• Keine Ergebnisse gefunden

2 Literaturübersicht

2.4 Untersuchungsmethoden von Osteosyntheseimplantaten und Implantat-

2.4.1 Untersuchungen zur Biokompatibilität

2.4.1.1 Histologische Untersuchungen

Zur Überprüfung der Biokompatibilität von Implantaten im Hartgewebe werden diese in Tierversuchen in kortikalen oder trabekulären Knochen implantiert (AN 2003). Abhängig vom zukünftigen Einsatzort und der Funktion des Implantats werden verschiedene Lokalisationen (Femurkondyle, Diaphyse langer Röhrenknochen) gewählt. Nach Versuchsende und Probengewinnung dienen die Licht-, die Transmissionselektronen- und die Rasterelektronenmikroskopie dazu, die Knochenreaktionen zu analysieren (AN 2003).

Dabei stellt die histologische Untersuchung in der Lichtmikroskopie die beste Methode dar, die Gewebeantwort auf ein Implantatmaterial zu bestimmen (AN 2003).

Nach der ISO-Richtlinie 10993-6 (INTERNATIONAL ORGANISATION FOR STANDARDIZATION 1994), dem internationalen Standard für die biologische Evaluierung von medizinischen Implantaten, soll die histologische Untersuchung von Gewebe folgende Parameter enthalten: Ausbildung einer Bindegewebskapsel, Auftreten von Entzündungszellen, Degenerationserscheinungen, Anwesenheit von Nekrose sowie Materialpartikel. Die Implantat-Knochen-Verbindung ist bei Implantation im Knochengewebe von speziellem Interesse. Dabei sollte auf die Knochenkontaktfläche, die Anwesenheit von nicht-kalzifiziertem Gewebe, Knochenresorption, -neubildung und – formation geachtet werden (INTERNATIONAL ORGANISATION FOR STANDARDIZATION 1994). In der histologischen Untersuchung von Knochen und

LITERATURÜBERSICHT

________________________________________________________________________________

Knorpel existieren zwei Haupttypen der Auswertung: die deskriptive Histologie und die Histomorphometrie. Erstgenannte bietet eine generelle Bewertung des interessierenden Gewebes, welche die Morphologie, die Struktur, Anordnung der Zellen, Struktur des Implantats und das Implantat-Gewebe-Interface beinhaltet. Dabei werden häufig Scoringsysteme zur semiquantitativen Auswertung genutzt (AN 2003).

Histomorphometrische Analysen können sowohl anhand von 2D-Bildern (histologische Schnitte, Mikroradiographie-Bilder), als auch anhand von 3D-Daten mit Hilfe der quantitativen Computertomographie erstellt werden (AN 2003). Dabei dient die 2D-Histomorphometrie der Quantifizierung von a) Längenparametern b) Distanzen zwischen zwei Punkten c) Flächen und d) Anzahl bestimmter Komponenten. Zur Vereinheitlichung der Begriffe in der Histomorphometrie existiert von PARFITT (1988) ein Bericht zur Standardisierung der Nomenklatur, Symbole und Einheiten. Die gebräuchlichsten Begriffe im Bereich Implantat-Knochen-Interface sind BV (bone volume), Tb.Th (trabecular thickness), Tb.N (trabecular number) und Tb.Sp (trabecular separation). Diese beschreiben die Parameter Knochenapposition und Knochenzuwachs (AN 2003). Da die Erfassung der Histomorphometrie-Parameter sehr aufwändig ist, wurden zur Vereinfachung in den letzten Jahren Mikroskophersteller-spezifische Computerprogramme entwickelt (HUFFER et al. 1994, MARTIN et al. 2002).

Bei der Herstellung histologischer Knochenpräparate unterscheidet man zwischen entkalktem und nicht-entkalktem Knochengewebe. Da in entkalkten Proben durch Entfernung des Minerals die Bewertung der Mikroanatomie und der dynamischen Vorgänge im Knochen nur sehr eingeschränkt möglich ist, wurden zahlreiche Techniken entwickelt, welche eine Bearbeitung des nicht-entkalkten Gewebes zulassen. Zu diesen Methoden gehört unter anderem die Trenndünnschlifftechnik nach Donath (1987). Diese bietet sich besonders zur Herstellung dünner Schliffe unter 10 µm von nicht schneidbaren Geweben (Knochen mit Keramik- oder Metallimplantaten, Zähne und Zahnimplantate) an.

