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1 Epidemiologie ausgewählter Infektionskrankheiten in Sachsen-Anhalt

1.3 Meningitis

1.3.1 Meningokokken-Meningitis und -Sepsis

Meldungen: 2015: 9 Erkrankungen 2014: 3 Erkrankungen

Inzidenzen: 2015: 0,38 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner 2014: 0,13 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner

Abb. 58 Inzidenz der Meningokokken-Meningitis und -Sepsis seit 2006, Sachsen-Anhalt und Deutschland im Vergleich

Zeitlicher Verlauf

Im Jahr 2015 wurden 9 Fälle von Meningokokken-Me-ningitis gemeldet. Dies entspricht einer landesweiten Inzi-denz von 0,38 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Da-mit stiegen die Zahlen erstmalig seit 2012 wieder an, blieben aber unter der Inzidenz von 2012. Der Median der 5 Vor-jahre (0,25 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner sowie die deutschlandweite Erkrankungsinzidenz (0,36 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner) wurden überschritten.

0,0

Saisonale Verteilung, demografische Merkmale, regio-nale Verteilung

Im Jahr 2015 traten 6 der 9 Meningokokken-Fälle in der ersten Jahreshälfte auf.

Die Betroffenen waren im Alter zwischen 0 und 88 Jah-ren, überwiegend kleine Kinder und alte Menschen. Vier der 9 Fälle waren männlich.

Die 9 Patienten kamen aus den LK/SK Anhalt-Bitterfeld, Börde, Burgenlandkreis, Harz, Saalekreis (2x), Stendal, Wit-tenberg und Halle (Saale).

Inzidenz (nach Altersgruppen) Inzidenz Sachsen-Anhalt

Abb. 59 Meningokokken-Meningitis altersspezifische Inzidenzen, Steckbrief

Erreger: Bakterien: Neisseria meningitidis (Meningokokken);

weltweit verbreitet;

in Deutschland ist Serogruppe B (ca. 70 %) am häufigsten, gefolgt von Serogruppe C (ca. 25 %);

im Meningitisgürtel der Subsaharazone und in Asien v.a. A, W und X, in den USA auch Y Reservoir: Nasen-Rachenraum des Menschen

Übertragungsweg: oropharyngeale Sekrete; Tröpfcheninfektion Inkubationszeit: ca. 2 – 10 Tage

Ansteckungsfähigkeit: bis zu 7 Tage vor Beginn der Symptome und bis 24 h nach Beginn einer erfolgreichen Therapie

mit ß-Laktam-Antibiotika

Symptome: Fieber, meningeale Zeichen (z. B. Nackensteifigkeit, Kopfschmerzen, veränderte Bewusstseins-lage), Hirndruckzeichen, Kreislaufversagen, punktförmige Hautblutungen, Erbrechen, bei ca. 1/3 septischer Verlauf - davon 15 % Entwicklung eines Waterhouse-Friderichsen-Syndrom

(schwere Form des septischen Schocks mit sehr hoher Letalität) Diagnostik: Antigennachweis, Erregerisolierung, Nukleinsäurenachweis;

mikroskopischer Nachweis von gram-negativen Diplokokken

Therapie: Penicillin G, bei Resistenz Cephalosporin der 3. Generation schon bei klinischem Verdacht Prävention: Impfungen sind gegen Erreger der Serogruppen A, C, W, Y und seit 2013 gegen Serogruppe B

möglich (siehe Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut);

engen Kontaktpersonen wird eine postexpositionelle Prophylaxe i. d. R. mit Rifampicin oder einem anderen geeigneten Mittel empfohlen

Ausgewählte Kasuistiken

• Im Februar 2015 erkrankte eine 78-jährige Frau aus dem Saalekreis mit Fieber und Erbrechen. Aufgrund des Fiebers wurde mit Verdacht auf Pneumonie ge-röntgt. Es wurde kein Liquor entnommen. In der Blut-kultur wurde Neisseria meningitidis nachgewiesen.

Eine Chemoprophylaxe wurde 26 Personen empfoh-len. Im NRZ wurde die Serogruppe E mit PorA-Se-quenztyp: 5,2 FetA-SePorA-Se-quenztyp: 1-18 nachgewiesen.

