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5.4 ZOIL-Prinzip 4: Der Informationsraum als Informationslandschaft

5.4.5 Layoutmanager

Die hierarchische Struktur desscene graphs k¨onnte zuk¨unftig auch die Integration nicht-sichtbarer Knoten erlauben, die eine wichtige Rolle f¨ur eine Vereinfachung der Gestaltung der Informationslandschaft spielen k¨onnten und weiterhin auch eine Perspektive f¨ur die Bereitstellung von multiple coordinated visualizations schaffen. Dies Konzept soll hier zum Abschluss der Darstellung desscene graphskurz erl¨autert werden, auch wenn dessen visuelle Spezifikation in Kapitel 4 noch nicht stattgefunden hat.

Abbildung 5.17: pipe and filter-Ketten als Zweige innerhalb des scene graph.

Mit Layoutmanagern bezeichnet man in der Programmierung von grafischen Benut-zungsoberfl¨achen Komponenten, die eine strukturierte Anordnung der nachgeordneten visuellen Komponenten leisten. Dabei werden die nachgeordneten Komponenten nicht manuell durch Angabe ihrer Position und Ausdehnung platziert, sondern die Positionie-rung wird vom Layoutmanager automatisch nach vorgegebenen Regeln vorgenommen.

Layoutmanager kommen beispielsweise bei der UI-Programmierung in Java zum Ein-satz, wo sie z.B. eine sinnvolle Platzierung von Komponenten innerhalb eines Fensters gew¨ahrleisten, auch wenn die Fenstergr¨oße durch den Benutzer ver¨anderbar wurde.

Innerhalb von ZOIL k¨onnten Layoutmanager eine ¨ahnliche Funktion ¨ubernehmen, um z.B. eine automatische Anordnung aller nachgeordneten Visualisierungen in einer Gitter-, Kreis- oder Spiralstruktur vorzunehmen. F¨ur den Gestalter oder den Benut-zer einer ZOIL-Oberfl¨ache wird damit das Management der Gr¨oße und der Position der einzelnen Visualisierungen vereinfacht, da diese Vorg¨ange nicht mehr manuell, sondern automatisiert stattfinden.

F¨ur die Zukunft w¨are es vorstellbar, Layoutmanager f¨ur statische Bereiche oder als magic lenses in ZOIL bereitzustellen, wobei die angewendeten Layoutregeln innerhalb einermagic lense ¨ahnlich wie die Auswahl von Visualisierungs-Plug-Ins angeboten wer-den k¨onnte. Der Layoutmodus (z.B.

”Gitter“,

”Kreis“,

”Spirale“ wird ¨uber ein an die bounding box angedocktes UI-Element angeboten, das einen entsprechenden Dialog zur Auswahl des Layouts anhand von verkleinerten Voransichten des Ergebnisses anbietet (¨ahnlich wie in Abbildung 4.16). Ein großer Mehrwert eines solchen Layoutmanagers

w¨are das automatische Einpassen einer neuen Visualisierung in das Schema des Layouts, nachdem sie vom Benutzer per pick, drag, zoom & drop innerhalb des Layoutmanagers abgelegt wurde.

Weiterhin w¨urden Layoutmanager auch eine m¨ogliche L¨osung der Frage darstellen, in welchen Bereichen Objekte, Visualisierungen oder Illustrationen frei positioniert werden k¨onnen und welche somit alsdrop targets fungieren (siehe Kapitel 4.3.5). Wie der

” Null-Layoutmanager“ in Java, der eine freie Positionierung ohne Anwendung automatischer Regeln erlaubt, so k¨onnte ein

”Workplace“-Layoutmanager einen beliebig gestaltbaren Bereich definieren, wie er in ZOIL-MedioVis f¨ur den

”Eigenen Arbeitsbereich“ oder den Bereich zur Ver¨offentlichung von Kursmaterialien geeignet w¨are. Die

” Workplace“-Bereiche w¨urden somit die Funktionen des Desktops und der Ordner-Fenster in heutigen WIMP-GUIs kombinieren, wobei zus¨atzlich die M¨oglichkeit zur direkt-manipulativen Annotation und Illustration wie in Abbildung 5.14 besteht.

