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Antike, neulateinische und volkssprachige Literatur

II JOHANN CHRISTIAN VON BOINEBURG UND SEINE BIBLIO- BIBLIO-THEK IN DER RESPUBLICA LITERARIA

II.7 Die theologischen Schriften

II.7.2 Die philologischen, philosophischen und poetischen Schriften

II.7.2.3 Antike, neulateinische und volkssprachige Literatur

Einen gewichtigen Platz in Boineburgs Büchersammlung nimmt die antike Literatur ein. Ihre Aneignung bedeutete „einerseits eine intellektuelle Herausforderung, andererseits die faszi-nierende Möglichkeit, die eigenen Probleme und Befindlichkeiten, ja den Gesamtkomplex innerweltlichen Handelns und Verhaltens gleichsam in Spiegelungen des Vergangenen wahr-zunehmen und zu artikulieren.“1008 Boineburg war mit diesen Werken – wie auch mit der neulateinischen Dichtung – seit seiner Jugend eng vertraut, er pflegte darüber hinaus zu den Dichtungen des Horaz (gest. 8 v. Chr.), Ovid (gest. um 17) und Vergil (gest. 19 v. Chr.) ein geradezu intimes Verhältnis, das über das philologisch-formale Interesse hinausging.1009

Einen Teil der Ausgaben des römischen und griechischen Altertums hat Boineburg erst 1664 mit der Bibliothek Robert Königsmanns erworben. Aus dessen Büchersammlung stammt eine der sechs Ausgaben der Komödien des römischen Dichters Terenz (gest. 159 v.Chr.), in der Boineburg zeitgenössische Herausgeber der antiken Literatur notiert hatte.1010 Für Terenz interessierte sich Boineburg offenbar besonders, fertigte er doch Auszüge aus dessen Werk an.1011 In mehreren Ausgaben besaß Boineburg das sehr geschätzte Ge-schichtswerk des römischen Geschichtsschreibers Titus Livius (gest. 17 n.Chr.), Ab urbe condi-ta, das als Lektürestoff an Schulen besonders zur Ausbildung des Stils weit verbreitet war.1012

Weitere römische Klassiker, etwa Sallust (gest. 34 v. Chr.) und Cicero, besaß Boineburg in den Ausgaben des späthumanistischen Philologen und Dichters Janus Gruter (gest. 1627).1013 Neben Gruters Ausgabe der Werke von Cicero, der den Humanisten als antikes Vorbild für den philosophisch gebildeten politischen Redner galt,1014 hatte Boineburg eine ganze Reihe ciceronianischer Schriften und Kommentare dazu in seiner Sammlung.1015 Besonders schätz-te er einen Band von Cicero-Werken, den er 1638 während seines Studiums in Jena gekauft

1008 Kühlmann, Pädagogische Konzeptionen, S.155.

1009 „Lego Poetas, veteres, recentiores, Latinos, Graecos, qui et prodesse, et delectare possunt, meum certe animum his deliciis pasco mirificissime, si Collegae mei bibendi artem te longe felicius exercent, totasque cohortes librorum in aciem educo, si omnia circumstrepunt malesanis consiliis, et nugis si omnia fervent.

Horatio, Virgilio usus sum, familiares enim mihi sunt hi senes, hodie Ovidium in hortum meum voco, ut mecum totam noctem perdat.“ Boineburg an Dieterich, o. O. u. J. In: Meelführer, S.290-291; Die Werke der drei im Text genannten Dichter sind unter jeweils einem Schlagwort des Leibniz-Kataloges verzeich-net: NLB LK II, f. 219r („Horatius“), f. 220v-221r („Ovidius“), f. 227v-228r („Virgilius“).

1010 Comediae [...] Gabriele Faerno emendatae. Florentiae 1565 (UBE Lcl 7914, hinteres Vorsatz und Spiegel; NLB LK II, f. 226v).

1011 Welche der Ausgaben Boineburg für die Auszüge (vgl. Anm. 195) benutzt hat, lässt sich nicht ermitteln, da sowohl einige Ausgaben als auch die Auszüge selbst nicht überliefert sind. Die Terenz-Ausgaben sind un-ter „Terentius“ im Leibniz-Katalog zusammengestellt (NLB LK II, f. 226v-227r).

