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4 Wissenschaftliche Vorgehensweise

4.3 Konzeption der Datenerhebung

4.3.1 Quantitative Datenerhebung unter Konsumenten

Für die beabsichtigte Umfrage unter Konsumenten wurde ein Fragebogen entworfen, der auf englisch, chinesisch, spanisch und deutsch in Band 2 als Anlage 1 beigefügt ist. Dieser sollte die Einstellung und Erwartung der Befragten ggü. Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung im Bankensektor und deren eigene Erfahrungen hierzu erfassen.

Darüber hinaus sollte der Fragebogen nach Möglichkeit auch auf die Unterschiede zwischen den Institutsgruppen (Privatbanken, Genossenschaftsbanken und Sparkassen) eingehen, aber gleichzeitig in allen untersuchten Ländern anwendbar sein. Dies machte insbesondere bei Ghana und China leichte Veränderungen erforderlich, weil dort keine öffentlichen Institute wie Sparkassen existieren, dafür aber der Mikrofinanzmarkt eine wichtige Rolle spielt.

Bereits bei der Erstellung des Fragebogens war darauf zu achten, dass der Befragte die notwendige Motivation zum Ausfüllen des Fragebogens spürt. Diese kann durch ein ansprechendes, übersichtliches Erscheinungsbild, ein persönliches Anschreiben mit Erklärung des Nutzens der Befragung sowie die notwenige Klarheit und Kürze erreicht werden. Dadurch sieht sich der Befragte von vornherein in der Lage, die Fragen in einer angemessenen Zeit zu beantworten (vgl. Hollenberg 2016, 1.1). Darüber hinaus ist auf Validität, Objektivität, Wirt-schaftlichkeit und Zumutbarkeit für den Antwortenden zu achten (vgl. Hollenberg 2016, 2.2).

Im Vorfeld war außerdem zu klären, ob die Fragebögen in elektronischer Form oder alternativ in Papierform erstellt werden. Eine Testversion für Deutschland wurde zunächst mit einer Webanwendung am Lehrstuhl der TU München erstellt. Vorteile dieser Variante liegen darin, dass eine große Zahl von Teilnehmern erreicht werden kann und diese zudem selbst entscheiden können, ob, wann und wo sie den Fragenbogen ausfüllen. Darüber hinaus sind alle Angaben sofort rechentechnisch verfügbar, eine zeitaufwändige (und möglicherweise fehlerbehaftete) Codierung ist nicht erforderlich (vgl. Welker und Matzat 2009, S. 38–39).

Es zeigten sich jedoch auch die Nachteile der elektronischen Befragung: Die Anonymität des Internets verleitet dazu, das Ausfüllen zu verschieben und schließlich ganz aus den Augen zu verlieren: So lag die Rücklaufquote nach 14 Tagen unter 50%, was möglicherweise auch an der zunehmenden Werbeaffinität dieses Kanals liegt. Zudem wiesen die Antworten eine nicht zu vernachlässigende Zahl an „Abbrechern“ auf, so dass nicht alle gespeicherten Fragebögen verwendet werden konnten.

In der Literatur finden sich weitere Beispiele zu Onlinestudien, die aufzeigen, dass diese Ergebnisse durchaus im üblichen Bereich liegen. Kahnwald und Köhler sprechen z.B. in ihrer Online-Studie zu Arbeitssicherheit von einer Rücklaufquote von 37,7% sowie einer ebenfalls signifikanten Anzahl an Abbrechern (vgl. Kahnwald und Köhler 2009, S. 296)

Diese Nachteile hätten durch kürzere Fragebögen sowie die Einbeziehung einer größeren Stichprobe ausgeglichen werden können. Durch die beabsichtigte Einbindung des Mikrofinanzsektors sollten jedoch auch Teilnehmer ohne permanenten Onlinezugang erreicht werden können, so dass im Ergebnis die Papierform für alle Teilnehmer bevorzugt wurde.

