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4. Der Karikaturstreit

4.3 Mohammed- Karikaturen der „Charlie Hebdo“

4.3.1 Erste politische Karikaturen im Islam

Die jüngsten Bilder Mohammeds haben zum Aufschrei in der islamischen Welt geführt, jedoch reihen sich diese Karikaturen und Cartoons in einer langen Tradition von politischen Karikaturen an. Obwohl die islamischen Länder Staat und Religion nicht voneinander trennen, gilt dies sehr wohl im Bereich des Bilderverbotes. Während politische Karikaturen seit den späten 20er Jahren des 19. Jahrhunderts erscheinen, wurden die religiösen Abbildungen seit jeher als verstoß der Religion betrachtet.205

Der Verdienst Zeitungen in den islamischen Ländern von Moslems für primär für Moslems zu veröffentlichen, gilt Mohammed Ali von Ägypten. Jedoch dauerte es bis ins späte 19.

Jahrhundert, als diese Entwicklung ihren Höhepunkt erreicht hatte.

„(…)Und obgleich die Zensur durch Kolonialregierungen und Moslemherrscher die Ausbreitungen oft ernsthaft hemmte, gab es um 1910 etwa 150 Zeitungen und Zeitschriften in Ägypten und 160 in Zentralasien, über 370 in Iran und vielleicht noch mehr in der osmanischen Türkei, während selbst in China zwischen 1913 und 1939 über 100 Zeitungen erschienen waren.“206

204 Vgl. http://www.spiegel.de/politik/ausland/morddrohungen-von-islamisten-satire-zeitung-darf-nicht-mehr-online-gehen-a-795751.html, 14.04.2014, 12.20 Uhr, Microsoft Internet Explorer.

205 Vgl. Francis Robinson, Der Islam, Geschichte, Kunst, Lebensformen. München 2002, S. 146.

206 Ebd.

Besonders zwei satirische Zeitungen hatten durch ihre Karikaturen einen besonderen Stellenwert in der Entwicklung des islamischen Journalismus und der politischen Karikaturen eingenommen: Mulla Nasreddin, das von 1906 bis 1917 erscheinende Blatt und die Awadh Punch, die nordindische Zeitung die von 1877 bis 1930 erschienen ist. 207

Abb.21: „Karikatur auf der Titelseite der allerersten Ausgabe, die ihre Programmatik verrät:

Mulla Nasreddin versucht die in tiefem Schlummer verharrenden Moslems aufzuwecken.“

Quelle: Francis Robinson, Der Islam, Geschichte, Kunst, Lebensformen. München 2002, S.

146.

207 Vgl. ebd.

Abb. 22: „(…) Gasprinski in Schwierigkeiten mit den Ulema, die ihn mit der Beschuldigung angreifen, daß er ein Ungläubiger sei und daß seine neue Erziehungsmethode gegen die Scharia verstoße.“ Quelle: Francis Robinson, Der Islam, Geschichte, Kunst, Lebensformen.

München 2002, S. 146.

4. Empirische Untersuchung

Den empirischen Teil der Masterarbeit bilden qualitative Leitinterviews mit Experten, die anhand von einem für die Thematik relevanten Fragebogen ausgearbeitet wurden. Des Weiteren wurde eine Befragung zum Thema Bilderverbot im Islam durchgeführt, bei dem die Probanden, in Afghanistan lebende Moslems, im direkten Vergleich zu den in Österreich lebenden Afghanen befragt wurden, um diese in weiterer Folge zu analysieren. Der Mediendiskurs wird auf verschiedenen Ebenen- politisch, kulturell, religiös- durchleuchtet werden.

Die Arbeitsmethode der Fragebögen kristallisieren sich als wichtiger praktischer Bereich, durch ihre deutliche Struktur aus.

Das Bilderverbot wurde in den Vordergrund des Forschungsbereichs gerückt, da diese Thematik seit jeher Instrument vieler Diskussionen, speziell in den Medien war und nach wie vor ist. Einigen Journalisten fehlt jedoch auf beiden Seiten – der islamischen und der christlichen- vermehrt das Verständnis des jeweiligen Standpunktes.

