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OAI-Belegungen und semantisch benachbarte Prädikate

Im Dokument Über den Ort der Einstellungen im Satz (Seite 149-156)

4.4 These 3: Die Unfehlbarkeit des Sprachorgans und die Mittel natürli- chen Sprechens

4.4.1 Die Unfehlbarkeit des Sprachorgans: Überlegungen zur Stellung der Sprachkompetenz in der Sprachverwendung

4.4.1.2 Generieren und Prozessieren

4.4.1.2.3 OAI-Belegungen und semantisch benachbarte Prädikate

Oben wurden zur Bezeichnung der Binnenverhältnisse zwischen den Bestand- teilen des Satzes Hyperskripte in Form griechischer Großbuchstaben verwen- det, die dort nicht besonders erläutert wurden. Bei diesen Hyperskripten han- delt es sich um eine Verallgemeinerung der Hyperskripte, wie sie in Anleh- nung an Chomsky Stechow / Stemefeld (Stechow / Stemefeld: Bausteine; S.

227ff; S. 265f) zur Beschreibung einer Struktur wie ״telefona Giovanni“ ver- wenden, die als

pr0j AGR׳'k V* NPļ

wiedergegeben werden kann, wobei das subkoindizierende j die ״ normale“

Koreferenz von Giovanni und dem expletiven pro kennzeichnet, während das superkoindizierende / Kennzeichen für die zwischen den so koindizierten Eie- menten vorliegende Kongruenz-Beziehung steht. Allerdings bedarf es nicht prinzipiell der Kongruenz wie die Superkoindizierung in ״ (There)1 were (three men from England)1“ zeigt. Diese spezielle Elemente-verknüpfende Funktion der Hyperskripte sei hier in der Weise verallgemeinert, daß z.B. das superskri- bierte к die Verbindung von AGR und V als finitem Verb bezeichnet, das superskribierte Ѳ in Regel G2(2) die Verknüpfung der Elemente, wovon das eine eine Thetarolle zuweist, das andere diese sättigt, und im Falle von (30) wieder andere, im folgenden genauer zu betrachtende Verknüpfungen vorlie- gen, wobei die dabei verwendeten Zeichen völlig arbiträr sind.

logisches Modell des Spracherwerbs von der Annahme einer zweiten Grammatikkom- ponente mit erlernten Regeln profitieren, führte dies doch dazu, daß nicht ausschliess- lieh der ״ nackte“ phonetische, jeweils isolierte und singuläre Input als Auslöser / trig- gering experience zur Setzung der Parameter in Frage kommen, sondern ab einer be- stimmten Entwicklungsstufe auch ״ vorverarbeites“ , in Regelform gegossenes Mate- rial. Gehen wir zum Beispiel davon aus, daß ein ja / unter der Bedingung X / nein- Parameter existiert, der festlegt, ob in einer Sprache nicht-finite eingebetteten Sätze (inkohärente Infinitive) möglich sind oder nicht (so wie z.B. im Bulgarischen inkohä- rente Infinitive faktisch ausgeschlossen sind), so könnte eine vor der letztendlichen Setzung eines entsprechenden Parameters erlernte Regel wie G2(2) Evidenz sein, we- nigstens die nein-Option auszuschliessen.

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13 4 Dr e i Th e s e n: Th e s e 3 - Ge n e r i e r e n u n d Pr o z e s s i e r e n

G raphik 30: O perator - Proposition

(3) г Г 1 י г r 1״ ־s r . - i ^ i E

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וи

-Das Z ist gänzlich unambitioniert, es besagt nichts weiter, als daß die OAI- Belegung von С zur Proposition in IP passen muß, so daß also z.B. ausge- schlossen ist, daß eine Proposition ״Zwei und zwei ist vier“ mit einer OAI- Belegung verknüpft wird, die auf einen Befehl hinausläuft, und umgekehrt, daß die (funktionale) Belegung von OAI den gesamten Bestand verwendeter Formen in IP (nicht nur I und QP) durchdringt, daß also z.B. bei der Moglie- hkeit der Wahl zwischen verschiedenen Nomina oder Kollokationen das am besten zu OAI passende zu wählen ist.