5.4.6 Multiple Coordinated Visualizations

Eine besondere Funktion w¨urde den Layoutmanagern im Kontext von multiple coor-dinated visualizations zukommen. Darunter wird in der Informationsvisualisierung die gleichzeitige Darstellung eines Datenraums durch mehrere parallel angebotene Visualisie-rungen verstanden. Dies erzeugt bei der Arbeit mit VisualisieVisualisie-rungen einen beachtlichen Mehrwert, da so verschiedene Sichten, Darstellungsformen und Filterkriterien erg¨anzend genutzt werden k¨onnen, um die Hypothesengenerierung und deren ¨Uberpr¨ufung nicht nur aus einer, sondern aus mehreren Perspektiven gleichzeitig vorzunehmen. Um dabei einen Erkenntnisgewinn f¨ur den Benutzer zu erreichen, werden Techniken des linking und brushing verwendet, die z.B. daf¨ur sorgen, dass die Fokussierung oder Markierung eines Datenpunkts in einer Visualisierung auch in den weiteren Visualisierungen vorge-nommen wird, so dass die Beziehungen innerhalb der Daten in allen Sichten synchron f¨ur den Benutzer erkennbar werden.

In [North und Shneiderman 2000] findet sich eine kompakte Einf¨uhrung in die Thema-tik der multiple coordinated visualizations und es wird das Konzept der snap-together visualizations vorgestellt, mit dem – ¨ahnlich wie mit dem hier beschriebenen Konzept der Layoutmanager in ZOIL – beliebige Kombinationen von Visualisierungen eines Da-tenraums per drag and drop vom Benutzer zusammengef¨uhrt und angeordnet werden k¨onnen. Grunds¨atzlich ist eine Adaption dieses Konzepts in den Kontext der zoomba-ren Informationslandschaft, der nested information visualization und der dynamic

que-ries in ZOIL gut vorstellbar. Der Layoutmanager w¨urde dabei nicht nur die Funktion der geometrischen Anordnung der Visualisierungen ¨ubernehmen, sondern z.B. auch die Selektions- und Fokussierungsereignisse aus einer Visualisierung an alle Visualisierungen, die unter ihm imscene graph eingeh¨angt sind, weitergeben. Dabei k¨onnte dies durch die ZOIL-Konzepte eine gleichermaßen elegante wie besonders m¨achtige Variante der multi-ple coordinated visualizationsdarstellen, denn es w¨are m¨oglich, alle eingehenden Objekte in den Layoutmanager ¨uber angedocktedynamic queries vorzufiltern, um dann ¨uber die an den einzelnen

”nested“ Visualisierungen angedocktendynamic queries noch eine wei-tere individuelle Filterung vornehmen zu k¨onnen. Dabei w¨are auch die Platzierung eines Layoutmanagers innerhalb des Layouts eines ¨ubergeordneten Layoutmanagers m¨oglich, was gerade f¨ur komplexe Darstellungen und Filterungen (z.B. im Bereich desvisual data mining) großes Potential bietet. Der Vorteil von ZOIL k¨onnte darin bestehen, dass durch die r¨aumliche Anordnung und durch das Zooming die Zusammenh¨ange f¨ur den Benutzer selbst bei großer Komplexit¨at nachvollziehbar bleiben.

5.5 Das ZOIL-Referenzmodell

Um die Betrachtung der Informationslandschaft und der ZOIL-Gestaltungsprinzipien ab-zuschließen, soll hier nochmals Bezug auf die bereits geleistete Vorarbeit von [K¨onig 2006]

genommen werden. Dort wird unter dem Gesichtspunkt einer zuk¨unftigen Implementie-rung einer ZOIL-Benutzungsschnittstelle das

”ZOIL-Referenzmodell“ entworfen, das das visualization reference model von Card mit der aus der 3d-Grafik bekannten rendering pipeline zusammenf¨uhrt.