1012 Vgl. Schlagwort „Titus Livius“ in NLB LK III, f. 372v-373r.

1013 Sallust, Opera omnia quae extant ex recognitione Jani Gruteri. Francofurti 1607 (UBE Lcl 7370; NLB LK III, f.

392v); Cicero, Opera omnia [...] studio atque industria Jani Gulielmii et Jani Gruteri. Hamburgi 1618 (UBE 2° Lcl 5184; NLB LK II, f. 138r).

1014 Vgl. Schindling, Humanistische Hochschule, S.170-171.

1015 Vgl. die Schlagworte „Ciceroniana“ und „Cicero“ im Leibniz-Katalog (NLB LK II, f. 137r-138v).

hatte.1016 Von Gruter besaß Boineburg auch die Ausgabe der Komödien des Plautus (gest.

184 v. Chr.), eine von insgesamt zehn Plautus-Ausgaben in seiner Sammlung, deren Vokabu-lar durch das Lexicon Plautinum des Philologen Johann Philipp Pareus (gest. 1648) erschlossen wurde.1017 Zu den Plautus-Ausgaben gehört auch die des Hamburger, in den Niederlanden wirkenden Philologen Johann Friedrich Gronovius, von dem Boineburg 1645 in Schweden eine Ausgabe des römischen Dichters Statius erworben hatte.1018 Gronovius hatte Boineburg unter anderem die Kopie eines Briefes von Claudius Salmasius über Hugo Grotius zukom-men lassen.1019

Weitere Textausgaben antiker Autoren stammen aus dem weitläufigen Œuvre des Kaspar Barth (gest. 1658), der mit den gewaltigen Adversaria einen von zahlreichen Gelehrten ge-nutzten und bewunderten Fundus von Textauszügen aus antiken und mittelalterlichen Schriften geliefert hatte.1020 Auch wenn sich Barths Soliloquiorum rerum divinarum libri XX1021 gegen Atheisten und Sozinianer richteten, zweifelte Boineburg – wie auch andere Zeitgenos-sen – an der religiöZeitgenos-sen Aufrichtigkeit Barths. Er verglich ihn mit dem antiken Häretiker A-pelles, lobt Barths Werk aber im gleichen Atemzug wegen der darin hervortretenden Gelehr-samkeit.1022 Eine Dichtung Barths hatte Boineburg von Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz erhalten.1023 Daneben besaß er in einem Band auch Barths lateinische Fassungen zeitgenössi-scher europäizeitgenössi-scher Literatur.1024

Natürlich hatte Boineburg auch die Ausgaben lateinischer Historiker und Dichter, die Jo-hann Heinrich Boecler in Straßburg herausgegeben hatte, in seinem Besitz.1025 Ein Schüler Boeclers, der Regensburger Jurist und Dichter Johann Ludwig Prasch (gest. 1690) ist mit einigen seiner lateinischen Dichtungen, die von seinen Zeitgenossen sehr geschätzt wurden, in der Boineburgica vertreten.1026 Er gehörte seit 1663 zu Boineburgs persönlichen

Bekann-1016 Darin notierte er „Inservio Musis“. In: Opera omnia. Praeter hactenus vulgatam Dionysii Lambini editionem [...] T.

3. Lugduni 1588 (UBE 4° Lcl 5182, Titelblatt).

1017 Plautus, Comoediae ex recognitione Jani Gruteri. Witebergae 1621 (UBE Lcl 6960; NLB LK II, f. 221r). Die Plautus-Ausgaben sind unter dem Schlagwort „Plautus“ im Leibniz-Katalog festgehalten (NLB LK II, f.

221r-v); Lexicon Plautinum. Francofurti 1614 (UBE Lcl 7036; NLB LK II, f. 221v).

1018 Plautus, Comoediae accedit commentarius [...] ex recencione Joh. Frederici Gronovii. Lugduni Batavorum 1669 (UBE Lcl 6962; NLB LK II, f. 221v), „Lugduni Bataviae 1664 ex officina Hackiana 8°“ (NLB LK II, f. 221r).

Zur Statius-Ausgabe vgl. Anm. 333.

1019 Vgl. Gronovius an Boineburg, Leiden, 8.11. 1661 (StAWü KAJP 2926).

1020 Adversariorum commentariorum libri LX. Francofurti 1624 (UBE A 503).

1021 Cygneae 1655 (UBE T. as. 4° 29).

1022 Boineburg an Prueschenk, o. O. u. J. In: Struve, Fasc. 3, S.34. Vgl. auch Prueschenk an Boineburg, o. O., 1658. In: Struve, Fasc. 3, S.45, wo Prueschenk Barth vor Boineburg verteidigt.