Der vorrangig interessierende Punkt ist die Beziehung zwischen Operator und Proposition im Satz, bezeichnet mittels H. Zunächst scheint unabweisbar, daß nicht jede mögliche Beziehung zwischen zwei Propositionen in ein Opera- tor-Propositions-Verhältnis gefasst werden kann. Dies gilt zum einen etwa für die Ursache-Wirkung-Relation *[cp[1p[npSkifahrengestürzt] [Ich habe mir das Bein gebrochen]]] (weil ich Ski gefahren und dabei gestürzt bin, habe ich...), für aus Matrixsatz-plus-finaler Nebensatz hervorgegangene Strukturen *[cptip Du [üp’chsagsdir] [weißt es]]] (Ich sag’s Dir, damit Du es (ein für allemal) weißt) und viele andere mehr. Zweifelhaft wäre der Status von ‘wenn’ in ״ Ich komme wenn um sieben“ (Wenn ich kommen sollte, komme ich um sieben), was man eventuell auch in Form von [Cp f!p Ich komme [^p wenn] um sieben]]

analysieren könnte. Wollen wir nicht über die Trial-and-Error-Methode alle denkbaren Beziehungen zwischen Propositionen durchtesten, müssen wir uns anders an die Frage der möglichen Beziehungen herantasten.

Nach der Bestimmung, die wir oben für QP gegeben wurde, ist diese ein formaler Ausdruck, wie auch die Infl-Merkmale, für den funktionalen Kopf C=OAI, QP realisiert daher entweder, was auch Infl, aber weniger explizit und weniger präzise realisieren kann (also ״ Gestern abend um sieben...“ zusätzlich zu dem wenig expliziten [+Past] in Infl), oder aber von Infl nicht realisiert wer- den kann, weil Infl auf grammatische Merkmale und grammatisch-lexikalische Mittel verbalen Charakters (AUX und MOD) beschränkt ist148. So gibt es in

148 Steele et al. (S. 148) argumentieren dahingehend, daß bestimmte Elemente mit SatzSkopus. ״ topicalized elements, sentential adverbs, conjunctive elements“, sowie

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den meisten modernen Sprachen kein grammatisches Mittel, daß zum Beispiel die A-Belegungen [epist: nicht wahr; eval: besser; (volit: verändern)] regelhaft als Infl-Merkmal zum Ausdruck brächte, wohl aber in älteren Sprachen in Form des Optativ. In keiner mir bekannten Sprache gibt es einen regelhaften Infl-Ausdruck, der etwa [epist: wahr; eval: schlecht] zum Ausdruck brächte. Es ergibt also ein reiches Feld von OAI-Funktionen, die in Q P ihren formalen Ausdruck finden können, seien es temporale oder lokale О-Parameter, der I- Parameter (Ich komme ^psicher [!־ versprechen]), der epistemische A-Para- meter (Ich komme npsicher [A=mit denkbar größter Wahrscheinlichkeit]) oder Kombinationen mehrerer Parameter (Ich komme npsicher [Aep = zum in О festgelegten Zeitpunkt noch nicht wahr; Aeval: gut; Avolit: Sprecher will entsprechend verfahren; I = versprechen]). Offensichtlich ist damit aber die Liste möglicher Operatoren über Propositionen nicht erschöpft, was zum einen daran liegen dürfte, daß ein Konstruktionstyp auch ausstrahlen kann und da- durch Elemente angezogen werden, die dafür ״eigentlich nicht gedacht sind“, zum anderen und wichtiger aber ist die Liste der möglichen Bezugnahmen eines Sprechers durch die OAI benannten Parameter nicht erschöpft. Dies gilt zunächst für einen T(extualisierungs-) Parameter, der aus arbeitstechnischen Gründen ausser Betracht bleiben muß.

Dies gilt aber auch für eine Bezugnahme des Sprechers zum zu versprachlichenden Sachverhalt, die ״ parallel“ zur Richtung des A-Parameters