Durch die in dieser Arbeit vorgenommene Konkretisierung der ZOIL-Prinzipien und die Einf¨uhrung neuer Modelle und Datenstrukturen f¨ur die Entwurfsphase und f¨ur die Implementation einer ZOIL-Benutzungsschnittstelle stellt sich die Frage, wie die hier vorgestellten neuen Konzepte in das von K¨onig aufgestellte Modell eingef¨ugt werden k¨onnen.

Die Zuordnung ist dabei bislang nicht eindeutig vorzunehmen und muss in der sp¨ateren Entwicklungsarbeit noch detailliert werden, da Fragen der Effizienz der implementierten Darstellungsalgorithmen und Transformationen in diesem theoretischen Stadium noch nicht eindeutig gekl¨art werden k¨onnen. Wie diese Zuordnung aber grunds¨atzlich vorge-nommen werden kann, wird in der Abbildung 2.7 dargestellt.

Abbildung 5.18: Zuordnung der neuen Modelle und Konzepte zum ZOIL-Referenzmodell von K¨onig.

Um die umfassende Darstellung und Diskussion verschiedenster Aspekte des hier vor-gestellten ZOIL-Paradigmas und seines Potentials f¨ur eine Verbesserung der Mensch-Computer-Interaktion im Bereich des Personal Computers und des Webs abzuschließen, sollen im Folgenden die Erkenntnisse dieser Arbeit in einem Fazit kompakt wiederge-geben werden. Dazu findet eine Aufteilung in die von dieser Arbeit aus der Sicht des Autors erreichten Ziele und die in der Zukunft zu beantwortenden Fragen als Ausblick statt.

6.1 Was diese Arbeit leisten konnte

Durch die Einleitung in Kapitel 1 und die Diskussion der g¨angigen UI-Paradigmen in Kapitel 3 konnte die Notwendigkeit f¨ur eine grundlegende Neugestaltung der heutigen PC- und Web-Benutzungsschnittstellen aufgezeigt werden. Die zuk¨unftigen Herausfor-derungen in der Informationsgesellschaft und die damit verbundenen Erwartungen an die Technologie machen eine nachhaltige Verbesserung derusability von PC- und Web-Schnittstellen zu einem wichtigen Ziel der Forschung und Entwicklung. Dabei sind die dazu notwendigen Hardwarevoraussetzungen heute bereits vorhanden. Die große H¨urde liegt eher in der ¨Uberwindung bestehender Konventionen und Denkweisen, die die Tren-nung der PC-Benutzungsschnittstelle in inkonsistente Interaktionsebenen akzeptiert ha-ben. Diese Trennung ist dabei nicht das Produkt einer bewussten Designentscheidung im Interesse des Benutzers, sondern ist technologischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in der Vergangenheit geschuldet.

Die heute kommerziell verf¨ugbaren Produkte zur Verbesserung derusability setzen meist auf eine Verbesserung der Benutzbarkeit durch immer neue Erweiterungen der Schnitt-stelle im Sinne von

”cogmetics“, anstatt auf eine grundlegende Neubewertung und kon-sistente Neugestaltung durch cognetics zu setzen. Versuche zur Automatisierung von typischen Benutzeraufgaben haben dabei keine nachhaltige Wirkung, weil die heute

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leistete Wissensarbeit mit dem PC dazu zu variabel und zu schwer zu strukturieren ist, was besonders auf die Suche und Navigation in Informationsr¨aumen und die kreative Arbeit mit Wissensobjekten zutrifft.

Das Ziel ¨uber eine konsistente Neugestaltung der Benutzungsschnittstelle eineuniversal usability und eine ¨Ara desnew computing mit dem PC als kreativem Werkzeug f¨ur je-dermann zu erreichen, ist dabei zweifellos ambitioniert und mag an die techno-liberale Romantik der Urv¨ater des PCs erinnern. Auf der anderen Seite f¨uhrten gerade diese Uto-pien zum Entwurf massentauglicher Benutzungsschnittstellen, w¨ahrend die marktorien-tierte Weiterentwicklung der Benutzungsschnittstelle der letzten zwanzig Jahre keine grundlegend neuen Konzepte in ihren Produkten vorweisen kann.

