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Folgefragen der UNCED-Konferenz für den Bereich Süßwasser

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In den Dokumenten der UNCED-Konferenz in Rio de Janeiro 1992 spielt das Thema Wasser eine nicht unbedeu-tende Rolle. Die folgende Zusammenstellung gibt die wichtigsten Stichworte aus drei für den Rio-Folgeprozeß wichtigen Dokumenten wieder, der Klimakonvention, der Konvention über biologische Vielfalt und der AGENDA 21.

1. Klimakonvention:

Die Klimakonvention enthält keinen direkten Bezug zum Wasserthema, ist jedoch in zweierlei Hinsicht relevant:

Einerseits aufgrund der darin enthaltenen Einigung der internationalen Staatengemeinschaft auf die Grundsätze gemeinsamer Verantwortung, nachhaltiger Entwicklung und Anerkennung des Vorsorgeprinzips; andererseits auf-grund der Zielkongruenz von Energie- und Wassereffizienz. Die Klimakonvention gibt Industrieländern einen Mo-tivations- und Innovationsschub zur Effizienzerhöhung in Hinblick auf fossile Brennstoffe, was gleichzeitig die Ef-fizienz im Umgang mit anderen Stoffen erhöhen dürfte, einschließlich der Substitution wassergefährdender Stoffe und der Wassernutzung selbst.

Tabelle 9: Verknüpfungen der Hydrosphäre mit anderen Hauptbereichen des globalen Wandels (Zusammenstellung Wissenschaftszentrum Berlin)

Bereich Stichworte

Atmosphäre Eintrag von Schadstoffen, Verdunstung, Albedo

Klima Niederschlagsverteilung, Dürregebiete, Energiegehalt von Wetterereignissen, Wasserdampf als Treibhausgas

Ozeane, Küsten Geochemische Kreisläufe, Sedimente und Schadstofftransport Böden Grundwasserneubildung, Wassererosion, Pflanzendecke Biologische Vielfalt Versteppung, Dürren, Überschwemmungen, Kulturlandschaften Bevölkerung Trinkwassermangel, Hygieneprobleme, Umweltflüchtlinge

Wirtschaft Landwirtschaft (Bewässerung, Grundwasserverschmutzung), Industrie (Wasserintensität, wasser-gefährdende Stoffe), Energiewirtschaft (Wasserkraft, Kühlwasser)

Wasserproduktivität, technische und organisatorische Innovationen, Metabolismus des Industrie-systems, ökologisches Ressourcenmanagement

Verkehr Urbanisierung, Massentourismus, Wasserwege

Werte und Einstellungen Verantwortung, Sparsamkeit, Nachhaltigkeit, Landschaftsästhetik

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2. Konvention über biologische Vielfalt:

Die Wiederherstellung und der Schutz von naturnahen Lebensräumen umfassen auch aquatische Ökosysteme. Die-se Aufgabe kann nur gelingen, wenn einerDie-seits ein strikter GewäsDie-serschutz praktiziert wird und andererDie-seits über den hydrologischen Kreislauf der Wasserhaushalt von Ökosystemen wieder ins Gleichgewicht gebracht wird. Auch hier gibt es übereinstimmende Ziele und Leitlinien zum Schutz der Wasserressourcen, etwa bei nachhaltiger Ent-wicklung und bei Schutz und Anwendung traditioneller Bewirtschaftungsformen.

3. AGENDA 21:

National International

Kapitel 3 Berücksichtigung der kulturellen Identität

und der Rechte eingeborener

Bevölkerungsgruppen (Wasserkultur) Kapitel 4 Änderung nicht nachhaltiger Arten Internationale Unterstützung und

des Konsums und der Produktion Kooperation bei der Verfolgung (Wasser als Lebens- und Produktionsmittel) der gleichen Ziele

Kapitel 6 Entwicklungszusammenarbeit im

Gesundheitsschutz durch Unterstützung sicherer Trinkwasserversorgung und Abwasserreinigung, Wasserkultur,

Bekämpfung wasserverursachter Krankheiten Kapitel 7 Integrierter kommunaler Umweltschutz, Internationale Unterstützung und Kooperation

nachhaltige Baumethoden (Wasser- bei der Verfolgung der gleichen Ziele infrastruktur, Stadthygiene)

Kapitel 8 Internalisierung externer Kosten (Schonung Internationale Unterstützung und Kooperation von Wasserrecourcen), Vermeidung bei der Verfolgung der gleichen Ziele von Verschmutzung und Vergeudung

