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Definition von Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung in Unternehmen (CSR)

2 Soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit

2.1 Definition von Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung in Unternehmen (CSR)

Nachhaltigkeit kann als Gegenbegriff zu „Kollaps“ bezeichnet werden (vgl. Heinrichs &

Michelsen 2014, S. 4). „Er bezeichnet, was standhält, was tragfähig ist, was auf Dauer angelegt ist, was widerstandsfähig ist. Das heißt: Etwas Nachhaltiges ist gegen den ökologischen, ökonomischen und sozialen Zusammenbruch gefeit. […] Nachhaltigkeit ist verortet im menschlichen Grundbedürfnis nach Sicherheit.“ (ebd.)

Ekardt (2014) definiert Nachhaltigkeit wie folgt: „Nachhaltigkeit bezeichnet […] die politische/ethische/rechtliche Forderung nach mehr intertemporaler und globaler Gerechtigkeit, also nach dauerhaft und globaler Lebens- und Wirtschaftsweisen“ (Ekardt 2014, S. 245).

Der Handlungsspielraum für eine nachhaltige Entwicklung ergibt sich aus der Tragfähigkeit der natürlichen und der gesellschaftlichen Systeme. Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft bewegen sich in diesem System als selbständige, sich gegenseitig beeinflussende Subsysteme, die es im Sinne der zukünftigen Generationen im Gleichgewicht zu halten gilt (vgl. Kopfmüller und Grunwald 2012, S. 57–60)

Man spricht in diesem Zusammenhang auch von den drei Säulen oder Dimensionen der Nachhaltigkeit:

Drei Säulen der Nachhaltigkeit

Soziales Ökonomie Ökologie

Abbildung 2: Die drei Säulen der Nachhaltigkeit

Nachhaltige Entwicklung beinhaltet die gleichwertige Verfolgung von Zielen in allen drei Dimensionen. Der geschickte Umgang mit dabei entstehenden Konflikten ist Bestandteil und Herausforderung dieser Betrachtungsweise (vgl. Kopfmüller und Grunwald 2012, S. 57–60).

2.1.2 Soziale Verantwortung (CSR)

Zu unternehmerischer gesellschaftlicher Verantwortung (Corporate Social Responsibility (CSR), oft auch als unternehmerische soziale Verantwortung bezeichnet) existiert eine Vielzahl von verwendeten Definitionen, der ein breites Spektrum bei der Operationalisierung, Messung und Kommunikation in Organisationen folgt.

Gegenstand der Betrachtungen sind diejenigen Aufgaben und Pflichten von Unternehmen, die über die Produktion von Gütern und Dienstleistungen für Kunden, die Erwirtschaftung von Renditen für die Kapitalgeber, die Befolgung der geltenden Gesetze und die Zahlung von Löhnen und Steuern hinausgehen (vgl. Freeman et al. 2010, S. 60).

Auch die Inhalte von CSR werden verschieden interpretiert: Angefangen von Philanthropie, das aus der Zusammensetzung der griechischen Wörter „Philos“ (Freund) und „Anthropos“

(Mensch) stammt und das heute „jegliche wohltätige Aktivität des Unternehmens“ (Porter und Kramer 2002, S. 58) bezeichnet, über Sponsoring und das gesamte soziale und gesellschaftliche Engagement des Unternehmens, bis hin zur Integration in einzelne Unternehmensbereiche wie z.B. Marketing, gehen die Marktteilnehmer sehr unterschiedlich mit diesem Instrument um.

Obwohl Nachhaltigkeit und auch soziale Verantwortung eine lange Tradition haben (siehe auch Kapitel 2.2) wurde die heutige CSR-Sichtweise im Wesentlichen von der Veröffentlichung des US-amerikanischen Ökonomen Howard R. Bowen aus 1953 „Social Responsibilities of the Businessman“ begründet (vgl. Carroll 2008, S. 25), der einen eher philanthropischen Ansatz prägte. In dessen Folge bezog sich der US-amerikanische Ansatz lange Zeit darauf, „was Unternehmen mit dem erwirtschafteten Gewinn machen und nicht darauf, wie sie den Gewinn erwirtschaften“ (Loew und Rohde 2013, S. 8).