Die in Kapitel 2 geleistete Abstrahierung von Begriffen wie

”Information“ oder

” Su-che“ aus der Sicht der Informationswissenschaft und der Mensch-Computer-Interaktion erlaubt es dabei, sich von den Konventionen des WIMP-Paradigmas abzuheben und sich die grunds¨atzlichen Ziele des personal computings – insbesondere im Bezug auf die kollaborative Nutzung ¨offentlicher Informationsr¨aume im World Wide Web – nochmals zu vergegenw¨artigen. Dabei zeigt sich, dass die Flexibilit¨at und Ausdrucksm¨achtigkeit der Benutzungsschnittstelle ein entscheidender Faktor bei der Informations- bzw. Wis-sensarbeit und der Erreichung eines informationellen Mehrwerts ist. Flexibilit¨at und Ausdrucksm¨achtigkeit k¨onnen dabei durch die Trennung zwischen globaler und lokaler Informationsarchitektur und durch den konsequenten Einsatz der Informationsvisuali-sierung zur Unterst¨utzung der analytischen Suche und der Browsing-Strategien entschei-dend verbessert werden.

Weiterhin unterstreicht die Betrachtung kognitiver und technologischer Grenzen in Ka-pitel 3 die Bedeutung einer effizienten Kommunikation mit dem PC ¨uber st¨arkere Vi-sualit¨at und ¨uber die direkte Manipulation der Benutzungsschnittstelle. Dabei spielt insbesondere das einheitliche Verhalten der Interaktionsobjekte innerhalb eines model-world interface eine zentrale Rolle bei der Vermittlung eines konsistenten conceptual model an den Benutzer, um somit die kognitive Belastung des Benutzers zu minimieren und die prim¨are Aufgabe der Wissensarbeit in den Vordergrund zu r¨ucken. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine Ann¨aherung der verwendetenaction und presentation langua-ge notwendig, wodurch die Belastung durch den gulf of evaluation und gulf of execution minimiert wird. Gerade das Hypertext-Paradigma im World Wide Web durch seinen Charakter alsconversational interface kann dies nur sehr begrenzt leisten und sollte im Bezug auf die Abbildung komplexer Informationsr¨aume und Applikationen ¨uberdacht werden.

Das in Kapitel 4 aus der Sicht des Benutzers dargestellte ZOIL-Paradigma kann eine kon-sistente Neugestaltung der Benutzungsschnittstelle leisten, wie anhand der visuellen Spe-zifikation von

”ZOIL-MedioVis“ alsstoryboard dargestellt wurde. Das ZOIL-Paradigma integriert dabei fortschrittliche Informationsarchitektur und Informationsvisualisierung in einemzoomable user interface, das Informationsr¨aume auf einer zoombaren Informa-tionslandschaft pr¨asentiert. Dabei ist dieses neue Visualisierungs- und Navigationspa-radigma mit einem Konzept f¨ur die modulare Erweiterung durch Visualisierungs-Plug-Ins und direkt-manipulativen Filtermechanismen ¨uber dynamic queries verbunden und kann auf existierenden Softwareplattformen realisiert werden. Auf Hardwareebene be-darf es einer vergleichsweise unaufw¨andigen Neugestaltung der konventionellen Maus als

”Zoom-Maus“, die als neuartiges Eingabeger¨at vorgestellt wurde.