die ״ imperative and the ‘speaker attitude’ affixes in Japanese“ nicht in Infi (dort als AUX) zu stehen kommen, ״ such elements do not count for (...) the determination of first, second, and final positions“ , welche wiederum die einzigen zulässigen AUX-Po- sitionen darstellen sollen. Diese Bestimmung liegt allerdings darin begründet, daß Steele et al. in dem ״ sentence element which we have labeled AUX“ eine ״ necessary (but not sufficient) condition for the sentence to be a ‘speech act’“ sehen, was in ande- rem Gewände genau der hier vertretenen These entspricht, aber sofort in einer Weise eingeschränkt wird, die hier nicht geteilt werden soll: ״ ...to be a ‘speech act’, which expresses a truth value.“ (S. 157). Und nur wenige Seiten später wird als ״ general hypothesis“ der Arbeit formuliert, AUX besitze die Aufgabe ״ to express a judgment about the truth value of a sentence.“ (S. 160). Die ausschliessliche Fixierung auf den W ahrheitswert (die epistemische A-Belegung, wobei auch noch davon abstrahiert wird, daß der Wahrheitswert nicht absolut, sondem vom Sprecher zugeordnet wird) einmal aufgegeben und die (theoretische) Gleichgewichtigkeit anderer Parameter aner- kannt, wird es eine einzelsprachlich zu entscheidende Frage, ob eine sprachliche Ein- heit (M orphem, L exem ,...) in Infi oder ausserhalb desselben anzusiedeln ist. Ich bin nicht mutig genug, um aufgrund der Lektüre weniger Aufsätzen, die am Rande das Japanische behandeln, behaupten zu können, daß die Speaker-attitude-Affixe nicht sinnvollerweise als in Infi angesiedelt betrachtet werden sollten.

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liegt: wer etwas wahr(-und gut-)nimmt, nimmt dies natürlich auch auf, wobei dies mit einem Sinnesorgan (sehen, hören, fühlen!) oder mit dem psychischen oder intellektuellen Apparat (schlußfolgern, fü h len ) geschehen kann. Und Verben (Prädikate), die diese Perzeptions-Relation oder mentale Prozesse denotieren, teilen anscheinend viele Merkmale von Verben und Prädikaten, die die А-Parameter denotieren. Dennoch scheint es kaum gerechtfertigt, neben den OAI und dem Т-Parameter noch einen P[erzeptions-]-Parameter für die (Art und Weise der) Aufnahme des prädizierten Sachverhaltes mittels eines nach aussen oder ״ innen“ gerichteten Sinnesorgans anzusetzen. Dagegen spricht zum einen, daß im Unterschied zu OAI, die in Form von Tempus , Modus und Modalverben und bestimmten Partikeln, sowie Т in Form von Definitheit (starke vs. schwache Deklination) und Pronomen zumindest rudi- mentär einen grammatikalisierten oder grammatikalisch-lexikalischen Aus- druck besitzen, die Sinneswahmehmung fast ausschliesslich lexikalisch, bestenfalls in kleinsten grammatikalisch-lexikalischen Ansätzen, und in keiner grammatikalisierten Form versprachlicht wird. Dies bedeutet zum anderen, daß die [P-]Aufnahme eines Sachverhaltes Rpräd diesem gegenüber (in der Spra- che) äusserlich bleibt im Unterschied zur [A-] Wahrnehmung, was sich auch daran ablesen lässt, daß solche Verben anscheinend über den Status des oben charakterisierten Doppelverbs (mal Voll-, mal AUX-Verb) nicht hinaus- kommen. Letztlich sind - als denkbare QP-Belegung - reine perzeptive Satz- adverbiale äusserst selten, hörbar mag eines der wenigen sein149. Als

Nor-136 Dr e i Th e s e n: Th e s e 3 - Ge n e r i e r e n u n d Pr o z e s s i e r e n

149 ‘rein’ in dem Sinne, daß ein auf einen intellektuellen oder emotionalen Prozess ver- weisender Bedeutungsanteil das Lexem als übertragen verwendet verstanden werden lässt.

Die Vermischung von Sinneswahmehmung, kognitiver Prozess und (epistemischer) Einstellung zeitigt auch Folgen für die Transparenz des eingebetteten (leeren) C ’s.

Vgl. etwa den bei Rūžička (Studien; S. 33ff; Autonomie; S. 42) diskutierten Befund Comries, daß (149-1) im Unterschied zu (149-2)

(149-1) Я видел М арию говорящей с Иваном.

(149-2) Я видел, как Мария говорила с Иваном.

