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Anteil der Absolvent*innen mit Problemen bei der Berufseinmündung (N=515)

2 Mangelnde Handlungs- und Entscheidungsspielräume

2.1 Einschränkungen in der Ausübung klientenferner Tätigkeiten

2.2 Mangelnde Spielräume in der Planung, Durchführung und Evaluation klientennaher Tätigkeiten

Kontrastierend zu der „Aufgeschlossenheit des Arbeitsumfelds“ bei den förderlichen Aspekten, lässt sich in Bezug auf die hemmenden Aspekte eine mangelnde Aufgeschlossenheit feststellen. Sowohl Kolleg*innen, mit denen die Absolvent*innen zusammenarbeiten, als auch Vorgesetzte zeigen sich teils wenig aufgeschlossen für die Nutzung der Kompetenzen der Absolvent*innen, wodurch diese gehemmt wird. Bei den Kolleg*innen zeigt sich dies in einer kritisch-negativen Einstellung wissenschaftlichen Ergebnissen gegenüber.

„Es gibt immer wieder Kollegen, die wissenschaftliche Belege für wenig sinnvoll halten.“

[ID_10:47_ergo]

Dementsprechend können die Absolvent*innen eher zurückhaltend agieren, was die Einbringung wissenschaftlicher Kompetenzen in die klientennahe Versorgung betrifft.

Kolleg*innen schätzen den Stellenwert wissenschaftlicher Erkenntnisse im Vergleich mit ihren im Berufsleben gesammelten Erfahrungen als weniger bedeutsam ein, insbesondere dann, wenn sie schon viele Jahre in dem Beruf tätig sind.

„Wenn ich […] zum Beispiel sage: „Das ist nicht evidenzbasiert. Das ist nicht belegt.“.

[…] Da merke ich einfach, da sagt sie: „Nein, das habe ich so gelernt und das mache ich so.“ [ID_25:109_heb]

Stark ausgeprägt ist die Skepsis, wenn die Absolvent*innen erst seit wenigen Wochen oder Monaten in der Praxis tätig sind. Den Kolleg*innen fällt zunächst der Umgang mit den Absolvent*innen nicht sehr leicht und sie stehen diesen kritisch gegenüber. Hier müssen sich die Absolvent*innen das Vertrauen ihrer Kolleg*innen erarbeiten, um die Akzeptanz für die Einbringung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu erhöhen.

Analog zu den Ergebnissen der förderlichen Aspekte kommt auch bei den hemmenden Aspekten den Vorgesetzten eine bedeutsame Rolle zu, was den Einsatz der im Bachelorstudium erworbenen Kompetenzen betrifft. Teils fehlt es den Vorgesetzten an Ideen, wie die Kompetenzen der Absolvent*innen im Arbeitsalltag eingebracht und nutzbar gemacht werden können. Daher geht von ihnen auch nicht die Initiative aus, den Absolvent*innen zusätzliche Aufgaben aufzutragen, die sie gemäß ihrer akademischen Qualifizierung gut bearbeiten könnten. Ebenso wirkt es hemmend, wenn die Vorgesetzten nicht nur fehlende Ideen, sondern auch grundsätzlich kein Interesse an der Nutzung der Kompetenzen signalisieren. Eine Absolventin berichtet von einem Vorgesetzten, der auch bei aktiver Unterbreitung von Vorschlägen, wie die Absolventin ihre Kompetenzen einbringen könnte, kein Interesse an deren Nutzung zeigt.

„Er zeigt aber jetzt auch nicht wirklich Interesse daran, dass man ihm Vorschläge macht oder dass er mich zum Beispiel mehr einbindet, weil er ja weiß, dass ich auch das Studium gemacht habe.“ [ID_31:68_phy]

Ergänzend hierzu nehmen die Absolvent*innen ein geringe Quantität an Stellenangeboten wahr, die explizit auch für die Nutzung der im Bachelorstudium erworbenen Kompetenzen formuliert sind.

Vorgesetzte können auch dann hemmend wirken, wenn sie Strukturen innerhalb der Institution abschaffen, die für die Absolvent*innen zum Einsatz ihrer Kompetenzen nützlich gewesen wären. Als Beispiel sei ein Journal Club angeführt, in dem innerhalb eines Teams Ergebnisse aus Studien diskutiert und über deren Relevanz für die berufliche Praxis beraten wurde. Ab einem gewissen Zeitpunkt wurden diese Besprechungen jedoch durch die Vorgesetzten ausgesetzt und fanden seitdem nicht mehr statt, „weil sie das ein bisschen als verschwendete Zeit empfunden haben“ [ID_22:70_log].

