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IV DIE GESCHICHTE DER BIBLIOTHECA BOINEBURGICA NACH DER STIFTUNG VON 1716. EIN AUSBLICK

Als Standort für die Bibliothek, die aufgrund seiner Stiftung „Bibliotheca Boineburgica“1651 heißen sollte und dann den Namen „Bibliotheca Academiae Erffurtensis Boineburgica“1652 führte, bestimmte Boineburg ausdrücklich seinen Regierungssitz, die Statthalterei.1653 Gegen diesen Standort allerdings sprachen sich nach seinem Tod sowohl die Universität als auch die kurmainzische Regierung in Erfurt aus. Stattdessen ließ Kurfürst Lothar Franz die leer

ste-1646 Vgl. ausführlich Margherita Palumbo, Leibniz e lo jus typographiae. Un promemoria del 1716 nella Niedersächsische Landesbibliothek di Hannover. In: Maria Cochetti (Hg.), Mercurius in trivio. Studi di Bibliografia e di Biblioteconomia per Alfredo Serrai. Roma 1993, 109-127 sowie Stein-Karnbach, G. W. Leibniz, Sp. 1377-1382.

1647 Im Dezember 1717 promovierte Bellmont mit der Dissertation De iure puniendi principem in proprio vel altrius territorio delinguentem, vgl. Brodbeck, Philipp Wilhelm, S.151.

1648 Mercure Hollandois de l'an 1672. Amsterdam 1673 (UBE Hn 70); Alexander Raudensis, Decisiones [...] senatus Mediolanensis. Francofurti 1600 (StRBE Jus H 67); Matthias Stephani, Quatuor centuriae iuris quaestionum.

Francofurti 1608 (UBE Jus L 11); Henning Arnisaeus, Opera politica omnia. Tom. 1. Argentorati 1648 (UBE Pol. 4° 19).

1649 LAM Rep. U 14 Tit. XLV A, Nr. 88, f. 1r-7v.

1650 Boineburg an Lothar Franz von Schönborn, Erfurt, 11.2.1717 (LAMW Rep. A 37b I Abt. II Tit. XVI Nr.

39 vol. I, f. 95-96).

1651 Vgl. Fundationsinstrument Boineburgs (LAM Rep. U 14 Tit. XLV A, Nr. 88, f. 1r-7v, hier: f. 5r).

1652 Diese Bezeichnung steht im Exlibris der Universitätsbibliothek, das analog zum Exlibris Boineburgs den mit Kronen verzierten doppelköpfigen Adler über dem Grundwappen Boineburgs zeigt.

1653 Die Bestätigung der Statthalterei als Bibliotheksstandort durch den Kurfürsten vom 22.5.1716 hält Boine-burg im Fundationsinstrument fest (LAM Rep. U 14 Tit. XLV A, Nr. 88, f. 1r-7v, hier: f. 5r).

hende so genannte Juristenschule hinter dem Dom 1723 zur Universitätsbibliothek umbau-en, ohne, wie von der kurmainzischen Regierung in Erfurt vorgeschlagumbau-en, die für den Buch-erwerb bestimmten Zinsen des Boineburgischen Stiftungsfonds zu verwenden.1654 Hätte man tatsächlich auf die – erst anzusparenden – Zinsen zurückgegriffen, wäre der Neubau frühes-tens nach 30 Jahren fertig gestellt gewesen.

Nach erfolgtem Umbau benötigten Bellmont und sein Vizebibliothekar Esaias Cromhard (gest. 1732) fünf Jahre, um die private Büchersammlung von Vater und Sohn Boineburg sowie die bereits vorhandenen Bände der Universitätsbibliothek im neuen Gebäude zusam-menzuführen und zusammenhängend aufzustellen. Boineburg hatte die Büchersammlung seines Vaters zwar aus Mainz holen, aber offenbar nicht aufstellen lassen, so daß sie auch ein halbes Jahr nach seinem Tod 1716 „ohne eintzige Ordnung, drunter und drüber, in der größ-ten Confusion allhier verobsigniret lieget“.1655 Außerdem müssen sich sowohl gebundene und ungebundene Bücher als auch weitere zu stiftende Teilbestände noch außerhalb Erfurts befunden haben, nimmt doch Boineburg in seinem Fundationsinstrument vom 30. Dezember 1716 darauf ausdrücklich Bezug.1656 Es ist deshalb nicht sicher, ob Boineburg gewissermaßen in Vorbereitung der von ihm geplanten Stiftung, den größten Teil der Bücher seines Vaters und seiner eigenen bereits vor seinem Tod mit seinem großen Exlibris versehen ließ oder ob erst Bellmont diese Aufgabe übernahm. Dieses Exlibris wurde nicht nur auf freie Stellen in den Büchern, sondern auch über die Besitzkennzeichen des Vaters und auf dessen hand-schriftliche Notizen sowie in diejenigen Werke geklebt, die Philipp Wilhelm bereits früher durch Einträge oder sein kleines Exlibris in Besitz genommen hatte. Das Exlibris scheint auch wesentlich später in der Universitätsbibliothek noch vorrätig gewesen zu sein, denn es ist auch in einem Druck von 1757 zu finden.1657