• Ein 11-jähriges Mädchen aus dem Burgenlandkreis erkrankte im Mai 2015 während eines Aufenthaltes in einer REHA-Klinik mit Fieber, Hautblutungen, Erbre-chen, Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Meningitis sowie septischem Krankheitsbild und wurde hospita-lisiert. Im Liquor wurde Neisseria meningitidis der Se-rogruppe C nachgewiesen. Das Kind hatte 2007 eine Impfung mit einem Meningokokken-C-Konjugat-Impf-stoff erhalten. Eine Rifampicin-Prophylaxe wurde bei 23 Kindern und 24 Beschäftigten in der Klinik durch-geführt. Bei 10 bereits abgereisten Kindern wurden die für den jeweiligen Wohnort zuständigen Gesund-heitsämter informiert.

• Im Juni 2015 erkrankte ein 4-jähriger Junge aus dem LK Stendal mit Schüttelfrost, hohem Fieber, Nacken-steifigkeit, Purpura fulminans und Petechien. Im Li-quor wurde Neisseria meningitidis der Serogruppe B nachgewiesen. Das Kind besuchte bis zum Tag vor seiner Hospitalisierung die Kita und hatte am Wo-chenende Kontakt mit Kindern in einer Gartensparte.

Eine Chemoprophylaxe wurde 138 Personen empfoh-len. Davon waren 90 Kindergartenkinder und 10 Be-schäftige aus der Kita, 6 Familienmitglieder, 17 Kinder aus der Gartensparte sowie 15 Mitarbeiter aus dem Krankenhaus. Das Gesundheitsamt hat aufgrund der hohen Anzahl an Expositionen mit einer Apotheke des Landkreises kooperiert, um die Versorgung der Expo-nierten zu gewährleisten.

• Im Oktober 2015 erkrankte ein 2-jähriger Junge aus dem LK Harz mit Fieber und septischem Krankheits-bild. Das Kind entwickelte ein Waterhouse-Friderich-sen-Syndrom. Im Liquor wurde Neisseria meningitidis nachgewiesen. Eine Chemoprophylaxe wurde 33 Kin-dern und Beschäftigten der Kita empfohlen. Das Kind verstarb trotz intensivmedizinischer Maßnahmen am Folgetag der Hospitalisierung. Im NRZ wurde die Se-rogruppe B mit PorA-Sequenztyp: 7-2,4 und FetA.Se-quenztyp: 5-1 nachgewiesen.

1.3.2 Invasive Pneumokokken-Infektionen

Meldungen: 2015: 140 Erkrankungen

2014: 71 Erkrankungen

Inzidenzen: 2015: 5,98 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner 2014: 3,01 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner

Zeitlicher Verlauf

Die Inzidenz invasiver Pneumokokken-Erkrankungen verdoppelte sich 2015 (6 Erkrankungen pro 100.000 Einwoh-ner) im Vergleich zum Vorjahr (3 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Sie lag damit deutlich über dem Median der 5 Vorjahre (2010-2014: 3,48 Erkrankungen pro 100.000 Ein-wohner) und auf dem höchsten Stand seit ihrer Erhebung.

Eine Ursache könnte in dem Zusammenhang mit der starken Influenza-Saison 2014/15 liegen.

Nach länderspezifischer Meldeverordnung werden inva-sive Pneumokokken-Erkrankungen auch in Sachsen, Bran-denburg und Mecklenburg-Vorpommern gemeldet.

Abb. 60 Inzidenz der invasiven Pneumokokken-Infektionen seit 2006, Sachsen-Anhalt

Abb. 61 Saisonale Verteilung der invasiven Pneumokokken-Infektionen, Sachsen-Anhalt 2015 im Vergleich mit den Vorjahren

Saisonale Verteilung

Durch Pneumokokken verursachte invasive Infektionen treten überwiegend in der kühleren Jahreszeit auf. Im Jahr 2015 wurden 109 (78 %) der 140 Fälle in den Monaten Ja-nuar bis April und Oktober bis Dezember gemeldet. Der Gip-fel der Erkrankungszahlen lag im März mit 22 gemeldeten Fällen.

