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4 Diskussion

4.1 Diskussion der Ergebnisse

Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen sollte die zentrale Frage beantwortet werden, ob die verwendeten Magnesiumlegierungen sich bezüglich ihrer Biokompatibilität, der mechanischen Eigenschaften und des Degradationsverhaltens grundsätzlich zur Verwendung als resorbierbares Osteosynthesematerial geeignet sind.

LAE442 erwies sich im Vergleich zu MgCa0,8 und WE43 als die beste der drei untersuchten Magnesiumlegierungen.

Biokompatibilität

Hinsichtlich der Biokompatibilität konnte in den klinischen Untersuchungen festgestellt werden, dass die verwendeten Magnesiumlegierungen und die konventionellen Implantate aus Titan und PLA von den Tieren hervorragend ohne Schmerzen oder Lahmheiten vertragen wurden. Dies war für die seit vielen Jahren im Bereich der Osteosynthese eingesetzten konventionellen Materialien Titan und PLA zu erwarten (POHLER 2000;

SCHMIDT et al. 2001; GRIFFET et al. 2002; PIHLAJAMAKI et al. 2006; SINGH u.

DISKUSSION

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DAHOTRE 2007). Auch für Magnesiumimplantate wurden in den bisherigen experimentellen Untersuchungen allgemein gute klinische Verträglichkeiten beschrieben (LAMBOTTE 1932; VERBRUGGE 1934; MCBRIDE 1938; NICOLE 1947; WITTE et al.

2005b; von der HÖH et al. 2006; WITTE et al. 2007b; WITTE et al. 2007c; XU et al. 2007a;

LI et al. 2008). Im Gegensatz zu allen vorangegangenen In-vivo-Untersuchungen mit der Ausnahme von XU et al. (2007a), konnte in der vorliegenden Studie klinisch keine Gasbildung nachgewiesen werden. Sowohl die frühen Arbeiten von LAMBOTTE 1932, VERBRUGGE 1934, MCBRIDE 1938, NICOLE 1947 als auch Untersuchungen von Magnesiumimplantaten im Meerschweinchenfemur (SWITZER 2005) und im Kaninchenfemur (von der HÖH et al. 2006; WITTE et al. 2007b; WITTE et al. 2007c; LI et al. 2008) konnten klinisch und röntgenologisch eine Gasbildung feststellen. Die Studie von XU et al. (2007a) zeigte bei der postmortalen Sektion keine Gasblasen, jedoch konnten die Autoren eine vorübergehende nicht detektierte Gasbildung nicht ausschließen. In den Untersuchungen, bei denen die gleichen Implantatmaterialien wie in der vorliegenden Arbeit verwendet wurden (SWITZER 2005; von der HÖH et al. 2006), bestand der Unterschied im Herstellungsprozess: die in der vorliegenden Arbeit verwendeten Magnesiumlegierungen waren stranggepresst. Der Strangpressprozess dient der Verbesserung der mechanischen- und korrosiven Eigenschaften durch die auftretende dynamische Rekristallisation (LASS 2005). Auch LI et al. (2008) beschrieben die Einflussnahme auf die Gasbildung unter anderem durch den Strangpressprozess. Es besteht weiterhin die Möglichkeit, dass die unterschiedlichen Individuen und Lokalisationen, in denen Magnesiumimplantate bisher experimentell eingesetzt wurden, einen Einfluss auf die detektierbare Gasmenge haben. Anhand der eigenen Untersuchungen konnte dies jedoch nicht geklärt werden.

