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im Poltawa-Gebiet besteht und mitt-lerweile über 32.000 Mitglieder hat, eine neue Perspektive. Sie war ur-sprünglich eine Medikamenten-Kas-se. Initiator dieses Pilotprojekts war Dr. Leonid Kurojedow. Von Seiten des Kulturamts der Stadt

Leinfelden-Echterdingen wurde der Kontakt zur Bezirksärztekammer Nordwürttem-berg hergestellt mit dem Ziel, die medizinische Hilfe für Poltawa im allgemeinen und die Gründung ei-ner Krankenkasse im Speziellen vor-anzutreiben. Der Geschäftsführer der Bezirksärztekammer, Armin Flohr, unternahm zu diesem Zweck im Au-gust 1998 eine Informationsreise nach Poltawa. Dort nahm er an ei-ner von Dr. Kurojedow organisier-ten Gesundheitskonferenz teil, deren Ziel es war, die Reformierung des Gesundheitswesens in der Ukraine in die Wege zu leiten. Im Zentrum der Veranstaltung stand die Einfüh-rung eines KrankenversicheEinfüh-rungs-

Krankenversicherungs-systems. Im Juli 2000 fand eine spe-zielle Ärzte fachtagung in Stuttgart statt mit dem Ziel der Gründung ei-ner Ärztekammer und eiei-ner Kran-kenkasse nach deutschem Vorbild.

2007 nahm eine Delegation des Ge-bietsparlaments Poltawa an einer ei-gens für sie in Stuttgart organisier-ten Ärztefachtagung zu Fragen der Krankenversicherung teil.

Im Mai 2008 wurde im Zuge der Strukturreform des Gesundheitswe-sens der Ukraine das Krankenkassen-Modell „Poltawa“ zum Vorbild für die gesamten Ukraine erklärt – ein großer Erfolg für Dr. Kurojedow und seine Mitstreiter.

Krankenkasse Poltawa

Von Bernd Klagholz

Gesundheitskonferenz Krankenversicherung in Poltawa unter Beteiligung deutscher Experten, 1998.

Oberbürgermeister Klenk begrüßt im Rathaus Leinfelden eine Ärztedelegation aus Poltawa, Juli 2007.

Rechts neben OB Klenk steht Dr. Kurojedow.

Bericht von Dr. Leonid Kurojedow Direktor der vierten städtischen Kli-nik in Poltawa

Mitglieder der Poltawaer Krankenkas-se bekommen, unabhängig von ihrem materiellen Status, im Falle einer Er-krankung die Medikamente, die für die Genesung notwendig sind, so-wie die ärztliche Behandlung kosten-los. Am 1. Juni 2007 erweiterte die Poltawaer Krankenkasse bereits zum dritten Mal seit ihrer Entstehung ihr Pharmaformular (Liste von Diagnosen und Medikamenten), in dem mehr als 900 lebensnotwendige Medikamen-te aufgelisMedikamen-tet sind. Das Pharmafor-mular entspricht jetzt den Protokollen des Ukrainischen Gesundheitsminis-teriums und den Empfehlungen der regionalen Fachleute. Die Poltawa-er Krankenkasse hilft dann, wenn die Mitglieder eine unaufschiebbare, aku-te Behandlung benötigen, aber auch bei chronischen Erkrankungen.

Seit 2006

- hat sich der Leistungskatalog der Krankenkasse im Hinblick auf Medikamente und Diagnosen ver-doppelt

- ist eine geplante chirurgische Be-handlung nach zwei Jahren der Mitgliedschaft möglich

- sind Untersuchungen mit einem CT (Computertomographie) oder einem MRT (Kernspintomogra-phie) nach einer sechsmonatigen Mitgliedschaft möglich

2005 wurde das Programm „Famili-enmitgliedschaft“ ins Leben gerufen.

Bericht von Armin Flohr Geschäftsführer der Bezirksärzte-kammer von Nordwürttemberg Es war das Jahr 1998, als sich das Kulturamt der Stadt Leinfelden-Ech-terdingen erstmals an die Bezirks-ärztekammer Nordwürttemberg ge-wandt hat. Gesucht wurden enga-gierte Persönlichkeiten, welche sich im Sinne der Städtepartnerschaft in die medizinische Hilfe für die Stadt und Oblast Poltawa einbrin-gen wollten.

Ohne zu wissen, was mich erwar-tet, habe ich als Geschäftsführer der Bezirksärztekammer Nordwürt-temberg die Herausforderung ange-Im Rahmen dieses Programms

über-nimmt die Poltawaer Krankenkas-se für Kinder der Mitglieder ab dem dritten Lebensjahr die stationäre, ab dem sechsten Lebensjahr die statio-näre und ambulante Behandlung.

Bei einem ambulanten Besuch in der Poliklinik wird jedes Mitglied der Poltawaer Krankenkasse kosten-los behandelt und bekommt das Re-zept für benötigte Medikamente, die es in einer von vielen Vertragsapo-theken der Poltawaer Krankenkasse kostenlos erhält. Wenn ein Mitglied stationär aufgenommen wird, be-kommt es kostenlos alle benötigten medizinischen Präparate, diagnosti-schen Untersuchungen und das Be-handlungsmaterial.