Kapitel 10 Umstellung der Landwirtschaft auf nach- Internationale Unterstützung und Kooperation haltige Methoden (Grundwasserschutz, bei der Verfolgung der gleichen Ziele Erosionsschutz)

Kapitel 11 Verbesserung der nachhaltigen Bewirtschaf- Internationale Unterstützung und Kooperation tung der Wälder, insbesondere zum Schutz bei der Verfolgung der gleichen Ziele des Grundwassers

Kapitel 12 Nachhaltige Bewirtschaftung sensibler Öko- Internationale Unterstützung und Kooperation systeme (Stabilisierung der Wasserhaushalts bei der Verfolgung der gleichen Ziele durch Wassersparen, z.B. Frankfurt a. M.,

Berlin, Hamburg)

Kapitel 13 Nachhaltige Entwicklung von Bergregionen Internationale Unterstützung und Kooperation (Vermeidung von Überschwemmungen, bei der Verfolgung der gleichen Ziele Wassererosion)

Kapitel 14 Aufstellung von Katastern der Erosion und Internationale Unterstützung und Kooperation Versalzung von Böden, Vermeidung von bei der Verfolgung der gleichen Ziele Gewässer- und Grundwasserverschmutzung

durch nachhaltige Landwirtschaft

Kapitel 17 Hochwertige Landschafts- und Gewässer- Unterstützung von nachhaltiger Bewirtschaf-nutzungsplanung, Notfallpläne, Abwasser- tung und Schutz der Meere und Küsten vermeidung und -behandlung, Schutzgebiete, (Wasserreinhaltung, Erhaltung aquatischer Abfallbehandlung an Land Lebensräume, nachhaltige Fischerei)

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Kapitel 18 Förderung der Wertschätzung von Wasser, Internationale Unterstützung und Kooperation Fortentwicklung der Wasserschutzpolitik, zur Bekämpfung wasserverursachter Krankheiten Schutz des Wassers als öffentliches Gut, und darüber hinaus auf folgenden Gebieten:

Anpassung menschlicher Aktivitäten an Wasserrecourcen, Qualitätssicherung, Trink-natürliche Grenzen (umweltverträgliche wasser- und Sanitärversorgung, ökologische Landwirtschaft, Wassersparen, integrierte Stadtentwicklung, Primärproduktion,

Klimaver-Wasserkreisläufe in der Industrie, ökologi- änderungen scher Stadtumbau,

Überschwemmungs-vorsorge)

Kapitel 19 Chemikaliensicherheit verbessern Internationale Unterstützung und Kooperation (wassergefährdende Stoffe, Unfälle, bei der Verfolgung der gleichen Ziele Transport auf Wasserwegen)

Kapitel Vermeidung und Verwertung von gefähr- Internationale Unterstützung und Kooperation 20, 21, 22 lichen, festen und radioaktiven Abfällen bei der Verfolgung der gleichen Ziele

und Klärschlamm (Gewässerschutz durch sichere Lagerung, Emissionsminderung, Transportunfallvermeidung)

Kapitel Beteiligung von Frauen, eingeborenen Be- Internationale Unterstützung und Kooperation 24, 26, 27 völkerungsgruppen und Nichtregierungs- bei der Verfolgung der gleichen Ziele

organisationen an allen Entscheidungen (Wasserkultur, traditionelle Wassertechnik, lokales Wissen)

Kapitel Wissenschaft und Technik sowie Forschung Internationale Unterstützung und Kooperation 31, 35 für nachhaltige Entwicklung: Wassereffizienz, bei der Verfolgung der gleichen Ziele

Wassertechnik, Wasserkultur, integrierte Stoff-kreisläufe, regionale Kooperation in Wasser-einzugsgebieten

Kapitel 39 Internationales Umweltrecht entwickeln siehe national (Wasserkonvention), Vereinbarungen

einhal-ten (grenzüberschreieinhal-tende Einzugsgebiete)

Bewertung / Handlungsbedarf

Angesichts der grundlegenden Bedeutung des Wassers für eine nachhaltige Entwicklung („sustainable development“) auf der lokalen, regionalen und globalen Ebene sind vier Handlungsfelder relevant, die hier ohne Wertung aber mög-lichst gleichzeitig in den Blick zu nehmen sind: die Nachfrage nach und das Angebot an Wasser, die Wasserver-schmutzung und naturbedingte Risiken. Im folgenden werden diese vier zentralen Handlungsfelder skizziert und dar-aus Elemente einer globalen Wasserstrategie abgeleitet.

