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2 Literaturübersicht

2.2 Knochenneubildung und Knochenreaktionen auf externe Reize

Die Knochenneubildung (Ossifikation) kommt beim Wachstum, Knochenbrüchen sowie pathologischen Zuständen vor. Man unterscheidet zwei Typen, die desmale (aus

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Bindegewebe) und die chondrale (aus Knorpelgewebe) Ossifikation. Die desmale Ossifikation erfolgt auf direktem Wege und lässt durch Differenzierung von Fibroblasten und Mesenchymzellen jugendlichen Geflechtknochen entstehen. Bei der chondralen Ossifikation (Ersatzknochenbildung) erfolgt die Differenzierung der Osteoblasten über Chondroblasten, d.h. über knorpelige Vorstufen. Bei der chondralen Knochenbildung gibt es zum einen die Verknöcherung von innen her (enchondrale Ossifikation). Dabei wachsen Blutgefäße in das Knorpelgewebe ein, in deren Begleitung sich Mesenchymzellen befinden. Diese differenzieren sich zu knorpelabbauenden Zellen, Chondroklasten, und knochenaufbauenden Zellen, Osteoblasten. Im Bereich der Epiphysenfugen kommt es durch den ständigen Auf- und Abbau zu einem Längenwachstum. Im Inneren des Knochens entsteht die Markhöhle, welches das spätere Knochenmark enthält. Die zweite Form der chondrale Ossifikation ist die Verknöcherung von außen (perichondrale Ossifikation). Dabei sondern sich von der Knorpelhaut, dem Perichondrium, Osteoblasten ab, welche sich ringförmig um das Knorpelmodell anlagern und eine Knochenmanschette entstehen lassen. Die perichondrale Ossifikation findet an der Diaphyse der langen Röhrenknochen statt und dient dem Dickenwachstum des Knochens (FREWEIN 2004; JUNQUEIRA u. CARNEIRO 2004).

Histologisch unterscheidet man zwischen Geflecht- und Lamellenknochen.

Geflechtknochen tritt während der Knochenentwicklung und bei der Frakturheilung, aber auch während anderer schneller Knochenbildungsprozesse, wie dies bei metabolischen Erkrankungen oder Tumoren der Fall ist, auf. Er entsteht sowohl durch die desmale als auch die chondrale Ossifikation. Geflechtknochen ist durch seine relative Unstrukturiertheit gekennzeichnet, die aus der netzartigen Anordnung der Kollagenfasern resultiert. Er besitzt eine große Wachstumspotenz, jedoch eine geringe mechanische Festigkeit (AN 2003; FREWEIN 2004; JUNQUEIRA u. CARNEIRO 2004). Durch mechanische Beanspruchung kommt es durch Osteoklasten und Osteoblasten im Geflechtknochen zu einem Umbau in den stabileren, bleibenden Lamellenknochen. Dieser weist aufgrund paralleler Anordnung der Kollagenfasern ein großes Maß an Strukturiertheit und dadurch einen gerichteten Verlauf auf (FREWEIN 2004; JUNQUEIRA u. CARNEIRO 2004).

Trotz seiner festen Struktur und Härte ist der ausgewachsene Knochen ein sehr aktives Gewebe, das lebenslang einem ständigen Umbau (bone remodeling) unterliegt. Dadurch

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kann er sich wechselnden Belastungen oder Veränderungen durch Traumata und externe Reize anpassen, fast ohne seine Quantität, Geometrie oder Größe dabei zu ändern (FROST 1969; JUNQUEIRA u. CARNEIRO 2004). Beim Knochenumbau laufen der Knochenauf- und -abbau koordiniert ab. Osteoblasten und Osteoklasten nehmen in diesem Prozess die Hauptrolle ein. Die Funktionen des Remodelings umfassen im Wesentlichen den Abbau von ungenutzter Knochensubstanz, die Reparatur von Mikroschäden/-frakturen, den Ersatz des Frakturkallus mit lamellärem Knochen und beim wachsenden Knochen im Bereich der Wachstumsfugen den Ersatz der primären Spongiosa durch lamelläre, sekundäre Spongiosa. Außerdem kann der Organismus durch das Remodeling einen Einfluss auf die Kalzium-Homöostase ausüben. Versagt diese Funktion, so kann es zu Osteopetrose, Spontanfrakturen und mangelhafter Knochenheilung kommen. Das Remodeling ist ein Phänomen, welches an vier möglichen Oberflächen bzw. Bereichen stattfindet: periostal, intrakortikal, endostal und auf trabekulären Oberflächen (SUMNER-SMITH u. FACKELMAN 2002).