Dies ist der Grund, warum es mir ein großes Anliegen war beide Seiten im Bereich der wissenschaftlichen Arbeit zu betrachten, und den Vorteil zu nützen in beiden Gesellschaften aufgewachsen zu sein und sowohl mich im religiösen, als auch im kulturellen Bereich zu recht zu wissen. Diesen Blickwinkel galt es bis zum kleinesten Nenner, das heißt bis in die

frühesten Überlieferungen, dem Koran, herunterzubrechen und dadurch den Status quo zu ermitteln.

Die Analyse behandelt ähnliche Fragestellungen der Experten und deren Antworten, indem diese miteinander verglichen werden. Spezifische Fragen werden unabhängig von einander betrachtet und analysiert.

Nach Absprache mit Herrn Dr. Elis ist die Wahl des Forschungsgegenstandes der empirischen Untersuchung auf die Methode einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung der Experteninterviews in Verbindung mit einer anschließenden Inhaltsanalyse gefallen.208

5.1 Expertengespräche

Im Vordergrund stehen vier geführte Interviews mit Experten und Vertretern der jeweiligen Glaubensgemeinschaften, die in drei Themenbereiche gegliedert werden:

 die mediale Ebene, durch den bekannten Karikaturisten, der Kleinen Zeitung Petar Pismestrovic

 die politische Ebene

 die Ebene der Religionen

Für den empirischen Teil dieser Masterarbeit gilt es zuerst den Expertenbegriff zu definieren, um die Antworten so präzise wie möglich zu generieren. Experten zeichnen sich durch spezifisches Wissen in einem oder mehreren Bereichen aus, und geben dieses in weiterer Folge weiter, oder wenden diese bei allgemein gültigen Problemen an. Es ist zwischen einem Experten und einer Person, die sich aus eigenem Interesse das nötige Wissen bezüglich eines Themas aneignet zu unterscheiden, denn diese gilt allenfalls als eine Art Experte. Somit zeichnen sich die beiden Expertenformen durch ihr Wissen um etwas Besonderes aus.209 Die Interviews wurden im Rahmen eines Dialoges bzw. der Regel einer vorsichtigen Gesprächsform geführt, da das Thema des Abbildungsverbotes im Islam nach wie vor als ein sehr sensibler Bereich der Religion und der Medien gilt.210 Es war wichtig sich langsam an das Thema heranzutasten und somit wurden im Vorfeld Kriterien und Intensionen mit den Interviewten und Befragten klar festgelegt, da speziell den Moslems in Afghanistan mit großem Respekt bezüglich der Religion entgegenzutreten ist.

208 Vgl. Jochen Gläser, Grit Laudel, Experteninterviews und qualitative Inhaltsangabe. Stuttgart 2004, S. 11f.

209 Vgl. ebd., S.111f.

210 Vgl. ebd., S. 111f.

Über die Positionierung der Gesprächspartner wurde ebenfalls am Anfang des Gespräches aufgeklärt, so handelte es sich um eine eine Person, die das Gespräch leitet, dem Interviewer und einem Interviewten, dem Befragten. Ein wichtiger Punkt vor den Interviews war es, den Gesprächspartner über die Möglichkeit eines Abbruches bzw. der Verweigerung einer Frage zu informieren, falls diese Gefahren mit sich ziehen würden, dies gilt speziell für die Probanden, die in Afghanistan leben.

Es wurde mit einem Interviewleitfaden nach Gläser und Laudel gearbeitet, da mir die Form des Dialog-Leitfadens für die Thematik des Bilderverbotes am geeignetsten erschien. Dem Interviewer war es somit möglich das Gespräch in eine angemessene Richtung, durch den

„natürlichen“ und „ungezwungenen“ Dialog, zu leiten.211

5.1.1 Die Experten und der Fragebogen

Nach ausführlichen Recherchen wurden vier Experten aus den verschiedensten Bereichen, für die facettenreichen Ebenen und Thematiken der vorliegenden Masterarbeiten generiert und unabhängig voneinander zu sowohl Teil-, als auch sich überschneidenden Bereichen befragt.

Der empirische Teil der Datenerhebung wurde im Zeitraum von November 2013 bis Ende April 2014 durchgeführt und in Folge dessen konnte diese in der Inhaltsanalyse zusammengefasst werden.