Um eine optimale Vergleichbarkeit der Ergebnisse der Studie zu gewährleisten, wurden als Teilnehmer jeweils 50 Studierende der Wirtschaftswissenschaften (Bachelor- oder Master-niveau) zwischen 20 und 35 Jahren in den zu untersuchenden Ländern ausgewählt. Die persönliche Anwesenheit des Forschers und das Interesser der Befragten am Thema führten darüber hinaus zu einer hohen Teilnahmequote von nahe 100%.

Der Umfang der Befragung wurde aus den o.a. Gründen der Übersichtlichkeit auf eine A4-Seite (Vorder- und Rückseite) beschränkt. Zudem wurde ein Anschreiben in der jeweiligen Landessprache mit übergeben, um Hintergrund und Nutzen der Befragung zu erläutern sowie die Anonymität nochmals darzustellen. Nachfolgend werden die einzelnen Fragen kurz be-schrieben.

Die Einstiegsfrage lautet „Wer ist Ihrer Meinung nach verantwortlich für Nachhaltigkeit in deutschen/ghanaischen/chinesischen/argentinischen Kreditinstituten?“ und soll zunächst die Verantwortlichkeiten für Nachhaltigkeit klären. Als mögliche Antworten sind

der Staat

die Zentralbank

die Kreditinstitute selbst die Kunden oder

jedermann

vorgegeben. Gleichzeitig wird darauf verwiesen, dass mehrere Antworten möglich sind. Die Frage wurde insbesondere auch deshalb aufgenommen, weil bislang gerade in Entwicklungsländern häufig „der Staat“ oder „die Regierung“ von den Bürgern für Veränderung und Entwicklung verantwortlich gemacht wird.

Unter Frage 2 wird gefragt: „Wie wichtig schätzen Sie das soziale und ökologische Engagement von Kreditinstituten im Verhältnis zu deren Profitabilität ein? Hier geht es darum, herauszufinden, wieviel Nachhaltigkeit und/oder Profitabilität die Kunden von ihren Kreditinstituten erwarten. Als Antwortmöglichkeiten sind vorgegeben

Soziale Fragen und Ökologie sind wichtiger als Profit

Soziale Fragen und Ökologie sind genauso wichtig wie Profit Soziale Fragen und Ökologie sind von untergeordneter Bedeutung Soziale Fragen und Ökologie sind überhaupt nicht wichtig

In Frage 3 soll herausgefunden werden, welche Aspekte des Nachhaltigkeitsengagements für den jeweiligen Teilnehmer an der Studie bedeutsam sind (und damit, ob der Teilnehmer Wert auf eine Integration von Nachhaltigkeit in das Kerngeschäft legt): „Wie bedeutend sind die folgenden Aspekte des sozialen und/oder ökologischen Engagements von Kreditinstituten für Sie als Kunden?“ Hier kann in einer Tabelle gewählt werden, ob die Aspekte

A) Unterstützung von Kultur und Sport

B) Effiziente Nutzung von Energie und anderen Ressourcen C) Verantwortungsvolle und ehrliche Werbung

D) Konservative Kreditvergabe zum Schutz von Einlagen und Krediten E) Nachhaltige Investments der Bank (z.B. keine Waffenindustrie) F) Finanzielle Bildung (Unterstützung von Schulen etc.)

jeweils „sehr wichtig“, „wichtig“, teilweise wichtig“, „weniger wichtig“ oder „unwichtig“ sind.

Frage 4 zielt auf das Nachhaltigkeitsengagement der einzelnen Institutsgruppen ab: „Wie nehmen Sie als Kunde die Nachhaltigkeitsbemühungen der einzelnen Bankengruppen wahr?“

Als Kategorien sind wiederum die o.a. Punkte A-F vorgegeben; für die Antwort kann der Teilnehmer zwischen „3 = geringe Bemühungen“, „2 = angemessene Bemühungen“, „1 = sehr ernsthafte Bemühungen“ und „0 = ich weiß nicht“ wählen.

Die Fragen 5 und 6 widmen sich der bewussten Entscheidung des Kunden für seine Bank. In Frage 5 wird zunächst gefragt: „Bitte erinnern Sie sich an Ihre Entscheidung für Ihre derzeitige Bank. Welche Gründe haben Sie beeinflusst, diese zu wählen?“ Mit dem Verweis, dass mehr als eine Antwort möglich ist, kann sich der Teilnehmer wie folgt entscheiden:

Sicherheit der Einlagen soziale / ökologische Aspekte sonstiges:………..

Frage 6 fragt hypothetisch nach einem Bankwechsel: „Wenn Sie erneut eine Bank wählen müssten: Welche Gründe würden Sie heute in Ihrer Auswahl beeinflussen?“ Nach dem erneuten Verweis, dass mehr als eine Antwort möglich ist, werden dieselben Alternativen wie bei Frage 5 nochmals vorgegeben. Hintergrund dieser Frage ist, ob heute ein verändertes Konsumentenverhalten ggü. der seinerzeitigen Institutswahl vorliegt.

In Frage 7 wird die Einschätzung der Kunden auf das Nachhaltigkeits-Entwicklungspotential der Banken abgefragt: „Wo ist der größte Nachholbedarf von ghanaischen/chinesischen/

argentinischen/deutschen Banken in Bezug auf Nachhaltigkeit?“ Auch hier ist mehr als eine Antwort möglich, es werden die Kategorien aus Frage 3 (A-F) nochmals zur Auswahl gestellt.

Abschließend wird in Frage 8 nach der Bedeutung von Spareinlagen für die Nachhaltigkeit der eigenen Finanzen sowie der finanziellen Situation von Kreditinstituten gefragt. Hintergrund der Frage ist die Ausprägung eines generellen Verständnisses für die Finanzstabilität, die im Privatbereich genauso wie im Geschäftsleben Eigenkapital voraussetzt.

Bei Banken sind Spareinlagen zwar nicht zwingend erforderlich, da sich Banken Geld auch am Kapitalmarkt borgen können, aber auch hier sichert der Zugang zu Spareinlagen eine einfache und kostengünstige Refinanzierung sowie zusätzliche Erträge aus der Fristentransformation häufig kurzfristiger Spareinlagen zu oftmals längerfristigen Kreditkonditionen (siehe Kapitel 3.3).

Die Befragten haben bei dieser Frage die Möglichkeit, getrennt nach eigener finanzieller Situation und der eines Kreditinstituts mit „Sehr wichtig“, „Wichtig“, „teilweise wichtig“, „weniger wichtig“ und „unwichtig“ zu antworten.

Zum Abschluss des Fragebogens werden noch Alter, Geschlecht, Haushaltsgröße und höchster Bildungsabschluss der Befragten ermittelt – Angaben zu Name und Anschrift wurden zur Anonymisierung bewusst weggelassen. Der Befragte hat jedoch die Möglichkeit, sich durch Angabe seiner E-Mail-Adresse über die Gesamtergebnisse der Studie informieren zu lassen.

Nachdem pro Land 50 Fragebögen erhoben wurden, kommen in Kapitel 5.2.2 insgesamt 200 Bögen zur Auswertung.

4.3.2 Qualitative Experteninterviews mit Kreditinstituten und Zentralbanken

Neben dem Fragebogen für Konsumenten wurde ein Interviewleitfaden für Experteninterviews bei den befragten Kreditinstituten und Zentralbanken entwickelt. Die Form des Interviews bietet dem Forscher eine gute Möglichkeit, die Wirklichkeitsdimension des Befragten zu erfassen (vgl.

Lamnek und Krell 2016, S. 348).

Qualitative Interviews werden als „ein persönliches Gespräch, dass durch seine situative Anpassungsfähigkeit, die Verwendung offener Fragen, einen neutralen bis weichen Interviewstil, eine vermittelnde/ermittelnde Intention und durch geringe Standardisierung ge-kennzeichnet ist“ beschrieben (Lamnek und Krell 2016, S. 331).

Es ist hilfreich, einen strukturierten Leitfaden für die Interviews vorzubereiten, da sich insbesondere am Anfang eines derartigen Gespräches oftmals die Situation ergibt, dass der Befragte „um die erste Frage bittet“. Hier eröffnet sich für den Forscher die Chance, bei aller gebotenen „Zurückhaltung, Offenheit und Flexibilität“ (Lamnek und Krell 2016, S. 351) durch eine offene und für das Thema und den Gesprächspartner bedeutsame Frage eine vertrauensvolle und interessierte Atmosphäre zu schaffen.

Auch im weiteren Verlauf ist es hilfreich, das Gespräch mit einer wohl überlegten Frage fortzusetzen oder „zurückzuholen“, um das Interview nicht abreißen zu lassen und den „Roten Faden“ nicht zu verlieren. Der Fragenkatalog für Banken kann Band 2 Anhang 2 entnommen werden.

In Anlehnung an den Fragebogen für Kreditinstitute wurde ebenso ein Leitfaden für Zentralbanken entwickelt, der in Band 2 Anhang 3 enthalten ist.

Zum Abschluss des Gespräches wird oft die Frage gestellt: „Können wir noch etwas für Sie tun?“ Man könnte diese Frage als Höflichkeitsfloskel abhaken, oder aber von vornherein planen, hierauf mit dem Wunsch nach Studien über den Bankensektor des Landes oder der Empfehlung an einen Geschäftspartner zu reagieren. Es hat sich regelmäßig gezeigt, dass hierdurch wichtige Zusatzinformationen generiert werden konnten.

„Experteninterviews sind definiert über die spezielle Auswahl und den Status der Befragten“

(Helfferich 2014, S. 559). Die Auswahl der Interviewpartner erfolgte nachfelagert zur Auswahl der Länder (siehe Kapitel 4.2).

In jedes Land wurde eine ca. 2-wöchige Forschungsreise unternommen, wobei der Finanz-sektor Ghanas dem Autor aufgrund einer 2-jährigen Entwicklungshilfetätigkeit vor Ort bereits

bekannt war. Die Kontaktaufnahme zu den Interviewpartnern in China und Argentinien wurde durch die Korrespondenzbüros der TU München vorbereitet und umfassend unterstützt.

Ziel war es, jeweils die gesamte Bandbreite des Bankensektors (genossenschaftliche Banken, Privatbanken und den öffentlichen Sektor/Sparkassen) sowie die nationale Zentralbank in die Untersuchungen einzubeziehen. Als Gesprächspartner wurden gezielt die Nachhaltigkeits-beauftragten der jeweiligen Institute angesprochen, wobei diese Funktion teilweise auch durch die Strategieabteilung wahrgenommen wird.

Es erwies sich als großer Vorteil, die Interviews persönlich durchzuführen, da auf diesem Weg nicht nur die „Tonspur“ übertragen wird, sondern alle Sinne zum Gesamteindruck beitragen.

Zudem kann bei persönlichen Gesprächen eher ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden, was dazu führte, dass sich die Gesprächspartner mehr öffneten. Vereinzelte Interviews (insbesondere in Deutschland) wurden dennoch telefonisch durchgeführt.

Eine nicht zu vernachlässigende Anzahl von Interviewpartnern bat darum, auf eine Veröffent-lichung ihres Namens (und teilweise auch der Bank) zu verzichten. Dies betrifft insbesondere die Institute, die in Ihren Nachhaltigkeitsbemühungen noch nicht sehr weit fortgeschritten sind, aber auch Zentralbanken sowie Gesprächspartner in China, bei denen Informationen häufiger vertraulich zu behandeln sind, als in westlich geprägten Ländern.

Zu Gunsten eines fundierten und ehrlichen Interviewergebnisses auf Basis umfassender Informationen wurde auf eine Tonaufzeichnung sowie schriftliche Bestätigung der Interview-inhalte verzichtet. Es erfolgte lediglich eine Anfertigung stichwortartiger Gedächtnisprotokolle.

Diese Protokolle sind in dem mit Sperrvermerk versehenen Band 3 enthalten, der jedoch nicht veröffentlicht werden kann.

4.4 Beschreibung der Datenauswertung