Mit der Eröffnung der Universitätsbibliothek 1728 ging die Privatbibliothek der Boine-burgs in ihr auf, sie blieb allerdings aufgrund ihrer Besitzmerkmale erkennbar.1658 Den Ent-wurf eines Aufstellungssystems soll Leibniz, dem Bericht seines Sekretärs zufolge, noch kurz vor seinem Tod auf den Wunsch Boineburgs hin angefertigt haben.1659 Er ist allerdings nicht überliefert und auch das Fundationsinstrument Boineburgs gibt dazu keine Auskunft. Vize-bibliothekar Cromhard soll aber die Aufstellung nach „denen Gedanken, welche der

be-1654 Die Universität hätte durch die Stiftung Boineburgs so viele Bücher erhalten, dass die Anschaffung weite-rer Bände aus den Zinsen des gestifteten Kapitals voweite-rerst nicht nötig sei, so Johann Philipp Franz von Schönborn an Lothar Franz von Schönborn, Erfurt, 22.4.1717 (LAMW Rep. A 37b I Abt. II Tit. XVI Nr.

39 vol. II, f. 255r). Wenn nicht anders angegeben, vgl. zum Folgenden Stange, Die königliche Bibliothek.

1655 Johann Philipp Franz von Schönborn an Lothar Franz von Schönborn, Erfurt 17.4.1717 (LAMW Rep. A 37b I Abt. II Tit. XVI Nr. 39 vol. II, f. 251r).

1656 Vgl. Fundationsinstrument (LAM Rep. U 14 Tit. XLV A, Nr. 88, f. 4v).

1657 Martin Lipenius, Bibliotheca realis iuridice post [...]. Friderici Gottlieb Struvii et Gottlob Auguti Jenichenii. Lipsiae 1757 (UBE 4° R 4).

1658 Nur in einem Werk wurde auf den Besitzvermerk von Johann Christian von Boineburg das Exlibris der Universitätsbibliothek geklebt (UBE Ps 44). Eine Schrift aus Philipp Wilhelms Besitz wurde nachweislich mit einer Schrift aus der Universitätsbibliothek zusammengebunden (UBE Jus H 117).

1659 So Guhrauer, Bibliothekarisches, S.27.

rühmte Herr von Leibnitz von der Ordnung einer Bibliothecke aufgesetzet“, vorgenommen haben. Er gliederte ohne Beachtung der Formate „dem Innhalt nach ordentlich in besondere Classen nach denen Facultaeten und Disciplinen“ und hätte somit der von Leibniz bekann-ten Auffassung entsprochen, die dem Äußeren einer Büchersammlung kaum Wert bei-maß.1660

Nach Boineburgs Tod konnte auf keinen Katalog der Sammlung zurückgegriffen wer-den.1661 Zwischen 1720 und 1722 legte Cromhard für die gesamten Bestände einen systema-tischen Katalog, einen alphabesystema-tischen Sach- und einen Autorenindex an, die heute nicht mehr auffindbar sind. Lediglich die aus 25 Gruppen bestehende Systematik ist überliefert, die zwar in gewisser Weise dem Fakultätsschema folgt, besonders aber den philosophischen Fachgebieten breiten Raum gibt und hier gleichberechtigt Gruppen von inhaltlich verwand-ten Werken bildet, die nicht unbedingt einer selbständigen Wissenschaftsdisziplin zuzurech-nen, aber offenbar aufgrund ihres Umfangs gesondert ausgewiesen sind.1662