Die in Afghanistan lebenden Moslems stellten die größte Herausforderung dieser empirischen Studie dar. Wie bereits erwähnt gilt das Thema des Bilderverbotes im Islam nach wie vor als ein sehr sensibler, weswegen es ein schwieriges Unterfangen war, freiwillige zu finden, die sich bereit erklärten teilzunehmen. Es wurden zehn Personen aus verschiedenen Bildungsständen und verschiedenen Altersgruppen befragt, wobei unter diesen acht Sunniten, und zwei Schiiten waren, was sich als interessanter Aspekt für die Masterarbeit erwies.

Desweiteren wurden zehn in Österreich lebende Afghanen mit dem exakt gleichen Fragebogen befragt. Die Fragen konnten mit ja, nein oder mit eigenen Worten beantwortet werden. Ihre Angaben werden anonym ausgewertet und es gibt die Möglichkeit die Frage zu verweigern.

211 Vgl. ebd., S. 11f. u. ebd., S. 42.

1. Mediale Ebene

Die Kleine Zeitung (Interview: 24. April 2014)

Mag. Petar Pismestrović (Karikaturist in Österreich)

Biographie:

Petar Pismestrovic wurde 1951 in Sremska Mitrovica im ehemaligen Jugoslawien geboren. Nach der Matura studierte er Politikwissenschaft in Zagreb und arbeitet seit 1970 als professioneller Karikaturist. Neben der Mitarbeit in 50 verschiedenen Zeitschriften und Magazinen organisierte er 35 Ausstellungen eigener Werke in Jugoslawien und Österreich , nahm an zahlreichen Karikaturweltausstellungen und -festivals teil und gewann 5 Mal erste Preise - zwei Mal in Tolentino (Italien), Deva (Rumänien), Zagreb (Kroatien), Belgrad (Serbien) sowie den 2.Preis in Seoul (Korea), "Excellence Prize" in Tokio (Japan) und den Spezialpreis in Istanbul (Türkei).

Er ist einer der Gründer des Kroatischen Karikaturistenvereins (HDK). Seit 1992 arbeitet Pismestrovic für die Kleine Zeitung (Österreich). Seine Werke sind u.a. in Nebelspalter (Schweiz), Courrier International( Frankreich), New York Times (USA), International Herald Tribune(Frankreich) , Cicero( Deutschland) zu sehen.

2. Die politische Ebene

Afghanische Botschaft in Wien (Interview: 17. Jänner 2014)

Dipl.- Ing. M. Omar Mohsenzada (ehemaliger Geschäftsführer in der afghanischen Botschaft in Wien)

Biographie:

Omar Mohsenzada wurde 1952 in Kabul / Afghanistan geboren. Nach der Matura studierte er Architektur an der Fachhochschule Konstanz und an der TU-Stuttgart in der BRD. Ab 1980 besuchte er die Diplomatische Akademie des Außenministeriums der demokratischen Republik Afghanistan in Kabul. Er arbeitete in den 80.er Jahren als Beamter im Ministerium. Zuletzt war von 1988 - 1990 als Geschäftsführer der afghanischen Botschaft in Wien tätig .

3. Die Ebene der Religion

Stadtpfarrer der Gemeinde Welzenegg, Kärnten (Interview: 30.April 2014) Mag. Dr. Peter Deibler

Biographie:

Mag. Dr. Peter Deibler ist Stadtpfarrer in der Herzjesu Kirche in Welzenegg, Kärnten. Durch verschiedenste Reisen in islamische Länder und den Versuch den Dialog zwischen Moslems und Christen in Kärnten zu fördern, eignete sich Herr Mag. Dr. Deibler sehr gut als Interviewpartner. Seine Erfahrungen durch die Reisen und Erfahrungen des in Wien geborenen Pfarrers sind Teil der Entwicklung seiner Ziele für den Dialog: den Islam für die Mitmenschen kennen und verstehen zu lernen.

Imam und Obmann des bosnischen Kulturzentrums in Kärnten, Medienreferent der Glaubensgemeinschaft Kärnten, sowie islamischer Religionspädagoge aus Klagenfurt, Adem Pehlic (Interview: 9.Mai 2014)

Biographie:

Adem Pehlic, wurde am 21.10. 1974 in Bosnien geboren, wo er auch die Volksschule und danach die Elči-Ibrahim-Pascha-Medresa Schule absolvierte.