0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0

Inzidenz

Jahr Inzidenz

0 5 10 15 20 25

Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez

Anzahl der Erkrankungen

Monate

Min/Max 2010-2014 Median 2015

Steckbrief

Erreger: Bakterien: Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken) Reservoir: ubiquitär im Nasen-Rachenraum des Menschen

Übertragungsweg: Tröpfcheninfektion, aerogen oder endogene Infektion bei asymptomatischen Keimträgern Inkubationszeit: ca. 1-3 Tage

Symptome: invasive Infektionen: Pneumonie, Sepsis, Meningitis

Diagnostik: Erregerisolierung, Nukleinsäure-Nachweis in Liquor, Blut, Gelenkpunktat, Pleuralflüssigkeit oder anderen normalerweise sterilen klinischen Materialien

Therapie: Penicillin G, Cephalosporine der 3. Generation, Imipenem

Prävention: aktive Schutzimpfung (siehe Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut)

Demografische Merkmale

Vor allem Säuglinge und Personen ab 50 Jahren erkran-ken an invasiven Pneumokokerkran-ken-Infektionen. Im Jahr 2015 waren 117 (84 %) der insgesamt 140 Betroffenen 50 Jahre alt und älter. Die höchste altersspezifische Inzidenz wurde mit 17 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner bei den über 70-Jährigen registriert. In dieser Altersgruppe waren Männer doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Bei den 60-69-Jähri-gen lag die Inzidenz bei Männern 6-mal höher als bei Frau-en. Auch in absoluten Zahlen erkrankten deutlich mehr Per-sonen männlichen (86) als weiblichen Geschlechts (54).

Abb. 62 Invasive Pneumokokken-Infektionen, altersspezifische Inzidenzen, Sachsen-Anhalt, 2015

Regionale Verteilung

Erkrankungen durch Pneumokokken traten in allen Land-kreisen und kreisfreien Städten auf. Im Jahr 2015 wurden insbesondere im LK Mansfeld-Südharz und in den kreisfrei-en Städtkreisfrei-en Halle (Saale) und Dessau-Roßlau hohe Inzidkreisfrei-en- Inziden-zen verzeichnet.

Tab. 11 Regionale Verteilung der übermittelten invasiven Pneumo-kokken-Infektionen (Fallzahl und Inzidenz) je Landkreis bzw.

kreisfreie Stadt, Sachsen-Anhalt, 2015 Epidemiologische Besonderheiten Diagnostik

Der Nachweis von Streptococcus pneumoniae erfolgte 124-mal in der Blutkultur, 10-mal molekulardiagnostisch aus

Betroffener Landkreis /

kreisfreie Stadt Anzahl der

Erkrankungen Inzidenz

LK Jerichower Land 5 5,45

SK Magdeburg 12 5,19

LK Altmarkkreis Salzwedel 3 3,48

LK Burgenlandkreis 6 3,24

Inzidenz (nach Altersgruppen) Inzidenz Sachsen-Anhalt

Blut, 7-mal in Liquor und 2-mal in Pleuraflüssigkeit. Über das Nationale Referenzzentrum für Streptokokken in Aachen konnte insgesamt in fünf Fällen der Serotyp des krankheits-verursachenden Erregers ermittelt werden (je 1-mal Serotyp 01, 33F, 43 und 2-mal Serotyp 03).

Klinik

An spezifischen Krankheitsbildern und Symptomen wur-den vor allem übermittelt (Mehrfachnennung möglich): 98-mal Lungenentzündung, 84-98-mal Fieber, 43-98-mal septisches Krankheitsbild, 22-mal Kopfschmerzen, je 18-mal Nacken-steifigkeit und veränderte Bewusstseinslage und 7-mal Me-ningitis/Enzephalitis. Drei Personen verstarben an einer in-vasiven Pneumokokken-Infektion. Die Mortalität betrug 0,13 Todesfälle auf 100.000 Einwohner.