Die von Cromhard begonnene sachliche Ordnung wurde nur wenige Jahre später, 1735, zugunsten einer stärker auf Repräsentation ausgerichteten Aufstellung aufgegeben, wovon der erste überlieferte Nominalkatalog von 1741 zeugt.1663 Die Bücher standen in 49 Schrän-ken mit jeweils fünf Fächern. Die Regale waren blau und weiß gestrichen, vergoldet und mit Gittern und Schlössern versehen.1664 Erst 1782 wurde der erste Gesamtkatalog der Boine-burgischen Universitätsbibliothek abgeschlossen, der alle bis dahin in den Bestand eingegan-genen Bände sowohl sachlich als auch alphabetisch nachweist.1665 Zwischen 1886 und 1912 wurden ein weiterer Standortkatalog in 15 Bänden und ein alphabetischer Katalog des Ge-samtbestandes angelegt. Nach 1912 wurde der Gesamtbestand nach dem so genannten Hartwigschen System der Universitätsbibliothek Halle neu systematisiert und der alphabeti-sche Katalog nach den Preußialphabeti-schen Instruktionen überarbeitet. Sowohl die Systematisierung von 1886 bis 1912 als auch die 1912 begonnene wurden nicht zu Ende geführt, so daß im

1660 Seebach, Historie, S.135. Vgl. zu Leibniz Auffassung Lackmann, Leibniz‘ bibliothekarische Tätigkeit.

1661 Lothar Franz erbat aus Erfurt eine Kopie des Kataloges der Boineburgica, „weillen darinnen vermuthlich noch einige schöne Bücher werden enthalten seyn, so ebenmäßig zu meiner Bibliothec nötig [...]“. Lothar Franz an Johann Philipp Franz von Schönborn, Mainz, 12.4.1717 (LAMW Rep. A 37b I Abt. II Tit. XVI Nr. 39 vol. II, f. 228v). Er erhielt eine abschlägige Antwort: „Übrigens will niemand das geringste von ei-nem Katalogo der Boinebourgschen Bibliothek [...] wissen noch gesehen haben.“ Johann Philipp Franz an Lothar Franz, Erfurt, 17.4.1717 (LAMW Rep. A 37b I Abt. II Tit. XVI Nr. 39 vol. II, f. 251r).

1662 Vgl. Seebach, Historie, S.260: „(1) Theologici. (2) Juridici. (3) Historico-politici. (4) Genealogici et architec-tonici. (5) Politici. (6) Historici et chronologici. (7) Geographici. (8) Philosophici. (9) Epistolar. (10) M.T.

Ciceronis. (11) Rhetorici. (12) Logici. (13) Ethici. (14) Metaphysici. (15) Physici. (16) Medici. (17) Mathe-matici. (18) Philologici. (19) Poetici. (20) Comici et tragici (21) Romains. (22) Fabulae.(23) Apologetici.

(24) Bibliothecarum notitiam contin. (25) Miscellanei.“

1663 Vgl. Catalogi nominalis Bibliothecae Academiae Erfordiensis Boineburgicae. Volumen 1 und 2. [Erfurt], 1741. (UBE Bereich Sondersammlung). Der Bibliothekar hatte „einem jeden Fach durch alle Schräncke einen eigenen Buchstaben zugeeignet und denselben durch die gantze Bibliotheck durchgeführet“, innerhalb jedes Buch-stabens (A-O) wurde fortlaufend gezählt. Großformatige Werke und repräsentative Einbände bildeten den Blickfang, „unansehnliche“ und weniger genutzte wurden „in die Höhe und in die Ecken“ gestellt. Vgl.

Seebach, Historie, S.136-140, 263-267.

1664 Vgl. Seebach, Historie, S.287.

1665 Zu diesem und den folgenden Katalogen vgl. die Angaben in: Müller, Erfurt 1. Stadt- und Regionalbibliothek Erfurt, S.194-195.

Bestand der Bibliotheca Boineburgica heute drei gültige Systematiken vorkommen, von 1782, 1886 und die 1912 begonnene. Die Rückenbeschriftungen der Bücher spiegeln die verschiedenen – auch die nicht mehr gültigen – Aufstellungssysteme wider.1666

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Philipp Wilhelm von Boineburg wollte seine Bibliothek von allen Gelehrten und Studieren-den kostenfrei genutzt sehen, was in die Instruktion für den Bibliothekar, die mit der Eröffnung der Bibliothek 1728 in Kraft trat, Eingang fand. Die Instruktion regelte Benut-zung, Erschließung, Erwerbung, das Personal der Bibliothek und die Pflichten des Bibliothe-kars. Die dort festgelegten Öffnungszeiten, im Sommer wöchentlich zehn, im Winter wö-chentlich neun Stunden, wurden im Laufe der Jahre geringfügig erweitert, um 1755 allerdings wieder eingeschränkt. Neben der Präsenzbenutzung war auch die Entleihung von Bü-chern für die Dauer von 14 Tagen möglich. Auch wenn die Instruktion erst nach 1723 geschrieben wurde, so ist hier wahrscheinlich der Rat von Leibniz eingeflossen, berichtete Boineburg doch 1716 an den Kurfürsten, für die Instruktion das Gutachten Leibniz‘ einho-len zu woleinho-len.