1023 Vgl. Anm. 417.

1024 Erotodidascalus. Hanoviae 1625 (d.i. die von Gaspar Gil Polo stammende Fortsetzung des Schäferromans La Diana von Jorge de Montemayor; UBE Lr 382); Pornoboscodidascalus latinus. Francofurti 1624 (UBE 1an Lr 382, d.i. die Tragödie La Celestina von Fernando de Rojas; beide: NLB LK II, f. 128r).

1025 Z.B. Terenz, Comoediae cum annotationibus Jo. Henrici Boecleri. Argentorati 1657 (UBE Lcl 7920; NLB LK II, f.

226v). „[...] Ceterum Boecleri eruditionem, cumprimis quoniam veterum usu subacta est, deosculor; [...]“.

Boineburg an Conring, Köln, 2.9.1667. In: Gruber, S.1193.

1026 Z.B. Poematum libellus. Noribergae 1666 (UBE 1an Jus nat. 12° 6; NLB LK II, f. 222v); Comoedia, Amici.

Argentorati 1663 (UBE 5an Eu 26; NLB LK II, f. 215v).

ten. Prasch widmete ihm 1664 seine juristische Schrift Iurisconsultus verus et personatus.1027 Ne-ben Prasch-Werken besaß Boineburg auch Dichtungen anderer bedeutender Neulateiner protestantischer und katholischer Provenienz,1028 etwa von Conrad Celtis (gest. 1508)1029 sowie – sämtlich aus der Bibliothek von Robert Königsmann stammend – die postum er-schienene Ausgabe der Dichtung von Petrus Lotichius Secundus (gest. 1560),1030 Meditatio-nen von Paul Schede Melissus (gest. 1602),1031 eine kontroverse Komödie von Nicodemus Frischlin (gest. 1590)1032 und eine einflussreiche Poetik des sächsischen Pädagogen und Dich-ters Georg Fabricius (gest. 1571).1033 Auch eine Handschrift und einen Druck der bedeuten-den Komödie Scaenica progymnasmata des Johannes Reuchlin (gest. 1522) hat Boineburg mit der Königsmann-Bibliothek gekauft.1034 Der Jesuit Jacob Balde (gest. 1668), der Prediger und Beichtvater am Hof des mit Boineburg befreundeten Pfalzgrafen Philipp Wilhelm in Neu-burg war und mit dem BoineNeu-burg in brieflichem Kontakt gestanden hat, ist mit den viel gele-senen Poema de vanitate mundi1035 vertreten. Die Sylvarum libri Baldes gehören zu den Büchern, die aus dem Besitz von Philipp Wilhelm von Boineburgs Hofmeister Schütz in die Boine-burgica gelangt sind.1036

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Die wenige volkssprachige Dichtung scheint eher zufällig in die Boineburgica gekommen zu sein. Die zeitgenössischen deutschen literarischen Werke im engeren Sinne hat Boineburg – betrachtet man ihr Vorhandensein in seiner Büchersammlung als Indiz – nur sehr am Rande zu Kenntnis genommen. Immerhin besaß Boineburg den Simplicissimus,1037 der im Katalog der Boineburgica unter „Kurtzweilige Gedicht undt Geschichten“ verzeichnet ist, und auch die von Georg Neumark überarbeitete Geschichte der bekanntesten Sprachgesellschaft, der

1027 „Iuris consultus verus et personatus ad Illustriss. Baronem Boineburg [...] Norinbergae 1664. 12.“ (NLB LK III, f. 310r). Zu Prasch vgl. Karl Dachs, Leben und Dichtung des Johann Ludwig Prasch. In: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 98 (1957), S.5-219, besonders 22-23. Vgl. auch die zwei Briefe von Prasch an Boineburg, Regensburg, 1664 (StAWü KAJP 2943).

1028 Vgl. Georg Ellinger, Geschichte der neulateinischen Literatur Deutschlands im 16. Jahrhundert. Bd. 1-3. Berlin 1929-33. Neudruck Berlin 1969.

1029 „Conradi Celtis quatuor libri Amorum [...] Norimbergae 1500. 4°.“ (NLB LK II, f. 214r); „Opera Hrosvi-tae [...] à Conrado Celte inventa [...] Norimb. 1501. fol.“ (NLB LK II, f. 220r).