FROST (1969) hat basierend auf seinen umfangreichen Untersuchungen ein generelles

„histiophysiologisches Konzept“ über die Knochenumbauvorgänge/Remodeling aufgestellt.

Dieses BMU-Konzept (BMU = Basic Multicellular Unit) beschreibt das Zusammenspiel von mehreren Zellen, welche das knöcherne Remodeling als Abfolge von Ereignissen bewirken. In der ersten Phase, der Aktivierung, werden Osteoklasten und ihre Vorläufer an den Ort des Remodelings geleitet. Dort beginnt die Resorption des Knochens durch Osteoklasten. Vorrangig an der endostalen Oberfläche erodieren die Osteoklasten im rechten Winkel zur Knochenlängsachse Tunnel. Dadurch werden Wachstumsfaktoren aus der abgebauten Matrix freigesetzt, die bewirken, dass Osteoblasten bzw. deren Vorläuferzellen in das Gebiet einwandern und zügig wieder Schichten lamellären Knochens bilden (Phase der Formation und Mineralisation). Schließlich werden die Osteoblasten in die Matrix eingeschlossen und zu Osteozyten umgewandelt. Schicht für Schicht wird so der bestehende Knochen durch neuen ersetzt (FROST 1969). Das BMU-Konzept ist prinzipiell nur auf kompakten Knochen anwendbar (SCHENK 1978).

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2.2.1 Knöchernes Einwachsen metallischer Implantate

Im Zusammenhang mit der Reaktion von Knochen auf externe Reize wird das knöcherne Einwachsen von metallischen durablen (dauerhaften) Implantaten genannt (ROENNINGENet al.1983; BASCHLEBEN 2002). Dieser Vorgang wird als „bony ingroth“

bezeichnet und ist mit der physiologischen Frakturheilung vergleichbar (ROENNINGENet al.1983). Die periimplantäre Knochenneubildung kann sowohl in Form der desmalen als auch der chondralen Ossifikation ablaufen. Die Vorgänge zwischen Implantat und Knochen lassen sich in drei, einander überschneidende Phasen einteilen (WILLERT et al.

1996). In der Initialphase werden die periimplantären Hohlräume mit einem Hämatom ausgefüllt, welches nach wenigen Tagen durch als osteogenes Mesenchym reagierendes Bindegewebe ersetzt wird (GALANTE et al. 1987). Entsprechend der örtlichen Belastungsverhältnisse erfolgt anschließend die Differenzierung in Knochen oder Bindegewebe (KROMPECHER 1974). In der Reparationsphase kommt es zur Bildung eines knöchernen Trabekelnetzwerkes, über welches der Knochen und die Implantatoberfläche miteinander verbunden sind. Aus dieser Vorstufe entsteht Geflechtknochen. Der Vorgang wird als appositionelle Knochenneubildung bzw. primäre Ossifikation bezeichnet (EITEL 1987). Nach SCHENK (1978) ist die primäre Ossifikation eine echte Knochenneubildung in bisher nicht von Knochengewebe eingenommenen Räumen. In der dritten Phase, der Stabilisationsphase, entsteht das dauerhafte Implantatbett, das histologisch als lamellärer Knochen erkennbar ist. Nun halten sich wie in jedem anderen Knochen die Umbauvorgänge durch Ab- und Aufbau die Waage (BASCHLEBEN 2002).

2.3 Implantatmaterialien für die Osteosynthese sowie deren Vor- und Nachteile