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Nachweis eines genügenden Ersatzluft-Volumenstroms bei der Kombination von Einzelraumlüftungsgeräten mit Abluftanlagen

kontinuierlichen Betrieb

Rechenbeispiel 8.3: Nachweis eines genügenden Ersatzluft-Volumenstroms bei der Kombination von Einzelraumlüftungsgeräten mit Abluftanlagen

Die Wohnung aus Bild 8.5 ist mit drei Einzelraumlüftungsgeräten ausgerüstet, die im Normalbetrieb jeweils 30 m3/h Zuluft und Abluft fördern. Die Empfindlichkeit des Luftstroms beträgt dabei 15 %. Die bedarfsgesteuerten Abluftventilatoren von Bad/

WC und Dusche/WC arbeiten einstufig mit jeweils 50 m3/h Luftvolumenstrom.

Die Wohnung hat 80 m2 Nettofläche und die Luftdurchlässigkeit der Gebäudehülle entspricht dem Zielwert für Neubauten. Die Überströmung wird durch Luftspalte un-ter den Türen realisiert. Dem Nachweis werden die empfohlenen Unun-terdrücke von 8 Pa und 15 Pa zugrunde gelegt. Kann der geforderte Ersatzluft-Volumenstrom ein-gehalten werden?

Tabelle 8.5 zeigt den Nachweis schrittweise. Die Annahmen im Beispiel sind konser-vativ: relativ kleine Wohnung; geringe Luftdurchlässigkeit der Gebäudehülle; nur drei Einzelraumlüftungsgeräte auf zwei Abluftventilatoren; relativ gute Empfindlichkeit des Luftstroms. Trotzdem können die empfohlenen Unterdrücke eingehalten werden.

Im Standardfall besteht sogar eine Reserve; der effektive Unterdruck dürfte bei rund 5 Pa liegen.

Aus dem Beispiel lässt sich aber auch schliessen, dass bei sehr tiefer Empfindlichkeit des Luftstroms (Klasse S1) Massnahmen erforderlich wären. Das heisst aber nicht, dass die Klasse S3 oder gar schlechter gewählt werden soll. Denn dies würde die Energieeffizienz der gesamten Anlage unnötig verschlechtern (Kapitel 9.4). Massnah-men wären auch bei einer sehr geringen Luftdurchlässigkeit der Gebäudehülle, wie sie für Minergie-P-Gebäude typisch ist, notwendig.

Schritt Bemerkung, Beschreibung Standard-fall

Worst-Case 1 Erforderlicher Ersatzluft-Volumenstrom 50 m3/h 100 m3/h 2 Maximal zulässiger Unterdruck 8 Pa 15 Pa 3 Infiltration durch die Gebäudehülle

Aus Bild 7.2 werden 35 m3/h bei 4 Pa abgelesen.

46 m3/h 68 m3/h 4 Disbalance der Einzelraumlüftungsgeräte

Die Differenz zwischen Zuluft- und Abluftvolu-menstrom wird gemäss Formel 8.1 berechnet.

Annahme: Der Druckabfall der Überströmdurch-lässe (ÜSLD) ist vernachlässigbar klein. Der Un-terdruck in den Aufstellungsräumen entspricht damit dem Unterdruck von Schritt 2.

22 m3/h 41 m3/h

5 Kontrolle Überströmdurchlässe

Die Überströmung verteilt sich auf drei Türen.

Luftvolumenstrom durch einen ÜSLD: 7 m3/h 14 m3/h Druckabfall bei einem 7 mm hohen Luftspalt

(Bild 3.19):

ca. 0,15 Pa ca. 0,5 Pa Die Annahme von Schritt 4 ist also zulässig.

6 Kontrolle

Summe der Ersatzluft 68 m3/h 109 m3/h Summe der Ersatzluft ≥ erforderlicher

Ersatzluft-Volumenstrom

ja ja

7 Massnahmen

Es sind keine Massnahmen zur Erhöhung des Er-satzluft-Volumenstroms erforderlich.