1030 Poemata. Lipsiae 1563 (UBE Lr 1846). Dieser Band aus der Königsmann-Bibliothek ist nicht im Leibniz-Katalog verzeichnet, dort finden sich aber Ausgaben von 1560 und 1561 (NLB LK II, f. 222r).

1031 Meletematum piorum libri VIII. Francofurti 1595 (UBE 2an Ps 46, NLB LK II, f. 225v).

1032 Phasma. Iazygibus-Metanastis [d.i. Straßburg] 1592 (UBE an P 45). Es sind auch weitere Frischlin-Titel im Bestand.

1033 Z.B. De re poetica. Haidelbergae 1603 (UBE Lu 906; NLB LK II, f. 223r).

1034 Heidelberg, 1497 (StBB PK Ms Lat. Fol. 872; Beschreibung bei Hugo Holstein, Johann Reuchlins Komödien.

Halle 1888, S.95-97); im Leibniz-Katalog ohne Verfasser- und Titelangabe: „Comoediae ac Tragoediae quaedam olim in Academia Heidelbergensi exhibitae 1497. fol. manuscript.“ (NLB LK II, f. 215v); Druck::

„Joh. Reuchlinj Scaenica Progymnasmata, [...] cum explanatione Jac. Spiegel. Hagenoae 1519. 4°.“ (NLB LK II, f. 198v).

1035 „P. Jacobi Balde S.Jesu. Poema de vanitate Mundi. Herpiboli 1659. 12°.“ (NLB LK II, f. 219v). Vgl. zu Philipp Wilhelm von Neuburg Kapitel II.4.4., S. 177; Joannis, Vita, f. 134, zählt Balde zu den Briefpart-nern Boineburgs.

1036 Monachii 1643 (UBE Lr 354). Zu den Büchern von Schütz vgl. Kapitel III.3.1., S. 183.

1037 Der abentheuerliche Simplicissimus teutsch [...] von German Schleifheim von Sulsfort [d.i. Grimmelshausen]. Monpelgard 1669 (UBE Lg 1911h, ursprünglich angebunden an UBE Lr 1325, bei einer Restaurierung 1967 einzeln gebunden; NLB LK IV, f. 459v).

„Fruchtbringenden Gesellschaft“.1038 Johann Michael Moscherosch (gest. 1669), der 1660 von Johann Philipp von Schönborn zum „Rat von Haus“ ernannt worden war, ist nur mit lateinischen Werken vertreten, zu denen auch die zweite Ausgabe seiner Epigrammata zählt.1039

Unter den 47 dramatischen, epischen und lyrischen Titeln italienischer Sprache treten La divina Comedia von Dante Alighieri (gest. 1321) und das Epos Orlando Furioso von Ludovico Ariosto (gest. 1533) hervor.1040 Francesco Petrarcas (gest. 1374) Canzoniere ist in einer italieni-schen Ausgabe sowie einer französiitalieni-schen und einer spaniitalieni-schen Übersetzung vorhanden, letztere dank des Ankaufs der Königsmann-Sammlung.1041 Die wenigen französischen Dich-tungen enthalten Anthologien und Übersetzungen, zu denen auch die des Don Quichote aus dem Spanischen gehört.1042 Drei der insgesamt acht englischsprachigen Titel der Boineburgi-ca, und zwar Werke des zeitgenössischen englischen Satirikers George Wither (gest. 1667), stammen aus einem Band der Königsmann-Bibliothek.1043 Der walisische Neulateiner John Owen (gest. 1622) ist mit seinen, in Deutschland sehr geschätzten Epigrammen und der schottische Gelehrte George Buchanan (gest. 1582) unter anderem mit einer Tragödie unter den lateinischen Werken vertreten.1044

4. 3. 4. Die Schriften zur Metaphysik, Logik, Physik und Ethik

In der philosophischen Ausbildung der Juristen bildete Aristoteles „allenthalben den Be-zugspunkt, wenngleich Lehrbücher in Anlehnung an seine Werke, Kompendien und Kom-mentare auch im protestantischen Reich die Lektüre des Stagiriten selbst vielfach ersetz-ten.“1045 Bei Boineburg finden wir neben zahlreicher Kommentarliteratur auch wichtige

1038 Ohne Angabe eines Verfassers: „Der Neue teutsche Palmbaum [...] Nürnberg 1668. 8°.“ (NLB LK IV, f. 453r).

1039 Z.B. „Joh. Mich. Moscherosh Epigrammata. Argentinae 1643 [...]“ (NLB LK II, f. 216r-v; hier, unter dem Schlagwort „Epigrammata“, zahlreiche weitere Epigrammsammlungen). Zu Moscherosch vgl. Wilhelm Kühlmann / Walter E. Schäfer, Frühbarocke Stadtkultur am Oberrhein. Studien zum literarischen Werdegang J.M.

