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Der Deutsche Soldatenfriedhof in Poltawa

Von Hansmartin Finkbeiner, Leinfelden

Ehemaliger Leiter des Grünfl ächen- und Umweltamts Leinfelden-Echterdingen

Im Jahr 1989 informierte Iwan Go-robez, der Leiter des Hauses der Freundschaft in Poltawa und zu-ständig für kulturelle Beziehun-gen zum Ausland, Oberbürgermeis-ter Gerhard Koch aus Ostfi ldern über den vorhandenen Friedhof.

Das Gräberfeld war in Poltawa lan-ge Zeit unbeachtet lan-geblieben und in Vergessenheit geraten. Zwischen den Partnerstädten entstand der ge-meinsame Wunsch, die vorhande-nen Grabfl ächen wieder angemes-sen herzurichten.

In dieser Zeit entschloss sich Herr Kronmeier, er wohnte als Deutscher mit seiner Familie in der ehemaligen Sowjetunion und seit sieben Jahren in Poltawa, die geplante Friedhofsa-nierung fi nanziell zu unterstützen.

Im Rahmen seiner Ausreise nach Deutschland im Jahr 1990 stellte er zur Aufstellung von Grabsteinen für die verstorbenen Soldaten einen Be-trag von 60.000 Rubel zur Verfü-gung. Herr Kronmeier wurde dabei von Iwan Gorobez und dem deut-schen Generalkonsul in Kiew

nach-Die Oberbürgermeister Koch aus Ostfi ldern und Kukoba aus Poltawa vor dem Granit-kreuz, 1992.

Einweihung des Soldatenfriedhofes am Palmsonntag 1992 unter reger Beteiligung der Bevölkerung.

haltig unterstützt. Einen deutschen Soldatenfriedhof mit Spenden aus der einheimischen Bevölkerung neu anzulegen, stellte zu der Zeit die ers-te Initiative dieser Art in der ehema-ligen Sowjetunion dar.

Um die Zuordnung der Toten zu den Grabkreuzen zu ermöglichen, be-mühten sich die Initiatoren um die Namensliste der Verstorbenen, die nach langer, intensiver Suche unter Mithilfe des deutschen Konsulats ge-funden werden konnte. Am 25. Au-gust 1990 fand im Beisein des deut-schen Konsuls auf dem Friedhof eine Übergabefeier mit den neuen Grab-kreuzen statt. Wenige Tage später legte eine kleine Besuchergruppe aus den deutschen Partnerstädten einen Blumengruß an den deutschen Sol-datengräbern nieder. Ebenfalls mit einem Blumengruß bedacht wurden die vorhandenen sowjetischen Sol-datengräber.

In weiteren Gesprächen zwischen Iwan Gorobez und Oberbürgermeis-ter Koch wurde beschlossen, das Gräberfeld in seiner Gesamtgestal-tung weiter zu verbessern, Namens-tafeln anzubringen und ein zentrales Denkmal zu errichten.

Im Jahr 1991 besuchten Vertreter der technischen Verwaltung aus den Fil-der-Städten den Soldatenfriedhof, entwickelten mit Iwan Gorobez und der Stadt Poltawa einen Gestaltungs-plan und legten das weitere

Vorge-hen fest. Noch im gleicVorge-hen Jahr er-folgte im September eine Begrünung der Gesamtanlage unter Leitung von Lydia Klein, Ostfi ldern, und Hans-martin Finkbeiner, Leinfelden-Ech-terdingen. Die Arbeiten wurden in gemeinsamer Aktion unter Mithilfe der Stadt Poltawa (Arbeitskräfte), der Architektengruppe Estet aus Polta-wa und der organisatorischen Hilfe von Galina Belous und Galina Jura-vel, beide aus Poltawa, durchgeführt.

Die Material- und Geräteunterstüt-zung erfolgte durch die deutschen Partnerstädte. Gleichzeitig wurden gemeinsam erste Entwürfe und Vor-schläge für ein Denkmal entwickelt.