Nach ihrer Eröffnung wurde die Boineburgische Universitätsbibliothek auch von Biblio-theksreisenden auf ihren Reisen durch Thüringen besucht.1672 Noch vor ihrer Einweihung wurde 1727 über Bibliotheksgebäude und Stiftung berichtet.1673 Der Polyhistor Johann Ge-org Keyßler (gest. 1743) interessierte sich auf seiner Reise zwischen 1729 und 1731 für die einunddreißigzeilige Inschrift über dem Portal der Boineburgischen Universitätsbibliothek und erwähnt einige der dort aufbewahrten Handschriften.1674 Der Professor der Rechte Jo-hann Karl Konrad Oelrich (gest. 1799) äußerte seinen Unmut über den Bibliothekar, den er

1666 Z.B. Jean Launois, Inquisitio in privilegia Praemonstratensis ordinis. Parisiis 1658 (UBE Jus M 97): Auf dem Buchrücken folgen von oben nach unten in brauner Tinte aufgetragen der Titel und die Signatur

„7.Dd.12“ des von Cromhardt angewandten Systems, die Signatur „C 464“ auf hellem Pappschild nach dem System von 1741, die Signatur „M 97“ auf graublauem Schild nach der Systematik von 1782. Vor die letzgenannte Signatur wurde im Zuge der Umarbeitung 1909 ein „Jus“ gestempelt, da die Signaturengrup-pe „Recht“ nur zum Teil umgearbeitet wurde und die Signaturengebung von 1782 für die SachgrupSignaturengrup-pe

„Recht“ deshalb zum Teil noch heute gültig ist. Bei Bänden anderer Fächer wurde die Signatur von 1782 mit dem gültigen Signaturschild überklebt.

1667 „[...] ohne den geringsten Entgeld zu laßen [...]“. Fundationsinstrument, 19.12.1716 (LAM Rep. U 14 Tit.

XLV A, Nr. 88, f. 1r-7v, hier: f. 5r).

1668 Instructio pro Bibliothecario Bibliothecae Boineburgicae. Erfurt, nach 1723. Abgedruckt in: Stange, Die königliche Bibliothek, S.10-15.

1669 Um 1755 war die Bibliothek nur noch vormittags geöffnet. Vgl. Seebach, Historie, S.302.

1670 Vgl. Seebach, Historie, S.301.

1671 Boineburg an Lothar Franz, Erfurt, 4.8.1716 (LAMW Rep. A 37b I Abt. II Tit. XVI Nr. 39 vol. II, f. 65v).

1672 Uffenbach bereiste Erfurt bereits 1709 und besuchte auch die Universitätsbibliothek. Vgl. Hermann, Leben Herrn Zacharias Conrad von Uffenbach, S.CVII. Vgl. auch die Zusammenstellung bei Peter Jörg Becker, Bibliotheksreisen in Deutschland im 18. Jahrhundert. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 21 (1980), Sp.

1361-1534.

1673 Johann Kanold, Von einigen heut zu Tage noch berühmten Bibliothequen und deren Memorabilibus. In: Kaspar Fried-rich Neickelius, Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum oder Raritä-ten-Kammern. Leipzig 1727, S.389-394.

1674 Johann Georg Keyßler, Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen. 2.

Aufl., Hannover 1751, S.1350.

bei seiner Reise 1750 nicht angetroffen hatte.1675 Johann Friedrich Jugler (gest. 1791) würdigt in seiner Literargeschichte die Boineburgische Universitätsbibliothek als bedeutendste zeit-genössische Erfurter Sammlung.1676 Als der Bibliothekschronist Adalbert Blumenschein (gest. 1781) die Boineburgische Universitätsbibliothek anhand der zuvor bereits publizierten Beschreibungen vorstellte,1677 war das an der Gera gelegene Bibliotheksgebäude 1768, nur 40 Jahre nach seiner Eröffnung, wegen Feuchtigkeit wieder geräumt worden.1678 Die Universi-tätsbibliothek wurde in den zweiten Stock des kurmainzischen Packhofes, eines unter Boine-burgs Statthalterschaft errichteten Gebäudes, umgelagert. Im 1786 erschienenen Bibliotheks-handbuch des Erlanger Philosophieprofessors und Bibliotheksreisenden Friedrich Karl Gott-lob Hirsching (gest. 1800) wurde sie, wie auch die anderen Erfurter Bibliotheken, nicht er-wähnt.1679