In Kapitel 5 wurde das ZOIL-Paradigma aus Entwicklersicht anhand von vier aufge-stellten Gestaltungsprinzipien f¨ur die Anwendung auf neue Einsatzgebiete zusammenge-fasst und verallgemeinert. Diese Gestaltungsprinzipien basieren dabei auf existierenden Erkenntissen und Arbeiten aus dem Umfeld der Mensch-Computer-Interaktion. Dabei wurden auch neue Modellierungstechniken wie der Attributraum oder der scene graph vorgestellt, die den Gestaltungsprozess von ZOIL-Oberfl¨achen und deren Implementie-rung unterst¨utzen k¨onnen und die dabei die ZOIL zugrundeliegende Interface-Physik und Logik veranschaulichen. Die Prinzipien von ZOIL sind wie folgt formuliert worden:

1. Objekt-orientierte Benutzungsschnittstelle: Eine ZOIL-Benutzungsschnitt-stelle ist eine objekt-orientierte BenutzungsschnittZOIL-Benutzungsschnitt-stelle. Ihr liegt eine objekt-orien-tierte Analyse des Informationsraums zugrunde, die die globale Informationsarchi-tektur, sowie die Sichtbarkeit und das Verhalten von Wissensobjekten auf der Benutzungsoberfl¨ache definiert.

2. Semantisches Zooming: Alle Objekte in ZOIL-Benutzungsschnittstellen sind vom Benutzer mit dem semantischen Zoom erreichbar und dabei im Detaillie-rungsgrad und in der inhaltlichen Ausrichtung ihrer Darstellung steuerbar.

3. Modulare Informationsvisualisierung: Um eine analytische Navigation, Suche und Filterung im Informationsraum zu erm¨oglichen, k¨onnen beliebige Ausschnitte des Informationsraums in Visualisierungen dargestellt und direkt-manipulativ ge-filtert werden. Auch die Betrachtung eines Ausschnitts einer Visualisierung durch eine andere Visualisierung ist dabei m¨oglich. Die Palette der zur Verf¨ugung ste-henden Visualisierungen ist modular erweiterbar.

4. Der Informationsraum als Informationslandschaft: Alle Visualisierungen und Objekte in ZOIL werden in einer zoombaren Informationslandschaft visu-ell verortet und in zoombaren Hierarchien r¨aumlich organisiert. Sie stellen

ver-schiedene visuelle Einstiegspunkte in lokale Informationsarchitekturen des Infor-mationsraums dar. Dabei sind die Informationslandschaft und die enthaltenen Vi-sualisierungen sowohl vom Entwickler als auch vom Benutzer direkt-manipulativ gestaltbar.

Durch diese Bereitstellung der visuellen Spezifikation, der Gestaltungsprinzipien und der Modellierungstechniken konnte ZOIL somit als neues technologisches Paradigma umfassend vorgestellt werden. Angesichts der Diskussion der zuk¨unftigen Anforderun-gen an Benutzungsschnittstellen, der Darstellung der Grenzen des bestehenden WIMP-Paradigmas und der nun existierenden M¨oglichkeit, ZOIL-Konzepte in zuk¨unftigen An-wendungen umzusetzen und zu testen, wurde damit eine breite Basis f¨ur die weitere Forschungsarbeit gelegt.

6.2 Was diese Arbeit noch nicht leisten konnte

F¨ur die benutzerzentrierte Gestaltung der Mensch-Computer-Interaktion ist die Eva-luation von Konzepten durch Benutzertests oder andere empirische Methoden unerl¨ ass-lich. Eine derartige empirische Fundierung von ZOIL konnte innerhalb dieser Arbeit noch nicht geleistet werden. Zwar sind die einzelnen Konzepte aus denen sich das ZOIL-Gesamtkonzept zusammensetzt auf der Basis existierender Forschungsliteratur grunds¨ atz-lich best¨atigt worden, eine Evaluation des Gesamtkonzepts anhand eines realen Anwen-dungsfalls konnte aber noch nicht durchgef¨uhrt werden.