Projektierung Einzelraumlüftung

8.6 Praxis

In einem Praxistest [4] wurden im Auf - trag der Energiefachstellenkonferenz Ost-schweiz in 9 Wohnungen von 5 MFH ins-gesamt 16 Einzelraumlüftungsgeräte un-tersucht. In allen Wohnungen waren Ab-luftanlagen in Bad/WC vorhanden. Push-Pull-Lüfter wurden nicht angetroffen.

Die Zuluft- und Abluftvolumenströme wurden im vorgefundenen Zustand ge-messen. Danach wurden die Geräte gerei-nigt und die Filter durch neue, saubere ersetzt. In diesem Zustand wurden die Luftvolumenströme erneut gemessen. Im Rahmen der Studie wurde der Hygienezu-stand der Geräte visuell beurteilt. Zudem wurden die Bewohner befragt, wann der letzte Filterwechsel stattgefunden hatte.

Alle Einzelraumlüftungsgeräte verfügten über Aussenluftfilter der Klasse ISO ePM1 50 % (F7). Die Abluftfilter hatten die Klas-sen Coarse (G2 oder G3). Bei 15 Geräten wurden die Filter 0,5 bis 1 Jahr vor der Un-tersuchung gewechselt. Bei einem Gerät lag der Filterwechsel 1,5 Jahre zurück. Ge-mäss Sichtprüfung war der Hygienezu-stand aller Geräte gut. Es ist anzunehmen, dass die untersuchten Geräte bezüglich Filter und Hygiene besser abschneiden, als der schweizerische Durchschnitt. Die Er-klärung liegt darin, dass bis auf eine Woh-erforderliche Ersatzluft-Volumenstrom aus

Schritt 1.

7. Wenn die Kontrolle in Schritt 6 negativ ausfällt, werden Massnahmen definiert, um den Ersatzluft-Volumenstrom zu erhö-hen. Dies kann etwa mit Anpassungen an der Ventilatorsteuerung der Einzelraumlüf-tungsgeräte erreicht werden. Beim Betrieb der Abluftventilatoren in Bad/WC können die Abluftventilatoren der Einzelraumlüf-tungsgeräte ausgeschaltet und/oder die Zuluftventilatoren auf die höchste Stufe gestellt werden. Dabei gilt es zu beach-ten, dass sich der Geräuschpegel verän-dert, was insbesondere in der Nacht stören kann. Im Weiteren kommen ALD infrage, die nur öffnen, wenn ein Abluftventilator eingeschaltet ist.

Feuerung in der Wohnung

Die empfohlenen Unterdrücke sind zu hoch, als dass bei laufenden Abluftanla-gen eine Feuerung in der Wohnung betrie-ben werden dürfte. Bei einer Feuerung in der Wohnung müssen deshalb Massnah-men getroffen werden, die verhindern, dass die Feuerung und ein Abluftventilator gleichzeitig betrieben werden.

0 20 40 60 80 100

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

Gemessener Volumenstrom/Norm-Volumenstrom in %

Laufnummer Gerät

vorgefundener Zustand gereinigt

>100 % Bild 8.7:

Zuluftvolu-menströme von Ein- zelraumlüftungsge-räten im vorgefun-denen und im ge-reinigten Zustand;

dargestellt ist das Verhältnis zu den Sollwerten der Schweizer Norm.

Die Daten stammen aus der

Praxisunter-suchung [4]. Die Laufnummern der Geräte sind nach dem gemessenen Luftvolumenstrom geordnet. Die

Rei-henfolge ist nicht gleich wie in Bild 8.8.

107 Wohnungslüftung

für Geräte mit einem Luftvolumenstrom im vorgefundenen Zustand von weniger als 85 % des Sollwerts.

Bild 8.8 zeigt die Disbalance vor und nach der Reinigung. Der Mittelwert betrug im vorgefundenen Zustand 42 % (Bereich von 0 % bis 79 %) und nach der Reinigung 21 % (Bereich von 2 % bis 55 %, ohne Nr.

