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4.1 Allgemeine Charakterisierung der Chloridsekretion

4.1.1 Konzeption des Grundprotokolls

Das Grundprotokoll wurde sowohl in der Reihenfolge der eingesetzten Pharmaka als auch in der Dosierung in Analogie zu der Arbeit von BLEICH (2004) zur Charakterisierung von Chloridströmen im Colon bei Mäusen erstellt, welche wiederum auf einem Protokoll zur Dia­

gnose von Zystischer Fibrose an humanen Rektumbiopsien fußte (DE JONGE et al. 2004).

Mit den eingesetzten Pharmaka sollten zunächst Bewegungen anderer Ionen als Chlorid über die Mucosa unterbunden werden, um die gemessenen Kurzschlussströme gezielt der basalen Chloridsekretion zuordnen zu können. Darauf wurde die Chloridsekretion auf den beiden prinzipiell unterschiedlichen Stimulationswegen über intrazelluläres Calcium und cAMP an­

geregt und schlussendlich über Hemmstoffe der alternativen Chloridkanäle und der CFTR-Chloridkanäle wieder blockiert.

Da mechanische Manipulationen an der Mucosa während der Gewebeentnahme und des Ein­

spannens in die Ussingkammern die Prostaglandinfreisetzung im Gewebe steigern (BEUBLER u. JUAN 1978) und Prostaglandine die Adenylatcyclase und dadurch die Chlo­

ridsekretion stimulieren (KIMBERG et al. 1971), wurde Indomethacin zur Unterdrückung der Prostaglandinproduktion eingesetzt. In Abwesenheit von Prostaglandinen hat Indomethacin keinen direkten Effekt auf Kurzschlussströme oder Chloridtransport an der intestinalen Muco­

sa (SMITH et al. 1981). In den eigenen Versuchen wurde eine deutliche Verringerung der Kurzschlussströme nach Indomethacin vor allem in den Ussingkammern beobachtet, die initi­

al relativ hohe Isc aufwiesen. War Indomethacin bereits im Puffer vorhanden, lagen die Isc be­

reits direkt nach dem Einspannen der Gewebe in dem Bereich, in dem sie sich auch stabili­

sierten. Somit kann eine gute Übereinstimmung mit dem Verhalten konstatiert werden, das nach den bekannten Eigenschaften von Indomethacin zu erwarten war.

Natriumabsorption und Chloridsekretion stellen die quantitativ wichtigsten aktiven Ionenbe­

wegungen an der intestinalen Mucosa dar (BREVES u. DIENER 2005). Gemeinsam sind sie für nahezu den gesamten Betrag der basalen Kurzschlussströme an der jejunalen Mucosa des Schweins verantwortlich (HOLTUG u. SKADHAUGE 1991). Da anhand der Kurzschluss­

ströme nicht zwischen diesen Transportvorgängen unterschieden werden kann, war es nötig, elektrogene Natriumabsorption zu unterbinden, um den Anteil der Chloridsekretion an den Isc

identifizieren zu können. Dies bedeutete zum einen, eine natriumgekoppelte Glucoseaufnah­

me zu verhindern, was leicht durch die Verwendung einer glucosefreien Pufferlösung auf der mucosalen Seite des Epithels zu erreichen war. Zum anderen war es nötig, apikale Natrium­

kanäle zu inhibieren. Hierfür wurde der spezifische Inhibitor Amilorid (BENOS 1982) einge­

setzt. Dass in den vorliegenden Versuchen keine Veränderungen in Gewebeleitfähigkeiten und Kurzschlussströmen nach der Zugabe von Amilorid auftraten, lässt sich durch die Tatsa­

che erklären, dass beim Schwein Natriumkanäle nur im distalen Colon in nennenswerter An­

zahl vorhanden sind, nicht aber im Jejunum und im proximalen Colon (BREVES u. DIENER 2005).

Im Dickdarm existieren außer Natrium- und Chloridkanälen auch Kaliumkanäle in der apika­

len Zellmembran (BREVES u. DIENER 2005). Um einen elektrogenen Transport auch durch diese zu verhindern, wurden Barium und Tetraethylammonium in das mucosale Komparti­

ment der Ussingkammern gegeben. Diese Pharmaka inhibieren Kaliumkanäle über unter­

schiedliche Mechanismen (LATORRE u. MILLER 1983) und wurden daher in Kombination eingesetzt, um die Konzentration der Einzelstoffe geringer halten zu können und eine Gewe­

betoxizität zu vermeiden. Die Blockade der apikalen Kaliumkanäle war vor allem wichtig, weil eine Erhöhung der intrazellulären Calciumkonzentration nicht nur die Chlorid-, sondern auch die Kaliumsekretion stimuliert. Ein Teil der Chloridsekretion würde bei offenen Kalium­

kanälen elektrisch maskiert und wäre einer Messung als Kurzschlussstrom nicht zugänglich.

Diese Verfälschung wurde hier vermieden. Bei der Zugabe von TEA und Barium zum unsti­

mulierten Gewebe konnte keine Veränderung der elektrophysiologischen Parameter beobach­

tet werden, was für einen geringen Anteil von Kaliumsekretion an den basalen Kurzschluss­

strömen spricht. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Daten von BLEICH (2004).