Moscheroschs. Berlin 1983.

1040 „Orlando Furioso de M. Ludovico Arriosto [...] Venetia 1609. 24°.“; „La divina Comedia di Dante [...]

Firenze 1595. 8°.“ (NLB LK II, f. 284v-285r).

1041 „Rime di Mr.Francisco Petarca [!] in vita e in Morte di M. Laura in Venetia 1562. 8°“ (NLB LK II, f.

285v); „Le Petrarque en rimes françoises avec ses Commentaires traduit par Philippes de Malgleghen in Bruselles 1600. 8°.“ (NLB LK II, f. 275v); De los sonetos, canciones, mandriales y sextinas. Venecia 1567 (UBE Li 1410; NLB LK II, f. 290r).

1042 Le valeureux Dom Quixote de la Manche. Rouen 1646 (UBE Lp 170; NLB LK II, 276r).

1043 UBE Lan 3960; NLB LK II, f. 291; erste Schrift: Abuses, stript and whipt or satyrical essayes. London 1615.

1044 Owen: Epigrammatum [...] libri decem. Lipsiae 1617 (UBE 5an Pm 33), Amstelodami 1640 (UBE 4an Pm 33, beide: NLB LK II, 216v); „[...] Buchanani Tragoedia quae inscribitur Jephtes. Morgijs apud Joh. Le Preux 1581. 8°.“ (NLB LK II, f. 225r).

1045 Notker Hammerstein, Universitäten des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation als Ort der Philosophie des Barock. In: Studia Leibnitiana 13 (1981), S.242-266, hier: S.257.

Ausgaben der Werke des Aristoteles, unter anderem eine griechische sowie die erste lateini-sche Gesamtausgabe, die beide von Simon Grynaeus herausgegeben worden waren.1046 Der Aristotelismus war „bis zum letzten Drittel des 17. Jahrhunderts die absolut herrschende Lehre“1047 an den protestantischen Universitäten. An der Universität Jena, die als Hort des protestantischen Aristotelismus galt, hatte Boineburg Vorlesungen bei Daniel Stahl gehört, der der aristotelischen Philosophie zu einem weit über die Universität hinausgehenden Anse-hen verholfen hatte.1048 Boineburg nennt ihn unter den Lehrern, die ihn am meisten beein-flussten.1049 Von den Schriften aus Stahls umfangreichem Lebenswerk besaß er unter ande-rem dessen beliebtes Compendium metaphysicae, in dem der Stoff in 24 Tafeln zum Lernen auf-bereitet wurde.1050 Die Arbeit an den Institutiones logicae, dem erst aus dem Nachlass Stahls veröffentlichten Lehrbuch der Logik, hatte Boineburg gefördert. Er besaß beide Aufla-gen.1051 Der Jenenser Lehrstuhl für Logik und Metaphysik vor Stahl ist mit Schriften von Thomas Sagittarius (gest. 1621),1052 nach Stahl mit einer ganzen Reihe von Dissertationen und Disputationen unter Paul Slevogt (gest. 1655), Friedemann Bechmann (gest. 1703) und Christoph Hundeshagen (gest. 1681) vertreten.1053 Aus der Reihe der Kommentare zur aris-totelischen Metaphysik, die im Katalog der Boineburgica unter den Schlagworten „Metaphy-sica Aristotelis“, „Metaphy„Metaphy-sicae Institutiones“ und „Metaphy„Metaphy-sicae Controversiae“ verzeich-net sind,1054 ragt die Metaphysica commentatio des Helmstedter Professors für Logik Cornelius Martini (gest. 1621) heraus.1055 Nicht vorhanden ist das Lehrbuch der Metaphysik des Stein-furter Gymnasialprofessors Clemens Timplers (gest. 1624), das erst – mit weiteren vier Bän-den des Vorbesitzers Johann Seidel – durch Boineburgs Sohn Philipp Wilhelm in die Samm-lung gelangte.1056 Andere Werke von Timpler hatte Boineburg allerdings angeschafft.1057 Die stark auf die protestantische Schulphilosophie wirkenden Disputationes metaphysicae des

Jesui-1046 „Aristotelis opera omnia instaurata atque restituta per Erasmum Rotero. Basileae 1539. fol. graece. Eius-dem opera omnia quae extant latinitate donata acceßerunt in singulos libros commentarij. Item Ludovi.