1992 flüchtete er aufgrund des Krieges nach Österreich, wo er lediglich 14 Tage verweilen wollte, es wurden 22 Jahre daraus. Er übte den Malerberuf in Klagenfurt aus und besuchte die katholisch-pädagogische Theologie in Eggenberg, Graz und legte die islamische Lehre in Wien ab. Seit 1999 ist Pehlic Islamlehrer in Wolfsberg und arbeitete ab 2000 zehn Jahre lang als Imam. Danach beschloss er an der islamischen Fakultät in Bosnien zu studieren. Danach nahm er seine Tätigkeit als Religionslehrer wieder auf und unterrichtet an der Volks-, und Mittelschule in St.

Peter, sowie an der pädagogischen Hochschule in Klagenfurt.

5.1.2 Die Auswertungen der Interviews

Um eine übersichtliche Auswertung der Interviews zu ermöglichen, wurden Fragekategorien erstellt und ähnliche Thematiken mit einander verknüpft und zugeordnet, um diese in weiterer Folge kategorisieren zu können. Somit wurden die Materialauswertungen den verschiedenen Kategorien zugeordnet und für nicht eindeutige Fragen bzw. Antworten neue Sparten erstellt.

Zu den verschiedenen Fragekategorien wurde versucht, jeden der vier geführten Experteninterviews wortwörtlich zu transkribieren und zu den verschiedenen Sparten zu Wort kommen zu lassen.

6. Die Interviews

Die drei Kategorien sind in die Themenbereiche Islam, das Bilderverbot und der Karikaturstreit wurden in die jeweiligen beruflichen Arbeitsfelder gegliedert. Eine ausführliche Analyse folgt nach den Auswertungen der Fragebögen im Resümee.

6.1 Der Islam

1. Der Islam in Österreich. Wie betrachtet der Westen den Islam?

PISMESTROVIC: „Der Islam ist eine Weltreligion, so wie ebenfalls das Christentum.

Was sie voneinander unterscheidet ist dass der Islam keine europäische Religion ist.

Dies ist ein großes Problem, da die Moslems somit nicht die gleichen Rechte haben. Es heißt Europa will eine Gemeinschaft, aber hier besteht der Unterschied, dies sieht man auch Bereich des Moscheen Baus, denn es ist sehr schade Religion nicht praktizieren zu können. Meiner Meinung nach stellt sich die Frage: Wenn es einen Gott gibt, der einzigartig ist, warum braucht man überhaupt so viele Religionen? Religionen sind schließlich auch eine Form von Macht, die manipulativ sein kann und der ich in der uns bekannten Form sehr kritisch entgegenblicke. Betrachtet man den Islam in Österreich so sieht man, dass versucht wird Gleichberechtigung zu schaffen, aber dies ist ein schwieriges Unterfangen, speziell im Bereich der Politik. Einige rechte Parteien versuchen

den Islam bewusst zu attackieren und diesen als Mittel im Wahlkampf zu benutzen und somit wird die Bevölkerung polarisiert und steht dem Islam sehr kritisch und vorsichtig gegenüber.“

MOHSENZADA: „Die Menschen im Westen betrachten den Islam als eine große Weltreligion, die viele Gemeinsamkeiten mit dem Judentum und Christentum aufweist.

Andererseits in einer aufgeklärten Welt, wo die Trennung von Staat und Religion ein Prinzip der gesellschaftlichen Ordnung ist, wird der Glaube in erster Linie als eine individuelle Angelegenheit angesehen. Daher ist es verständlich, dass hier eine bedingungslose Unterwerfung der Moslems unter göttliche Gesetze, bzw. deren strenge Befolgung, kontrovers aufgefasst und interpretiert wird. Im Allgemeinen wird die islamische Kultur in Österreich dennoch geschätzt und der Islam als Glaube respektiert.“

DEIBLER: „Die westliche Bevölkerung steht dem Islam sehr skeptisch gegenüber. Da ich sehr viel Kontakt mit den Moscheen in Österreich und Moslems auf der ganzen Welt pflege, weiß ich dass es eine große Barrikade und große Scheu gegenüber dem Islam gibt.

Durch die Distanz und der Vorsicht, in einigen Fällen auch durch schlechte Erfahrungen, herrscht viel Unwissenheit und Vorurteile, speziell in Österreich durch die Türkenbelagerungen.

