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2. Der Islam

2.1 Mohammeds Weg zum Islam

2.1.1 Der Koran

Mohammeds Reise zur Verbreitung des Islams beginnt mit der Offenbarung des Korans durch den Erzengel Gabriel. Da Mohammed kein Gelehrter war und viele Verse selbst nicht verstand, war das der Beweis für seine Anhänger, dass nicht Mohammed diese verfassen hätte können, sondern es sich hierbei um die wörtliche Offenbarung Gottes handelt. Der Erzengel diktiert Mohammed auf dem Berg Hira die Worte Allahs, die er seinen Anhängern weiterpredigte.

Mohammed, der laut Überlieferung selbst Analphabet war, konnte den Koran anfangs nur mündlich verbreiten. Jedoch ist durch den Koran zu entnehmen, dass der Erzengel ihm befahl, die Worte des Gottes zu lesen. „Lies im Namen deines Herrn, der alles erschaffen hat, Und der den Menschen aus geronnenem Blut erschuf. Lies, bei deinem Herrn, dem glorreichsten, Der den Gebrauch der Feder lehrte Und den Menschen lehrt, was er nicht gewußt. (…)“45 Dies ist der Grund zu der Annahme, dass Mohammed sehr wohl lesen konnte. Somit ist die Frage nach der Verschriftlichung der ihm mündlich diktierten Doktrinen eine ungewisse, sicher ist, dass seine Anhänger die Worte Gottes zu Papier gebracht haben.

45 Ebd., S. 21.

Abb.10: Auszug aus der Sure 27. Quelle: Markus Hattstein und Peter Delius, Islam. Kunst und Architektur. Könemann 2002, S. 19.

Da die wortwörtliche Übersetzung des Wortes „Koran“ „Lesung“ bzw. „Rezitation“ bedeutet, soll der Erzengel Mohammed den mündlichen Vortrag befohlen haben.46 Die ersten Worte, die Gabriel zum Propheten sprach, sind in der Sure 96 dokumentiert und lauten: „Trag vor im Namen deines Herrn, der erschaffen hat!“ 47

22 Jahre lang wurde ihm der Koran offenbart, „zwischen seinem 40. Lebensjahr und seinem Tod im Jahre 632 (…)“,48 woraus viele Verse aus den Probleme mit denen Mohammed sich konfrontiert sah, entnommen wurden. Der Koran spiegelt somit viele Situationen im Laufe des Lebens des Propheten wider, die er durch die heiligen Schriften, die ihm vom Erzengel offenbart wurden, bewältigen und lösen konnte. Es stellt sich jedoch die Frage der allgemeinen Gültigkeit, da der Koran ein Leitfaden im Leben jedes Moslems ist, dessen Lösungen es zu befolgen gilt.49 Die Geschichten über das Leben Mohammeds, die im Koran niedergeschrieben wurden, sind auf ihn individuell zugeschnitten. Die Frage lautet deshalb hier: Können die Situationen und Erlebnisse, die dem Propheten widerfahren sind, auf das marginale Volk übertragen werden?

46 Vgl. Adel Theodor Khoury, Der Koran. Bd. 12. Gütersloh 1987, S. 497.

47 Khoury, Der Koran, S. 497.

48 Rainer Brunner, Hadith, in : Der SPIEGEL special 1/1998, S. 72f.

49 Ebd., S.72f.

Nach dem Islam gibt es vier wichtige Quellen, aus denen jeder Moslem Hilfestellung und Problemlösungen erhalten kann:

 Die wichtigste Quelle ist der Koran, der ein Exempel für jeden Moslem statuieren soll.

Wird hier keine adäquate Lösung gefunden, begibt man sich auf die theologische Ebne, die federführend für die Riten, Sitten, Traditionen und Verhaltensregeln eines Moslems ist, die Sunna.50

 Die Sunna ist „ die gesamte Überlieferung von dem Propheten Muhammad (…), was er gesagt hat (…) ALQAWLU, was er getan hat (…) ALFI´LU und was der Prophet (…) stillschweigend geduldet und gebilligt hat (…) ATTAQRIRU.51

 Die dritte islamische Quelle ist die Igma, was bedeutet, sich mit dem Problem zu einem Gläubigen, einem Gottesvertreter, einem Mula zu begeben. „Die Konzens. Die Übereinstimmung der Sahabah (…). Die Einigkeit der Gelehrten; (…) bei der Lösung eines Problems oder Beantwortung einer religiösen Frage.“52 Weiß dieser keinen Rat, gilt es, ähnliche Situationen in islamischen Quellen zu suchen.53

