• Keine Ergebnisse gefunden

HÖHERE BEDEUTUNG DES ZUHÖRENS BEI PERSÖNLICHEN PROBLEMEN

4. SYNTHESE UND SCHLUSSFOLGERUNGEN

4.1. EMPIRISCHE ERGEBNISSE: SYNTHESE

4.1.3. ORGANISATION DER RAV

Die RAV weisen ganz unterschiedliche Organisationstrukturen und –prozesse auf. Wichtigs-tes Unterscheidungsmerkmal ist der Grad an funktioneller, branchen- sowie klientenspezifi-scher Spezialisierung der RAV. Der Spezialisierungsgrad der RAV wird massgebend von des-sen Grösse, den kantonalen Vorgaben und der RAV-Leitung bestimmt. Neben dem Speziali-sierungsgrad unterscheiden sich die RAV in organisatorischer Hinsicht durch weitere Ele-mente wie personelle Ressourcen (bzw. Dossierbelastung der Personalberatenden, Dossier-wechsel, etc).

Spezialisierung

Vor allem bei den grösseren RAV mit über 25 Mitarbeitenden sind die Personalberatenden auf unterschiedliche Branchen (bzw. Wirtschaftssektoren) spezialisiert. Als Vorteil dieser Organisationsform wird das branchenspezifische Know-how der Mitarbeitenden genannt, das für die Beratung der Stellensuchenden und insbesondere für die Kontakte zu den Unter-nehmen von grosser Bedeutung sei. Bei den übrigen vor allem kleineren RAV sind die Per-sonalberatenden für die Kontakte zu allen Branchen zuständig. Für den Verzicht auf eine

branchenbezogene Spezialisierung sprechen die grössere Vielfalt der Tätigkeiten und eine ausgeglichenere Auslastung der Personalberatenden. Die Ergebnisse der mikroökonomischen Analyse hinsichtlich einer Spezialisierung nach Branchen sind nicht sehr klar. Insbesondere bestehen keine Hinweise, dass sich eine Branchenspezialisierung positiv auf die Beschäfti-gungschancen der Stellensuchenden auswirkt. Für die Stellensuchenden mit schlechten Aussichten und die unqualifizierten Stellensuchenden scheinen die Effekte kurzfristig sogar eher leicht negativ zu sein.

Die Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern ist in den RAV unterschiedlich organisiert.

Die Erhebung bei den RAV-Leitern zeigt, dass die Kontakte zu den Arbeitgebern schweizweit bei gut 50 Prozent der RAV durch alle Personalberatenden gepflegt und zu rund 50 Prozent eine Spezialaufgabe von einigen Personalberatenden und/oder anderen Mitarbeitenden ist.

Die in den Fallstudien befragten Unternehmen schätzen die Spezialisierung der RAV hin-sichtlich der Arbeitgeberkontakte. Positiv hervorgehoben wurden die Klarheit der Ansprech-partner, das Branchenwissen und die Bemühungen zur Abklärung der Bedürfnisse der Un-ternehmen sowie zur Selektion der Dossiers bei Vakanzen. Die mikroökonomische Analyse ergab jedoch keine eindeutigen Ergebnisse betreffend der Spezialisierung der RAV bei den Arbeitgeberkontakten. Aufgrund der positiven Bedeutung der Arbeitgeberkontakte als In-formationsquelle für die Personalberatenden kann jedoch vermutet werden, dass möglichst alle Personalberatenden, wenn auch eventuell nur mittelbar, Kontakt zum Arbeitsmarkt und Arbeitgebern pflegen sollten.

