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Alle laktierenden Milchkühe der Betriebe wurden auf Lahmheit beurteilt. Dabei kam ein Beurteilungssystem zum Einsatz, dass eigens für den Einsatz im laufenden Be-trieb entwickelt wurde.

Lahme (Score 3 und 4) Tiere mussten durch das verwendete Score-System zuver-lässig identifizierbar sein und das System musste eine gute Reproduzierbarkeit auf-weisen. Um dies zu gewährleisten, hatte das System nur so viele Abstufungen, dass eine sichere Einordnung möglich war. Diesbezüglich bestätigte eine Studie, dass verschiedene Betrachter zuverlässig lahme Kühe an Hand eines fünfstufigen numeri-schen Score-Systems erkannten. Dabei zeigte sich, dass eine zu große Anzahl an Abstufungen die Übereinstimmung zwischen den Beurteilern verschlechterte. Wur-den die einzelnen Abstufungen möglichst detailliert und präzise definiert, ergab sich eine Verringerung der Abweichung zwischen verschiedenen Betrachtern (WINCKLER und WILLEN 2001; FLOWER und WEARY 2006). So wurde von einer weiteren Studie ebenfalls bestätigt, dass ein einfacheres System unter Feldbedin-gungen im Vorteil war (WELLS et al. 1993). Vor diesem Hintergrund erschien z. B.

ein System mit neun Abstufungen in der Praxis nicht zuverlässig umsetzbar (MAN-SON und LEAVER 1988).

Für das eingesetzte Score-System wurden vier Abstufungen gewählt. Die verwende-ten Kriterien zur Einstufung orientierverwende-ten sich an Parametern aus unterschiedlichen Studien. Der Fokus dieses Score-Systems wurde auf den Gang der Kuh gelegt.

Hierbei wurde vor allem die Schrittlänge (SPRECHER et al. 1997; COOK 2003;

AMORY et al. 2006; RUTHERFORD et al. 2009) einbezogen. Ergänzend wurde der Parameter des Untertretens bewertet (FLOWER und WEARY 2006; BARKER et al.

2007; RUTHERFORD et al. 2009). Das Untertreten wurde dabei als das Fußen der

Hinterklauen in den Abdruck der Vorderklauen definiert. Als weitere Beurteilungs-punkt des Ganges wurde die Gleichmäßigkeit der Gliedmaßenbelastung gewählt (SPRECHER et al. 1997; COOK 2003; AMORY et al. 2006; BARKER et al. 2007;

RUTHERFORD et al. 2009;). Lahme Tiere wurden darüber hinaus entsprechend der Schwere ihrer Lahmheit und der Chronizität weiter differenziert. Hochgradig lahme Tiere zeigten einen deutlichen Widerwillen oder ein Unvermögen, sich zu bewegen (SPRECHER et al. 1997; AMORY et al. 2006; RUTHERFORD et al. 2009). Die Kör-perkondition der Kühe wurde als zusätzliches Kriterium genutzt, da schwer lahme Tiere oft deutlich abgemagert waren (WELLS et al. 1993; COOK 2003; ESPEJO et al. 2006). Dies wurde in dieser Studie als Anzeichen einer bereits länger andauern-den Lahmheit gewertet. Score-Systeme, die als Hauptkriterium die Rückenlinie nutz-ten, ließen wichtige Aspekte bezüglich des Gangbildes außer Acht. Auch Kühe, die offensichtlich lahm waren, zeigten nicht immer einen gekrümmten Rücken im Stehen und zum Teil auch nicht während des Laufens. Andererseits wurde beobachtet, dass Tiere, die als lahmheitsfrei eingestuft wurden, trotzdem eine gekrümmte Rückenlinie aufwiesen, eventuell hervorgerufen durch abdominalen Schmerz (THOMSEN et al.

2008). In dieser Studie wurde deshalb auf die Verwendung der Rückenlinie als Lahmheitsindikator verzichtet.