(Ich sah Maria mit Ivan sprechen / wie Maria mit Ivan sprach) unzulässig sei, wenn der Sprecher nicht Maria auch tatsächlich gesehen, mit seinen Augen wahrgenommen hat. Die durch как gefüllte C(=OAI)-Position von (149-2) ist nach (+wahr) spezifi- ziert, wobei es der Natur dieser Parameter entsprechend unerheblich ist, warum ein Sprecher ihn so und nicht anders belegt; es ist also keine Schlußfolgerung darauf möglich, was der Sprecher wirklich gesehen hat. Im ersten Satz dagegen wird nicht die (von der Wahrheit des Matrixsatzes unabhängige) Wahrheit des Komplementsat- zes behauptet, sondern lediglich die Wahrheit des Matrixsatzes selbst. Sollte sich also herausstellen, daß nicht Maria gesprochen hat, so hat der Sprecher gelogen (weil er Maria nicht gesehen hat), oder er hat zumindest falsch Zeugnis abgelegt wider Maria

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malfall erscheint dagegen, wie in offensichtlich, offenbar150, fühlbar, daß mit der perzeptiven Bedeutung ein mentales Prädikat verbunden wird, was zu einer Gemengelage von Perzeption und (z.B.) Urteil führt. Letzteres wird z.B. von Arutjunova als смеш анная пропозициональная уст ановка (Arutjunova:

polagat’)151 bezeichnet und anhand von Prädikaten der Perzeption (ins­

(indem er Ivans Gesprächspartnerin in seinem Personengedächtnis vorschnell als Maria identifizierte), eine schlussfolgernde Komponente ist in (149-1) jedoch nicht möglich. Die beiden Sätze unterscheiden sich also, von unterschiedlichen Sanktions- möglichkeiten bei Nichtzutreffen abgesehen, darin, daß (149-2) einen eigenen, spezifi- zierten А -Parameter für den Matrix-Satz besitzt (1 4 9 -2 ") und einen spezifizierten A-

(149-2’) und (149-2” ) unterscheiden sich darin, daß letzteres die Wahrheit des Sehens mitbehauptet, ersteres nicht. Dadurch wird видепг in erstcrem zu einem (pseudo־) epi- stemischen Operator, der einen Hinweis gibt, warum der Sprecher zu dieser episte- mischen Einstellung gelangt. Das assertierte Sehen bleibt jedoch rein propositional und kann seinerseits durch explizite Einstellungs-Operatoren modifiziert werden (Я,_&

сож алению , видел как М ария...).

150 Interessanterweise ist das ״eigentliche“ Lexem des Deutschen für den visuellen Kanal

*sichtbar’ hier etwas in den Hintergrund gedrängt. Dies mag damit Zusammenhängen, daß z.B. bei einer Person, die sichtlich oder sichtbar mitgenommen ist, nicht so leicht zu entscheiden ist, ob nun die Person ein mitgenommenes Aussehen hat, oder der (arbiträre) Sprecher der Person das Mitgenommensein ansieht, offensichtlich ist offen־

sichtlich auf letztere Möglichkeit festgelegt. sondem schliesst man aus dem Gesehenen und seinem individuellen Wissen. Dement- sprechend ist Arutjunova auch nur zuzustimmen, wenn sie schreibt, ״ зрительное

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besondere видет ь - sehen) und deren möglichen Übergang in Prädikate, die epistemische Prozesse denotieren (vermuten, erkennen) untersucht. Diese Gemengelage beginnt bereits bei einer klaren Zwei-Satz-Struktur (Zwei-IP- Struktur) wie ״ Ich sehe, daß er kommt“, in der ‘Ich sehe’ nicht unbedingt (wenn überhaupt) alleine die Sinneswahmehmung assertiert, sondem - weil, was man sieht, auch wahr, oder besser: der Fall sein muß - eine Wahrheitsbe- hauptung über ״er kommt“ aufstellt, also eine illokutionsindizierende Funktion ausübt152 - wodurch zugleich der Status von ‘Ich sehe, daß’ ambivalent ist zwischen IP und CP, zwischen Operatorphrase als IP-Adjunkt und eigenständi- gern Satz - [CP, [пр=ік Ich sehe daß] [״>,...]] vs. [CP1 [״>, Ich sehe] [cpJcdaß]

[1P2...] ] ־ • In ״ Ich sehe ihn kommen“) wird wohl weniger die Illokution indi- ziert als vielmehr, aus gleichem Grunde, der epistemische Parameter auf wahr gesetzt. In ״ Ich sehe kommen, daß du heute noch Arger bekommst“ wird

Auch das zweite und dritte Kriterium Arutjunovas Analyse scheint kompatibel mit den hier vorgeschlagen syntaktischen Reanalysen (Nachbarschaften): So sind (in Bezug auf den W ahrheitswert) ״ Ich glaube (sehe) nicht, daß er kommt“ und ״ Ich glaube weshalb sie an dieser Stelle nicht weiter besprochen werden muß.