Da sich das ZOIL-Paradigma noch in einem theoretischen Stadium befindet wird es daher die Aufgabe der weiteren Forschungsarbeit sein, reale ZOIL-Anwendungen zu schaffen und zu testen. Dabei stellt die Bereitstellung einer entsprechenden technischen Plattform f¨ur die Umsetzung eines voll-funktionalen Systems einen erheblichen Entwicklungsauf-wand dar. Selbst die Bereitstellung eines f¨ur dasusability testing ausreichend funktiona-len Prototypen ¨ubersteigt den Aufwand f¨ur das ¨ubliche Prototyping bei herk¨ommlichen Benutzungsschnittstellen um ein Vielfaches, da eine Evaluation von ZOIL als Gesamt-konzept bereits die grunds¨atzliche Funktionalit¨at zum semantischen Zooming und zur freien Verwendung modularer Informationsvisualisierungen erfordert. Deren Realisierung ist auf der Basis der zur Zeit verf¨ugbaren Prototyping-Technologien noch sehr aufw¨andig, da ZOIL im Bereich der Darstellung und des visuellen Datenmanagements Neuland be-tritt. Aus diesem Grund musste in dieser Arbeit noch auf empirische Untersuchungen von ZOIL verzichtet werden. Die Erstellung eines tauglichen Prototyps f¨ur die Evaluati-on ist daher das n¨achste Ziel, das innerhalb der folgenden Forschungsarbeit angegangen

werden sollte.

Aus denselben Gr¨unden konnte das in Kapitel 4 dargestellte UI- und Interaktionsdesign bislang noch nicht vollst¨andig ausgearbeitet werden. In der Praxis der UI-Gestaltung f¨ur eine konkrete Anwendung werden sich voraussichtlich neue Problemstellungen erge-ben, die zur L¨osung die im usability engineering ¨ublichen Zyklen des iterativen Desi-gns durchlaufen m¨ussen. Eine vollst¨andige Spezifikation der Benutzungsschnittstelle im Vorfeld dieser Zyklen aus Design, Evaluation und Redesign kann daher nicht erfolgen und stellt immer nur eine N¨aherung dar, die in Form der visuellen Spezifikation von ZOIL-MedioVis geleistet wurde. Die vorgestellten Designs sind daher nicht als endg¨ ulti-ge Entw¨urfe, sondern als Ausgangsbasis f¨ur die weitere Ausarbeitung und Erprobung zu verstehen.

6.3 Ausblick

Die zuk¨unftigen Anwendungsm¨oglichkeiten von ZOIL sind vielf¨altig. Kurz- bis mittelfris-tig denkbar ist dabei der Einsatz als neuarmittelfris-tige Benutzungsschnittstelle f¨ur den Zugriff auf Web-Datenbanken (z.B. digitale Bibliotheken oder Produktkataloge), wie anhand ZOIL-MedioVis demonstriert werden konnte. Gerade f¨ur Anwendungen wie den Vertrieb von multimedialen Produkten alsvideo-odermusic-on-demand k¨onnten ¨uber ZOIL alsrich internet application nicht nur effiziente, sondern auch zum

”St¨obern“ anregende Visua-lisierungen angeboten werden, die zum Verweilen und zur Partizipation einladen. Eine derartige Schnittstelle w¨urde innerhalb des Marktes zweifellos ein Alleinstellungsmerk-mal darstellen.

Dar¨uber hinaus besteht die Perspektive f¨ur ein direkt-manipulatives und kollaboratives Wissensmanagement oderweb authoring nach dem WYSIWYG-Prinzip. Webserver mit ZOIL-Benutzungsschnittstelle k¨onnten dazu zoombare Informationslandschaften als ge-meinsame visuelle Arbeitsbereiche f¨ur die kollaborative Arbeit von Benutzergruppen aus dem betrieblichen, wissenschaftlichen oder Ausbildungsbereich anbieten. Die Partizipa-tion k¨onnte dabei durch den direkt-manipulativen Charakter einer ZOIL-Oberfl¨ache als

”Pinnwand“ gesteigert werden, da die Erforschung, Illustration und Erg¨anzung (multi-medialer) Wissensobjekte

”intuitiv“ erfolgt und einen geringeren Lernaufwand ben¨otigt, als die Bedienung heutiger webbasierter Schnittstellen. Das Potential der zoombaren In-formationslandschaft als neuartigem Medium f¨ur Informationspr¨asentation, Informati-onsmanagement und Kollaboration sollte daher in Zukunft konsequent erforscht werden.