PEHLIC: „Der Islam ist nach wie vor als Religion ein X-Faktor in der breiten österreichischen Bevölkerung. Meiner Meinung nach ist das Wissen über den Islam zu wenig und müsste im Religionsunterricht, neben den anderen Weltreligionen näher betrachtet werden, denn lange Zeit wurde der Islam sehr negativ, auch durch die Türkenbelagerungen, positioniert. Ich persönlich versuche meinen Beitrag als Imam in Form von Dialogen zwischen den verschiedenen Religionen zu schaffen. Es ist in Österreich sehr viel getan worden, aber dennoch hat die Aufklärung noch einen weiten Weg vor sich. Betrachtet man die frühe österreichische Geschichte, so sieht man dass der Zulauf der Moslems, aufgrund der Kriege in den 80er und 90er Jahren sehr hoch war, aber Österreich sich als Staat sehr freundlich gezeigt hat und seine Pflichten als Nachbarstaat, für die Moslems aus den Balkanländern erfüllt hat. Die Priorität in der heutigen Gesellschaft ist es Integration in jedem Bereich des Lebens zu schaffen und eine Parallelwelt der Religionen zu verhindern.“

2. Was sind Ihrer Meinung nach die Tabuthemen in der Österreichischen Politik und Medienlandschaft? Und in wie weit hält Österreich diese ein?

PISMETROVIC: „Ich habe am Anfang meiner Karriere den Ratschlag bekommen vorsichtig bei Karikaturen mit religiösen Motiven zu sein. Daran habe ich mich bis dato gehalten. Meine Bilder haben mehr politische als religiöse Thematiken. Dennoch ist es abhängig von den jeweiligen Zeitungen und davon welche Grenzen diese bzw. die Karikaturisten selber setzen wollen. Nicht nur die Zeitungen sind selber verantwortlich, wo sie die Grenzen setzen wollen, bzw. was sie als Tabuthema betrachten, sondern auch die Redakteure und Karikaturisten selbst. Österreich ist sehr vorsichtig mit diesen sogenannten Tabuthemen, denn jede Zeitung, Zeitschrift oder weiteres Medium kann sehr schnell zur Zielscheibe werden und man steht unter ständiger Beobachtung, weswegen man immer besser zweimal nachdenken sollte. Dennoch gilt: Man kann nicht jedermanns Geschmack treffen.“

MOHSENZADA: „Die österreichische Politik verurteilt selten jene Länder, die Brutstätte des islamischen Extremismus und fundamentalistischer Umtriebe sind. Viele Aktivitäten solcher Gruppen werden in anderen Ländern stillschweigend ignoriert. In Bezug auf Afghanistan kann mich kaum erinnern, dass Österreich offiziell eine vom Territorium Pakistan aus agierende afghanisch-extremistische Gruppe verurteilt hätte. Österreichische Medien sind in der Berichterstattung oft nicht objektiv genug bzw. folgen den herrschenden Meinungen und genau diese Linie zu verlassen wäre ein Tabu.

ANMERKUNG: Auf die Frage welche Themen in Bezug auf die Tabus des Islams und Afghanistan zu berücksichtigen wären antwortete der ehemalige Geschäftsführer der afghanischen Botschaft in Wien folgendermaßen:

„In den 80er Jahren habe ich als Geschäftsführer der afghanischen Botschaft in Wien meine ganze Kraft dafür eingesetzt, dass der Frieden in Afghanistan gesichert, eine allumfassende Koalitionsregierung gebildet und der Versöhnungsprozess erfolgreich abgeschlossen wurde. Leider haben islamische Fundamentalisten mit ausländischer Unterstützung diesen Plan abgelehnt und den unerklärten Krieg fortgesetzt. Der Krieg

zerstörte alle Städten des Landes mit samt all ihrer Kulturgüter, in Kabuler Museen, kam zu Plünderungen und viele einmalige Exponate wurden zerstört und Bücher wurden verbrannt. Allein in Kabul starben mehr als sechzigtausend Menschen. Hunderttausende mussten ihr Land verlassen. Fundamentalistische Herrscher, die keine weder Demokratie noch Menschenrechte akzeptieren, brachten dem Land nicht nur Chaos und Gewalt, sondern auch Terror und Anachronismus. Diese Fakten sind auch eine Art Tabuthemen, die lange Zeit nicht wahrgenommen wurden.“