152 Moores Paradoxon (etwa: ״ Es ereignet sich X, aber ich glaube es nicht (, daß sich X hauptung assertiert, während das aber-Konjunkt die epistemische -w ahr-Belegung expliziert, oder das aber-Konjunkt bezieht sich auf den ganzen vorhergehenden Satz, so daß nicht allein der spazierengehende Ehemann im Skopus ist, sondern der Inhalt der Sinneswahm ehm ung als per Sinneswahmehmung aufgenommen - was dann zu dem Konflikt führt, entweder seinen Sinnen oder seinem (vermeintlichen) Wissen trauen zu müssen, aber nicht beides gleichzeitig zu können.

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einem inneren Auge etwas gesehen, also vermutet, geschlußfolgert usw.: offen- sichtlich, о ч е в и д н о ю :ich = inaktuell, Aepisi = wahr....ן ist etwas, wenn jeder, unabhän- gig von meiner Person des Sprechers, dies vor sein äusseres oder inneres Auge gestellt, dieses auch notwendig als wahr erkennt. Für solche Lexeme ist also

• «

ein leichter Übergang festzustellen von der Denotierung der sinnlichen Wahr- nehmung zu dem (eventuell) davon ausgelösten mentalen Akt (vermuten) und dem gegebenenfalls durch dies (oder auch anderweitig) hervorgerufenen Ergebnis (für wahr halten). Nur das letzte aber ist ein Einstellungsparameter auf die Proposition im Sinne von ((OAI) (Rpräd)), wie oben eingeführt, wäh- rend die anderen Parameter katalytische Funktionen bezeichnen. Der Umstand, daß die eingesetzten Lexeme die Grenzen zwischen diesen drei Formen der Gegebenheit des Sachverhalts verwischen153, darf nicht dahingehend gedeutet

153 Die Verwischung der Grenze und die Vermischung verschiedener logischer Einheiten ist in diesem Bereich überaus verbreitet und betrifft nicht nur die Vermischung per- zeptiver mit epistemischen Elementen. Gleiches gilt, wie Apresjan und Jakovleva aus- geführt haben, auch für eine Vermengung deiktischer Parameter mit perzeptiven Para- metem: so analysiert Apresjan in ״ Dejksis v leksise i grammatike i naivnaja kartina mira“ (1986) im vierten Abschnitt die Art und Weise, wie der Standort des Beobach- ters (mesto nabljudatelja) in die sprachlichen Einheiten eingeht. Zunächst stellt Apres- jan fest, daß diese Form der Deixis wesentlich verbreiteter ist, als üblicherweise ange- Sprecher-Standort, während im letzteren Falle schlicht die objektive Entfernung von X und Y konstatiert werde. Im Zusammenhang mit Verben vertritt Apresjan die Auffas- sung, daß russisch прийти / уйти im Unterschied zu ihren Äquivalenten kommen / gehen wie auch die jeweiligen Entsprechungen im Englischen und Französischen keinen impliziten Sprecherstandort besitzen. Diesen Standpunkt versucht er mit Bei- spielen wie ״ O ni... prišli v Terskol“ (S.24) plausibel zu machen, in denen nicht ausge- drückt sei, daß der Beobachter selbst sich in Terskol befände. Dies gilt allerdings auch nicht im Deutschen: weder ״ Sie kamen nach Terskol“ noch ״ Sic kamen in Terskol an“

beinhaltet notwendig, daß der Beobachter selbst in Terskol ist. Für diese einfachen Fälle scheint vielleicht weniger ein in die Verbsemantik ״ eingebauter“ Beobachter- Standort sich anzubieten als vielmeht ein in die Satzbedeutung eingebauter Aktuāli- täts-Parameter: [[0+akluc11...] [ipSie kamen {implizit oder explizit: hier) in Terskol an]

vs. [[O.aiaucii.J [ipSie kamen 1 *hier} in Terskol an]. Zu ähnlichen Fragsteliungen vgl.

auch Jakovleva (О svjazi dejksisa i modaKnosti).

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werden, daß diese (hier genannten) drei Formen der Gegebenheit selbst nicht unterschieden werden könnten. Die Unterscheidung dieser Formen des Gege- benseins bzw. der Bezugnahme ist die Voraussetzung dafür, daß wir als Ab- straktionsleistung vom Sprecher (von sich selbst) und dessen (seiner) Wahr- nehmung (scheinbar) unabhängige Aussagen treffen können.

4.4.1.2.4 Infi als bidirektionaler Kopf des Satzes: Die Zuweisung des

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