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Globale Ursachen

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Wichtige globale Ursachen der Wasserproblematik sind Klimaveränderungen und kulturelle Wandlungsprozesse. In-folge der zu erwartenden Klimaveränderungen ist regional mit anderen Temperaturen und Niederschlagsmengen zu rechnen. Dieses kann zu einer völlig neuen Verteilung der Oberflächenabflüsse und des für die Vegetation und die Menschen verfügbaren Wassers führen.

Historisch gesehen sind erhebliche Veränderungen der das Wasser als Kulturgut betreffenden Deutungen und Werthal-tungen eingetreten. Zwei Tendenzen sind besonders deutlich: Zum einen ist die Wertschätzung des Wassers als Res-source und als Kulturgut bei ausreichender Wasserversorgung relativ gering oder nimmt ab, was sich unter anderem darin zeigt, daß Wasser weitgehend aus dem Bewußtsein und dem öffentlichen Leben verdrängt (sozusagen „kanali-siert“) ist. Zum andern ist eine hohe kulturelle Wertschätzung des Wassers in Ländern mit absoluter Wasserknappheit zu beobachten, die sich aber aus institutionellen Gründen nicht immer in hohen Wasserpreisen niederschlägt. In vielen Fällen hat die Wassernutzung dort für manche Nutzer gar keinen Preis, während andere, insbesondere die Ärmsten, zwar keinen in Geld ausgedrückten Preis zahlen, jedoch das Wasser über oft lange Strecken zu Fuß transportieren müssen.

Auswirkungen

Die Auswirkungen der Veränderungen des Wasserhaushalts auf die Schutzgüter sind ausgesprochen vielfältig und durch gleichzeitige oder zeitlich versetzte Rückkopplungen gekennzeichnet. Sie lassen sich nach Auswirkungen auf die Natur- und Anthroposphäre sowie nach Regionen und Zeithorizonten sinnvoll differenzieren.

Natursphäre

Der hydrologische Kreislauf ist durch eine große räumliche und zeitliche Dynamik gekennzeichnet; Quantität und Rhythmus aller Transportvorgänge verändern sich laufend. Das Wasser als Träger oder Grundlage aller Lebensprozes-se ist auf das engste mit allen Vorgängen in der Natursphäre verbunden, was die Beschreibung der Auswirkungen der Wasserprobleme auf die Natursphäre an dieser Stelle nur in allgemeiner Form möglich macht (WRI, 1992a; Postel, 1992). Folgende Zusammenhänge dürften besonders wichtig sein:

Klima: Die Austauschprozesse des Wassers zwischen Atmosphäre und den Ozeanen bzw. den Landflächen bestim-men wesentlich das Klima. Die Veränderung des Wasserhaushalts im Boden, auf der Erdoberfläche und in der Ve-getation hat Auswirkungen auf das lokale Klima; bei größeren Veränderungen (Beispiel: großflächige Waldro-dung) kann auch das regionale Klima beeinflußt werden.

Ökologie: Die Veränderungen im Wasserhaushalt haben unmittelbare Auswirkungen auf Böden, Pflanzen und Tier-welt sowie naturgemäß auf die Lebensräume im Wasser selbst; mittelbar sind davon alle Nahrungsketten betroffen.

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Tabelle 7: Hauptsächliche Arten der Wasserbelastung (WRI, 1992 und GITEC, 1992)

Art der Wasserbelastung Stichworte

Temperaturerhöhung Sonneneinstrahlung durch Staudammbau und Flurbereinigung, Kühlwassernutzung

Säuren und Salze anorganische Chemikalien, Auftaumittel, Auswaschungen aus dem Bergbau, saure Niederschläge

Sauerstoffzehrende Substanzen Schwebstoffe, Sedimente, Nährstoffe, abgeschwemmte Böden, in hohen Konzentrationen bzw. Frachten Düngemittel, Stäube, Waschmittel, Fäkalien, organische Chemikalien,

Kläranlagen

Giftstoffe Schwermetalle, Pestizide, halogenierte organische Chemikalien,

in geringen Konzentrationen bzw. Frachten Deponiesickerwasser

Pathogene Keime Bakterien und Viren aus Fäkalien, Deponien und Krankenhäusern

Tabelle 8: Typologie der Ursachen und Auswirkungen von Wasserproblemen (Zusammenstellung Wissenschaftszentrum Berlin)

Region Ökozonen Ursachen Auswirkungen

Europa Feuchte Grundwasserverschmutzung Brunnenstillegungen,

Mittelbreiten Standortverluste,

Kosten

Naher Osten Trockene Mengenkonflikte, Internationale Spannungen,

Mittelbreiten Übernutzung hohe Kosten,

Verlust nichterneuerbarer Ressourcen

Sahelzone Subtropische Übernutzung, Migration,

Trockengebiete Klimaverschiebung Entwicklungshemmnisse

Tropen Sommer- Waldrodung, Erosion,

und Immerfeuchte Bodendegradation Migration,

Tropen Überschwemmungen

Nordamerika Trockene Übernutzung, Erosion,

und Feuchte Bodendegradation, Grundwasserrückgang

Mittelbreiten Grundwasserverschmutzung

Ostasien Winter- Bevölkerungswachstum, Seuchengefahr,

und Immerfeuchte Fäkalienbeseitigung Entwicklungshemmnisse Subtropen

und Tropen

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Bodendegradation: In vielen land- und forstwirtschaftlich genutzten Gebieten der Erde nimmt die Auswaschung der Bodenkrume zu, bis hin zur Wüstenbildung. Bewässerungssysteme ohne ausreichenden Abfluß oder mit zu ge-ringer Bewässerungsrate bei hoher Verdunstung fördern die Versalzung der Böden.