Die darauf aufbauende CSR-Forschung in den USA wurde wesentlich von Archie Carroll und Sandra Waddock geprägt (vgl. ebd.). Im Ergebnis besteht unternehmerische Verantwortung in Amerika aus den vier Bereichen ökonomische, legale, ethische und philanthropische Verantwortung (vgl. Carroll 1991). In den letzten Jahren erstarkten auch in den USA Bestrebungen, CSR auf das Kerngeschäft von Unternehmen zu beziehen. Porter und Kramer prägten dafür den Begriff „strategische CSR“ (vgl. Porter und Kramer 2006). Auch Caroll griff diese Sichtweise auf und schrieb: „CSR is evolving into a core business function, central to the firm’s overall strategy and vital to its success.” (Carroll und Shabana 2011, S. 2)

Seither wird CSR verstärkt als strategisches Managementinstrument gesehen und dessen ökonomischer Nutzen betont. Von Porter und Kramer wurde 2011 der Begriff „Shared Value“

geprägt (vgl. Porter und Kramer 2011, S. 66), dessen Ansatz unternehmerische Ziele und gesellschaftliche Belange miteinander verbindet und damit versucht, gemeinsame Werte für Unternehmen und Gesellschaft zu schaffen. „Diese für die USA neueren Überlegungen unterscheiden sich jedoch nicht grundsätzlich von dem, was von der EU, der Bundesregierung oder in der ISO 26000 unter CSR verstanden wird.“ (Loew und Rohde 2013, S. 8)

Eine Systematisierung der heutigen internationalen Sichtweise in vier unterschiedliche Perspektiven zu CSR wurde 2004 von Garriga und Melé vorgenommen:

Ethikbasierter Ansatz

Politischer Ansatz

Instrumenteller Ansatz

Sozial-integrativer Ansatz

CSR

Abbildung 3: Vier verschiedene CSR-Ansätze (Garriga und Melé 2004, S. 51–71)

Es wird deutlich, wie komplex und verschieden praktische, aber auch wissenschaftliche Ansätze zu CSR sind. Im Rahmen dieser Arbeit werden insbesondere unter Punkt 2.2.2 ethikbasierte Ansätze näher vorgestellt.

Der politische Ansatz leitet aufgrund des Einflusses und der Macht von Unternehmen deren gesellschaftliche Verantwortung als „Corporate Citizen“ ab. Interessant erscheint in dem Zusammenhang die Feststellung von Matten und Crane, dass die Macht bei manchen Großunternehmen stärker ausgeprägt ist als bei kleineren Nationalstaaten (vgl. Matten und Crane 2005, S. 168). Durch CSR-Aktivitäten erhalten Unternehmen ihre „License to Operate“

(Legitimationstheorie - vgl. Donaldson und Dunfee 2000, S. 436–443).

Beim instrumentellen Ansatz wird CSR als „Instrument“ zur Ausweitung der Geschäftsaktivitäten verstanden – prominente Beispiele hierfür sind:

• das Bottom-of-the-Pyramid-Konzept (vgl. Prahalad und Hammond 2002, S. 48–58)

• Business Cases for Sustainability (siehe Kapitel 3.1)

• das Shared-Value-Konzept (vgl. Porter und Kramer 2011, S. 66)

Der sozial-integrative Ansatz sieht schließlich das Unternehmen als Bestandteil seines Umfeldes: "business depends on society for its continuity and growth and even for the existence of business itself" (Garriga und Melé 2004, S. 52). Bekannter Vertreter hierfür ist die Stakeholder-Theorie von Edward Freeman (vgl. Freeman et al. 2010, S. 19–29).