Carbachol als Acetylcholinanalogon stimuliert die Chloridsekretion über eine Bindung an muscarinerge m3-Rezeptoren und bewirkt die Freisetzung intrazellulären Calciums (CHANDAN et al. 1991a). Dieses aktiviert Kaliumkanäle und führt durch einen Kaliumstrom nach extrazellulär zu einer Hyperpolarisation der Zelle, die als Triebkraft für einen Chlorid­

ausstrom fungiert (BARRETT u. KEELY 2000, siehe auch Kap. 1.3). Gleichzeitig hat die Bindung von Carbachol an den Rezeptor auch eine Aktivierung der Proteinkinase C und somit

die Öffnung von CFTR-Kanälen zur Folge (BRONSVELD et al. 2000). Die Frage, inwieweit auch calciumaktivierte Chloridkanäle an der Reaktion auf Carbachol beteiligt sind, ist umstrit­

ten und war unter anderem Gegenstand dieser Arbeit.

Das zweite eingesetzte Stimulans der Chloridsekretion war Forskolin, ein Aktivator der Ade­

nylatcyclase (SEAMON et al. 1981). Damit bewirkt Forskolin eine Erhöhung des intrazellulä­

ren cAMP-Spiegels und dadurch eine Aktivierung von CFTR-Kanälen und der auswärts rekti­

fizierenden Chloridkanäle. Dabei ist der Anteil der ORCC an der durch cAMP hervorgerufe­

nen Chloridsekretion nicht bekannt (SCHWIEBERT et al. 1994). Gleichzeitig werden auch der Na+-K+-2Cl--Cotransporter sowie basolaterale cAMP-gesteuerte Kaliumkanäle aktiviert, so dass auch die Chloridaufnahme in die Zelle sowie das Kaliumrecycling an der basolatera­

len Membran gesteigert werden (CUTHBERT et al. 1999).

In Voruntersuchungen hatte sich gezeigt, dass eine Konzentration von 10-5 mol/l Carbachol ebenso große Anstiege der Kurzschlussströme hervorrief wie eine Konzentration von 10-4 mol/l. Gleiches galt für eine Forskolinkonzentration von 5·10-6 mol/l anstelle von 10-5 mol/l, so dass für beide Stimulantien der Chloridsekretion die niedrigere Dosis eingesetzt und davon ausgegangen wurde, eine maximale Wirkung erreicht zu haben.

Um den Anteil der ORCC an der durch Forskolin verursachten Chloridsekretion zu bestim­

men, wurde DIDS verwendet. Dieses Stilbenderivat blockiert von extrazellulär nahezu alle bekannten Chloridkanaltypen in zahlreichen Gewebearten, mit Ausnahme des CFTR-Kanals (SCHULTZ et al. 1999). Der nach DIDS-Zugabe verbleibende Anteil der cAMP-stimulierten Chloridsekretion kann daher sicher einer Aktivierung von CFTR-Kanälen zugeordnet werden, der inhibierte Anteil entfällt auf alternative Chloridkanäle wie ORCC. Auch calciumaktivierte Chloridkanäle werden von DIDS gehemmt. Zum Zeitpunkt der DIDS-Zugabe im Grundproto­

koll war jedoch mit aktivierten calciumabhängigen Chloridkanälen nicht mehr zu rechnen, da die Carbacholzugabe lange zurücklag und die Kurzschlussströme bereits vor der Forskolinzu­

gabe wieder das basale Niveau erreicht hatten. Im abgewandelten Grundprotokoll wurde DIDS als Präinkubation auch zur Blockade von CaCC eingesetzt.

Abschließend wurde der CFTR-vermittelte Chloridstrom mit dem Arylaminobenzoat NPPB inhibiert. WALSH et al. (1999) konnten die Hemmung von CFTR durch NPPB eindeutig zei­

gen, und das Reagenz wird verbreitet zu diesem Zweck angewandt. Allerdings ist die Spezifi­

tät von NPPB für CFTR nicht optimal. Auch ORCC und Ca2+-aktivierte Chloridkanäle kön­

nen mit NPPB gehemmt werden, jedoch sind hierzu erheblich höhere Konzentrationen nötig.

Einige Arylaminobenzoate haben auch inhibierende Auswirkungen auf den Na+-K+-2Cl- -Cotransporter und auf basolaterale Kaliumkanäle, die ebenfalls an der Chloridsekretion betei­

ligt sind. Auch eine Hemmung der Forskolin-vermittelten cAMP-Produktion durch NPPB wurde beschrieben (SCHULTZ et al. 1999). Da jedoch der neue, bei der Ratte als spezifisch beschriebene CFTR-Inhibitor CFTRinh-172 (MA et al. 2002) in Vorversuchen keine Wirksam­

keit beim Schwein zeigte, wurde für die vorliegende Arbeit dennoch auf NPPB zurückgegrif­

fen.

4.1.2 Zuordnung der elektrophysiologischen Veränderungen zu