Aus den Aussagen der befragten Absolvent*innen lässt sich zudem die zweite Oberkategorie

„Mangelnde Handlungs- und Entscheidungsspielräume“ ableiten. Diese ist inhaltlich wiederum in zwei Unterkategorien gegliedert, die sich auf klientenferne Tätigkeiten einerseits und klientennahe Tätigkeiten andererseits beziehen. Der dominierende Aspekt in beiden Unterkategorien betrifft den der Zeit. Es fehlt den Absolvent*innen an Zeit, um sowohl klientenferne als auch klientennahe Tätigkeiten auszuüben, bei denen sie ihre Kompetenzen anwenden könnten. In Bezug auf die klientenfernen Tätigkeiten mangelt es an Zeit, um wissenschaftliche Literaturrecherchen durchzuführen oder Studien zu lesen und zu analysieren.

Dies kann zu einer Verlagerung dieser Tätigkeiten in die Freizeit der Absolvent*innen führen. Im Personalmangel sehen die Absolvent*innen einen möglichen Grund für die fehlende Zeit.

„Dieser eine Tag im Monat, der mir eigentlich zugesichert war, wurde dann relativ schnell eingestellt, weil einfach die Grundversorgung, sage ich mal, auf der Station nicht gewährleistet war, da Kollegen ausgefallen sind, krank waren oder die Stellen nicht besetzt waren.“ [ID_14:45_pflege]

Zudem sprechen die Absolvent*innen auch in der beruflichen Praxis vorherrschende starre Strukturen an, die teilweise bislang nur unzureichend auf die Kompetenzen der Absolvent*innen ausgerichtet sind und somit die Nutzung dieser hemmen. So können die Absolvent*innen selten auf die Art und den Umfang der von den Ärzt*innen verordneten Therapien Einfluss nehmen.

Auch wenn die Absolvent*innen andere Therapien durchführen würden, sind sie zu einem gewissen Maß an das gebunden, was die Ärzt*innen verschreiben und die Krankenkassen bewilligen.

Bei den klientennahen Tätigkeiten zeigt sich in nahezu allen Schritten des therapeutischen Prozesses das Hemmnis der fehlenden Zeit. Sowohl bei der Vor- und Nachbereitung der Therapie auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse als auch bei der Durchführung und Evaluation der durchgeführten Interventionen wünschen sich die Absolvent*innen mehr Zeit, um ihre im Bachelorstudium erworbenen Kompetenzen einzusetzen. Als negative Folge mangelnder Zeit

„leidet dann natürlich schon auch die Qualität der Therapie“ [ID_41:59_log]. Die Absolvent*innen können ihr vorhandenes Potential in der Therapie und Versorgung nicht voll entfalten. Neben dem zeitlichen Aspekt können auch hausinterne Klinikstandards hemmenden Einfluss auf die Anwendung der Kompetenzen der Absolvent*innen nehmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Absolvent*innen in ihrem Handeln an Klinikstandards gebunden sind, die nicht mehr dem besten aktuellen wissenschaftlichen Wissen entsprechen und eigentlich einer Aktualisierung bedürften. Auch wenn die Absolvent*innen auf solche bestehenden Diskrepanzen hinweisen, sind sie an die Einhaltung bestehender Klinikstandards gebunden und können ihr Fachwissen und ihre Kompetenzen aus dem Studium nicht in dem Umfang anwenden, wie es möglich wäre.

3.2.5 ERGEBNISFELD 5: PLANUNGS- UND ENTWICKLUNGSASPEKTE

In diesem Ergebnisfeld werden Ergebnisse auf Basis der Online-Befragung der Absolvent*innen zu ihren Karriereplänen dargestellt, zu bereits absolvierten weiteren Studiengängen und Weiterbildungen sowie zum konkreten Interesse der Befragten daran. Basierend auf den Daten der qualitativen Interviews mit jenen Absolvent*innen, die ein Masterstudium abgeschlossen haben, werden zudem Ergebnisse zu den von den Befragten dargelegten Gründen für die Aufnahme eines Masterstudiums dargestellt.

3.2.5.1 KARRIEREPLÄNE DER ABSOLVENT*INNEN

In der Berufsgruppe der Ergotherapeut*innen sind die Praxisanleitung (19,1%) sowie beratende Tätigkeiten (17.0%) die Karriereziele, die zum Befragungszeitpunkt am häufigsten als bereits erreicht angegeben wurden (Abbildung 38).

Abbildung 38: erreichte und aktuell verfolgte Karriereziele (Ergotherapie)

Jeweils mehr als die Hälfte der Befragten verfolgen beratende Tätigkeiten sowie zertifizierte Expertise für spezifische Behandlungskonzepte als Karriereziele. Auf Leitungsfunktionen im mittleren Management und auf Lehrtätigkeiten arbeiten jeweils über 40% der Befragten hin.

29,8% Lehrtätigkeit in Aus-/ Fort-/ Weiterbildung Forschung und Entwicklung Gesundheits- oder Berufspolitik