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4. Das fahrradbezogene Unfallgeschehen auf Schulwegen in Bayern

4.1 Deskriptive Datenanalyse

4.1.3 Makroanalytische Unfallanalyse

Die KUVB hat für die 66.884 Schulwegunfälle von 2007 bis 2011 Entschädigungsleistungen nach Eintritt des Versicherungsfalls in Höhe von knapp 20 Mio. Euro erbracht, wovon gut ein Viertel auf Fahrradunfälle entfiel. Dabei handelt es sich um Dienst-, Sach- und Barleistungen an Unfallverletzte und Hinterbliebene für ärztliche Behandlung, Rehabilitation sowie finanzi-elle Kompensation (vgl. Tabfinanzi-elle 4-4).

Tab. 4-4: Verkehrsmittelspezifische Unfallkosten der KUVB (2007-2011) (Quelle: Eigene Berechnung;

Quelle Daten: KUVB: 2007-2011)

MIV-Fahrer 3.448 2.651.548 411.518 769 7.977 94

Mitfahrer 1.716 802.428 44.718 468 2.261 78

Funsportgeräte 3.272 649.498 17.821 199 1.664 53

Gesamt 66.884 19.584.565 790.084 296 4.765 63

Ein Fahrradunfall kostete die KUVB im arithmetischen Mittel 313 Euro (σ = 1766). Der Me-dian beträgt 71 Euro, was an einigen Ausreißern liegt, welche auch die hohen Standardabwei-chungen erklären. So verursachten zwei FSWU Kosten in Höhe von 240.000 Euro. Die mitt-leren Kosten bei Radunfällen rangieren nur etwas über dem Durchschnitt aller SWU. Beson-ders hoch sind die Kosten bei MIV- und Mitfahrerunfällen. Die geringsten Kosten verursa-chen ÖPNV-Unfälle. Laut BORK ET AL. (2008, S.44) lässt sich aus den Unfallkosten auch der Schweregrad der Unfälle ableiten (siehe Kapitel 3.1.1).

Abb. 4-10: Prozentuale Darstellung der verkehrsmittelspezifischen Unfälle (2007-2011) nach Schwere in drei Klassen, gemessen an den Unfallkosten (Quelle: Eigene Berechnung; Quelle Daten: KUVB: 2007-2011)

MIV-Unfälle weisen die höchste, Fußgänger- und ÖPNV-Unfälle die geringste Unfallschwere auf (siehe Abb. 4-10). Radunfälle liegen im Mittelfeld, wobei 79 Prozent der Unfälle als leicht, acht Prozent als mittel und 13 Prozent als schwer einzustufen sind. Bei einer Betrach-tung der mittleren landkreisbezogenen Unfallkosten von Radunfällen zeigen sich überdies große regionale Unterschiede. Dies deutet einerseits auf eine besondere Gefährlichkeit des Radfahrens in Regionen mit einem erhöhten Anteil an schweren resp. kostspieligeren Unfäl-len hin; andererseits kann daraus auch auf Unterschiede im Meldeverhalten geschlossen wer-den, wobei davon auszugehen ist, dass leichte Unfälle in Landkreisen mit einer niedrigen FSWUR seltener gemeldet werden (ebd.). Ob es einen Zusammenhang zwischen der FSWUR und den Unfallkosten gibt und inwieweit die Verteilung der Schwere der Unfälle von den siedlungsstrukturellen Kreistypen und weiteren raumbezogenen Merkmalen abhängig sind bzw. sich die räumlichen Diskrepanzen bei der FSWUR durch das Meldeverhalten erklären lassen, wird in Kapitel 4.3 untersucht.

Bei 46 Prozent der Fahrradunfälle lagen minderschwere Verletzungen vor (vgl. Abb. 4-11);

dies sind geschlossene, voll rückbildungsfähige Verletzungen, z. B. Prellungen. Bei weiteren 20 Prozent lagen leichte Verletzungen, wie Abschürfungen etc. vor. In elf Prozent der Fälle handelt es sich um (Dis-)-Torsionen, bei neun Prozent um geschlossene und in 0,1 Prozent um offene Frakturen. Acht Prozent der Verletzten zogen sich geschlossene blutige Verletzungen mit bleibender Substanzschädigung zu, knapp fünf Prozent verletzten sich an den Zähnen; ein weiteres Prozent zog sich schwerwiegende Rupturen zu und bei einem weiteren Prozent ist die Verletzungsart unbekannt bzw. nicht mehr zuzuordnen.

72% 70% 79% 84% 86% 87% 83%

6% 10% 8% 7% 7% 5% 7%

21% 20% 13% 9% 7% 8% 10%

10%0%

20%30%

40%50%

60%70%

80%90%

100%

(Mitfahrer)MIV MIV

(Fahrer) Radfahrer Sonstige Fußgänger ÖPNV Gesamt

hoch (>500€) mittel (<500€) leicht (<200€)

10.020

Im Vergleich zu den Fußgängern sind bei den Radfahrern die minderschweren Verletzungen aber auch die Frakturen deutlich ausgeprägter. Rückschlüsse auf die Unfallschwere können daraus nicht abgeleitet werden (siehe Kapitel 2.3.1).

Abb. 4-11: Art der Verletzung bei Radfahrern und Fußgängern (2007-2011) (Quelle: Eigene Berechnung;

Quelle Daten: KUVB: 2007-2011)

95 Prozent aller FSWU passieren auf der Fahrbahn, zwei Prozent auf dem Schulhof und wei-tere zwei Prozent auf dem Gehweg. Hier zeigt sich zwar ein deutlich abweichendes Bild im Vergleich zu den Fußgängerunfällen, welche sich naturgemäß überwiegend auf Gehwegen zutragen.

Durch eine vertiefte Datenanalyse sind Aussa-gen über den Unfallhergang und die Schuldfra-ge möglich, beides relevante Aspekte bei der Frage nach den Ursachen regionaler Unter-schiede im Unfallgeschehen. Mehr als 62 Pro-zent der Fälle sind selbst verschuldete Unfälle (siehe Abb. 4-12). Eine weitere Differenzierung dieser Unfälle ist nicht möglich, weshalb keine Aussage darüber getroffen werden kann, ob es sich um Alleinunfälle oder Kollisionsunfälle handelt. Laut Auskunft von Frau Pastor, Refe-rentin im Bereich Statistik der KUVB, sind etwa zwei Drittel der selbst verschuldeten Unfälle

0% 10% 20% 30% 40% 50%

Abb. 4-12: Anzahl der FSWU nach Unfall-verursacher (2007-2011) (Quelle: Eigene Berech-nung; Quelle Daten: KUVB: 2007-2011)

Alleinunfälle, also etwa 40 Prozent des fahrradbezogenen Gesamtunfallgeschehens. Das Tele-fonat fand am 10.12.2012 statt. Das verbleibende Drittel, also etwa 3.000 Unfälle, ist über-wiegend auf selbst verschuldete Kollisionsunfälle zurückzuführen. Auf der anderen Seite gab es etwa 2.700 (17 Prozent) fremd verschuldete Kollisionsunfälle. Die Unfallschuld bei Kolli-sionsunfällen ist damit etwa gleich verteilt. Bei den fremd verschuldeten Kollisionsunfällen handelt es sich fast ausschließlich um Unfälle, bei denen die Schüler von einem Pkw erfasst wurden.

Die Kategorie sonstige Unfälle umfasst 21 Prozent aller FSWU. Dabei dominiert mit 72 Pro-zent die Kategorie Bodenoberfläche, wobei es sich zumeist um Sturz- und Rutschunfälle, welche auf Bodenunebenheiten oder den Fahrbahnzustand zurückzuführen sind handelt (siehe Abb. 4-13). Diese Unfälle treten gehäuft in den Wintermonaten auf; in diesem Zeitraum ist etwa ein Viertel aller FSWU auf Bodenunebenheiten resp. Straßenglätte zurückzuführen. In 15 Prozent der sonstigen FSWU verschuldete eine andere Person den Unfall. Dabei handelt es sich um bewusst fahrlässig oder spielerisch durch Andere herbeigeführte Unfälle. In sieben Prozent sind Hindernisse aller Art für den FSWU verantwortlich, in weiteren sechs Prozent ist die Unfallursache unbekannt.

Abb. 4-13: Unfallauslösender Gegenstand bei den sonstigen FSWU als Absolut- und Prozentwert (2007-2011) (Quelle: Eigene Berechnung; Quelle Daten: KUVB: 2007-(2007-2011)

Durch diese Detailauswertung kann der Anteil der Alleinunfälle bzw. der fremd und selbst verschuldeten FSWU noch präziser eruiert werden. Unfälle der Kategorien Bodenoberfläche und Hindernisse sind wohl auf überhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit zurückzu-führen, also zum größten Teil selbst verschuldete Alleinunfälle. Demzufolge sind mehr als die Hälfte aller Fahrradunfälle auf dem Schulweg Alleinunfälle; etwa 80 Prozent sind selbst ver-schuldet und ca. 20 Prozent fremd verver-schuldet. Daran knüpft sich folgende Überlegung an:

Wenn in bestimmten Landkreisen deutlich erhöhte Anteile an fremd verschuldeten Unfällen

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durch andere Verkehrsteilnehmer zu beobachten sind, dann deutet dies auf ungünstige Ver-kehrsbedingungen für Radfahrer in dieser Region hin.