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Boineburg hatte, wie bereits erwähnt, die Zinsen aus 2.000 Reichstalern dafür vorgesehen, dass die „Bibliothec in guter richtiger Ordn- und Verfaßung beständig erhalten, von Jahren zu Jahren vergrößert und mit neuheraußkommend und anderen stattlichen allen vier Fakulte-ten nützlichen Büchern vermehret werden könne“.1680 So bauten Bellmont und die nachfol-genden Bibliothekare1681 mit diesem Geld hauptsächlich den Bestand an Nachschlagewerken aus.1682 Daneben versuchte Bellmont zur Vergrößerung des Bestandes, andere Erfurter Sammlungen wie die spätmittelalterliche Bibliotheca Amploniana, in die Universitätsbiblio-thek zu integrieren und Pflichtexemplare von in Erfurt entstandenen Druckerzeugnissen sowie der an der Erfurter Universität entstandenen Promotionsschriften einzuwerben.1683

1675 Der Bibliothekar wäre „katholisch und besitzet wenig Höflichkeit“ und „noch weniger Gelehrsamkeit“.

In: Johann Karl Konrad Oelrich, Tagebuch einer gelehrten Reise 1750, durch einen Theil von Ober- und Nieder-Sachsen. Aus der Handschrift. In: Johann Bernoullis Sammlung kurzer Reisebeschreibungen und anderer zur Erweiterung der Länder- und Menschenkenntniß dienender Nachrichten. Bd. 5. Berlin 1782, S.1-152, hier: S.100-101.

1676 Bibliotheca historiae litterariae selecta. Jenae 1754, S.436-437.

1677 Beschreibung verschiedner Bibliotheken in Europa. Handschrift. o. O. u. J. [1776-1781] (ÖNB Cod. Ser. n. 2808, S.409-443, hier: S.414-419).

1678 1899 wurde es durch einen Brand zerstört und abgerissen. Die anlässlich der Bibliothekseröffnung über dem Eingang angebrachte Sandsteinplatte mit einer Eloge auf die Kurfürsten Johann Philipp und Lothar Franz und deren „Dienerpaar“ Johann Christian und Philipp Wilhelm von Boineburg ziert heute den Ein-gang des Magazingebäudes der Stadt- und Regionalbibliothek Erfurt hinter dem wiedererrichteten Colle-gium maius. Zur Juristenschule und zum Text der Eloge vgl. Alfred Kortüm, Mittheilungen über die Bibliothe-ca BoineburgiBibliothe-ca zu Erfurt. In: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte und Alterthumskunde von Erfurt (1901), H.

22, S.45-52.

1679 Versuch einer Beschreibung sehenswürdiger Bibliotheken Teutschlands. Erlangen 1786.

1680 Fundationsinstrument, 19.12.1716 (LAM Rep. U 14 Tit. XLV A, Nr. 88, f. 1r-7v, hier: f. 5v).

1681 Lehrstuhlinhaber und leitende Bibliothekare nach Philipp Franz von Bellmont waren 1740 bis 1761 Johann Arnold von Bellmont, 1761 bis 1777 Adam Ignatz Turin, 1777 bis 1805 Karl Friedrich Dieterich.

Anschließend wurde Jakob Dominikus (gest. 1819) für die Professur vorgeschlagen, die Professur aber wegen des verloren gegangenen Siftungskapitals nicht mehr besetzt. Vgl. Rolf-Dieter Dominicus, Jakob Dominikus. Sein Leben und sein Werk. Rudolstadt 2001, S.50.

1682 Einer Analyse des in der Universitätsbibliothek erworbenen Bestandes anhand der überlieferten Bände und Akten der Erfurter Universitätsbibliothek werde ich mich in einer anschließenden Studie widmen.

1683 Philipp Franz von Bellmont, Ohnmaßgebliche unterthänigste Vorstellung wie und welchergestalt die ad usum publicum destinirte Boineburgische Universitäts Bibliotheque zu Erffurth ohne Schmählerung des Cameral Interesses vermehret und in aufnahmb gebracht werden kan. Mainz, 20.7.1723 (LAMW Rep. A 37b I Abt. II Tit. XVI Nr. 39 vol. II 1717-1726, f. 297r-299v).