 Die Qiyas (Analogieschluss, Vergleich), „ Das ist die vierte der Rechtsquellen, der Analogieschluss, der auf die vorherigen Quellen (Quran, Sunna, Igma) aufgebaut, und derart die Lösung eines nicht anderweitig behandelten Rechtsproblem herbeiführt.“54 Der Koran ist auf Arabisch geschrieben und besteht aus 114 Kapiteln, sogenannten Suren, die alle verschieden lang sind und in einer speziellen Reimprosa verfasst wurden. Betrachtet man den Koran genauer, erkennt man, dass die Verse von Sure zu Sure immer kürzer werden.

Während die ersten Kapitel aus bis zu 286 Versen bestehen, besteht die letzte Sure nur mehr aus wenigen Zeilen55.

Der Koran verbindet nicht nur die Geschichten Mohammeds sondern ist auch die Hauptquelle des islamischen Gesetztes, der Scharia, und federführend für die arabische Grammatik, Ästhetik und Lyrik. Im Koran sind ebenfalls die Geschichten anderer Propheten wie Adam, Abraham, Noah, Josef, Moses, Isa ibn Marjyan, also Jesus, sowie Vorschriften und islamische Glaubensgrundsätze, überliefert. Wie der Koran tatsächlich entstanden ist, ist nach wie vor ungewiss, denn Mohammed selbst betonte, zwischen seiner eigenen persönlichen Meinung, die später von Traditionalisten verschriftlicht wurde und den Worten Allahs, die ihm offenbart

5050 Vgl. Hamidi, Islamisch- Theologische Fachausdrücke, S. 10.

51 Ebd., S. 10.

52 Ebd., S. 11.

53 Vgl. ebd., S.11.

54 Ebd., S. 11.

55 Vgl. Rainer Brunner, Hadith, in : Der SPIEGEL special 1/1998, S. 72f.

wurden, streng zu unterscheiden.56 Die Oralität blieb nichtsdestoweniger ein wichtiger Faktor für die Verbreitung des Islams. So heißt es in der Überlieferung, dass Mohammed, während er die Worte Allahs empfing, an attackenartigen Anfällen litt, bei denen sich seine Gelenke versteiften und er in einen tranceähnlichen Zustand fiel. Hier war es wichtig, dass sich die Außenstehenden die Worte, die Mohammed dann sprach, auswendig merkten oder auf

„Häute, Palmen, Töpfe, Hammelschulterblätter“57 notierten.

Der Koran wurde schon zu Lebzeiten Mohammeds von seinen Anhängern bruchweise verschriftlicht, jedoch erst nach seinem Tod wurde Zaid ibn Thabit von dem Chalif Abu Bakr beauftragt, alles niederzuschreiben. Somit wussten vor dieser Verschriftlichung und kurz nach Mohammeds Tod nur mehr vier Menschen den Koran auswendig.

Abb.11: Die Himmelfahrt des Propheten auf der Stute Boraq. Chamsa aus Nisami. Quelle:

Émile Demenghem, Mohammed. Reinbek bei Hamburg 1960, S. 36.

Ungefähr zwölf Jahre später „ließ der Chalif `Othman (644-655) eine Art Vulgata aufstellen, unter Verwendung der Schriften, die Hafsa, Mohammeds Witwe und `Omars Tochter, in Verwahrung hatten; die anderen Exemplare wurden verbrannt.“58

56 Vgl. Dermenghem, Mohammed, S. 34-37.

57 Ebd., S. 34-37.

58 Ebd., S. 37.

Genau dies ist der Ansatz der Diskussion um die Verfälschung durch Fremdbeeinflussung. Da die Gebote Allahs lediglich mündlich vorgetragen wurden und die Verschriftlichung erst nach dem Tod Mohammeds stattfand, ist es schwer zu sagen, was davon die ursprünglichen Worte Allahs waren. „ Die Schiiten sahen politisch motivierte Fälscher am Werk und akzeptierten sie erst nach mehreren Jahrhunderten.“59

Abb.12: Mohammed im stillen Gebet bei der Kaaba. Quelle: Quelle: M.S. Ipsiroglu, Das Bild im Islam. Ein Verbot und seine Folgen. Wien und Münschen 1971, S. 143.