Besuch der Ärzte-Delegation aus Poltawa bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordwürttemberg in Stuttgart, Juli 2007.

nommen und war im August 1998 zu einer ersten Informationsreise in Poltawa. Parallel liefen zu diesem Zeitpunkt auch noch die medizini-schen Hilfslieferungen, so dass sich der theoretische Teil der ersten Ge-sundheitskonferenz in Poltawa auf die Grundlagen des Krankenversi-cherungssystems, aber auch deren Probleme, Sorgen und Nöte bezog.

Bereits 1999 fand der Gegenbesuch einer ukrainischen Ärztedelegation anlässlich des MEDIZIN-Kongresses der Ärztekammer statt.

Bereits im folgenden Jahr besuch-te uns erneut eine Delegation, in

welcher hochrangige Vertreter des ukrainischen Gesundheitsministe-riums aus Kiew vertreten waren.

Im Oktober 2000 erfolgte dann der Gegenbesuch, an welchem mit Herrn Mauser auch ein Vertreter der gesetzlichen Krankenkasse mit an Bord vertreten war. Und schon jetzt zeigte sich, dass die verant-wortlichen Kräfte in Poltawa, allen voran Dr. Kurojedow, aus den bis-herigen Gesprächen und Erfahrun-gen viel gelernt hatten und noch viel besser die erarbeiteten Ziele, ohne eine bloße Kopie eines deut-schen Gesundheitswesen imple-mentieren zu wollen, angefangen

haben zu realisieren. Es folgten weitere Besuche in den Jahren 2003 und 2005 im Rahmen des Deut-schen Ärztetages.

Einen vorläufi gen Höhepunkt der langjährigen Verbindung erfuhr das Projekt Poltawa – Ärztekam-mer Baden-Württemberg im Jahre 2010, als fast der gesamte Vorstand der Bezirksärztekammer Nordwürt-temberg es sich nicht nehmen ließ, persönlich die Region zu bereisen und an einer landesweit ausge-schriebenen Gesundheitskonferenz auch als Fachleute und Referenten teilzunehmen.

Im Laufe der Jahre sind aus dem reinen Hilfsprojekt Freundschaf-ten gewachsen. So wurde Dr. Leo-nid Kurojedow 2010 dann auch mit der Ehrennadel der Bezirksärzte-kammer Nordwürttemberg ausge-zeichnet, als erster nicht in Baden-Württemberg approbierter Arzt.

Über das Kulturamt der Stadt Lein-felden-Echterdingen ist ein ideales Bindeglied entstanden, um Kontakt mit unseren Freunden aus Polta-wa zu halten. Wir sind zuversicht-lich und gespannt, wie sich das Gesundheitssystem in der Ukrai-ne weiterentwickelt. Zumindest in den ersten Grundsatzfragen haben unsere ukrainischen Partner die in Deutschland gemachten Fehler der Gesundheitspolitik von vorneherein vermieden.

Als die Sowjetunion im Frühjahr 1989 ihre Truppen nach einem zehn-jährigen Krieg aus Afghanistan zu-rückzog, hatten eine Millionen Af-ghanen ihr Leben verloren. Aber auch 14.000 sowjetische Soldaten waren getötet worden, viele andere wurden schwer verwundet und kehrten als In-validen heim. Plötzlich gab es auch in der Region Poltawa zahlreiche jun-ge Beinamputierte. Meistens waren die Verletzungen durch Minen her-vorgerufen worden, die Amputation der Gliedmaßen erfolgte in Feldlaza-retten. In der UdSSR insgesamt fehl-ten damals 17.000 Prothesen.

Im September 1989 wandte sich Iwan Gorobez aus Poltawa an den Ostfi lderner Oberbürgermeister Ger-hard Koch: „Ihr Land stellt die bes-ten Prothesen der Welt her“, schrieb er mit der Bitte, für einige junge Männer solche Prothesen zu liefern.

In Ostfi ldern überlegte man nicht lange: Mit einer Liste von 13 Bein-amputierten des Afghanistankrie-ges – fast alle davon aus den Jahr-gängen 1963 bis 1967 – machte sich Orthopädiemeister Günter Geh-rung aus Kemnat mit einem Ortho-pädie-Techniker und seiner Frau am Jahresende 1989 auf den Weg,

um Gipsabdrücke der Beinstümp-fe zu nehmen, nach denen dann in Deutschland die Prothesen angefer-tigt wurden. Die Aussicht auf eine moderne Prothese war für die Inva-liden in Poltawa so verlockend, dass noch drei Männer dazu stießen, die im Zweiten Weltkrieg amputiert werden mussten.

Im März 1990 ging es dann wieder nach Poltawa, um die Prothesen an-zupassen. Nachdem sie in Ostfi ldern endgültig fertig gestellt waren,