1801 gingen Kapital und dazugehörige Zinsen für Bibliothek und Professur jedoch verlo-ren. Das Kapital war nach der Stiftung zunächst in Sachsen-Eisenachischen Obligationen, seit 1718 bei der Fürstlich Schwarzburg-Sondershäuser Kammer in Arnstadt angelegt wor-den, zunächst mit 6% Verzinsung, seit 1766 nur noch mit 4%. Für 4% Zinsen wurde das Kapital 1789 dem Mainzer Kurfürsten Friedrich Carl Joseph für die Abtragung einer im Siebenjährigen Krieg entstandenen Schuld überlassen, wofür das Mainzer Domkapitel Ein-künfte und Renten des Rentamtes Loneck verpfändete. Als das linksrheinische Gebiet durch den Vertrag von Lunéville 1801 an Frankreich fiel, blieben die Zinszahlungen aus.

Auch der preußischen Regierung,1684 die 1816 die Erfurter Universität aufgelöst und die Universitätsbibliothek in die „Königlich Preußische Bibliothek Erfurt“ überführt hatte, ge-lang es sowohl 1818 als auch 1819 nicht, Kapital und Zinsen des Boineburgischen Stiftungs-fonds zu erlangen.1685

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Auch wenn der Stiftungsfonds damit nach weniger als 100 Jahren erloschen war, bleibt es das Verdienst Philipp Wilhelm von Boineburgs, die Büchersammlung seines Vaters an eine öffentliche Einrichtung überwiesen und damit letztendlich ihr Fortbestehen gesichert zu haben.

Mindestens seit 1904 versuchte der Magistrat der Stadt Erfurt das Gebäude des ehemali-gen kurmainzischen Packhofes, in dem sich neben der Bibliothek auch das Steueramt be-fand, vom Preußischen Staat zu erwerben. 1908 kaufte die Stadt Erfurt dann sowohl Gebäu-de als auch die darin befindliche Bibliothek Gebäu-dem preußischen Staat ab und benannte sie in

„Stadtbücherei Erfurt“ um.1686 Bestandteil des Kaufvertrages war die Herauslösung von 203 Handschriften, 645 Inkunabeln sowie 5070 Drucken des 16. Jahrhunderts aus dem Bestand der Erfurter Bibliothek im „Austausch“ gegen „aktuelle“ Literatur und ihre Überführung in die Königlich Preußische Bibliothek zu Berlin,1687 wodurch auch Teile der Boineburg-Bibliothek nach Berlin gelangten. Dieser Kauf-Tausch-Vorgang ist zumindest in der Thürin-ger Bibliotheksgeschichte einmalig.1688 Im Zuge der Auslagerungen während des Zweiten

1684 Erfurt war von 1802 bis 1945 Teil des preußischen Staates, unterbrochen von einer neunjährigen französi-schen Besetzung. Vgl. Benl, Königstreue.

1685 Vgl. Activa und Passiva der ehemaligen Universität zu Erfurt. Vol. I 1817-1825 (ThStA Gotha, Regierung zu Erfurt 11390, f. 4r-6v und f. 18r-19r). Der Vorgang ist beschrieben bei Wiegand, Die Vermögenswerte, S.157.

1686 Vgl. Vertrag zwischen dem Magistrat der Stadt Erfurt und der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Beglaubigte Abschrift (Kopie), Erfurt, 3.9.1908 (UBE CE 4° 96h).

1687 Jahresbericht der Königlichen Bibliothek zu Berlin für das Jahr 1909/10. Berlin 1910, S.4. Herausgelöst wurden solche Werke, die in Berlin nicht vorhanden waren und angeblich für Erfurt keinen historischen Wert be-saßen. Vgl. Akten des Magistrats zu Erfurt betreffend: Übernahme der Königlichen Bibliothek in Erfurt und des Grund-stücks Anger Nr. 18. Kopie eines Auszugs, Erfurt, nach 1910 (UBE CE 4° 96k).

1688 So Felicitas Marwinski, Thüringens Metropole und ihre Bibliotheken. Daten und Fakten aus der Geschichte des Erfurter Bibliothekswesens. In: Kathrin Paasch (Hg.), Miszellen zur Erfurter Buch- und Bibliotheksgeschichte. Bucha bei Jena 2002, S.99-124, hier: S.105.