Impfstatus

Bei 64 (46 %) der 140 Patienten war der Impfstatus ent-weder nicht ermittelbar oder nicht erhoben worden. 72 Pa-tienten waren ungeimpft. Vier PaPa-tienten erkrankten trotz Impfung. Darunter war ein männlicher Säugling aus der Lan-deshauptstadt Magdeburg, welcher 3-mal geimpft war. Sei-ne letzte Impfung erfolgte im März 2015 mit eiSei-nem 13-va-lenten Pneumokokken-Konjugat-Impfstoff. Er erkrankte im Mai 2015 mit Fieber. In der Blutkultur konnte Streptococ-cus pneumoniae Serotyp 33F nachgewiesen werden. Die-ser Serotyp wird von einem 13-valenten Impfstoff nicht ab-gedeckt, aber von einem 23-valenten. Außerdem erkrankte im Januar eine einmalig 2003 geimpfte 72-jährige Frau aus dem Saalekreis mit Pneumonie und Sepsis. Im Juli war ein 6-jähriger vollständig geimpfter Junge aus dem Jerichower Land betroffen. Bei ihm traten 3 Tage nach einer OP am Ohr Fieber, Mastoiditis, Meningitis und Sepsis auf. Der vierte ge-impfte Fall betraf einen 89-Jährigen aus Magdeburg, wel-cher im Dezember mit einer Pneumonie erkrankte. Die An-zahl seiner Impfungen ist ebenfalls nicht bekannt.

Kasuistiken der Sterbefälle

• Im März erkrankte ein 63-jähriger Mann aus dem Saa-lekreis mit Fieber, einer Pneumonie und sekundärer Sepsis.

Er wurde 3 Tage nach Erkrankungsbeginn hospitalisiert. In der Blutkultur wurde Streptococcus pneumoniae nachgewie-sen. Der Patient verstarb innerhalb weniger Tage an den Fol-gen der Pneumokokken-Infektion. Der Impfstatus des Pati-enten war nicht ermittelbar.

• Eine 51-jährige Frau aus dem Saalekreis erkrankte im Mai 2015 mit Fieber und Sepsis und wurde am selben Tag hospitalisiert. In der Blutkultur wurde Streptococcus pneumo-niae nachgewiesen. Der Zustand der Patientin verschlech-terte sich rapide und sie verstarb trotz intensivmedizinischer Maßnahmen innerhalb eines Tages an der Pneumokokken-Sepsis. Ihr Impfstatus war nicht ermittelbar.

• Im August 2015 erkrankte ein 76-jähriger Mann aus dem LK Mansfeld-Südharz mit Fieber, einer Pneumonie und septischem Krankheitsbild und wurde am selben Tag hospi-talisiert. In der Blutkultur wurde Streptococcus pneumoniae nachgewiesen. Der Patient verstarb einen Tag nach Erkran-kungsbeginn an den Folgen der Pneumokokken-Infektion.

Der Impfstatus des Patienten war nicht ermittelbar.

1.3.3 Invasive Infektionen mit Haemophilus influenzae

Meldungen: 2015: 25 Erkrankungen 2014: 7 Erkrankungen

Inzidenzen: 2015: 1,06 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner 2014: 0,30 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner

Zeitlicher Verlauf

Im Jahr 2015 wurden 25 invasive, durch Haemophilus in-fluenzae hervorgerufene Erkrankungen übermittelt. Die In-zidenz lag mit 1,1 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner deutlich höher als im Jahr 2014 mit 0,3 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Bundesweit lag die Inzidenz 2015 bei 0,7 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner mit seit Jahren ansteigendem Trend.

Abb. 63 Inzidenz der invasiven Infektionen durch Haemophilus influen-zae seit 2006, Sachsen-Anhalt und Deutschland im Vergleich

Demografische Merkmale, regionale Verteilung

Es erkrankten 25 Erwachsene im Alter zwischen 37 und 89, darunter waren 23 (92 %) älter als 59 Jahre. Insgesamt waren 12 Frauen und 13 Männer betroffen.

Regionale Verteilung

Die Patienten kamen aus folgenden Landkreisen bzw.

kreisfreien Städten:

Tab. 12 Haemophilus influenzae, Verteilung der Fälle nach Landkreis/

kreisfreier Stadt, Sachsen-Anhalt, 2015

Melde-Landkreis Anzahl der Fälle

LK Burgenlandkreis 4

In allen Fällen wurde der Erreger in der Blutkultur nach-gewiesen. Eine Kapseltypbestimmung wurde in 10 Fällen durchgeführt und ergab 8-mal „andere/sonstige“ und 2-mal Kapseltyp unbekapselt (NTHI).