Wassernachfrage

Nach allem, was wir über den Zusammenhang von Hydrosphäre und Anthroposphäre wissen, kann kein Zweifel beste-hen, daß es viele Möglichkeiten eines sorgfältigen Umgangs mit Wasser gibt, d. h. besonders den Wasserverbrauch deutlich zu senken bzw. die Wasserproduktivität zu erhöhen (im Englischen: wise use bzw. demand side manage-ment). Hierzu ist rationelle Wassernutzung ebenso erforderlich wie eine entsprechende Wasserspartechnik in allen we-sentlichen Verbrauchsbereichen (quantitativer Ansatz). Daneben kann durch Maßnahmen auf der Nachfrageseite auch die Qualität der Wasserressourcen gesichert werden (qualitativer Ansatz). Im folgenden sollen hierzu jeweils einige Beispiele genannt werden.

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Industrie, quantitativer Ansatz: Ein Großteil des benötigten Wassers kann mehrfach wiederverwendet werden, bis hin zur Einführung voll integrierter Wasserkreisläufe. In manchen Industriezweigen, wie Eisen- und Stahlindustrie, aber auch der Papierindustrie, einem der traditionell größten industriellen Wassernutzer und -verschmutzer, ist es selbst bei niedrigen Wasserpreisen bereits betriebswirtschaftlich rentabel, Wasser im geschlossenen Kreislauf zu führen. Qualitativer Ansatz: Für einen großen Teil industrieller Prozesse wie Kühlung, Stofftrennung und Reini-gung ist Trinkwasserqualität nicht erforderlich. Die Substitution wassergefährdender durch umweltverträgliche Stoffe entlastet die Gewässer und verringert die Kosten für nachgeschaltete Umwelttechnik (Beispiel: Ersatz von Chlorbleiche durch Peroxidbleiche in der Zellstoffindustrie).

Landwirtschaft, quantitativer Ansatz: Eine höhere Effizienz der Wassernutzung für Bewässerungszwecke anzustre-ben, erscheint schon deshalb erforderlich, weil die Landwirtschaft in vielen Ländern der Welt der größte Wasser-nutzer ist. Selbst kleine prozentuale Sparerfolge entsprechen hier großen Wassermengen. Viele neue und alte Me-thoden sind verfügbar, sie müssen nur auf die spezifischen Bedürfnisse der angebauten Pflanzen ausgerichtet und hinreichend an die lokalen Gegebenheiten angepaßt werden. Qualitativer Ansatz: Die Nutzung der nichterneu-erbaren Grundwasservorräte, die in mehreren Regionen (u.a. Aralsee, Nahost, Nordafrika, mittlerer Westen der USA) zur Bewässerung erfolgt, muß dringend auf erneuerbare Quellen umgestellt werden. Die Förderung ökologi-scher Landbaumethoden, Niederschlagsnutzung und Wahl angepaßter Pflanzenarten eröffnen hierzu vielfältige Chancen.

Infrastruktur, quantitativer Ansatz: Was die Einführung von Wasserspartechniken angeht, sind die Entwicklungs-länder den alten IndustrieEntwicklungs-ländern gegenüber in einem gewissen Vorteil, weil nicht alte Infrastrukturen erneuert und ersetzt werden müssen, sondern viele erst neu aufgebaut werden. Mit einigen dieser Techniken kann man bis zu 90 % Wasser einsparen. Qualitativer Ansatz: Generell gilt, daß nicht für jeden Verwendungszweck in Industrie, Landwirtschaft und Haushalten Trinkwasserqualität erforderlich ist. Doppelte Leitungsnetze, lokale Brauchwasser-versorgung, Pflege oder Wiederinstandsetzen lokaler Trinkwasserbrunnen sind hierbei relevante Optionen.