Vivis de Lib. Aristot. censura. [1538]“ (NLB LK II, f. 130v). Vgl. Frank Hieronymus, Griechischer Geist aus Basler Pressen. Basel 1992, S.165-169. Zu weiteren Ausgaben in der Bibliothek vgl. u. a. die Schlagworte „A-ristoteles“, „Aristotelis Opera“ sowie „Aristotelis Metaphysica“ (NLB LK II, f. 130v-132r).

1047 Michael Stolleis, Reichspublizistik, Politik, Naturrecht im 17. Jahrhundert. In: Ders. (Hg.), Staatsdenker im 17. und 18. Jahrhundert. Reichspublizistik, Politik, Naturrecht. Frankfurt am Main 1977, S.9-28, hier: S.20.

1048 Vgl. Steinmetz, Geschichte, S.83-87.

1049 Vgl. Joannis, Vita, f. 120r.

1050 Jenae 1662 (UBE 1an R 301 ft; NLB LK II, f. 176r-176v). Zu einem weiteren, nicht überlieferten Exemp-lar, Jena 1662, vgl. den Eintrag in NLB LK II, f. 175v.

1051 Hildesiae 1655 (UBE Pl 344; NLB LK II, f. 172v), Jenae 1663 (UBE Pl 345, gedruckte Widmung an Boineburg; NLB LK II, 170v).

1052 Metaphysicorum Aristotelico-Scaligereorum libri II. Jenae 1622 (UBE Pm 213; NLB LK II, f. 175v, 176r).

1053 Z.B. Slevogt, Disputationes academicae. Jenae 1656 (UBE Lr 2950; NLB LK II, f. 144v); „Fridem. Bechmanni Institutiones Logicae [...] Jenae [...] 1664. 8°.“ (NLB LK II, f. 170r), Hundeshagen, De communicatione proprii.

Jenae 1668 (UBE 11an Th 9309). Vgl. Max Wundt, Die Philosophie an der Universität Jena. In: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde (1932), Beiheft 15, besonders S.29-41.

1054 NLB LK II, f. 175r-176v.

1055 „Cornelij Martini Metaphysica commentatio compendiose [...] Argentorati 1622. 12°.“ (NLB LK II, f. 175v).

1056 Metaphysicae systema methodicum. Hanoviae 1608 (UBE Pm 245), zusammen mit UBE T. pol. 8° 461, Np 114, Pm 245, Gr 3402.

1057 Z.B. Philosophiae practicae systema methodicum in tres partes digestum. Hanoviae 1610-12 (UBE Pe 146; NLB LK II, f. 193r).

ten Francisco Suárez, der als Oberhaupt der Metaphysiker galt,1058 besaß Boineburg ebenfalls nicht. Gleichwohl kannte und schätzte er Suárez,1059 der mit zwei theologischen Werken in der Sammlung vertreten ist. Ebenfalls nicht vorhanden – und bei der Bedeutung des Werkes verwunderlich – war das im protestantischen Bereich berühmteste Lehrbuch, das Opus me-taphysicum des „protestantischen Suárez“1060 Christoph Scheibler (gest. 1653), von dem Boi-neburg zwölf Schriften überwiegend zur Logik besaß. Hingegen findet sich in der Sammlung das erste bedeutende Werk der Sozinianer, das sich mit philosophischen Problemen beschäf-tigte, der In libros XII Metaphysicos Aristotelis commentarius des Altdorfer Professors für Medizin und Mathematik Ernst Soner (gest. 1612), das erst 1657 durch Felwinger herausgegeben worden war.1061

