• Keine Ergebnisse gefunden

Modellierung des Elektrizitätsangebots

Im Dokument in den Szenarien I - IV (Seite 76-80)

2 Methode 2.1 Szenarien

2.2.5 Modellierung des Elektrizitätsangebots

2.2.5.1 Modellierungsmethode und Technik

Das Modell bildet den Kraftwerkspark der Schweiz bis zum Jahr 2050 ab. Es wird einge-setzt, um Optionen zur Deckung der Elektrizitätsnachfrage für verschiedene Nachfrage-szenarien und Angebotsvarianten zu analysieren und zu bewerten.

Die zentrale exogene Grösse im Kraftwerksparkmodell stellt die Elektrizitätsnachfrage gemäss den verschiedenen Szenarien dar, mit der das Angebot zur Deckung gebracht werden muss. Aufgrund der besonderen Bedeutung der Wasserkraft für die schweizeri-sche Elektrizitätsversorgung ist eine jahreszeitliche Differenzierung der Kalenderjahre in Sommer- und Winterhalbjahr angezeigt. Alle Berechnungen zur Deckung der Nachfrage werden in erster Linie, wegen der höheren Nachfrage und dem geringeren Angebot der Wasserkraft, auf die jeweiligen Winterhalbjahre (1. Oktober bis zum 31. März) ausgerich-tet. Die Ausrichtung auf Kalenderjahre oder Sommerhalbjahre (1. April bis zum 30. Sep-tember) ist ebenfalls möglich. Als Basisjahr dient in der vorliegenden Version des Modells das hydrologische Jahr 2002/2003 bzw. das Kalenderjahr 2003. Der Prognosehorizont reicht für die Perspektiven bis zum Jahr 2035. Dieser wird in Jahresschritten, beginnend mit dem Jahr 2004, dargestellt.

Das Modell ist nach funktionalen und technischen Kriterien in Technikmodule aufgeteilt, die durch ein Steuerungsmodul interaktiv miteinander verknüpft sind. Im Steuerungsmodul wird die Stromnachfrage dem Angebot gegenübergestellt und der notwendige Zubau an Kraftwerkskapazitäten für die verschiedenen Szenarien bestimmt. Der notwendige Zubau wird an die Teilmodule

ƒ Wasserkraft,

ƒ Kernkraft,

Juli 2007 16 Prognos AG

ƒ Zentrale Fossil-thermische Kraftwerke,

ƒ Fossile Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen (WKK) und Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA),

ƒ Gekoppelte und ungekoppelte erneuerbare Energien (Sonne, Wind, Biomasse und Geothermie),

ƒ Import

übergeben, die ihrerseits jeweils die gesamte Kraftwerksgruppe aggregiert abbilden und nach den verschiedenen Technologien differenziert sind. Innerhalb der Technologie-module werden die Erzeugungspotenziale der einzelnen Technologien (bei Wasserkraft z.B. Laufkraftwerke, Speicherkraftwerke, Kleinwasserkraft) nach dem Vintage-Ansatz, also nach Jahrgängen getrennt, abgebildet. Grundsätzlich wird dabei unterstellt, dass die Anlagen ihre Anfangseigenschaften über die Lebensdauer beibehalten und die Irreversibi-lität des investierten Sachkapitals gegeben ist. Das heisst, es wird davon ausgegangen, dass die Kraftwerke nicht vor Ablauf ihrer technischen Lebensdauer die Produktion ein-stellen.

Die grundlegende Funktionsweise des Modells besteht darin, dass das jeweilige Erzeu-gungspotenzial und die Zubaupotenziale der einzelnen Technologien aus den Teilmodu-len an das Steuerungsmodul übergeben und mit der Nachfrage verglichen werden. Tritt eine Stromlücke auf, werden die Zubaupotenziale so weit ausgeschöpft, dass die Lücke geschlossen wird. Dabei stehen in den einzelnen Szenarien verschiedene Angebots-varianten zur Auswahl, mit deren Hilfe die Ausschöpfung des Zubaupotenzials gesteuert wird. Der Zubau der einzelnen Technologien wird anschliessend an die Teilmodule zu-rückgegeben. Dort werden die Endergebnisse, die Elektrizitätsbilanzen, die Gestehungs- und Grenzkosten, die Emissionen sowie der Zubau (absolut in Arbeit und Leistung) be-rechnet und in der Ergebnisdarstellung aggregiert ausgegeben.

Unabhängig von der auftretenden Lücke werden einige Technologien, wie erneuerbare Energien und fossile Wärme-Kraft-Kopplung in den Szenarien autonom zugebaut. Dahin-ter stehen Annahmen über die Energiepolitik sowie über Investitionsentscheidungen von Einzelakteuren.

Da Wasserkraft nicht als eine eigene Strategie zur Deckung der Lücke analysiert wird – die Zubaupotenziale reichen hierfür nicht aus – wird Wasserkraft in allen Szenarien und Varianten autonom zugebaut.

Hiermit bilden die Zubauten der Kernkraftwerke, der fossil-thermischen Grosskraftwerke und der Importe die freien Parameter des Modells. Unterstellt wird, dass die Potenziale vorhanden sind.

2.2.5.2 Methode der Kostenberechnung im Elektrizitätsmodell

Die im Kraftwerksparkmodell ermittelten benötigten neuen Anlagen zur Elektrizitätserzeu-gung – Ersatz und Neubau – werden mit ihren direkten gesamtwirtschaftlichen Kosten bewertet. Unter den direkten gesamtwirtschaftlichen Kosten werden diejenigen Kosten verstanden, die die Anlagen zur Elektrizitätserzeugung (oder auch z.B. zur CO2 -Einspa-rung) der Gesamtwirtschaft verursachen. Dazu zählen die Ausgaben für die Investitionen in Anlagen, die Finanzierungs- und Betriebskosten sowie die Energieträgerkosten (falls solche anfallen).

Juli 2007 17 Prognos AG

Die gesamtwirtschaftliche Sicht auf die Finanzierungskosten geht davon aus, dass die Anlagenkosten über die Lebensdauer annuitätisch mit dem langfristigen realen Obligatio-nenzins (Nationalbank) verteilt werden. Diese Betrachtungsweise schliesst definitions-gemäss sekundäre Kreislauf- und Allokationseffekte, wie sie aus der einzelwirtschaftli-chen Betrachtungsweise durch kürzere Abschreibungsdauern, höhere Zinsen und interne Verzinsungsanforderungen resultieren, aus. Zur Erläuterung: Abschreibungsdauern, die kürzer als die Lebensdauer sind, führen nach dem Ende des Abschreibungszeitraums durch den Wegfall der Kapitalkosten zu geringen laufenden Kosten (und somit bei gleich bleibenden Preisen zu höheren Gewinnen). Dies wird jedoch mit höheren Kapitalkosten (aufgrund hoher jährlicher Abschreibungen) während des Finanzierungszeitraums be-zahlt. Diese „Produktion am goldenen Ende“ aus abgeschriebenen Anlagen wird mit der gesamtwirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht abgebildet – es werden die tatsächlichen Anlagen- und Betriebskosten über die gesamte Lebensdauer verteilt.

Ebenso werden dadurch Allokationseffekte durch Rendite- und Gewinnverteilung ausge-schlossen.

Alle Kosten und Preise werden ohne Steuern/Abgaben bzw. Subventionen berechnet, da diese gesamtwirtschaftlich zunächst nur eine Umverteilung zwischen Verbrauchern und Staat bewirken.

Bewertet wird somit die reine gesamtwirtschaftliche Ressourceninanspruchnahme für die Volkswirtschaft als Ganzes durch die Anlageninvestitionen und ihren Betrieb.

Diese Kosten werden jeweils durchgängig in zwei Darstellungsweisen ermittelt: Als ge-samte Jahreskosten während des Szenarien-Zeithorizonts sowie als Stromgestehungs-kosten je kWh neuer Produktion im jeweiligen Betrachtungsjahr.

Zusätzlich werden jeweils die Barwerte als abdiskontierte Summen bis zum Ende des Betrachtungszeitraums gebildet, um die Gesamtaufwendungen vergleichen zu können, sowie die entsprechenden mittleren Stromgestehungskosten.

Diese Berechnung wird für die Kosten von neuen Anlagen zur Stromerzeugung angewen-det. Der bestehende Park wird nicht bewertet, ebenso wie die Netze. Unter der Voraus-setzung, dass die Investitionen in die Infrastruktur sich zwischen den Szenarien nicht allzu stark unterscheiden, eignet sich diese Methode der Kostenberechnung insbesondere für den Vergleich (Differenzbetrachtung) der gesamtwirtschaftlichen Kosten zwischen den Varianten und Szenarien, am ehesten in Bezug auf eine Referenz. Zur Berechnung von Kosten oder Preisen aus der Sicht von Einzelakteuren (z.B. EVU oder Stromkunden) ist sie nicht geeignet.

Die Berechnung der Stromerzeugungskosten erfolgt in den Technologiemodulen im An-schluss an die Bestimmung der mittleren Erzeugung (Beschaffung). Dabei wird zwischen folgenden Kostenkomponenten unterschieden:

ƒ Betriebskosten (fix und variabel),

ƒ Brennstoffkosten,

ƒ Kapitalkosten.

Durch den Vintage-Ansatz ist es möglich, den Betrieb jedes Kraftwerks eines jeden Kraft-werkstyps sozusagen vom Zeitpunkt seiner Inbetriebnahme, genauer gesagt, seines

Bau-Juli 2007 18 Prognos AG

beginns, bis zum Ende seiner Betriebszeit (bzw. Stilllegung) zu verfolgen. Dadurch lassen sich Verschiebungen in der Kostenstruktur des Kraftwerksparks erfassen.

Die dynamische Spezifizierung des Modells ist für die Berechnung der Brennstoff- und Betriebskosten selbstverständlich, wird aber auch für die Kapitalkosten (Abschreibungen) erforderlich. Für das einzelne Kraftwerk stellen die Kapitalkosten, z.B. bei Berücksich-tigung einer gleichbleibenden Annuität auf die Anschaffungskosten, für die Zeit der Ab-schreibungsdauer zwar einen Fixkostenblock dar, für den gesamten Kraftwerkspark eines Typs jedoch enthalten diese Fixkosten im Zuge der Bestandsentwicklung (Stilllegung, Ersatzbau bzw. Zubau neuer Kraftwerke) ein dynamisches Element, wenn sich die (rea-len) Investitionskosten im Zeitverlauf verändern. Bei Kraftwerken mit einem hohem Anteil der Kapitalkosten kann dies durch die Verschiebungen der Altersstruktur von wesentlicher Bedeutung für die Entwicklung der durchschnittlichen Stromerzeugungskosten sein. Für die einzelnen Technologien und Kostenkomponenten werden z. T. unterschiedliche Real-preisentwicklungen unterstellt.

Als Betriebskosten werden die Personalkosten, die Kosten für Wartung und Instandhal-tung, die Versicherungskosten und die Kosten für Hilfs- und Betriebsstoffe berücksichtigt.

Die ersten drei Betriebskostenarten können als quasi-fixe Kosten angesehen werden, d.h.

sie sind abhängig von der installierten Leistung, nicht aber von der produzierten Arbeit bzw. der Auslastung der Anlage. Diese Kosten werden deshalb als spezifische Kosten je kW installierte Leistung definiert. Zusammen mit den Brennstoffkosten bilden die Hilfs- und Betriebsstoffe die variablen Kostenbestandteile, die von der Stromerzeugung abhän-gig sind, also in Rp./kWh angegeben werden.

Bei der Behandlung der Brennstoffkosten werden die Brennstoffpreisentwicklungen, die den Perspektivarbeiten zugrunde liegen, in die Technologiemodule übernommen und durch Division mit den technologiespezifischen Wirkungsgraden auf die Stromproduktion bezogen. Bei den fossilen Brennstoffen Öl und Gas können die Energiepreise direkt ein-gesetzt werden, während der Brennstoffeinsatz in Kernkraftwerken eine Reihe von Be-sonderheiten aufweist. So müssen bei den Brennstoffkosten nicht nur die Bereit-stellungskosten, sondern auch die Entsorgungskosten berücksichtigt werden. Die Brenn-stoffpreise wurden in einer gesonderten Analyse ermittelt und decken den gesamten Brennstoffzyklus ab.