Mit einem Zuschuss von 5.000 DM

von den Filder-Städten beauftrag-te man einen Bildhauer aus Poltawa mit der Herstellung eines Denkmals.

Das neue Denkmal, ein Granitkreuz, erhielt an seiner Vorderseite eine Bronzeplatte, versehen mit einem Denkspruch von Dietrich Bonhoeffer in deutscher Sprache. Zur Einwei-hung des neu gestalteten Friedhofs wurden außerdem eine Ligusterhecke zur besseren Abgrenzung gepfl anzt, die Freifl ächen begrünt und neue Namensschilder an den Grabkreuzen angebracht.

Am Palmsonntag 1992 fand die Ein-weihung unter großer Beteiligung der Bevölkerung aus Poltawa statt.

Landesbischof Theo Sorg bei seiner Ansprache.

Bei dieser feierlichen Widmung des deutschen Soldatenfriedhofs war auch eine deutsche Delegation aus den drei Partnerstädten mit anwe-send. Neben den Oberbürgermeistern Koch, Ostfi ldern, und Kukoba, Pol-tawa, nahmen daran teil: Landesbi-schof Sorg von der Evangelischen Landeskirche Württemberg, Prälat Bour von der Katholischen Diözese Rottenburg-Stuttgart, Oberst Tarpley, Kommandeur des US-Standorts Nel-lingen und weitere Beteiligte aus den Partnerstädten. Mit einem Lied von Gerhard Tersteegen „Ich bete an die Macht der Liebe“ und einem Musik-stück von Friedrich Händel, einstu-diert von einer Militärkapelle, wurde das Bemühen der ukrainischen Seite,

das Ereignis gebührend zu würdigen, besonders deutlich. Bei den Anspra-chen stand der gemeinsame Wunsch nach Frieden und Versöhnung über den Gräbern und der Entwicklung nach neuen lebendigen Beziehun-gen zwischen den beiden Völkern im Mittelpunkt. Im Anschluss an die offi zielle Feier legten viele Kinder, aber auch ältere Bürger aus Polta-wa, sichtlich bewegt rote Nelken auf den Grabsteinen der deutschen Sol-daten nieder. Im weiteren Verlauf dieser Feierlichkeiten erfolgten noch eine Kranzniederlegung am ehema-ligen sowjetischen Kriegerdenkmal und eine gemeinsame Baumpfl an-zung als Symbol des Lebens. Auch bei weiteren Begegnungen der

deut-schen Delegation mit dem Chef der Region Poltawa, dem Bischof von Poltawa und Vertretern von Russ-landdeutschen stand die Hoffnung im Mittelpunkt, künftig miteinan-der die neue Freundschaft weiter zu pfl egen.

Diese Einweihung und Widmung eines deutschen Soldatenfriedhofs stellte trotz der gesellschaftlichen Veränderungen in der ehemaligen Sowjetunion einen mutigen und zu-kunftsweisenden Schritt dar, der in dieser offi ziellen Form zum ersten Mal in der Ukraine stattfand. Über diesen Tag berichteten Tagespresse und Fernsehen ausführlich.

Die weitere Pfl ege und Unterhaltung des Friedhofs erfolgte nach Vorga-be der Partnerstädte, zunächst durch eine private Bürgergruppe aus Pol-tawa und anschließend durch Mit-glieder der deutschen Gesellschaft Wiedergeburt aus Poltawa. Die Ar-beit wurde von Bürgern aus den Fil-der-Städten und dem Evangelischen Dekanat Bernhausen laufend unter-stützt. Bei allen Bürgerreisen wurde der Soldatenfriedhof zu einem wich-tigen Besichtigungspunkt.

