• Keine Ergebnisse gefunden

Nutzeffekte der Zertifizierung

9   Interviewbefragung zertifizierter Betriebe in Sachsen-Anhalt

9.2   Ergebnisse der Interviews

9.2.2   Nutzeffekte der Zertifizierung

Eine betriebliche Zertifizierung sollte grundsätzlich für einen Zertifikathalter mit einem (kontinuierlichen) Verbesserungsprozess betrieblicher Abläufe sowie mit einem Nutzwert verbunden sein. Da dieser Nutzwert sich nicht in jedem Fall direkt oder indirekt monetär darstellen muss, wurden im Rahmen der Interviewbefragung auch weitere, (in)direkte und/oder ideelle Nutzwerte ermittelt. Die Ermittlung der verschiedenen Nutzeffekte diente der vorgesehenen Ermittlung des Aufwand-Nutzenverhältnisses auf Basis der in Abschnitt 7.2.2 methodischen Grundlage nach Vershofen.

Das Ergebnis dieser Erhebungen vorwegnehmend zeigt sich, dass nach Angaben der Befragten dem betrieblichen Aufwand einer Zertifizierung insgesamt nur teilweise betriebliche Nutzeffekte gegenüber stehen.

Auf die Frage nach den (positiven) Effekten einer Zertifizierung ergibt sich ein differenziertes Bild, je nach konkreter Fragestellung und Zielgruppe.

9.2.2.1 Direkte positive monetäre Nutzeffekte

So kann über alle Befragten hinweg die Aussage getroffen werden, dass keine direkten positiven monetären Nutzeffekte erzielt werden. Insbesondere für die Waldeigentümer sind daneben auch indirekten positiven monetären Auswirkungen i.d.R. nicht oder kaum zu spüren (47% nein, 32% k. A.).

9.2.2.2 Indirekte positive monetäre Nutzeffekte

Forstliche Dienstleistungsunternehmen geben mit 53% und CoC-zertifizierte Betriebe mit 50% der Befragten an, das sich eine Zertifizierung im weitesten Sinne (positiv) monetär ausgewirkt hat. Hier wurden speziell Effekte wie Erhalt bzw. Ausbau des generellen Markt- und Kundenzugangs als positive Auswirkungen genannt. Diese indirekten (positiven monetären) Effekte durch eine Zertifizierung, lassen sich unter den Begriffen „Verbesserung des Marktzugangs“ bzw. „Marktsicherung“

zusammenfassen.

Abb. 81 Interviewbefragung: Verteilung der Antworten auf die Frage nach indirekten (positiv) monetären Effekten der Zertifizierung

Projektbericht: Vergleich forstlicher Zertifizierungssysteme 96

Interviewbefragung zertifizierter Betriebe in Sachsen-Anhalt

Weitere positive (nichtmonetäre) Nutzeffekte waren auf Nachfrage bezüglich derjenigen Effekte einer Zertifizierung ermittelbar, die zu einer betrieblichen

„Sensibilisierung“ bezüglich des eigenen Handelns beigetragen haben. Hierzu zählen unter anderem das „Nachdenken über die eigenen Prozesse“, „Sicherheit bezüglich gesetzlicher Vorgaben“ und „Verbesserung bei der Arbeitssicherheit und beim Arbeitsschutz“. Auch positive (nichtmonetäre) Nutzeffekte, die durch Veränderungen im betrieblichen Umfeld ermittelbar waren, wurden im Rahmen der Interviews detailliert hinterfragt. Erkennbar waren hier (vereinzelte) Effekte der Zertifizierung, die zu einer Erleichterung des betrieblichen Handelns durch verbesserte Außenwahrnehmung im Sinne einer „Legitimation der Waldarbeit“ führten.

Auf die Ergebnisse der Befragungen zu spezifischen Nutzeffekten wird im Folgenden im Detail eingegangen.