In der vorliegenden Arbeit zeigte sich bei der radiologischen Auswertung eine als „wolkige Markhöhle“ bezeichnete Besonderheit der Magnesiumlegierungen gegenüber den Vergleichsmaterialien Titan und PLA. Sie trat in Form von periimplantären Aufhellungen auf. Es kann die Vermutung angestellt werden, dass damit dieser Aufhellung eine Gasbildung in der Markhöhle in Zusammenhang stand, denn in den µ-computertomographischen Untersuchungen waren in allen Schnittbildern der Magnesiumlegierungen blasenartige wenig röntgendichte Gebilde in der Markhöhle

DISKUSSION

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zwischen Implantat und Knochen zu erkennen. Diese traten nicht bei den Proben mit Titan- bzw. PLA-Implantaten auf. Da davon auszugehen ist, dass nach der Explantation der Knochen keine umgebende Luft in den Knochen eingedrungen ist, kann angenommen werden, dass das Gas in vivo im Knochen vorhanden und entstanden war. Die Beschreibungen von LI et al. (2008) bestätigen die Annahme, dass es sich bei der radiologisch erkennbaren periimplantären Aufhellung um Gas in der Markhöhle handelt. In der vorliegenden Arbeit konnte ein Zusammenhang der Gasbildung mit der ebenfalls in der Röntgenuntersuchung bewerteten Implantatstruktur festgestellt werden. In den Dreimonatsgruppen war ein ähnliches zeitliches Auftreten und damit eine gute Übereinstimmung zwischen wolkiger Markhöhle und Implantatveränderung zu verzeichnen. In den Sechsmonatsgruppen zeigte sich dieser Zusammenhang ebenfalls bei LAE442 und MgCa0,8. Zu dem Zeitpunkt, an dem die wolkige Markhöhle in den Röntgenaufnahmen sichtbar wurde, waren an den Implantaten auch Degradationserscheinungen zu erkennen. Bei WE43 konnte dieser Zusammenhang nicht eindeutig festgestellt werden, was in der inhomogenen Degradation dieses Werkstoffes seine Begründung haben könnte. Diese Korrelation zwischen Gasbildung und Implantatresorption stellte auch SWITZER (2005) in ihrer Studie fest. SONG (2005) postulierte aus In-vitro-Versuchen, dass 1 ml gebildeter Wasserstoff 1 mg aufgelöstem Magnesium entspricht und damit die Wasserstofffreisetzungsrate die lokale Degradationsrate zuverlässig widerspiegelt.

In der histologischen Untersuchung der vorliegenden Arbeit wurden kleine, sowohl extra- als auch intrazellulär in Makrophagen und Fremdkörperriesenzellen lokalisierte Bläschen nur bei den Tibiae mit Magnesiumlegierungen festgestellt. Dabei handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Gasbläschen. Derartige Erscheinungen wurden bisher in der Literatur über Magnesiumimplantate nicht beschrieben. Die Gasbildung scheint zeitlich zu variieren, da das Auftreten der wolkigen Markhöhle nicht zu jedem radiologischen Untersuchungszeitpunkt bei den einzelnen Gliedmaßen festzustellen war. Die zeitliche Variation spricht dafür, dass der Körper in der Lage ist, das gebildete Gas über phagozytierende Zellen in gewissen Mengen abzutransportieren.