612). In der Hälfte der Fälle verringerte die Reinigung die Disbalance deutlich. In fünf Fällen nahm die Disbalance mit der Reini-gung jedoch zu. In vier Fällen (Nr. 123, 612, 613 und 622) wurden die Geräte be-wusst mit ungleichen Zuluft- und Abluft-volumenströmen betrieben, um den Schallpegel zu reduzieren.

nung überall ein Wartungsvertrag vorhan-den war.

Bild 8.7 zeigt das Verhältnis der gemesse-nen Zuluftvolumenströme im Verhältnis zur Anforderung der damals gültigen Schweizer Norm SIA 2023. Zudem ist die Toleranz nach SIA 2023 aufgeführt (zuläs-sige Abweichung vom Nominalwert:

15 %).

Im vorgefundenen Zustand lagen die ge-messenen Luftvolumenströme bei 70 % der Geräte um mehr als 15 % unter der Anforderung. Nach der Reinigung waren es 40 %. Vor der Reinigung war der Luft-volumenstrom im Durchschnitt um 50 % oder 9 m3/h niedriger als danach. Dies gilt

–100 – 80 – 60 – 40 –20 0 20 40 60 80 100

111 112 113 121 122 123 211 221 311 321 611*612* 613*621*622*1011 Disbalance Einzelraumlüftungsgeräte in %

Raumnummer vorgefundener Zustand

gereinigt und mit neuen Filtern

* Die Abluftventilatoren in Bad/WC konnten während der Messung nicht ausgeschaltet werden

Bild 8.8: Vergleich der gemessenen Disbalance von Ein- zelraumlüftungsge-räten im vorgefun-denen und im ge-reinigten Zustand, Daten aus der Pra-xisuntersuchung.

Definition der Dis-balance gemäss Ka-pitel 9.4.

Einflussfaktor Zustand der untersuchten Geräte vorgefundener

Zustand

nach Reinigung und Filterwechsel

Mittlere Disbalance 40 % 20 %

Temperaturverhältnis gemäss Herstelleran-gabe (Prüfstandwerte im Neuzustand)

70 … 80 % 70 … 80 %

Reduktion des Temperaturverhältnisses durch verschmutzungsbedingte Disbalance

17 … 23 % 6 … 10 %

Reduktion des Temperaturverhältnisses in-folge Kombination mit Abluftanlagen

ca. 5 % ca. 5 % Reduktion des Temperaturverhältnisses

durch den Vereisungsschutz der WRG (für Klimastation Zürich MeteoSchweiz)1)

0 … 5 % 0 … 5 %

Jährlicher Nettonutzen der WRG ca. 40 … 50 % ca. 55 … 65 % 1) In alpinen Lagen wie z. B. Davos kann der Vereisungsschutz den Nutzen der WRG um bis zu 35 % reduzieren.

Tabelle 8.6: Grös-senordnung der Temperaturverhält-nisse und des jähr-licher Nettonutzens der WRG bei den in der Feldmessungen untersuchten Ein- zelraumlüftungsge-räten.

Projektierung Einzelraumlüftung

8.7 Literatur

[1] EN 13142:2021 Lüftung von Ge-bäuden – Bauteile/Produkte für die Lüftung von Wohnungen – Gefor-derte und frei wählbare Leistungs-kenngrössen

[2] EN 13141-8:2015 Lüftung von Ge-bäuden – Leistungsprüfung von Bauteilen/Produkten für die Lüftung von Wohnungen – Teil 8: Leistungs-prüfung von mechanischen Zuluft und Ablufteinheiten ohne Kanal-anschluss (einschliesslich Wärme-rückgewinnung)

[3] Röder, Tim; Mathis, Paul; Müller, Dirk: EwWalt – Energetische Bewer-tung der dezentralen kontrollierten Wohnraumlüftung in alternierender Betriebsweise. Fraunhofer IRB Ver-lag, Stuttgart 2019 ISBN 978-3-7388-0333-4

[4] Primas, Alex; Huber, Heinrich; Hauri, Claudia; Näf, Michel: Abluftanlagen und Einzelraumlüftungen im Vollzug Energie. Hochschule Luzern, Horw, 2018. Download via www.endk.ch

 Dokumentation/Archiv  Studien In Nr. 611 bis Nr. 622 beeinflussten die

Ab-luftanlagen von Bad/WC (nicht ausschalt-barer Dauerbetrieb) die Disbalance. In Nr. 612 verursachte der Abluftventilator einen so starken Unterdruck, dass nach der Reinigung Aussenluft durch die Ab-luftseite des Einzelraumlüftungsgeräts ein-strömte.