Nachdem die Bronzeplatte am Gra-nitkreuz 1997 mutwillig entfernt worden war, ersetzte sie die Stadt Poltawa durch eine Gipsplatte. Fi-nanziert durch das Evangelische De-kanat und die Katholische Kirchen-gemeinde Bernhausen, konnte sie

Vertreter der Delegationen beim Denkmal.

durch eine massive Granitplatte er-setzt werden. Allerdings verschlech-terte sich der Zustand der Gesamtan-lage zusehends, und auch die Pfl ege wurde unregelmäßiger.

In dieser Situation sahen die Verant-wortlichen nur die Möglichkeit, den Volksbund der Deutschen Kriegsgrä-berfürsorge e.V. zu bitten, zukünf-tig die Verantwortung für die Anla-ge zu übernehmen. Zwischen dem Volksbund, den Partnerstädten und der Gruppe Wiedergeburt fand dazu

im Oktober 2000 ein erster Kon-takt statt. Im Jahr 2001 wurden die zuständigen Partnerschaftsgremi-en über dPartnerschaftsgremi-en Zustand des Friedhofs und die geplante Übergabe infor-miert. Sie gaben dazu ihre Zustim-mung. Nach einem abschließenden Gespräch erklärte sich der Volksbund bereit, den Friedhof in seine Obhut zu nehmen, unter dem Hinweis, dass sehr umfangreiche und sehr kosten-intensive Maßnahmen erforderlich seien. In Poltawa fand im Jahr 2002 zwischen dem Volksbund und den

Totengedenken auf dem Soldatenfriedhof: OB Klenk, BM Lechner und BM Koch (v.l.n.r.), 2004.

Partnerstädten unter Leitung von Bürgermeister Koch aus Filderstadt eine offi zielle Übergabe statt.

Auf der Grundlage eines neuen Ge-samtplans hatte der Volksbund zwi-schenzeitlich Grabplatten mit neu-en Namneu-ensschildern aufstellneu-en las-sen unter Beibehaltung des zentralen Denkmals. Die zukünftige Pfl ege er-folgt wie bei allen deutschen Solda-tenfriedhöfen durch den Volksbund, der eine fachgerechte und nachhalti-ge Unterhaltung dieses Friedhofs nachhalti- ge-währleistet.

Dieser Beitrag verdeutlicht, wie im Rahmen einer neu begonnenen Part-nerschaft zwischen deutschen und ukrainischen Bürgern ein wichtiger Schritt für ein zukünftiges, friedli-ches Miteinander entstehen konn-te, aus dem sich neue Freundschaf-ten auf beiden SeiFreundschaf-ten entwickelFreundschaf-ten, die teilweise bis heute bestehen. So-mit hat sich der Aufwand auf beiden Seiten gelohnt und stellt für die wei-tere Städtepartnerschaft eine wich-tige Grundlage dar. Es wäre daher wünschenswert, wenn der deutsche Soldatenfriedhof bei den partner-schaftlichen Begegnungen und Pro-grammpunkten auch zukünftig mit berücksichtigt würde.

Allen Beteiligten ist an dieser Stelle für ihren großen Einsatz herzlich zu danken. Dank gilt auch allen übri-gen, ungenannten Helfern aus Polta-wa und aus den Filder-Städten.

Zur Internationalen Gartenbauaus-stellung (IGA), die von April bis Ok-tober 1993 in Stuttgart stattfand, präsentierten sich 22 internationale Gärten im Rosensteinpark. Einer der schönsten war der Ukrainische Garten mit etwa 1.000 Quadratmetern Flä-che und dem reetgedeckten, im Stil einer historischen Datscha gehaltenen Landhaus des bei Poltawa geborenen Schriftstellers Nikolaj Gogol.

Die Entstehung dieses Gartens war ein ungewöhnliches Unterfangen, an dem viele Personen beteiligt waren.

Jürgen Wünsche, der Pressesprecher der IGA 93 und wohnhaft in Lein-felden, unterrichtete mich darüber,