Möglichkeit neue Erkenntnisse zu vertiefen.

4.2.6. Integration und Inklusion

„Das moderne Konzept der Inklusion hat jedoch nicht nur die Kinder mit Behinderungen im Blick. Vielmehr sieht es vor, das alle Kinder, das heißt Mädchen und Jungen

verschiedenen Alters, deutsche Kinder, Kinder mit Migrationshintergrund, Kinder mit Behinderung, Kinder mit erhöhtem Entwicklungsrisiken und Kinder mit besonderen Begabungen nach Möglichkeit dieselbe Bildungseinrichtung besuchen und gemeinsam Leben und Lernen erfahren.“5 Für uns heißt das, dass wir alle Kinder im Rahmen des uns Möglichen fördern und fordern. Wir sehen diese Vielfalt als große Chance, welche eine neue Sichtweise auf „Normalität“ schafft.

5 BEP U3 S. 31

4.2.7. Interkulturelle Erziehung

Unter interkultureller Erziehung versteht man das Erleben und Kennenlernen

unterschiedlicher Kulturen, um sich gegenseitig mit Achtung, Respekt und Verständnis zu begegnen. Unser Ziel ist interkulturelle und sprachliche Aufgeschlossenheit, das

Zusammenleben von verschiedenen Kulturen und Sprachen als Selbstverständlichkeit erleben, Interesse für andere Lebensformen wecken und Vielfalt als Bereicherung zu erfahren.

4.2.8. Gender Pädagogik

Wir bemühen uns um geschlechtsneutrale Erziehung und unterstützen die Kinder in ihrer Geschlechtsidentität. „Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern werden mit

Wertschätzung behandelt.“6 Sie werden aber nicht betont, sondern das gegenseitige Verständnis gefördert. Im Kinderhaus schaffen wir gemeinsame Elemente für Jungen und Mädchen. Niemand wird in eine Rolle gedrängt. Auch Mädchen dürfen toben und wild sein und Jungen dürfen einfühlsam und sensibel sein. Klischeehafte Rollenbilder der

Gesellschaft werden von uns kritisch hinterfragt.

4.2.9. Beobachtung und Dokumentation

Pädagogen haben den gesetzlichen Auftrag, die Selbstbildungsprozesse und

Entwicklungsstände der Kinder zu beobachten und zu dokumentieren. Beobachtungen im Kinderhaus fokussieren sich auf Kompetenzen der Kinder und geben Anlass und Impulse zum weiteren pädagogischen Handeln. Die Dokumentation ist die systematische

Zusammenstellung der Beobachtungen. Dokumentiert werden Erkenntnisse aus gezielten und spontanen Beobachtungen. Aus den Ergebnissen werden Handlungsempfehlungen abgeleitet, die Veränderungen für die pädagogische Arbeit nach sich ziehen. Die

Beobachtungsbögen (z.B. Perik, Sismik, Seldak) sind Fördervoraussetzung und dienen als Grundlage für Elterngespräche.

Wir nutzen Dokumentationsmethoden, um ein transparentes Arbeiten zu ermöglichen, wie

zum Beispiel Aushänge und Tages-Rückblicke. Um die

Entwicklungsschritte für das Kind in einer wertschätzenden Weise festzuhalten pflegen wir ein Portfolio. In dieser Sammelmappe finden sich Kunstwerke der Kinder und einige Fotos wieder.

„Und wenn wir Gelegenheit haben, ein Kind dabei zu beobachten, das so tief in sein Tun versunken ist, wie

wir das früher selbst erlebt haben, dann wird dieses Glücksempfinden in uns wieder genauso wach, wie damals. Spätestens dann wird uns auch bewusst, wie

wichtig solche Momente im Leben eines Kindes sind.

Das Kind verbindet sich dabei nicht nur vollständig mit dem, womit es sich gerade beschäftigt, es verbindet

sich auch mit sich selbst.“

„Wie Kinder heute wachsen“ S. 71-72

4.3. Ein begleiteter Abschied

4.3.1. Resilienz

„Resilienz bedeutet Widerstandsfähigkeit. Sie ist die Grundlage für positive Entwicklung, Gesundheit, Wohlbefinden und hohe Lebensqualität sowie der Grundstein für einen kompetenten Umgang mit individuellen, familiären und gesellschaftlichen Veränderungen und Belastungen.“7 In unserer Arbeit legen wir großen Wert darauf die Resilienz der Kinder zu stärken. Die Widerstandsfähigkeit eines Menschen zeigt sich, wenn sich stark veränderte oder riskante Lebensumstände ereignen. Durch eine ressourcenorientierte Förderung können die Kinder Veränderungen und Herausforderung erfolgreich bewältigen.

Personelle Fähigkeiten, wie ein starkes Selbstkonzept, hohe Problemlösefähigkeit, optimistische Lebenseinstellung, emotionale Reife und positive Lernerfahrungen sind ebenso bedeutend wie die sozialen Fähigkeiten (z.B. Bindungs- und Beziehungsaufbau, Gruppenzugehörigkeit, Freundschaften, Konfliktlösestrategien). Diese Fähigkeiten und äußeren Bedingungen, wie Schutzfaktoren in der Familie, positiven Rollenmodelle, offenes wertschätzendes Klima und demokratischer Erziehungsstil, zählen zu risikomildernden Faktoren bei schwierigen Übergängen.

4.3.2. Übergänge gestalten

Übergänge sind zeitlich begrenzte Lebensabschnitte mit markanten Veränderungen. Das Kind muss sich in kurzer Zeit an Neues

anpassen, neue Alltagsroutinen gewinnen, Gefühle bewältigen, neue Kompetenzen erwerben, Verlust von bestehenden

Beziehungen verarbeiten, neue Beziehungen zulassen, seine neue Rolle finden und sich damit identifizieren. Für gelungene Übergange nehmen wir uns die nötige Zeit, um die Kinder bei diesen Ereignissen einfühlsam zu begleiten. Wir befassen uns mit der neuen Situation, die die Kinder erwartet, sehen dem Ereignis erwartungsvoll und freudig entgegen, organisieren Kennenlernsituationen und zelebrieren einen

gemeinsamen Abschluss. Wir lassen nicht außer Acht, dass durch Übergänge auch Veränderungen im sozialen Umfeld stattfinden. Wir begleiten die Kinder, die Eltern, sowie auch die Gesamtgruppe in diesen Übergangssituationen und stehen als einfühlsamer Ansprechpartner zur Verfügung.

7 BEP S. 82

Jeder Abschied ist ein Neuanfang.