9.2.2.3 Sicherheit bezüglich der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben

Auf die Frage, ob das Zertifikat „mit regelmäßigen Prüfungen hilft, "Vorschriften"

einzuhalten und diesbezüglich Up-to-date zu bleiben“ antworten die Zielgruppen der Befragung wie folgt:

Die Forstdienstleister und die Waldeigentümer geben an, dass die regelmäßigen Überprüfungen hilfreich sind, um über aktuelle Vorschriften, Neuerungen oder Verbesserungen informiert zu werden und somit für bestimmte Aspekte (Sicherheitsmaßnahmen, technische Standards, arbeitsrechtliche Belange etc.) sensibilisiert zu werden. Hingegen sind für die CoC-zertifizierten Unternehmen diese indirekten Nutzeffekte deutlich weniger gegeben (vgl. Abb. 82).

Abb. 82 Interviewbefragung: Nutzeffekte durch höhere Sicherheit bezüglich der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben

Auf die Frage nach einer Erhöhung der Sicherheit bezüglich der Abwicklung innerbetrieblicher Prozesse durch die Zertifizierung antworten bereits weniger als die Hälfte aller Forstdienstleister (40%) und Waldeigentümer (47%), dass die Zertifizierung hilfreich für eine „sichere“ Gestaltung innerbetrieblicher Abläufe ist. Bei den CoC-zertifizierten Unternehmen gibt lediglich ein Viertel aller Befragten eine positive Antwort auf diese Frage (vgl. Abb. 83).

Projektbericht: Vergleich forstlicher Zertifizierungssysteme 97

Interviewbefragung zertifizierter Betriebe in Sachsen-Anhalt

Abb. 83 Interviewbefragung: Nutzeffekte durch höhere Sicherheit bezüglich Sicherheit bzgl. der betriebsinternen Prozesse

9.2.2.4 Außenwirkung und Außenwahrnehmung der Zertifizierung

Zur Ermittlung weiterer (indirekt) positiver Wirkungen und Effekte der forstlichen Zertifizierung wurden die Interviewpartner nach sogenannten „Image“- und Marketing-Effekten der Zertifizierung befragt. Hier zeigte sich in den Gesprächen zunächst, dass sowohl branchenexterne (nach außen gerichtete), als auch brancheninterne (nach innen gerichtete) positive Wirkungen einer Zertifizierung, nicht in dem Umfang eingetreten sind, wie es die Mehrheit der Befragten erwartet und erhofft hatte (vgl. auch Gründe der Zertifizierung).

Auf konkrete Fragen nach der „aktiven“ betrieblichen Nutzung des Zertifikates oder des Zertifizierungsstatus, ergab sich allerdings auch, dass die Zertifikate nur sehr selten als Marketingmittel eingesetzt und verwendet werden. In der nach außen gerichteten, branchenexternen Kommunikation (gesellschaftliches Umfeld) sind es noch am ehesten die Waldbesitzer/Waldeigentümer, die das Zertifikat als Marketingmittel nutzen.

Forstlichen Dienstleistungsunternehmen und Betriebe der holzverarbeitenden Industrie (inkl. Holzhändler) „werben“ hingegen nicht oder kaum mit dem Zertifikat (vgl. Abb.

84). Begründet wird dies durch die Befragten damit, dass ihnen der direkte Kontakt zu den Endkunden als gesellschaftliche Gruppe fehlt.

Projektbericht: Vergleich forstlicher Zertifizierungssysteme 98

Interviewbefragung zertifizierter Betriebe in Sachsen-Anhalt

Abb. 84 Interviewbefragung: (Aktive) Nutzung des Zertifikats als Marketingmittel (branchenextern, gesellschaftliches Umfeld)

Im Gegensatz zur branchenexternen Nutzung ist festzustellen, dass die Zertifikate innerhalb der Branche, d.h. in der Interaktion und Kommunikation mit Auftraggebern, Kunden und Partnern schon signifikant häufiger als „Marketinginstrument“ eingesetzt werden (vgl. Abb. 85).

Abb. 85 Interviewbefragung: (Aktive) Nutzung des Zertifikats als Marketingmittel (branchenintern)

Die Erkenntnisse zur ausgesprochen verhaltenen (aktiven) Nutzung der Zertifizierung im Außenraum können durchaus auch Gründe für das, durch die Befragten angesprochene Ausbleiben von positiven Wirkungen der Zertifizierung im Außenraum und in der Außenwahrnehmung durch Dritte sein.