Katastrophen: Veränderungen der Wasserverteilung auf Gewässer, Böden und Atmosphäre (Abflußraten, Verdun-stung, Speicherung) können Einfluß auf Häufigkeit und Heftigkeit von außergewöhnlichen Wetterereignissen ha-ben, z. B. auf Überschwemmungen und Dürren. Hier spielen Bodenbeschaffenheit und Bodenbedeckung zusätzlich eine große Rolle (siehe 1.4).

Tektonik: Durch die polaren Eiskappen, aber auch durch große Stauseen und Flußumleitungen kann die lokale Be-lastung der Erdkruste derart verändert werden, daß tektonische Wirkungen eintreten. Diese Vermutung wurde in Bezug auf das Niltal (Assuan-Staudamm) und das Tal des Parana (Iguaçu-Staudamm) geäußert und führte in Sibiri-en (nebSibiri-en anderSibiri-en GründSibiri-en) zu einer Neubewertung geplanter großer Dammprojekte.

Albedo: Künstlich geschaffene neue Wasserflächen, die Veränderung der Eisflächen, Veränderungen der Vegetati-on, auch neu entstehende Steppen und Wüsten verändern den Strahlungshaushalt der Erdoberfläche und damit wie-derum das Klima.

Primärproduktion: Die Verringerung der am jeweiligen Standort vorhandenen Wassermenge und -qualität kann un-mittelbare, negative Folgen für Pflanzen und Tiere haben: die Artenspektren verschieben sich, Land- und Forstwirt-schaft müssen sich anpassen. Die Geschwindigkeit solcher Veränderungen ist oft so hoch, daß die natürlichen An-passungsraten überschritten werden, was bei fehlenden ökologischen Rückzugsräumen (Reservaten) zum Ausster-ben von Arten führt (Beispiel: AussterAusster-ben von Wasservögeln in Mitteleuropa).

Anthroposphäre

Wasser beeinflußt zunächst das physische Wohlergehen von Mensch und Gesellschaft. Daneben sind vielfach die im-materiellen Wertschätzungen von Wasser relevant, die einen wichtigen Teil kultureller Werte darstellen. Die Wechsel-wirkungen zwischen den oben angeführten Wasserproblemen und der Anthroposphäre können wie folgt zusammenge-faßt werden (Postel, 1992; Stiftung Entwicklung und Frieden, 1991b; Schua und Schua, 1981):

Grundversorgung: Unmittelbare Folgen von Trinkwassermangel (fehlende Menge bzw. Qualität) sind Gesundheits-schäden. Mittelbar führt Wassermangel zu Dürre und dadurch zu Hunger, beides sind Hauptgründe für Migrations-bewegungen. In Industrieländern wird die Trinkwasserversorgung mit unbelastetem Grundwasser zunehmend schwieriger.

Hygiene: Unzulängliche Techniken im Umgang mit Wasser und Abwasser sind Ursachen für Seuchen, hohe Säug-lingssterblichkeit und niedrige Lebenserwartung.

Produktion und Dienstleistungen: Abnehmende Verfügbarkeit und Qualität von Wasser können die Leistungsfähig-keit von Landwirtschaft und Industrie vermindern. Dabei kann es zu erheblicher Konkurrenz zwischen diesen Nut-zungen kommen, wobei die Ansprüche an die Wasserqualität zum Teil miteinander unvereinbar sind. Viele Dienst-leistungen wie Erholung und Tourismus hängen von der verfügbaren Wassermenge und -qualität ab oder sind unterhalb gewisser Grenzen nicht möglich oder unökonomisch.

Siedlungswasserbau: Mischkanalisation und unzureichende Rückhaltekapazitäten in regenreichen Gebieten verhin-dern eine sichere Trennung verschmutzten Wassers von den Gewässern. Dies führt insbesondere bei niedriger Was-serführung zu hygienischen und ökologischen Problemen.

Ästhetik: Quantitative oder qualitative Veränderung des Wasserhaushalts können die ästhetische Qualität der Land-schaft und damit eine wesentliche Grundlage der Kultur und des menschlichen Wohlbefindens beeinträchtigen.

Sozialer Friede: Verteilung und Qualität des Wassers können Anlaß sein für lokale Streitigkeiten (Brunnen), aber auch für großräumigere Konflikte z. B. zwischen Unter- und Oberliegern an Flüssen; sie können im Extremfall zu Kriegen führen.

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Alle genannten Wechselwirkungen sind potentiell wichtige Hemmnisse für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung, und sie treten, mit regional unterschiedlichen Ausprägungen, global auf.

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