Die festgestellten Disbalancen haben nichts mit einem allenfalls vorhandenen Winddruck zu tun. Primäre Ursache waren Verschmutzung und verstopfte Filter, und dies trotz des hygienisch guten Zustands, in dem sich Geräte befanden. Weil die Wartung oft schlechter ist als bei den An-lagen in dieser Studie, muss in der Praxis mit grösseren Disbalancen gerechnet wer-den. Es wird auch vermutet, dass die Inbe-triebnahme nicht ideal war und dass Alte-rungseffekte einen Einfluss haben. Weiter wird die Disbalance durch das Systemde-sign beeinflusst – und in einigen Fällen wurde sie auch bewusst eingeplant.

Mit den in der Feldstudie festgestellten Disbalancen ergibt sich ein jährlicher Net-tonutzen der WRG gemäss Tabelle 8.6. Die Grundlagen dazu finden sich in Kapi-tel 9.4.

Aufgrund dieser Untersuchung wird ge-schätzt, dass der Nettonutzen der WRG bei Einzelraumlüftungsgeräten im Schwei-zer Mittelland um 50 % herum liegt. In alpinen Lagen kann der Nutzen bei un-günstigem Vereisungsschutz bis auf 30 % sinken. Trotz der Diskrepanz zu den Prüf-standwerten muss doch festgehalten wer-den, dass Einzelraumlüftungsgeräte die Lüftungswärmeverluste halbieren.

9.1 Hygiene und Filtrierung

Reinigung

Lüftungsgeräte und Anlagen müssen ein-fach zu kontrollieren und zu reinigen sein.

Die Geräte sollen regelmässig innen und aussen mit einem trockenen oder feuch-ten Lappen gereinigt werden. Die WRG sollte bei Bedarf durch Fachpersonal aus-gebaut werden können. Alle anderen Komponenten sollten gut zugänglich sein.

Filterklassen

Luftfilter werden seit 2016 nach der Norm ISO 16890 [1] klassifiziert. In der Praxis fin-den sich oft noch die alten Bezeichnungen nach EN 779 [2]. Tabelle 9.1 zeigt, welche neuen Klassen mit den alten korrelieren, zudem weist sie auf die Anforderungen der SIA 382/5 hin.

Filterverschmutzungsfaktor

Verschmutzte Filter behindern den Luftvo-lumenstrom. Um den verlangten Luftvolu-menstrom zu halten, muss also die Ventila-tordrehzahl erhöht werden. In Anlehnung an EN 13142:2021 [3], Anhang D, wird der Filterverschmutzungsfaktor definiert:

ffc = qv,ref

qv,fc (9.1) wobei

qv,ref Referenzvolumenstrom in m3/h qv,fc Geförderter Luftvolumenstrom in

m3/h, bei einem Druckverlust des Fil-ters, der dem 1,5-fachen Druckver-lust im Neuzustand des Filters ent-spricht

Tabelle 9.2 liefert Richtwerte für den Filter-verschmutzungsfaktor von verschiedenen Geräte- und Anlagetypen. Die dort aufge-führten Faktoren müssen bei der Ausle-gung des Lüftungsgeräts berücksichtigt werden, weil sich die von den Lieferanten angegebenen Volumenströme und Ener-giekennzahlen immer auf das neue Gerät mit sauberen Filtern beziehen. In der Rea-lität arbeitet ein Gerät übers Jahr aber ge-gen «durchschnittlich verschmutzte» Filter an.

Filter an Abluftdurchlässen

Einige Lieferanten bieten Abluftdurchlässe mit Filtern an. Ihr Zweck ist es, die Abluft-leitungen vor raschem Verschmutzen zu