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In der Sechsmonatsgruppe mit MgCa0,8-Implantaten waren ab der 20. Woche an sechs Gliedmaßen von vier Kaninchen geringgradige (geringgradig bis mittelgradig in einem Fall), nicht schmerzhafte Verdickungen der Tibiadiaphyse im Bereich der Implantatlokalisation zu palpieren, welche auch in den radiologischen Kontrollaufnahmen bestätigt werden konnten. Gleiches Phänomen zeigte sich auch schon in früheren Untersuchungen (MCBRIDE 1938; SWITZER 2005). MCBRIDE (1938) schrieb diese deutliche Proliferation des periostalen Gewebes einer Stimulation von Enzymen und Phosphat im Knochen durch Magnesium, Mangan und Kalzium zu und sah darin therapeutische Möglichkeiten bei z.B. Mangelerkrankungen. Er machte keine Angaben über das zeitliche Auftreten dieser Knochenverdickung. Bei SWITZER (2005) zeigten sich klinisch und radiologisch diese Veränderungen schon nach den ersten drei Wochen bis zum Ende der Versuchszeit von 18 Wochen. In der vorliegenden Arbeit waren die knöchernen Zubildungen an der Diaphyse nur bei dem Material MgCa0,8 und erst nach der 20. Woche klinisch festzustellen. SWITZER (2005) stellte eine Vermutung auf, in der sie eine bestimmte, durch Korrosion freigesetzte Menge an Magnesium voraussetzt, die dann zu einer Knochenproliferation führt. Als mögliche Wege sah sie die von WACKER (1980) postulierte Rolle des Magnesiums in der ribosomalen Proteintranslation sowie die von KAESE (2002) in In-vitro-Untersuchungen festgestellte pH-Wert-Erhöhung durch die Degradation, welche ihrerseits zur Osteoblastenstimulation führt. Außerdem besitzen Magnesiumionen nach ZREIQAT et al. (2002) die Eigenschaft über eine Integrin-Förderung die Adhesion von Osteoblasten auf Implantatmaterialien zu erleichtern. Es stellt sich nun die Frage, warum in den eigenen Untersuchungen nur bei MgCa0,8 und zu einem viel späteren Zeitpunkt diese Knochenverdickungen auftraten. Es könnte vermutlich ein Zusammenhang mit der gebildeten Gasmenge und dem Gasdruck, der in den Haversschen Kanälen zu einer forcierten Proliferation des Knochens führte, bestehen (SWITZER 2005). Diese Begründung könnte auch für die eigenen Ergebnisse zutreffen.

Durch das Strangpressen der Magnesiumpins wurden die Degradationsrate und damit auch die Gasbildung gesenkt. MgCa0,8 zeigte in den Gewichtsbestimmungen die stärkste Degradation nach sechs Monaten. Dies könnte erklären, dass nur bei diesem Material zu dem Zeitpunkt Knochenverdickungen auftraten.

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Für die in der radiologischen Untersuchung bestimmten vorübergehenden knöchernen Zubildungen an der Implantationsstelle konnte kein Einfluss des Implantatmaterials festgestellt werden. Der Verlauf und die Ausprägung verhielten sich bei allen fünf Materialien sehr ähnlich. Somit scheint hier der Reiz durch die Bohrung die Ursache für die Knochenveränderungen an der Implantationsstelle zu sein.

Sowohl in der histologischen als auch µ-computertomographischen Untersuchung wurde der Gesamteindruck als allgemeiner Parameter für stattgefundene Knochenveränderungen erfasst. Dieser wies positive Korrelationen zu den Faktoren Knochenkavitäten, endostales sowie periostales Remodeling und Implantatresorption auf.

Daraus ist erkennbar, dass je schneller die Degradation fortschreitet desto stärker fallen die Veränderungen des Knochens aus, die sich allesamt in dem Parameter Gesamteindruck widerspiegeln. In der Histologie zeigten sich in den Dreimonatsgruppen die stärksten Knochenveränderungen in Form eines unruhigen Gesamteindrucks bei MgCa0,8, in den Sechsmonatsgruppen bei WE43. Zu beiden Untersuchungszeitpunkten stellten sich die PLA-Proben als die im Gesamteindruck ruhigsten Knochenpräparate heraus. Innerhalb der Magnesiumlegierungen wiesen die Tibiae mit LAE442-Pins zu beiden Zeitpunkten die der gesunden Tibia und den konventionellen Implantatmaterialien Titan und PLA ähnlichste Struktur auf. Beim Vergleich der Ergebnisse der histologischen und µ-computertomographischen Untersuchungen zum Gesamteindruck ergaben sich etwas abweichende Mittelwerte und damit ein leicht verändertes Verhältnis in der Rangfolge unter den Materialien. Als Grund dafür kann erstens die in der µCT-Auswertung verwendete größere Anzahl an Schnitten pro Probe gesehen werden. Zweitens war in der röntgentomographischen Untersuchung keine Darstellung des Remodelings möglich.

Letzteres führt dazu, dass in vielen Fällen mit starkem kortikalem Umbau der Knochen in den µ-CT-Schnittbildern trotzdem als ruhig strukturiert beurteilt wurde. Daraus ist zu schlussfolgern, dass die histologische Untersuchung ein genaueres Bild der Knochenstruktur geben kann. SWITZER (2005) wertete in ihrer Studie zwar nicht das Aussehen des Knochenquerschnittes aus, jedoch führte sie computertomographische Messungen der Femurdicke durch. Diese Methode kann als eine Möglichkeit angesehen werden, den Einfluss der Legierung auf die knöcherne Struktur festzustellen. Im Ergebnis

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zeigte sie, dass LAE442 zur geringsten Dickenzunahme des Femurs führte. Dadurch konnte auch sie feststellen, dass diese Legierung einen geringen Einfluss auf die Knochenstruktur ausübte. Im Gegensatz dazu beschrieben WITTE et al. (2007b) und WITTE et al. (2007c) die Legierung AZ91, welche trotz ihrer hohen Degradationsgeschwindigkeit keine negativen Effekte auf die Biokompatibilität hatte.

Dabei war eine erhöhte Mineralappositionsrate und ein Anstieg der osteoklastischen Knochenoberfläche zu beobachten, welche in einer erhöhten Knochenmasse und der Tendenz stärker ausgereifter trabekulärer Knochenstruktur im Vergleich zur Kontrollgruppe führte (WITTE et al. 2007b; WITTE et al. 2007c). REIFENRATH (2005) stellte dagegen in ihren Untersuchungen fest, dass es aufgrund zu schneller Degradation der Magnesiumschwämme aus AZ91 zu einer Behinderung der knöchernen und knorpeligen Regeneration im Defektbereich durch die Korrosionsprodukte kam.

Histologisch zeigten sich in ihren Untersuchungen eine signifikant schlechtere knöcherne Unterbauung des Defektbereiches sowie das Fehlen von hyalinem Knorpel.

Als weiterer mit dem Gesamteindruck korrelierender Parameter wurden in der vorliegenden Arbeit die Knochenkavitäten bestimmt. Diese traten in den Schnitten gesunder Tibiae kaum bzw. gar nicht auf, in allen Zeitgruppen der verwendeten Implantatmaterialien wurden Knochenkavitäten festgestellt. Dabei zeigten die konventionellen Materialien Titan und PLA in beiden Zeitgruppen die wenigsten und MgCa0,8 sowie WE43 am häufigsten und stärksten die knöchernen Hohlräume in der Kortikalis. LAE442 wies innerhalb der Magnesiumlegierungen die geringsten Knochenkavitäten auf. Für das prinzipielle Auftreten der Hohlräume im kortikalen Knochen ist eine intramedulläre Nagelung unabhängig vom Material die Ursache (LILLIESTROEM 1969, KAARTINEN et al. 1985; HUSBY et al. 1989). DANCKWARDT-LILLIESTROEM (1969) stellte fest, dass diese Knochenkavitäten bzw. Porositäten im Rahmen eines Wiederaufbauprozesses vorkommen können. PERREN et al. (1988) zeigten in ihren Untersuchungen, dass diese Porositäten nur vorübergehender Natur sind und aus einem internen Knochenremodeling resultieren. Sie wiesen nach, dass die Ursache dafür eine Nekrose durch eine gestörte Blutzirkulation ist (PERREN et al. 1988).

HUSBY et al. (1989) erforschten in einer Studie an Rattenfemura den Einfluss des Bohrens und Nagelns (Polymer- und Stahlnagel) auf kortikale Porositäten. Sie stellten fest,

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dass das Bohren kaum Einfluss auf die Porositäten hatte, aber eine Nagelung mit den beiden Materialien ließ die Porositäten signifikant ansteigen. KAARTINEN et al. (1985) fanden in Versuchen mit Kaninchen zur Erforschung der Nagelung mit und ohne Osteotomie eine porotische Transformation des kortikalen Knochens in beiden Gruppen.

Sie trat zum gleichen Zeitpunkt wie ein periimplantärer Knochenmantel auf. In den Untersuchungen von SWITZER (2005) zu Magnesiumpins im Meerschweinchenfemur wird das Vorkommen von Kavitäten nicht beschrieben, obwohl in den Querschnittsdarstellungen der CT-Aufnahmen ihrer Arbeit solche zu erkennen sind. In allen weiteren bisherigen In-vivo-Untersuchungen mit Magnesiumimplantaten wird ebenfalls nichts über Knochenkavitäten berichtet. In der eigenen Arbeit bestand einerseits ein Unterschied zwischen den Magnesiumlegierungen und den konventionellen Implantatmaterialien. Andererseits zeigte sich innerhalb der Magnesiumlegierungen eine Abhängigkeit der Ausprägung und der Menge der Kavitäten von der Degradationsgeschwindigkeit und damit vermutlich auch von der produzierten Gasmenge der jeweiligen Legierung. In der Literatur wird vermutet, dass als Folge einer solchen Hohlraumbildung die mechanische Festigkeit des Knochens beeinflusst wird (KAARTINEN et al. 1985). Diese Autoren zeigten, dass die intramedulläre Nagelung zu einem leichten Abfall der mechanischen Festigkeit des Knochens führt, obwohl sie gute Bedingungen für die Knochenheilung in der experimentellen Osteotomie bietet. Sie bringen den Abfall der mechanischen Festigkeit mit der beobachteten porotischen Transformation in Zusammenhang. Nach SUMNER-SMITH und FACKELMAN (2002) reduzieren Defekte in der normalen Knochengeometrie, wie z.B. Schraubenlöcher, die Festigkeit des Knochens durch Abbau der Knochenmasse. Dies hat eine Verteilung der inneren Kräfte auf ein kleineres Volumen Knochengewebe zur Folge und beeinflusst die Frakturresistenz des gesamten Knochens (SUMNER-SMITH u. FACKELMAN 2002). Bei einer Kavitätenbildung kommt es ebenfalls zur Veränderung in der Knochengeometrie. Daraus ergibt sich für den Einsatz von Magnesiumlegierungen, dass auf diesen Parameter in zukünftigen Untersuchungen ein besonderes Augenmerk gelegt werden sollte.

In der vorliegenden Arbeit wurde bei der histologischen Untersuchung in allen Materialgruppen periostales Remodeling festgestellt, wobei PLA das geringste und Titan in den Dreimonatsgruppen, sowie Mgca0,8 in den Sechsmonatsgruppen das stärkste

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Remodeling in der periostalen Kortikalis zeigte. Anhand der Fluoreszenzmarkierung wurde als Zeitpunkt des periostalen Remodelings vier Wochen nach der Implantation festgestellt.

In den Präparaten mit starken knöchernen Reaktionen äußerten sich diese Knochenreaktionen strukturell in Form von Geflechtknochen. Nach JUNQUEIRA und CARNEIRO (2004) weist das Periost rechtwinklig zur Kortikalis verlaufende Bälkchen geflechtartigen Knochens auf, wenn andere Veränderungen als Frakturen die knochenbildenden Zellen des Periosts oder Endosts zur Knochenneubildung anregen.

Dieser Geflechtknochen wird in der normalen Knochenentwicklung beim Kaninchen nicht gebildet und kann somit als Kallusformation angesehen werden (DANCKWARDT-LILLIESTROEM 1969). Er besteht nur vorübergehend und wird im Zuge der Anpassung des Knochens an die neuen Gegebenheiten zu einem späteren Zeitpunkt durch lamellären Knochen ersetzt (DANCKWARDT-LILLIESTROEM 1969). Dieser Autor erkannte mit Hilfe der sequenziellen Tetrazyklin-Markierungen, dass schon drei Tage nach einer intramedullären Bohrung und Nagelung im periostalen Bereich teilweise Geflechtknochen entstanden und dessen Ausbildung zum Zeitpunkt von vier Wochen fast abgeschlossen war. Das zeitliche Auftreten des periostalen Remodelings in der eigenen Arbeit entspricht damit seinen Ergebnissen.

Bezüglich der Ursachen für das Auftreten von Knochenreaktionen führte DANCKWARDT-LILLIESTROEM (1969) umfassende Untersuchungen zum Einfluss einer intramedullären Bohrung auf den diaphysären Knochen an Kaninchentibiae und Hundefemura durch. Er zeigte, dass ein chirurgischer Eingriff in die Markhöhle die medulläre und kortikale Durchblutung in verschiedenen Graden stören kann. Wenn sämtliches Mark entfernt wird, ist die Kortex komplett von der periostalen Blutversorgung abhängig. Er beschrieb typische Reaktionen des Periosts, der Kortex und der Markhöhle, zu denen es nach einer Operation in der Markhöhle mit partieller oder totaler Zerstörung des Knochenmarks kommt. Bezüglich der periostalen Reaktionen stellte er fest, dass diese zu verschiedenen Zeitpunkten, auch durch individuelle Unterschiede bedingt, und in verschiedenen Bereichen auftreten können. Bei Störung der endostalen Durchblutung reagiert das Periost mit Anstieg der Blutgefäßfüllung und Gefäßproliferation sowie periostaler und subperiostaler Knochenbildung. Außerdem vermutete er, dass Markfragmente durch Druckanstieg während der Operation durch die Kortex bis zum subperiostalen Bereich

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gequetscht werden, Haverssche Kanäle obliterieren und somit zur Störung der intrakortikalen Durchblutung führen. Zu den kortikalen Reaktionen zählte er die Ausbildung der oben besprochenen Knochenkavitäten. Als hauptsächliche medulläre Reaktion nannte er die intramedulläre Knochenzubildung (siehe unten). In der eigenen Arbeit kommen die von DANCKWARDT-LILLIESTROEM (1969) genannten Ursachen für das periostale Remodeling prinzipiell in Frage. Es stellt sich jedoch die Frage, warum PLA gegenüber den anderen Materialien eine geringere Auswirkung auf den Knochen hatte. Als Begründung wäre anzunehmen, dass metallische Implantate eine stärkere osteoinduktive Potenz besitzen als Polymere, was für Magnesium vielfach (ZREIQAT et al. 2002;

STAIGER et al. 2006; WITTE et al. 2005b; WITTE et al. 2007a; WITTE et al. 2007b; XU et al. 2007a; LI et al. 2008) und für Titan (BRANEMARK et al. 1977) schon beschrieben wurde.

Endostales Remodeling trat in den eigenen Untersuchungen wie das periostale ebenfalls in jeder Materialgruppe auf. In den Dreimonatsgruppen zeigte WE43 die geringste und MgCa0,8 mit Abstand die stärkste Ausprägung. In den Sechsmonatsgruppen wiesen dagegen Titan und PLA den geringsten und WE43 den stärksten endostalen Umbau auf.

Zur Bestimmung der Zeitpunkte des endostalen Remodelings konnten aufgrund des suboptimalen Färbeschemas nur die Dreimonatsgruppen herangezogen werden. Für die Sechsmonatsgruppen wird angenommen, dass auch nach den ersten drei Monaten weiterhin knöcherner Umbau in der inneren Kortikalis stattfand. Das zeitliche Auftreten variierte zwischen den Materialien. Für die MgCa0,8-Proben und eine Tibia mit PLA-Pin wurde der früheste Zeitpunkt des endostalen Remodelings in der ersten Woche nach der Implantation abgeleitet. Bei LAE442, Titan und PLA begann der knöcherne Umbau in dem Bereich erst nach vier Wochen. Für WE43, welches in der Dreimonatsgruppe das geringste endostale Remodeling in der semiquantitativen Auswertung aufwies, fanden diese Vorgänge sogar erst zwei Monate post operationem statt. In den Untersuchungen zur intramedullären Bohrung ohne Implantation von DANCKWARDT-LILLIESTROEM (1969) zeigten die sequenziellen Tetrazyklin-Markierungen, dass bei adulten Tieren nach vier Wochen Resorptionsprozesse die Hauptrolle spielten, nach acht Wochen Resorption und Neubildung in den Resorptionskanälen zu sehen und mit 12 Wochen keine Knochenneubildungsaktivitäten in der Kortex detektierbar waren. In den eigenen

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Untersuchungen wurde nicht zwischen Resorptions- und Neubildungsprozessen in der endostalen Kortikalis unterschieden. Wenn man die Prozesse, wie sie von DANCKWARDT-LILLIESTROEM (1969) beschrieben wurden, in ihrer Gesamtheit als Remodeling betrachtet, stimmen die Zeitpunkte zumindest in den ersten acht Wochen nach der Operation mit denen der eigenen Arbeit überein. Die darüber hinaus andauernden Knochenreaktionen sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darauf zurückzuführen, dass im Vergleich zu DANCKWARDT-LILLIESTROEM (1969) nicht nur eine Bohrung, sondern eine Implantation durchgeführt wurde. Dabei übt das Implantatmaterial fortwährend Reize auf den Knochen auf und lässt ihn remodellieren.

In der vorliegenden Arbeit stellte sich entsprechend der Literatur heraus, dass das endostale dem periostalen Remodeling fast ausnahmslos überwog. Die Ursache dafür ist, dass die Osteoblasten unter dem Endost aktiver als jene unter dem Periost sind (SUMNER-SMITH u. FACKELMAN 2002). Die periostale Apposition wurde bei den Magnesiumlegierungen mit einer Ausnahme nur in den Dreimonatsgruppen festgestellt.

Anhand der Fluoreszenzmarkierung konnten die ersten vier Wochen als Zeitpunkt des Auftretens bestimmt werden. Damit scheint die periostale Apposition eine für die Magnesiumlegierungen typische primäre Reaktion auf das Implantat zu sein, die jedoch später wieder vom Körper kompensiert wird. Es kann spekuliert werden, dass das Periost in den ersten vier Wochen auf beginnende Gasentstehung in der Markhöhle mit dieser Apposition reagiert. Es besteht jedoch die Frage, warum dies so ist und der Knochen aufgrund weiterer Gasbildung nicht weiterhin mit periostaler Apposition reagiert. Die statistische Auswertung zeigte eine negative Korrelation mit der Implantatresorption. Das würde bedeuten, dass bei stärkerer Implantatresorption eine geringere Periostapposition auftritt. Dabei ist zu bedenken, dass die Periostapposition anscheinend hauptsächlich in den ersten vier Wochen auftritt, die Gewichtsbestimmungen, welche für die Implantatresorption steht, jedoch erst nach drei Monaten durchgeführt wurde. Deshalb muss diese Korrelation kritisch betrachtet werden. In der Literatur sind keine Angaben zu periostaler Apposition bei Magnesiumlegierungen oder anderen Implantatmaterialien zu finden.

In der µ-computertomographischen Beurteilung der Knochen, aber auch in den Röntgenverlaufskontrollen und in der histologischen Untersuchung wurden Osteolysen

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bzw. eine Reduktion der endostalen Kortikalis bei den Knochen mit

bzw. eine Reduktion der endostalen Kortikalis bei den Knochen mit