Die Methode wurde 1982 von DONATH u. BREUNER entwickelt und seitdem routinemäßig für die Bearbeitung von nicht in Paraffin eingebetteten Geweben in der täglichen histologischen Diagnostik eingesetzt. Zur Probenaufbereitung für die Trenndünnschlifftechnik nach Donath wird in der Literatur die Fixierung der Proben in

LITERATURÜBERSICHT

________________________________________________________________________________

gepuffertem Formalin angegeben. Die anschließende Dehydrierung erfolgt in einer aufsteigenden Alkoholreihe. Die Infiltration wird mit dem lichthärtenden Kunstharz Technovit 7200 oder alternativ Technovit 9100 durchgeführt. Zur Bearbeitung Titanimplantat-tragender Knochen ist Technovit 7200 das Einbettmedium der Wahl. Als Färbemethode für die tägliche histologische Diagnostik in der Trenndünnschlifftechnik wird Toluidinblau zur Oberflächenfärbung als einfache und schnell durchzuführende Methode angegeben. Auch andere Färbungen wie z.B. Hämatoxilin-Eosin (H&E) und Masson Goldner sind möglich (ROMEIS 1989). Die Toluidinblau-Färbung ergibt durch ihre Metachromasie gute Färbeergebnisse sowohl für Hart- als auch Weichgewebe und lässt eine gute Beurteilung des Knochenremodelings zu. Die Gewebe werden in unterschiedlichen Blautönen angefärbt (ROMEIS 1989). Als basischer Farbstoff färbt es basophile Gewebekomponenten wie Nukleinsäuren, Glykane und saure Glykoproteine (DONATH 1987; AN 2003).

Für die histologische Analyse von Implantat-Knochenverbunden wird in der Literatur eine Reihe von Techniken genannt. Dazu gehört erstens die subjektive Lichtmikroskopie zur Beschreibung der Implantatposition, der Knochenstruktur um das Implantat herum, der Gewebeantwort, welche durch Entzündungszellen, Makrophagen, Fremdkörperriesenzellen und nekrotisches Gewebe charakterisiert ist, und der

implantat-spezifischen Eigenschaften (Resorption, Implantatfraktur, etc.). Zweitens wird die Mikroradiographie als Möglichkeit der Darstellung von Reparationsprozessen und des Remodelings angegeben. Drittens sind histomorphometrische Analysen unerlässlich. Mit diesen können Informationen zum Degradationsverhalten des Implantats, über Reaktionen und Struktur des umliegenden Gewebes und über das Implantat-Knochen-Interface erlangt werden. Quantitative bzw. semiquantitative Punktesysteme werden als wichtige Basis für die histomorphometrische Analyse genannt (AN 2003).

Als vierte histologische Methode zur Beurteilung von Implantat-Knochenverbunden wird intravitale Fluoreszenzmarkierung aufgeführt (AN 2003). Denn bei der Untersuchung von Biomaterialien, die einen Einfluss auf die Knochenneubildung erwarten lassen, spielt die Differenzierung und quantitative Beurteilung des neu gebildeten Knochens eine große Rolle (RAHN et al. 1980). Die In-vivo-Markierung mit Fluorochromen erlaubt die nachträgliche Beurteilung der Knochenwachstums-, Umbau- und Heilungsvorgänge unter

LITERATURÜBERSICHT

________________________________________________________________________________

Berücksichtigung des zeitlichen Auftretens (RAHN 1976; RAHN et al. 1980). Tetrazykline, die als Antibiotika verwendet werden, waren die ersten Fluorochrome für die Hartgewebemarkierung (AN 2003). HARRIS (1960) setzte erstmals verschiedene Fluorochrome (Alizarinrot, Tetrazykline), deren unterschiedliche Fluoreszenzfärbung den Knochenzuwachs in einem definierten Zeitintervall darstellen sollte, ein. Grundlage für die Fluoreszenzmarkierung ist die Eigenschaft von intraossärem, an der Oberfläche von neu gebildeten Hydroxylapatitkristallen befindlichem Kalzium, mit diesen Substanzen irreversibel Chelatkomplexe zu bilden (ROMEIS 1989; AN 2003). Auf diese Weise können sog. Mineralisationsfronten unter den Osteoblastensäumen dargestellt werden (ROMEIS 1989). Als Applikationsformen kommen die intravenöse und subkutane Verabreichung am häufigsten zum Einsatz (RAHN 1976).

FROST (1969) führte als erster die Doppelmarkierung ein, mit deren Hilfe es möglich ist, durch die Abstandsmessung auch quantitative Aussagen über die Knochenneubildung treffen zu können. Der Mindestabstand zwischen den zwei Injektionen für die Doppelmarkierung liegt bei vier Tagen, wobei bei schnellwüchsigen Tieren auch kürzere Abstände möglich sind (RAHN et al. 1980). Durch RAHN (1976) wurde die polychrome Fluoreszenzmarkierung verbreitet, für die er die am meisten für die Hartgewebemarkierung geeigneten Farbstoffe prüfte und ein für Tierversuche weltweit angewandtes Dosierungsschema ausarbeitete. Von diesem Wissenschaftler wurden für eine maximale fünffarbige polychrome Fluoreszenzmarkierung die Folge von Xylenolorange, Calceingrün, Tetrazyklin, Alizarinkomplexon und Calceinblau befürwortet.

Der Abstand zwischen den einzelnen Farbstoffen soll nach HARRIS (1960) vier Wochen betragen. Die Fluoreszenzmarkierung wurde in den letzten Jahren häufig beim Menschen (nur Tetrazykline (AN 2003) und im Tierversuch eingesetzt, um histomorphometrische Untersuchungen durchzuführen (FUKUDA u. IIDA 2000; IWAMOTO et al. 2002;

IWAMOTO et al. 2004; MIKI et al. 2004).