Die Ermittlung der Kapitalkosten geht von den Investitionskosten aus, die in Abhängigkeit von der installierten Kraftwerksleistung angegeben werden. Aus diesem Grund wird in den Technologiemodulen z. T. rekursiv über die Volllaststunden die installierte Leistung der bestehenden und neuen Anlagen bestimmt. Die gesamten Investitionskosten lassen sich unterscheiden in

ƒ spezifische Anlagekosten (CHF/kWel) zum Planungs- bzw. Baubeginn,

ƒ die Finanzierungskosten während der Bauzeit.

Ausgegangen wird vom Zeitpunkt der Planung bzw. des Baubeginns, die beide, vom In-betriebnahmejahr aus gerechnet, determiniert sind. Während der Bauzeit werden in der Regel Vorauszahlungen geleistet, die Finanzierungskosten verursachen. Im Modell wird unterstellt, dass die Anlagekosten in jährlich gleichbleibenden Raten vorfinanziert werden.

Mit längerer Bauzeit steigen die Finanzierungskosten, die Kapitalkosten beinhalten also auch die Bauzinsen. Als realer Zinssatz wird den Berechnungen gegenwärtig ein Wert von 2.5 Prozent zugrunde gelegt, der von einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung aus-geht.

Juli 2007 19 Prognos AG

Durch dieses Vorgehen lassen sich alle bis zur Inbetriebnahme des Kraftwerks aufgelau-fenen Investitionskosten berechnen. Diese bilden die Basis für die Ermittlung der Kapital-kosten, die in Form jährlich gleichbleibender Annuitäten auf die gesamte Abschreibungs-dauer umgelegt werden. Die Abschreibung wird also auf die Anschaffungskosten der In-vestition bezogen. Die betriebswirtschaftliche Abschreibungsdauer liegt in der Regel weit-aus niedriger als die technische Betriebsdauer und beinhaltet einen höheren Zinssatz. Da dem Kraftwerksparkmodell eine gesamtwirtschaftliche Analyse zugrunde liegt, wird die Abschreibungsdauer grundsätzlich mit der technischen Betriebsdauer gleichgesetzt. Da-mit wird eine Produktion am „goldenen Ende“ ausgeschlossen. Ein Vergleich der Strom-gestehungskostendaten verschiedener Quellen mit den in diesem Bericht angegebenen Daten sollte mit einiger Vorsicht vorgenommen werden, wenn die zugrundeliegenden An-nahmen und Methode nicht im Detail bekannt sind, da diese zu z. T. (scheinbar) erheblich differierenden Ergebnissen führen können.

Für die Kostenkomponenten der einzelnen Technologien werden durchschnittliche Kraft-werkstypen an durchschnittlichen Standorten angenommen, auch wenn diese in der Rea-lität erhebliche Bandbreiten aufweisen können. Die Kosten für die Stromverteilung finden keine Berücksichtigung. Dementsprechend werden beispielsweise die Zusatzkosten, die – in Abhängigkeit von der angestrebten Versorgungssicherheit – mit der möglicherweise notwendigen Erweiterung der Übertragungskapazitäten für höhere Stromimporte verbun-den sind, nur qualitativ betrachtet.

Ausgehend von den spezifischen Kostendaten werden die Jahreskosten der Technolo-gien bestimmt und durch Division mit der Erzeugung in Durchschnittskosten der Strom-erzeugung (je kWh) umgerechnet. Im Aggregationsmodul „Gesamt“ werden die schnittskosten der einzelnen Technologien zusammengestellt und gewichtete Durch-schnittskosten der jeweiligen Kraftwerksgruppe ermittelt. Die Ermittlung der Grenz-erzeugungskosten verläuft analog, nur dass jeweils die Kosten je Kilowattstunde von neu-en Kraftwerkneu-en für jedes Jahr bestimmt werdneu-en. Da bei dneu-en Grneu-enzkostneu-en keine Ge-wichtung vorgenommen werden kann, können diese nicht für die jeweiligen Kraftwerks-gruppen aggregiert werden. Allerdings werden die Durchschnittskosten der neuen Kraft-werke im Aggregationsmodul für die jeweilige Kraftwerksgruppe bestimmt.

Die Gesamtkosten über den Zeitraum bis 2035 werden diskontiert dargestellt. Das be-deutet, dass in der Zukunft entstehende Kosten, z.B. für Investitionen, ein geringeres Ge-wicht enthalten als heute anfallende Kosten.

Im Dokument in den Szenarien I - IV (Seite 76-80)