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5.2 Diskussion Ergebnisse

5.2.2 Untersuchung der Wirksamkeit des GLP-1 bei Schädel-Hirn-Trauma Zur Prüfung der Wirksamkeit des Glucagon-like Peptide-1 auf die

5.2.2.3 Morphologische Befunde nach Trauma

Im Rahmen der Wirksamkeitsanalyse wurden zunächst die allgemeinen morphologischen Veränderungen nach der induzierten Kontusionsverletzung infolge des Controlled Cortical Impact untersucht. Dabei diente die Befunderhebung innerhalb der qualitativen Auswertung mit Hilfe der H.E.- und Nissl-Färbung der Beurteilung der posttraumatischen Folgeschäden und der Etablierung des Traumamodelles. Desweiteren wurde eine semiquantitative immunhistologische Analyse unter spezifischen Aspekten durchgeführt.

5.2.2.3.1 H.E.-Färbung

Bei allen traumatisierten Versuchstieren konnte im Bereich der Kontusion eine kortikale Gehirnschwellung beobachtet werden, die bei den mit GLP-1 behandelten Tieren deutlich verringert war. Als Ursache der Gliazellschwellung sind Schädigungen der Makroglia und Veränderungen der Ionenkonzentrationen zu nennen, die ein intrakontusionelles und perifokales Hirnödem bewirken. Man unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen einem extrazellulären, durch die Störung der Blut-Hirn-Schranke bedingten vaskulären Ödem und einer ödematösen Veränderung intrazellulärer, zytotoxischer Art, die gemeinsam ursächlich an der Bildung einer ödematösen Schwellung des zerebralen Gewebes beteiligt sind (KLATZO 1967). In diversen Veröffentlichungen wurden die Mechanismen der Schädigungen infolge einer traumatischen Gehirnverletzung anhand von Beschreibungen der Störung der Blut-Hirn-Schranke (BASKAJA et al.1997), exzitotoxischen Vorgängen (PALMER et al.1993) und ischämisch bedingten zerebralen

Zirkulationsstörungen (BOUMA et al.1991; BRYAN et al.1995) aufgezeigt.

Zahlreiche Autoren beschrieben zudem Gehirnschwellungen, die neben ödematösen Ursachen auch durch die Bildung eines posttraumatischen Hydrozephalus entstanden und durch einen Verdrängungseffekt mit einer atrophischen Abnahme der Kortexdicke verbunden waren (MAZZINI et al. 2003;

GUYOT et al. 2000; MARMAROU et al.1996). Diese traumatisch bedingten Ventrikelerweiterungen durch Störungen der Liquorzirkulation und kortikalen Atrophien waren in der vorliegenden Arbeit neben der Versuchsgruppe II (CCI) in hohem Maße bei der Versuchsgruppe III (CCI und Implantation leerer CellBeads®) zu beobachten, die sich durch die zusätzlich traumatisierende Implantation begründen lässt.

In Anlehnung an diverse Publikationen konnten bei 2 Versuchstieren der Gruppe III als Nebenbefund der moderaten Verletzungen hochgradige kortikale Nekrosen und Gewebeverluste des parietalen Kortex gezeigt werden. Im Gegensatz dazu stellten innerhalb von Untersuchungen schwerer Gehirnschädigungen mit Hilfe des Controlled Cortical Impact cavitäre Kortexverluste im Rahmen kürzerer Versuchsabläufe einen zentralen Befund dar (PALMER et al.1993; DIXON et al.1999).

5.2.2.3.2 Nissl-Färbung

Mit Hilfe der Nissl-Färbung wurden die posttraumatischen neuronalen Schädigungen infolge der moderaten Gehirnverletzung unter Berücksichtigung der allgemeinen Zellarchitektonik und der pyramidalen Zellstrukturen untersucht. Als Hauptbefund wurde besonders bei den kontusionell traumatisierten Tieren der Versuchsgruppe II eine starke Abnahme der neuronalen Zelldichte beobachtet. Weiterhin zeigten vermehrt die Versuchstiere der Gruppe III, bei denen neben der Kontusion leere Implantate verabreicht wurden, eine starke ödematöse Auflösung des Zellverbandes und einen verstärkten neuronalen Zellverlust. Im Gegensatz dazu waren bei den mit

GLP-1 behandelten Tieren sowohl der Zellverband und die Neuronendichte weitgehend erhalten als auch ein deutlich verminderte Zellverlust erkennbar.

Neuronale Degeneration, Zellverluste und ödematöse Störungen des kortikalen Zellverbandes stellen infolge von traumatischen Gehirnschädigungen einen bekannten pathophysiologischen Mechanismus dar (ASANO et al.1989;

KONTOS u. POVLISHOCK 1986; HALLAM et al. 2004; FARBER 1990).

Die Unterscheidung der Art der Veränderungen in ein extrazelluläres Ödem im perivaskulären Raum oder in eine intrazelluläre ödematöse Ausprägung im Neuropil mit Ausbildung eines Status spongiosus konnte lichtmikroskopisch nicht durchgeführt werden, da zur Darstellung des Neuropils eine elektronenmikroskopische Untersuchung erforderlich gewesen wäre.

Durch die rein qualitative Auswertung der Nissl-Färbung konnte kein gesicherter Nachweis eines möglichen Behandlungserfolges erbracht werden.

Anhand der morphologischen Betrachtung war allerdings mit Hilfe der gestellten Befunde in der H.E.- und Nissl-Färbung eine Untersuchung der Reproduzierbarkeit und der histologischen Folgen des eingesetzten Kontusionsmodelles möglich.

5.2.2.4 Immunhistologie

Innerhalb der immunhistologischen Auswertung kamen 4 Antikörper zum Einsatz. Zur Klärung spezifischer Fragestellungen wurden Antikörper gegen das Glucagon-like Peptide-1(GLP-1), das Microtubule-associated Protein-1 (MAP-1), das Glial fibrillary acidic Protein (GFAP) und gegen das MHC Klasse II Oberflächenantigen auf der Mikroglia (OX6) verwendet.

Mit Hilfe des Antikörpers gegen GLP-1 konnte die Wirkstoffproduktion und Freisetzung des Proteins durch die ventrikulär implantierten CellBeads®gezeigt werden. Außerdem diente die immunhistologische Färbung dem Nachweis der Diffusion des therapeutischen GLP-1 aus dem Ventrikelsystem in das kontusionelle kortikale Gewebe. Bei lichtmikroskopischer Betrachtung waren bei allen 4 exemplarisch gefärbten Gewebeproben mit GLP-1 sezernierenden

Implantaten eine immunhistologische Anfärbung der verkapselten Stammzellen feststellbar. Als wichtiger Befund wurde eine immunpositive Reaktion der Ventrikelwand und der Ependymzellen der Plexus chorioidei nach 4 und 8 Wochen festgestellt, die aufgrund der nachgewiesenen GLP-1-Rezeptoren in diesen Bereichen (CALVO et al.1995; ALVAREZ et al.1996) für eine Aufnahme und eine Passage des sezernierten Proteins sprechen. In diesem Zusammenhang konnte das GLP-1 auch innerhalb des kontusionellen kortikalen Gewebes nachgewiesen werden. Eine weitere Beobachtung war ein immunologischer Nachweis des GLP-1 an der Gehirnoberfläche im Bereich des Stichkanals, der möglicherweise für einen direkten Austritt des Proteins aus dem Stichkanal spricht. Diese Befunde zeigten die Wirkstoffsekretion der CellBeads® nach einer Implantationsdauer von 4 und 8 Wochen. Die zur Kontrolle immunhistologisch untersuchten Tiere der Gruppe II (CCI) und Gruppe III (CCI und Implantation leerer CellBeads®) zeigten hingegen keinerlei zerebrale Immunreaktion.

Bei der Beurteilung der Zytoskelettverletzungen wurde bei den nicht behandelten Tieren eine hochregulierte, immunhistologische Anfärbung des Microtubule-associated Protein-1 (MAP-1) gezeigt, die sich bei den mit GLP-1 behandelten Tieren in ihrer Ausprägung zwar vermindert darstellte, aber trotzdem für fast alle behandelten Tiere positiv war. Anhand bestehender Literatur lässt sich dieser Befund durch die starke Sensitivität des MAP-1 und die hohe Labilität der Mikrotubuli erklären (CARBONELL u. GRADY 1999;

CASTEJON u. ARISMENDI 2003), so dass diese Färbung nur zu einer Darstellung der Traumafolgen herangezogen werden konnte. Mit der immunhistologischen Darstellung der Astrozyten mit Hilfe des Gliafaserprotein (GFAP) und die Anfärbung der mikrogliären Hortegazellen anhand des OX6 konnten neuroprotektive Effekte des GLP-1 beobachtet werden.

Posttraumatisch zeigten die Versuchstiere der Gruppe II (CCI) und Gruppe III (CCI und Implantation leerer CellBeads®) eine moderate bis massive Steigerung der makro- und mikrogliären Reaktion, die auch in zahlreichen Publikationen bezüglich traumatischer Gehirnverletzungen beschrieben wurde

(CORTEZ et al.1989; KOSTULAS et al. 2002). Auffallend war die deutlichste Immunreaktion bei den Tieren, bei denen neben der Induktion des Kontusionstraumas eine Verabreichung leerer Implantate vorgenommen wurde (Versuchsgruppe III). Als Zeichen eines ausgeprägten Traumas wurden astrozytäre Glianarben und eine massiv gesteigerte Anzahl mikrogliärer Hortegazellen beobachtet, die zudem auch contralateral zur Traumaseite nachzuweisen war. Hierfür ist die zusätzliche Traumatisierung durch die stereotaktische Implantation zu vermuten. Außerdem stellen die implantierten CellBeads®eine weitere intrakranielle Raumforderung dar. Die Ausprägung der Immunreaktion war dabei in hohem Maße im Bereich der Kraftlinien festzustellen, die durch die posttraumatischen Scherkräfte verursacht wurden.