Inzidenz (nach Altersgruppen) Inzidenz Sachsen-Anhalt

Abb. 64 Haemophilus influenzae, altersspezifische Inzidenzen, Sach-Steckbrief

Erreger: Bakterien: Haemophilus influenzae Typ b

Reservoir: ubiquitär im Nasen-Rachen-Raum des Menschen Übertragungsweg: direkt oder durch Tröpfcheninfektion

Inkubationszeit: unbekannt, wahrscheinlich 2 – 4 Tage

Ansteckungsfähigkeit: bis 24 h nach Beginn einer Antibiotika-Therapie

Symptome: Sepsis mit Arthritis, Osteomyelitis, Perikarditis, selten auch mit Pneumonie;

Meningitis (z. T. fulminant), in 25 % mit Krampfanfällen, in 5 % Schockgeschehen ähnlich einer Meningokokken-Infektion;

Epiglottitis, die bei fulminantem Verlauf innerhalb von Stunden zum Tod führen kann Diagnostik: Erregerisolierung, Nukleinsäurenachweis aus Liquor oder Blut

Therapie: Amoxicillin oder Moxifloxacin

Prävention: aktive Schutzimpfung (siehe Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut)

1.3.4 Virusmeningitis

Meldungen: 2015: 14 Erkrankungen 2014: 8 Erkrankungen

Inzidenzen: 2015: 0,59 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner 2014: 0,34 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner

Zeitlicher Verlauf

Im Jahr 2015 wurden 14 Virusmeningitis-Fälle in Sach-sen-Anhalt übermittelt und damit mehr als im Vorjahr mit 8 Fällen, jedoch noch deutlich weniger als 2013 mit 46 Fällen.

Die Inzidenz lag 2015 bei 0,59 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und übertraf den Median der Jahre 2010 bis 2014 (0,34 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner).

Ende März 2013 wurde die deutschlandweite Melde-pflicht für Varizellen gemäß §§ 6 und 7 IfSG eingeführt. Vi-rusmeningitiden mit Varizellennachweis werden seitdem ge-mäß IfSG gemeldet und entfallen als Meldungen gege-mäß länderspezifischer Meldeverordnung.

Abb. 65 Inzidenz der Virusmeningitis seit 2006, Sachsen-Anhalt

Saisonale Verteilung

Virale Meningitiden treten typischerweise vermehrt in den Sommermonaten auf. Diese Saisonalität ließ sich in den Da-ten der zurückliegenden fünf Jahre (2010 – 2014) erkennen, obgleich sie, bedingt durch die geringen Fallzahlen, nicht be-sonders ausgeprägt war. Im Jahr 2015 erreichte das Auftre-ten von Virusmeningitiden zwei Peaks – einen im Frühjahr und einen im Sommer.

Abb. 66 Saisonale Verteilung der Virusmeningitis, Sachsen-Anhalt 2015 im Vergleich mit den Vorjahren

0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5

Inzidenz

Jahr Sachsen-Anhalt

0 5 10 15 20 25 30

Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez

Anzahl der Erkrankungen

Monate

Min/Max 2010-2014 Median 2015

Steckbrief

Erreger: Enteroviren, insbesondere Echo- und Coxsackie-Viren, Adenoviren, Viren der Herpesgruppe u.a. Viren

Reservoir: Mensch

Übertragungsweg: Fäkal-oral; Tröpfcheninfektion; Viren sind sehr umweltresistent;

Mensch-zu-Mensch-Übertragung; gemeinsame Expositionsquelle (z.B. Wasser, Lebensmittel) Inkubationszeit: 1 – 2 Wochen je nach Erreger

Symptome: Nackensteifigkeit, Kopfschmerzen, Erbrechen, veränderte Bewusstseinslage, selten z. T. auch mit hoher Letalität (z. B. Herpes-simplex-Virus-Enzephalitis); insgesamt aber meist harmlos Diagnostik: Virusnachweis oder Nukleinsäurenachweis im Liquor; erhöhter Liquor/Serum-Antikörper-Index

zum Nachweis intrathekal gebildeter Antikörper;