5.3 Prävalenz lahmer Tiere

Die Prävalenz lahmer Tiere dieser Studie ergab sich aus dem Anteil der Tiere in ei-ner Herde mit einem Score von 3 oder 4. Die Prävalenz lag im Mittel bei 17,8 %. In verschiedenen Studien wurden mit 16,7 % (WELLS et al. 1993), 17,8 % (RUTHER-FORD et al. 2009) und 19,8 % (BICALHO et al. 2009) vergleichbare Prävalenzen lahmer Tiere gefunden. Einige Studien kamen zu tendenziell oder deutlich höheren Ergebnissen bezüglich der Prävalenz lahmer Tiere. Die Spannbreite lag dabei zwi-schen 20,6 % (CLARKSON et al. 1996) und 48,0 % (DIPPEL et al. 2009), das höchs-te Ergebnis wurde mit einer Prävalenz lahmer Tiere von 65,2 % (SPRECHER et al.

1997) ermittelt. Dieses Score-System legte im Gegensatz zu dem in dieser Studie verwendeten Score hauptsächlich Wert auf die Rückenlinie, außerdem stand den

Autoren lediglich ein Betrieb mit 66 Tieren für ihre Untersuchungen zur Verfügung, wodurch die Ergebnisse hinsichtlich der Lahmeitsbeurteilung nur für diese Kleingrup-pe repräsentativ waren. Einige Studien wiesen wesentlich geringere Prävalenz lah-mer Tiere von unter 10,0 % (MANSKE et al. 2002; BIELFELDT et al. 2005; CAPION et al. 2008; RUTHERFORD et al. 2009) nach, wobei es sich teilweise um Herden in Anbindehaltung handelte (BIELFELDT et al. 2005; MANSKE et al. 2002; FJELDAAS et al. 2007). Dies schränkt die Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit der vorliegenden Studie ein. Der geringste Wert wurde mit 1,1 % (FJELDAAS et al. 2007) angegeben.

Hierbei handelte es sich allerdings um Fleischrinder. Daher ist das Ergebnis nicht direkt vergleichbar mit den Ergebnissen dieser Arbeit.

Die erhobene Prävalenz lahmer Tiere dieser Studie lag verglichen mit anderen Stu-dien im unteren Mittelfeld. Dennoch muss berücksichtigt werden, dass diese Prävalenzen aufgrund unterschiedlicher Kriterien und Definitionen in den einzelnen Studien nicht vorbehaltlos vergleichbar sind.

5.4 Klauenpflege

In der vorliegenden Studie wurde festgestellt, dass Betriebe, die professionelle Klau-enpflege durchführen ließen, signifikant höhere Prävalenzen lahmer Tiere aufwiesen als Betriebe, die keine professionelle Klauenpflege in Anspruch nahmen. Vereinzelt wurde in der Literatur beschrieben, dass durch Klauenpflege keine signifikante Ver-ringerung der Prävalenz lahmer Tiere erreicht werden konnte. So machte es nach SMITH et al. (2007) für Färsen keinen Unterschied hinsichtlich der Prävalenz lahmer Tiere, ob sie Klauenpflege unterzogen wurden oder nicht. Eine weitere Studie fand, dass zwar die Form der Klaue durch Pflege verbessert wurde, dies aber nicht unbe-dingt das Risiko für Lahmheiten reduzierte (WARD 2001). Allerdings gibt es zahlrei-che Studien, die die positiven Effekte der Klauenpflege belegen. Demzufolge galt die funktionelle Klauenpflege als Voraussetzung für eine stabile Klauengesundheit (KÜMPER 2000; VAN DER TOL et al. 2004; BLOWEY 2005; FIEDLER und MÜLLER 2008). So stellten verschiedene Autoren fest, dass sich die Anzahl lahmer Kühe nach

der Klauenpflege verringerte, verglichen mit Betrieben, die keine oder nur sehr selten Klauenpflegemaßnahmen durchführten (MANSKE et al. 2002; AOKI et al. 2006;

ESPEJO und ENDRES 2007; HERNANDEZ et al. 2007b; KATSOULOS und CHRISTODOULOPOULOS 2009). In Gesprächen mit den Landwirten zeigte sich, dass das Ergebnis dieser Arbeit nicht unbedingt auf eine negative Auswirkung der Klauenpflege auf die Prävalenz lahmer Tiere hindeutete. Das Gegenteil schien der Fall zu sein, denn Landwirte die aus verschiedenen Gründen Probleme mit lahmen Tieren in ihrem Bestand hatten, nahmen zur Verringerung und Kontrolle der Proble-me häufiger Klauenpflege in Anspruch als Landwirte mit einer geringeren Prävalenz lahmer Tiere. So führte nicht die Klauenpflege zu erhöhten Prävalenzen lahmer Tie-re, sondern sie wurde zur Lösung bestehender Probleme herangezogen.

Im Hinblick auf die Klauenpflege wurden weitere Parameter erhoben. So wurde das Klauenpflegeintervall erfasst. Es zeigte sich hier tendenziell, dass Betriebe, die Klau-enpflege im Bedarfsfall durchführten, hinsichtlich der Prävalenz lahmer Tiere günsti-ger (12,8 %) lagen als Betriebe, die nach festen Schemata Klauenpflege betrieben (einmal jährlich: 19,0 %; zweimal jährlich und alle 5 Monate: 18,3 %; dreimal jährlich und öfter: 18,1 %; gezieltes Klauenmanagement: 19,6 %). Dies weist darauf hin, dass Landwirte in dieser Studie offenbar eine gute Tierbeobachtung durchführten.

Denn ohne festgelegte Klauenpflegeintervalle mussten sie gezielt die Tiere erken-nen, die eine Klauenpflege benötigten. Im Gegensatz dazu konnten schematisierte Intervalle dazu führen, dass die individuelle Tierbeobachtung vernachlässigt wurde.

Möglicherweise ergab sich individuell für Problemtiere bei der bedarfsweisen Klau-enpflege ein kürzeres Intervall als es bei der schematisierten Pflege der Fall gewe-sen wäre. Diese frequente Pflege wirkte sich dann positiv auf die Klauengesundheit und Lahmheitssituation aus, wie es auch verschiedene Studien belegten (MANSKE et al. 2002; SMITH et al. 2007; KATSOULOS und CHRISTODOULOPOULOS 2009;

OLECHNOWICZ und JASKOWSKI 2010). Vorausgesetzt werden musste natürlich eine optimale Tierbeobachtung. Konnte dies nicht gewährleistet werden kamen mög-licherweise die Vorteile der fest geplanten Klauenpflege im Vergleich zur Pflege nach

Bedarf (ESPEJO und ENDRES 2007) zum tragen, da hier jedes Tier in regelmäßigen Abständen zu Klauenpflege kam.

Die Berechnung des Abstandes des letzten Herdenschnittes zum Besuchstag zeigte, dass sich ein langes Intervall nachteilig auf die Prävalenz lahmer Tiere auswirkte.

Zwar ergaben sich hier nicht für alle getesteten Abstände signifikante Ergebnisse, jedoch konnte festgestellt werden, dass Betriebe mit einem Intervall von 8 - 13 Mona-ten zwischen Herdenschnitt und Besuchstag signifikant höhere Prävalenzen lahmer Tiere (25,8 %) aufwiesen gegenüber Betrieben, bei denen der Abstand lediglich ei-nen Monat betrug (15,4 %).

Das Vorhandensein eines Klauenstandes auf dem Betrieb ergab hinsichtlich der Prä-valenz lahmer Tiere ein signifikantes Ergebnis. So waren auf Betrieben mit eigenem Klauenstand die Prävalenz lahmer signifikant Tiere geringer als auf Betrieben ohne Klauenstand. Betriebe mit Klauenstand konnten unabhängig und nach Bedarf han-deln und so auch geringgradig lahme Tiere behanhan-deln, um das Fortschreiten der Lahmheit zu verhindern. Dies war auf Betrieben ohne Klauenstand erschwert oder nicht möglich.