Infolge des Ausbildungsprozesses der reparativen Narbenbildung war tendenziell eine Abnahme der immunhistologischen GFAP-Färbung nach 8 Wochen nachweisbar. Im Gegensatz zu den unbehandelten Tieren konnte bei den Tieren mit implantierten GLP-1 sezernierenden verkapselten Stammzellen nach 4 und 8 Wochen sowohl eine deutlich Abnahme der reaktiven Astrozyten als auch der aktivierten Hortegazellen beobachtet werden, die für die hirnfunktionsschützende Wirksamkeit des Glucagon-like Peptide-1 vor sekundären posttraumatischen Folgeschäden spricht.

5.2.2.5 Untersuchung der motorischen und kognitiven Leistung

Im Rahmen der Beurteilung der posttraumatischen motorischen und kognitiven Folgeschäden kamen zum einen der Beam Balance Test und Beam Walking Test an den Tagen 1 vor den Operationen und postoperativ an den Tagen 1 bis 5 zum Einsatz, zum anderen erfolgte eine Untersuchung des Lernverhaltens an den Tagen 14 bis 21 nach den Eingriffen mit Hilfe des Morris Water Maze Tests. Während der Beam Balance Test und Beam Walking Test eine Analyse der posttraumatischen vestibulomotorischen Fähigkeiten im Stand und Lauf ermöglichten, diente der Morris Water Maze Test der Bewertung verschiedener Aspekte des Lernverhaltens. Dabei konnte in der Aquisitionsphase an den

Tagen 14 bis 18 die Verkürzung der Latenzzeit und eine Verminderung der Fehlversuche als Hinweis auf das Niveau des Lernprozesses gesehen werden.

Die Spatial Probe an Tag 19 post OP spiegelte die Gedächtnisleistung aus der zuvor durchgeführten Aquisitionsphase wieder. Die Versuche am Tag 20 und 21 nach den Eingriffen mit der sichtbaren Plattform ermöglichten den Ausschluss allgemeiner Dysfunktionen der Tiere.

Im Vergleich zur bestehenden Literatur waren prinzipiell im Rahmen der vorliegenden Arbeit sowohl deutlich verbesserte Untersuchungszeiten und Lernprozesse als auch kürzere postoperative Erholungszeiten erkennbar, die durch den geringeren Schweregrad des Schädel-Hirn-Traumas innerhalb der vorliegenden Abhandlung verursacht wurden (DIXON et al.1999a; KLINE et al.

2002; DIXON et al.2003).

Innerhalb der Auswertung zeigten die traumatisierten Tiere im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe in der Versuchsdurchführung postoperativ allgemein verminderte Untersuchungswerte, so dass von einer erfolgreichen Etablierung der Testverfahren ausgegangen werden kann.

In Bezug zur Wirksamkeit des GLP-1 konnte anhand des Beam Walking Tests eine verkürzte posttraumatische Erholungszeit und signifikant verbesserte Latenzzeiten vergleichend zu den unbehandelten Tieren nachgewiesen werden.

Dieser Befund war tendenziell mit Hilfe des Morris Water Maze Tests zu bestätigen, da die behandelten Tiere im Gegensatz zur Gruppe II und III zum einen, außer an den Tagen 16 und 19, keine signifikante Verschlechterung zur gesunden Kontrollgruppe zeigten, zum anderen konnte an dem Tag 21 signifikant verbesserte Werte zur Versuchsgruppe III beobachtet werden.

Bei allen Tieren war infolge der Traumainduktion eine verminderte räumliche Gedächtnisleistung postoperativ am Tag 19 nachweisbar.

Als Ursache dieses lediglich tendenziellen Nachweises des Behandlungserfolges durch das Glucagon-like Peptide-1 innerhalb des Morris Water Maze Tests sind die komplexe Untersuchungsmethode und die geringe Stichprobenanzahl zu nennen.

Kritisch zu hinterfragen sind die Ergebnisse, die im Rahmen des Beam Balance Test aufgestellt wurden. Die Versuchstiere der Gruppe II (CCI) wiesen dabei verbesserte Versuchswerte als die Tiere der Gruppe III (CCI und Implantation leerer CellBeads®) und der mit GLP-1 behandelten Tiere der Gruppe IV auf. Als Gründe sind zum einen die im Gegensatz zu dem Beam Walking Test notwendige Motivation der Tiere zur Versuchsdurchführung zu nennen, zum anderen waren die Beobachtungen durch die undifferenzierten Untersuchungsparameter begründet. Vergleichend zu den Tieren der Gruppe II zeigten die Tiere der Versuchsgruppe III und insbesondere der mit GLP-1 behandelten Gruppe IV innerhalb der Testausführung eine starke Tendenz zu einem aktiven Verlassen der Apparatur, die mit kürzeren Versuchswerten verbunden war und innerhalb der Auswertung nicht berücksichtigt wurde.