Ausschluss einer bakteriellen Infektion: Zellzahl im Liquor bis mehrere Hundert/µl (Nachweis einer lymphozytären Pleozytose)

Therapie: symptomatisch

Prävention: Hände- und Lebensmittelhygiene

Demografische Merkmale

Im Jahr 2015 betrafen alle übermittelten Fälle Erwach-sene ab 25 Jahre. Die höchste altersspezifische Inzidenz fand sich bei den 25- bis 29-Jährigen (1,47 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner), gefolgt von den 60- bis 69-Jähri-gen (1,37 Erkrankun69-Jähri-gen pro 100.000 Einwohner). Auch die Altersgruppen der 50- bis 59-Jährigen und der über 70-Jähri-gen la70-Jähri-gen über der landesdurchschnittlichen Inzidenz.

Je sieben Fälle waren männlichen bzw. weiblichen Ge-schlechts.

Abb. 67 Virusmeningitis, altersspezifische Inzidenzen, Sachsen-Anhalt, 2015

Regionale Verteilung

Im Jahr 2015 verteilten sich die Erkrankungen an viraler Meningitis auf folgende Landkreise und kreisfreien Städte:

Tab. 13 Regionale Verteilung der übermittelter Virusmeningitiden pro 100.000 Einwohner je Landkreis bzw. kreisfreie Stadt, Sachsen-Anhalt, 2015

Betroffener Landkreis/

kreisfreie Stadt Anzahl der Erkrankungen Inzidenz

SK Dessau-Roßlau 2 2,39

Bei 14 Fällen gelang ein Erregernachweis. Dreimal wur-de das Varizella-Zoster-Virus nachgewiesen. Diese Mel-dungen gehören damit zur Meldekategorie der Varizellener-krankungen nach IfSG. Achtmal gelang der Nachweis von Herpesviren, davon einmal HHV-2. In weiteren drei Fällen wurden erstmalig die sogenannten neuartigen Bornaviren nachgewiesen.

Neuartiges Bornavirus - Bornavirus-Enzephalitis:

3 Fälle, davon 3 verstorben

Zwischen 2011 und 2013 erkrankten 3 Männer im Alter von 62, 63 und 72 Jahren aus den LK Anhalt-Bitterfeld und Salzlandkreis an einer nach wenigen Monaten tödlich

ver-0,0

Inzidenz (nach Altersgruppen) Inzidenz Sachsen-Anhalt

laufenden Enzephalitis. Hinweise auf typische Enzephalitis-erreger als Krankheitsursache gab es bis zu den Todeszeit-punkten nicht.

Alle drei Männer waren Halter von Bunthörnchen und kannten einander. Genetische Analysen des Friedrich-Lo-effler-Instituts (FLI) von Organproben eines Bunthörnchens (Sciurus variegatoides) aus der Zucht eines der Patienten erbrachten Hinweise auf die Todesursache. Ein bislang un-bekannter Vertreter der Bornaviren konnte zunächst bei den Bunthörnchen und in nachfolgenden Analysen auch in den Gehirnproben der drei Patienten identifiziert werden. Die Analysen und die Charakterisierung dieses Virus wurden 2015 in der Fachzeitschrift „New England Journal of Medi-cine (NEJM)“ veröffentlicht (Hoffmann et al., 2015 „A Varie-gated Squirrel Bornavirus Associated with Fatal Human En-cephalitis“).

Der Übertragungsweg des neuartigen Bornavirus ist bis-her unbekannt. Im Zusammenhang mit den fulminanten Ver-läufen wurde empfohlen, den direkten Kontakt zu Bunthörn-chen zu vermeiden. Den Verwandten der Züchter wurde eine Testung auf die neuartigen Bornaviren angeboten. Un-ter Personen, die Bunthörnchen halten, wird nach möglichen weiteren Infektionsfällen gesucht. Molekulare Testverfahren zum Bornavirus-Nachweis bei akuten Verdachtsfällen ste-hen am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) und zum Nachweis bei Tieren am FLI zur Verfügung.

1.4 Impfpräventable Krankheiten