3. Braucht es im Islam eine Aufklärung wie im Christentum?

PISMESTROVIC: „Meiner Meinung nach gab es viel Manipulation im Koran, vergleichbar mit dem Christentum und der Kirche, bei dem die Menschen oftmals zu strenggläubig sind und aus der Bibel Stellen zitieren, die so nicht drin stehen. Wo strenge Kontrolle herrscht, dort gibt es immer Probleme. Es ist dennoch wichtig Gesetzte bzw.

bestimmte Regeln zu statuieren, aber diese können auch wiederrum falsch interpretiert werden. Ein Beispiel sind die Mohammed- Karikaturen der Jyllands-Posten, die in von vielen nicht gesehen wurden und man dennoch auf die Straßen ging, um gegen diese zu protestieren. Man hatte Gerüchte gehört was angeblich gezeichnet wurde, und vieles hat so nicht gestimmt. Religion ist allgemein ein schwieriges Thema, denn wenn ein Katholik den Koran liest, so versteht er ihn nicht, genauso umgekehrt, denn es spielen viele Faktoren eine wichtige Rolle.“

MOHSENZADA: „Ja, während das Christentum wegen Reformationen, für ihren Konkordat und soziales Engagement (Frieden und Nächstenliebe) geschätzt wird, wird der Islam hingegen stets mit Gewalt und Intoleranz identifiziert.“

DEIBLER: „Diese Frage wird mir sehr oft gestellt, dennoch bin ich skeptisch. Die Entwicklungsschritte müssten für alle Kulturen gleich aufgebaut werden, ebenso die historische Determination. Ich bezweifle sehr stark, dass man die europäische Geschichte als Maßstab nehmen sollte bzw. die Europäer in diesem Bereich federführend sein sollten.

PEHLIC: „So kann man das nicht sagen, denn der Islam akzeptiert das Christentum und sogar im Koran werden sie als die Menschen der Schrift betitelt. Aber dennoch ist das

Christentum das Christentum und der Islam der Islam, denn nicht umsonst hätte der zweite vatikanische Konzil den Islam offiziell akzeptiert, als Religion anerkannt und speziell den Monotheismus positiv hervorgehoben.“

4. Dürfen die Grenzen der Religion im Sinne der Kunst verletzt werden und wo sind diese Grenzen zu setzen?

PISMESTROVIC: „Es muss Grenzen geben. Freiheitsmeinungen müssen besonders im Bereich der Karikaturen existieren, weil ansonsten jeder denken würde, dass alles erlaubt wäre und dem ist nicht so. Meinungen sind nur im Kopf vollkommen frei, spricht man diese laut aus, besteht die Gefahr von jedem kritisiert zu werden.“

MOHSENZADA: „Portraits islamischer Herrscher, Darstellungen von Lebewesen und verschiedene Illustrationen (wie die in der Kunstschule Herat in Afghanistan), die durchgehend in allen Etappen der islamischen Geschichte zu sehen sind, zeigen dass die Bilder nicht immer ein Tabuthema waren. Kunst und Kultur brauchen Freiheiten.

Kulturrelativismus ist zweifelsohne ein Hindernis für die freie Schöpfung und die Provokation eine wichtige Aufgabe der Kunst. Jedoch muss es Grenzen geben um den sozialen Konsens und das friedliche Zusammenleben zu schützen.

DEIBLER: „Die Kunst ist ein wichtiger Bereich der Religion. Betrachtet man allein die Geschichte, sei es nun die der Architektur, der Bilder u.v.m. sieht man dass es offiziell nie solche Grenzen gegeben hat.“

PEHLIC: „Es ist wichtig die Grenzen zu ziehen. So zum Beispiel sind Naturbilder in der Kunst in Ordnung, während es jedoch allgemein verboten ist Mohammed abzubilden, und das nicht einmal in der Kunst. Die Silhouetten von bestimmten Personen aus der Religion zu zeichnen ist erlaubt, wie zum Beispiel in Kinderbüchern, was man häufig sieht, aber nicht direkt ein Porträt von Personen oder deren Körper.“

5. Die Rolle des Mufti?

MOHSENZADA: „In der Geschichte vieler islamischer Länder haben Imams , Muftis

MOHSENZADA: „In der Geschichte vieler islamischer Länder haben Imams , Muftis