Weiterhin denkbar, w¨are der Einsatz von ZOIL als Interaktionsparadigma f¨ur zuk¨unftige Arbeitspl¨atze im Bereich der visual analytics oder des visual data mining, wie bereits von [K¨onig 2006] thematisiert wurde. Die visual analytics verfolgen das Ziel, Forschern, Wirtschaftsanalysten,non-government organizations oder staatlichen Beh¨orden visuelle Werkzeuge zur explorativen Analyse großer Daten- und Informationsr¨aume bereitzu-stellen, um Muster, Trends oder Zusammenh¨ange in großen Datenmengen erkennbar zu machen und zur Entscheidungsunterst¨utzung anzubieten. Der modulare Charakter von ZOIL k¨onnte dabei die Einbettung einer Vielzahl spezialisierter Visualisierungen in ein konsistentes benutzergerechtes Gesamtkonzept erm¨oglichen und so einen generischen Ansatz f¨ur die Gestaltung von visual analytics Arbeitspl¨atzen liefern.

Das ultimative Ziel bleibt dabei letztlich die Umsetzung von Raskins ZoomWorld in die Realit¨at, ein Ziel das heute zugegebenermaßen noch v¨ollig utopisch erscheint. Dennoch k¨onnten Projekte wie das

”Semantic Web“ oder der

”Semantic Desktop“ langsam die Wissensbasis schaffen, die es erm¨oglichen w¨urde eine wachsende Zahl von Wissensob-jekten und Inhalten – ¨ahnlich wie in der Vision Raskins – unter dem ZOIL Paradig-ma zugreifbar und Paradig-manipulierbar zu Paradig-machen. ZOIL k¨onnte damit zum Paradigma f¨ur zuk¨unftige

”Semantic Web Browser“ werden.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungsm¨oglichkeiten von ZOIL erscheint eine kon-sequente Weiterverfolgung des Konzepts in der Forschung und Entwicklung als rele-vant und wichtig. Betrachtet man den Forschungsschwerpunkt

”Explorative Analysis and Visualization of Large Information Spaces“, dem sich der Fachbereich Informatik und Informationswissenschaft an der Universit¨at Konstanz verschrieben hat, erscheint die Realisierung einer technischen Plattform f¨ur ZOIL-Anwendungen aller Art als ein lohnenswertes Unterfangen, das auch die Basis f¨ur die Zusammenf¨uhrung verschiedens-ter einzelner Forschungsprojekte im Fachbereich darstellen k¨onnte (z.B. leistungsf¨ahige XML-Datenbanken zur Bereitsstellung der Daten, Integration verschiedenster Visualisie-rungen als modulare Plug-Ins, hocheffiziente hardwarebeschleunigte Darstellung, etc.).

Den Bruch mit g¨angigen Konvention der PC-Benutzungsschnittstelle und derer Archi-tektur kann man dabei als ein großes Wagnis betrachten, das jedoch die Forschung nicht scheuen sollte. In diesem Sinne soll diese Arbeit mit einem Zitat aus Jef Raskins

”The Humane Interface“ schließen, das das

”Wagnis“ ZOIL relativiert:

Starting from what we know of human cognition, we have been led to fundamental changes in the design of human-machine interfaces. Nothing less will do.

[Adler 2005] Adler, Steven: WebOS: say goodbye to desktop applications. In: netWor-ker 9 (2005), Nr. 4, S. 18–26

[Ahlberg und Shneiderman 1994] Ahlberg, Christopher ;Shneiderman, Ben: Visual information seeking using the FilmFinder. In: CHI ’94: Conference companion on Human factors in computing systems. New York, NY, USA : ACM Press, 1994, S.

433–434

[Ahlberg u. a. 1992] Ahlberg, Christopher ; Williamson, Christopher ; Shneider-man, Ben: Dynamic queries for information exploration: an implementation and

[Ahlberg u. a. 1992] Ahlberg, Christopher ; Williamson, Christopher ; Shneider-man, Ben: Dynamic queries for information exploration: an implementation and