Da sich im Rahmen der Befragungen zeigte, dass die bislang ausgebliebenen einzelbetrieblichen, direkten wirtschaftlichen Positiv-Effekte der Zertifizierung (höhere Einnahmen, verbesserte Wettbewerbsfähigkeit, …) von den Befragten häufig zwar beklagt, jedoch weniger kritisiert wurden, als nichterreichte Effekte in der (gesellschaftlichen) Außenwirkung und -wahrnehmung, kam diesem Aspekt in der weiteren Untersuchung besondere Aufmerksamkeit zu.

Projektbericht: Vergleich forstlicher Zertifizierungssysteme 99

Interviewbefragung zertifizierter Betriebe in Sachsen-Anhalt

Zu vermuten ist, dass wichtige Potenziale (Aktionsfenster) zum Abbau bestehender Hemmnisse für den Auf- und Ausbau der forstlichen Zertifizierung durchaus auf der Kommunikations- und Marketingebene zu finden sind. Zu berücksichtigen sind bei der Entwicklung entsprechender Ansatzpunkte zur Überwindung der bestehenden

„Unzufriedenheit“ insbesondere die Schwierigkeiten der Einzelbetriebe bezüglich der

„Erreichbarkeit von Endnutzern“.

9.2.2.5 Stolz auf das Zertifikat

Auch Stolz und innere Verbundenheit mit der Zertifizierung und dem Zertifikat stellen Nutzeffekte dar, die indirekt positiv auf einen Betrieb wirken können. Wie Abb. 86 zeigt, ist eine „innere“ Verbundenheit mit der Zertifizierung im Ergebnis der Interviewbefragung bei den forstlich zertifizierten Zielgruppen nur in wenigen Ausnahmefällen zu verzeichnen.

In den Gesprächen wurden z.T. sogar Aussagen derart getroffen, dass frühere Identifikation mit forstlicher Zertifizierung sowie die Überzeugung vom Zertifikat und deren positiver Effekte nicht mehr gegeben sind. Bezogen Auf „innere Verbundenheit“

bzw. „Stolz“ auf das Zertifikat waren somit nicht nur ausgesprochen geringen Positivangaben in Abb. 86 zu ermitteln, sondern zusätzlich eine rückläufige Tendenz über alle Befragte hinweg.

Abb. 86 Interviewbefragung: Innere Verbundenheit mit der (eigenen) Zertifizierung und „Stolz“

auf das Zertifikat

Etwas positiver stellen sich die Antworten auf die Frage nach der „Zufriedenheit mit dem Zertifikat“ zunächst insgesamt dar (vgl. Abb. 87). Hier zeigt sich, dass eine Zufriedenheit mit dem Zertifikat bei denjenigen Waldeigentümern am höchsten ist, die im Rahmen der Waldbewirtschaftung durch externe Instanzen betreut werden und deren Aufwand und Verantwortung bezüglich der Einhaltung der Zertifizierungsvorgaben gering ist.

Ein „nein“ bezüglich der Zufriedenheit mit dem Zertifikat geben jedoch all diejenigen Waldbesitzer an, bei denen eigener betrieblicher Aufwand entsteht und bei denen durch die Zertifizierung die Bewirtschaftungsmaßnahmen oder die Prozesse beeinflusst werden.

Projektbericht: Vergleich forstlicher Zertifizierungssysteme 100

Interviewbefragung zertifizierter Betriebe in Sachsen-Anhalt

Abb. 87 Interviewbefragung: Zufriedenheit mit dem eigenen Zertifikat

Bei den forstlichen Dienstleistungsunternehmen ist die Zufriedenheit mit Zertifikat und Zertifizierung jeweils dann gegeben, wenn die Überzeugung der gesamtheitlich positiven Wirkung der Zertifizierung für Betrieb und Branche noch vorhanden ist. Bei den Verarbeitern/Händlern die keine Zufriedenheit mit dem Zertifikat angeben, liegen die Gründe darin, dass die Zertifikate als kompliziert und „realitätsfern“ angesehen werden.