Das Sanktionswesen ist in den RAV ebenfalls unterschiedlich organisiert. Während in einigen RAV die Personalberatenden für die Kontrolle der Pflichterfüllung der Stellensu-chenden und die entspreStellensu-chenden Sanktionsentscheide zuständig sind, sind die Personalbe-ratenden in anderen RAV lediglich für die Kontrollen und eine entsprechende Meldung ver-antwortlich. Der Sanktionsentscheid wird anschliessend von einer anderen Stelle (Rechts-dienst, Arbeitslosenversicherung oder RAV-Leiter) gefällt. Diese funktionale Trennung ging in den Schätzungen mit positiven Ergebnissen hinsichtlich der Wiederbeschäftigungschan-cen der Stellensuchenden einher, was auf eine administrative Entlastung der Personalbera-tenden und ein weniger belastetes Vertrauensverhältnis zu den Stellensuchenden zurückzu-führen sein könnte. Des weiteren scheint eine Funktionstrennung von Kontrolle und Sank-tionsentscheid mit einer generell höheren Sanktionsneigung einherzugehen, was die positi-ven Effekte von Einstelltagen weiter verstärkt.

Weitere organisatorische Elemente

Die RAV teilen die vorhandenen personellen Ressourcen je nach Strategie unterschiedlich auf die Aufgaben Beratungsgespräche, „Administratives“ und Arbeitgeberkontakte auf (vgl.

Kapitel 4.1.2). Erstens, ist die Anzahl von den Personalberatenden zu bearbeitenden Dos-siers („Dossierbelastung“) zwischen den RAV unterschiedlich. Gemäss der standardisierten Erhebung betreut ein Personalberater zwischen 100 und 140 Dossiers (Durchschnitt: 130 Dossiers). Die mikroökonomische Analyse ergab jedoch keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der Dossierbelastung und den Wiederbeschäftigungschancen der Stellensuchen-den. Zweitens, sind der Umfang und die Organisation der administrativen Tätigkeiten zwi-schen den RAV unterschiedlich. Unter dem Begriff „Administration“ wurden alle Aktivitäten ausserhalb der beiden Kernaufgaben Beratungsgespräche und Arbeitgeberkontakte als Ad-ministration zusammengefasst. Die AdAd-ministration umfasst in dieser weiten Definition nicht nur das Anlegen und Verwalten von Dossiers sondern auch das Einleiten von Sanktionen und das Handhaben von Beschwerden sowie die interinstitutionelle Zusammenarbeit. Die Schätzergebnisse deuten darauf hin, dass ein grosser Anteil an administrativen Tätigkeiten im RAV tendenziell mit positiven Beschäftigungswirkungen verbunden sein dürfte. Dies reflektiert zum Teil wohl auch die Kontroll- und Sanktionsaktivitäten, die ein gut verwalte-tes Dossier und Nachfragen und Nachforschungen erfordern.65 Andererseits ergaben sich negative Effekte, wenn Personalberatende selbst stark mit administrativen Aufgaben be-lastet wurden. Gleichwohl die Evidenz nicht sehr stark ist, deutet dieses doch an, dass es empfehlenswerter wäre, spezialisiertes administratives Personal (Sekretariat, Sanktions- und Rechtsdienst etc.) einzusetzen, als die administrativen Aufgaben auf die Personalberaten-den aufzuteilen.

Die Möglichkeit eines Dossierwechsels zwischen Personalberatenden ist bei den RAV sehr unterschiedlich organisiert. Einige RAV führen generell keinen Dossierwechsel durch, um die Beziehung bzw. das Vertrauensverhältnis zwischen den Stellensuchenden und dem jeweiligen Personalberatenden nicht zu gefährden. Die mikroökonomische Analyse zeigte jedoch, dass RAV, die nach einer gewissen Zeit einen automatischen oder auf Wunsch der Personalberatenden fallweisen Dossierwechsel vorsehen, klar bessere Ergebnisse hinsichtlich der Wiederbeschäftigungschancen der Stellensuchenden erzielen. Begründet wird dies da-mit, dass der Dossierwechsel zu einer neuen Dynamik im Stellensuchprozess und damit zu einer verstärkten Aktivierung der Stellensuchenden führen kann.

65 Es kann aber auch ein aktiveres und stärker reglementiertes RAV widerspiegeln, das weniger Zeit für langdauernde Bera-tungsgespräche vorsieht.