Haushalte, quantitativer Ansatz: Im Vergleich zur industriellen Wassernutzung und zur Bewässerung in der Land-wirtschaft ist der Wasserverbrauch der Privathaushalte im allgemeinen relativ gering. Andererseits ist hier die Vor-haltung, Verteilung und Aufbereitung von Wasser aufgrund der erforderlichen Qualitätsstandards eher teuer. Viele Menschen haben ohne jeden ökonomischen Anreiz ihren Wasserverbrauch drastisch reduziert. Andererseits kann je nach der verfolgten Wasserpreispolitik aktives Wassersparen die Wasserkosten je Haushalt und die Kosten der Versorgungsunternehmen deutlich senken. Insbesondere durch technisch effizientere Geräte und Einrichtungen (wie sparsamere Toiletten, Wasch- und Spülmaschinen, Badeeinrichtungen) lassen sich erhebliche Einsparungen erzielen. Qualitativer Ansatz: Der Wert sauberen Wassers und der Ressourcenschonung kann der Öffentlichkeit be-wußter gemacht werden, damit Verschmutzung und Vergeudung abnehmen. Außerdem ist auch im privaten Be-reich die Substitution wassergefährdender Stoffe möglich (Haushalts-, Garten- und Hobbychemikalien). Auch in Gebieten ohne akute Wasserknappheit kann die Vermeidung unnötigen Wasserverbrauchs aus Vorsorgegesichts-punkten erfolgreich propagiert werden (analog zum Prinzip der Vermeidung in der deutschen Abfallgesetzgebung) und zu entsprechenden technischen Innovationen führen.

Eine Voraussetzung für die erfolgreiche Durchsetzung solcher und ähnlicher Maßnahmen ist die Wasserverbrauchs-messung. In vielen Regionen der Erde ist diese entweder unbekannt oder nicht üblich, selbst die Bundesrepublik Deutschland ist noch weit von einer flächendeckenden Verbreitung von Wasserzählern entfernt. In Ländern mit hohem Wasserverbrauch muß der Preis für Frischwasser und Abwasser hoch genug sein, damit der finanzielle Anreizeffekt zum Wassersparen überhaupt greifen kann. Zumeist ist der Wasserpreis bisher niedrig, in manchen Ländern wird Was-ser weiterhin kostenlos oder hoch subventioniert an den Nutzer abgegeben. Sorgfältiger Umgang (wise use) bzw.

Nachfragesteuerung (demand side management) können und sollten an diesen Punkten ansetzen.

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Wasserangebot

Das zweite Handlungsfeld betrifft die Angebotsseite (supply side management). Das jeweilige Wasserangebot kann auf vielfältige Weise erhöht werden; es gibt konventionelle, nicht-konventionelle und noch zu erprobende Methoden.

Der erste Schritt dürfte sinnvollerweise darin bestehen, die laufenden, teils enormen Verluste aus den vorhandenen Versorgungssystemen zu verringern. Dies reicht von der Erneuerung der Versorgungsleitungen bis zur Reduzierung der Verdunstungsverluste durch kürzere Transportentfernungen und unterirdische Vorratsbehälter. Eine getrennte Wasserversorgung mit Trink- und Brauchwasser (duales System) kann eine Angebotsausweitung bedeuten, da Wasserressourcen minderer Qualität in größerem Umfang eingesetzt werden können. Erfolgreiche Beispiele dieser Art gibt es in mehreren Industrieländern (Environmental Protection Agency, 1992; Kraemer, 1990).

Zu den nichtkonventionellen Methoden gehören die in einzelnen Regionen der Welt mögliche künstliche Beregnung, die Entsalzung von Meer- und Brackwasser, aber auch der Ferntransport von Wasser mit Tanklastwagen und Pipelines (der genaugenommen allerdings keine Ausweitung des Angebotes, sondern nur dessen räumliche Verlagerung bedeu-tet). Verschiedene Entsalzungstechniken wurden entwickelt, die aber vielfach noch zu teuer und zudem sehr energiein-tensiv sind. Ferntransport von Wasser ist dagegen schon in einigen Ländern und Regionen üblich, so z. B. im Nahen Osten. Ein mit wenig Aufwand verbundenes, an die örtlichen Gegebenheiten angepaßtes Beispiel für nichtkonventio-nelle Methoden ist die Gewinnung von Trinkwasser aus Nebel. So wird z. B. an der Küste von Chile die vom Meer über das Land hinwegziehende Luftfeuchtigkeit, die normalerweise erst im Hinterland abregnet, an quer zur Windrich-tung aufgestellten Netzen kondensiert und gesammelt. Neben der direkten AngebotsausweiWindrich-tung kann Wasserqualitäts-kontrolle bzw. Vermeidung von Wasserverschmutzung das insgesamt nutzbare Wasserangebot indirekt erhöhen.

Die Ausweitung des Angebots an sauberem Trinkwasser sowie die Bereitstellung sicherer sanitärer Anlagen sind glo-bal gesehen sehr dringlich. Mit der „Internationalen Trinkwasser- und Sanitär-Dekade“ der 80er Jahre sind zwar einige bemerkenswerte Teilerfolge erzielt worden, doch konnte die Zahl der Menschen ohne ausreichende Trinkwasser-versorgung nicht nennenswert gesenkt werden.

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