Die deutsche Sicht auf CSR und Nachhaltigkeit hat im Auftrag der Bundesregierung 2004 eine Studie von Loew et al. zusammengefasst:

Nachhaltigkeits-management CSR

Corporate Citizenship

Beitrag des Unternehmens Nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft

Ebene des Unter-nehmens Volkswirt-schaftliche Ebene

Abbildung 4: Die Beziehungen zwischen CSR, CC, unternehmerischer Nachhaltigkeit und einer nachhaltigen Entwicklung (Loew et al. 2004, S. 12)

Nachhaltigkeitsmanagement umfasst somit das ganzheitliche unternehmerische Handeln aus ökologischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Sicht. CSR als Teilbereich hiervon berücksichtigt die gesellschaftliche Komponente inkl. Anti-Korruptions-Maßnahmen sowie aktives Stakeholder-Management mit Kunden, Lieferanten, Politik und anderen Anspruchs-gruppen. Corporate Citizenship (CC) bezeichnet wiederum den wohltätig-gesellschaftlichen Teil innerhalb von CSR (Sponsoring, Corporate Volunteering etc.).

Nachfolgend werden verschiedene CSR-Definitionen beleuchtet:

EU Definition 2001

Die EU definierte im Grünbuch 2001 CSR als „ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Tätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit ihren Stakeholdern zu integrieren“ (KOM 2001, S. 7–8)

Es ging also zunächst darum, dass Unternehmen auf freiwilliger Basis zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen sollten. Dies führt bis heute dazu, dass Vorschläge zu Regulierungen und Gesetzen bzgl. CSR mit genau dieser Begründung von einigen Marktteilnehmern und Politikern abgelehnt werden (vgl. auch Loew und Rohde 2013, S. 6). Interessanterweise werden auch bereits in dieser Definition die Stakeholder und deren Wechselbeziehungen in das Konzept CSR einbezogen.

Definition ISO 26000

Die ISO 26000 wurde in den Jahren 2004 bis 2010 entwickelt. Statt CSR wurde in der Norm der Begriff „SR“ („Social Responsibility“) verwendet. Auch damit erweitert die ISO-Norm die

Adressaten von Unternehmen auf alle Organisationen (also auch Regierungen, NGOs und Verwaltungen).

Social Responsibility (SR) is the responsibility of an organization for the impacts of its decisions and activities on society and the environment, through transparent and ethical behaviour that

• contributes to sustainable development, including health and the welfare of society,

• takes into account the expectations of stakeholders,

• is in compliance with applicable law and consistent with international norms of behaviour and

• is integrated throughout the organization and practised in its relationships.

Note 1: Activities include products, services and processes.

Note 2: Relationships refer to an organization’s activities within its sphere of influence".

(ISO 2010, S. 3/4)

Somit stellt die ISO-Definition nicht mehr nur auf freiwilliges Verhalten ab, sondern vielmehr auf die Verantwortung einer Organisation für die Auswirkungen ihres Wirkens, die in die gesamte Organisation und damit insbesondere auch in das Kerngeschäft integriert ist.

EU Definition 2011

Den internationalen Entwicklungen folgend, legte die Europäische Kommission 2011 eine neue Definition vor:

CSR ist „die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft. […]

Damit die Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung in vollem Umfang gerecht werden, sollen sie auf ein Verfahren zurückgreifen können, mit dem soziale, ökologische, ethische, Menschenrechts- und Verbraucherbelange in enger Zusammenarbeit mit den Stakeholdern in die Betriebsführung und ihre Kernstrategien integriert werden.“ (KOM 2011, 681, 7)

Diese enthält keine grundlegenden Neuerungen, konkretisiert aber die ISO-Definition nochmals bezüglich der Einbeziehung des Kerngeschäftes. Auch werden Menschenrechts- und Verbraucheraspekte bewusst ergänzt, um den CSR-Fokus im Sinne von „Verantwortung für die Auswirkungen auf die Gesellschaft“ breiter zu fassen.

Nachdem sowohl die ISO-Definition als auch die EU-Definition aus 2011 die heute allgemein gültige Sichtweise auf CSR am umfassendsten wiedergeben, beziehen sich die weiteren Ausführungen auf diese beiden Definitionen.

2.2 Historische Entwicklung von Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung