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Kulturgut Wasser

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Wasser als Kulturgut ist in der Diskussion um „sustainable development“ bisher kaum zu finden oder hinter Formu-lierungen wie „Sicherung der Trinkwasserversorgung“ versteckt (AGENDA 21, Kapitel 18). Wasser spielt im öffentli-chen Leben traditioneller Gesellschaften aber auch eine wichtige kulturelle Rolle. Dies betrifft Rituale der Reinigung und Meditation, aber auch den alltäglichen Umgang mit Wasser als Nahrungsmittel. In industriellen Gesellschaften hat Wasser kaum noch kulturelle Bedeutung. So wird Wasser nur noch gelegentlich als Gestaltungselement im öffentli-chen Raum eingesetzt, Brunnenanlagen und Wasserarchitektur sind Beispiele dafür.

Die Gefährdung des Wassers betrifft auch seine Egenschaft als Kulturgut. Verfügbarkeit und Reinheit des Wassers spielen für den Bestand vieler Kulturen eine nicht zu unterschätzende Rolle, was sich in einer Vielzahl von wasserbezogenen Traditionen und Normen zeigt. Gewässerschutz ist insofern auch Schutz der Grundlagen menschli-cher Kultur (Schua und Schua, 1981).

Abbildung 5 : Sektorale Anteile am Wasserverbrauch aufgeschlüsselt nach Erdteilen ( Nach WRI, 1992a )

Welt ( 3 240 km3/a )

Afrika ( 144 km3/a )

Südamerika ( 133 km3/a )

Nordamerika ( 697 km3/a )

Europa ( 359 km3/a )

Asien ( 1 531 km3/a )

Ozeanien ( 23 km3/a )

Anteil Landwirtschaft (%) Anteil Industrie (%)

Anteil Haushalte (%)

UdSSR ( 353 km3/a )

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Abbildung 5: Sektorale Anteile am Wasserverbrauch aufgeschlüsselt nach Erdteilen (nach WRI, 1992a)

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Besonders eng waren und sind die Verknüpfungen zwischen Wasser und Kultur in den asiatischen und arabischen Ländern. In Ländern wie China, den Philippinen oder Indonesien wurden Wasserbau und Bewässerungslandwirtschaft entwickelt und zur Perfektion gebracht. In Mesopotamien, Jordanien und Ägypten bestehen technische Systeme einer

Länder nach Regionen Wasserangebot2 Veränderung

(m3pro Kopf und Jahr) (in %)

Jahr 1992 2010

Afrika

Ägypten 30 20 – 33

Algerien 730 500 – 32

Botswana 710 420 – 41

Burundi 620 360 – 42

Djibouti 750 430 – 43

Kap Verde 500 290 – 42

Kenia 560 330 – 41

Libyen 160 100 – 38

Malawi 1.030 600 – 42

Marokko 1.150 830 – 28

Mauretanien 190 110 – 42

Niger 1.690 930 – 45

Republik Südafrika 1.200 760 – 37

Ruanda 820 440 – 46

Somalia 1.390 830 – 40

Sudan 1.130 710 – 37

Tunesien 450 330 – 27

Naher Osten

Bahrain 0 0 0

Israel 330 250 – 24

Jemen 240 130 – 46

Jordanien 190 110 – 42

Kuwait 0 0 0

Libanon 1.410 980 – 30

Oman 1.250 670 – 46

Qatar 40 30 – 25

Saudi Arabien 140 70 – 50

Syrien 550 300 – 45

Vereinigte Arab. Emirate 120 60 – 50

Andere

Barbados 170 170 0

Belgien 840 870 + 4

Malta 80 80 0

Niederlande 660 600 – 9

Singapur 210 190 – 10

Ungarn 580 570 – 2

1Länder mit weniger als 1.000 m3Wasserangebot pro Kopf und Jahr.

2Geschätzte interne erneuerbare Wasserressourcen pro Jahr, nicht gerechnet Wasserzufluß aus Nachbarländern.

Tabelle 6: Länder mit akuter Wasserknappheit1, 1992 und 2010 (WWI, 1993)

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„Wasserkultur“ seit über 3.000 Jahren. Da die europäische Kultur ihre Wurzeln im Vorderen Orient und im Mittel-meerraum hat, übernahm sie von dort in ihrer Frühphase eine hohe kulturelle Wertschätzung des Wassers.

Kulturelle Traditionen im Umgang mit Wasser sind jedoch weltweit in großem Maße verlorengegangen. Umgekehrt sind moderne Wassertechniken wie Wasserklosett und zentrale Schwemmkanalisation nicht ohne weiteres aus unseren Breiten in andere Regionen übertragbar. In vielen traditionellen Gesellschaften werden Fäkalien z. B. kompostiert und nicht mit Wasser in Berührung gebracht, was insbesondere in Monsunländern mit extremen Regenereignissen seu-chenhygienisch sinnvoll erscheint. Die Installation moderner Wassertechniken kann hier nicht nur zu vermehrten Seu-chengefahren führen, sondern auch zum Verlust traditionellen Wissens (Koscis, 1988).

Nur vereinzelt können traditionelle Kulturen ihre eigenen Wertvorstellungen über das Wasser gegen das Vordringen westlicher dominanter Werte schützen. Ein erfolgreiches Beispiel ist der Rechtsstreit eines Stammes der Maori in Neuseeland (1991) gegen die Entsorgung städtischer Abwässer in den Kaituna-Fluß und den See von Rotorua. Die Abwässer der installierten Kläranlage werden seither in einer Fichtenplantage versickert, die kulturelle Wertschätzung der Maori für das Wasser wurde auf diese Weise offiziell anerkannt (WM, 1992).

Ursachen

Fünf übergreifende Ursachen globaler Wasserprobleme können unterschieden werden: Bevölkerungszunahme, Urba-nisierung, Industrialisierung, Klimaveränderungen und kultureller Wandel.

In den Entwicklungsländern führt die hohe Bevölkerungszunahme zu einem überproportional schnellen Wachstum der städtischen Siedlungen. Von den zehn größten Städten werden nach vorliegenden Schätzungen im Jahr 2000 acht im Süden liegen, 1960 waren es nur drei (siehe 2.1). Urbanisierung und Industrialisierung (einschließlich Mechanisierung der Landwirtschaft) führen zu einer exponentiellen Zunahme des Wasserverbrauchs. So ist der tägliche Pro-Kopf-Ver-brauch in Gebieten mit zentraler Trinkwasserversorgung (Druckleitungen) vielfach um den Faktor 10 angestiegen, wie aus mehreren Fallstudien bekannt ist (Stadtfeld, 1986). Dies kann lokal zu einer Überbeanspruchung und damit zu ei-ner Verknappung der Wasserressourcen führen, die durch Ferntransport ausgeglichen werden muß (Beispiele: Bom-bay, Frankfurt a.M.). Beide Entwicklungen haben tendenziell steigende Mengen an schadstoffbelastetem Abwasser und Verschmutzung von Grundwasser zur Folge, die der Reinigung bedürfen, was zumeist nur unter erheblichem tech-nischen und finanziellen Aufwand möglich ist und in Entwicklungsländern bisher in der Regel unterbleibt.

Die Industrialisierung beruht vielfach auf dem Umsatz großer Mengen von Energie und Rohstoffen und auf Ferti-gungsprozessen, die Wasser als Transport- und Betriebsmittel einsetzen. Durch die Ausweitung der industriellen Akti-vitäten wächst so global der Wasserverbrauch, bisher zumeist überproportional (Jänicke, 1993). Eine Entkopplung von Industrieproduktion und Wasserentnahme ist erst festzustellen, wenn bestimmte Produktionsprozesse auf Kreislauf-führung des Wassers umgestellt werden (Beispiele in der Bundesrepublik Deutschland).

Für den Wasserhaushalt von Landschaften und Regionen spielt auch die mögliche Verschiebung der Klimazonen eine Rolle; Versteppung und Wüstenbildung, Vegetationsschwund, aber auch Überschwemmungen und damit verbundener Bodenverlust sowie Eintrag sauerstoffzehrender Stoffe in Gewässer und Meere hängen eng damit zusammen (siehe 1.2, 1.4 und 1.5).

Eine besondere Art des Verlusts an Kulturtraditionen zeigt sich in einer Vereinheitlichung der technischen und organi-satorischen Umgangsformen mit Wasser. Hierbei spielt der Vorbildcharakter der Industriekultur nach westlichem Mu-ster und die Globalisierung der Märkte eine Rolle (siehe 2.2 und 2.4). Ein wichtiges Element dieses Wandels ist der Verlust unmittelbarer Wahrnehmung von Wasser (sowohl der Quellen als auch der Senken). Dies hat Auswirkungen auf den anthropogen beeinflußten Teil des hydrologischen Kreislaufs (Hauser, 1992). Die abnehmende Ausprägung bzw. der Verlust kultureller Werte kann insofern auch als eine Ursache globaler Wasserprobleme angesehen werden.

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