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Die Logik war die „am intensivsten betriebene Disziplin der Philosophie“ im 17. Jahrhun-dert.1062 Sie sollte zum „folgerechten und widerspruchslosen Denken“ anleiten.1063 Entspre-chend ihrer Bedeutung als universale wissenschaftliche Methode und Instrument zum prakti-schen Gebrauch räumte Boineburg den logiprakti-schen Schriften einen breiten Raum ein. Im Leibniz-Katalog sind sie zweimal unter dem Schlagwort „Dialectica“, unter den Schlagwor-ten „Dialectica Praeceptiones“ und „Dialectica Aristotelis Introductoria“1064 sowie „Logica Introductoria“, „Logica Institutiones“, „Logicum Enchiridion“, „Logica Photiniana“, „Logi-ca Emendatio“, „Logi„Logi-ca Aristotelis“ und „Logi„Logi-ca Peripateti„Logi-ca“1065 sowie in drei gleich lau-tenden Schlagworten „Logica“ verzeichnet. Die Verfasser logischer Schriften lesen sich dabei wie ein „Who is who“ der Logik seit dem 16. Jahrhundert.

Melanchthon ist mit einer Ausgabe der Jugendschrift Compendiaria dialectices ratio1066 und den Erotemata dialectices1067 vertreten. Von dem Professor der Philosophie Viktor Strigel (gest.

1569), der als Schüler Melanchthons unter anderem an der Universität in Jena wirkte, besaß Boineburg drei Ausgaben der Dialektik Melanchthons.1068 Zu den Schriften aus dem Umkreis von Melanchthon zählen auch zwei Exemplare einer Schulausgabe der Dialektik von

Johan-1058 Vgl. Ernst Lewalter, Spanisch-jesuitische und deutsch-lutherische Metaphysik des 17. Jahrhunderts. Darm-stadt 1967, S.17.

1059 Jedenfalls reihte Boineburg ihn unter die „Metaphysici potiores“ ein (UBE 3an Pl 64; Tabelle gegenüber dem Titelblatt).

1060 Wundt, Die deutsche Schulmetaphysik, S.119.

1061 „Ernesti Sonneri Commentarius in libros XII Metaphysicos Aristotelis. Jenae 1657. 4to [...]“ (NLB LK II, f.

175r). Zu Soner vgl. Wollgast, Philosophie, besonders S.381-386.

1062 Wilhelm Risse, Die Logik der Neuzeit I: 1540-1640. Stuttgart 1964, S.5.

1063 Peter Petersen, Geschichte der aristotelischen Philosophie im protestantischen Deutschland. Leipzig 1921, S.65. Zum logischen Schrifttum vgl. Hermann Schüling, Bibliographie der im 17. Jahrhundert in Deutschland erschienenen logi-schen Schriften. Gießen 1963.

1064 NLB LK II, f. 141v-143r.

1065 NLB LK II, f. 170r-173r.

1066 „Phil. Melanchtonis Compendiaria Dialectices ratio. Basileae 1524. 4.° [...]“ (NLB LK II, f. 142v).

1067 „Phil. Melanchtonis Erothemata Dialectices [...] Wittebergae 1573. 8°.“ (NLB LK II, f. 142v).

1068 Vgl. Schlagwort „Dialectica Melanchtonis“ des Leibniz-Kataloges (NLB LK II, f. 142v). Zu Strigel vgl.

Wundt, Die Philosophie an der Universität Jena, S.10.

nes Caesarius (gest. 1551).1069 Von dem Danziger Theologen und Philosophen Bartholomäus Keckermann (gest. 1609), der mit insgesamt 19 Schriften in 23 Ausgaben in der Boineburgica vertreten ist, sind vier der Logiklehrbücher vorhanden.1070 Ebenso wie Keckermann mit seinen enzyklopädisch angelegten Werken reihte Boineburg den Hamburger Professor für Logik und Naturlehre Joachim Jungius (gest. 1657) in einer Tabelle unter die ausgezeichne-ten neueren Philosophen ein.1071 In seiner Logica Hamburgensis, die Boineburg 1642 in Erfurt erwarb,1072 fasste Jungius „so vollständig wie kein anderer Logiker seiner Zeit den gesamten Bestand des überlieferten Lehrgutes enzyklopädisch zusammen“.1073

In der eben genannten Tabelle taucht auch der Name von Petrus Ramus (gest. 1572) auf.

Unter dessen Schriften finden sich auch die in Zusammenarbeit mit seinem Freund Audo-marus Talaeus entstandenen Ausgaben seiner einflussreichen Dialektik, die als logisches Standardwerk des frühen 17. Jahrhunderts gilt.1074 Der Göttinger Polyhistor Georg Andreas Fabricius (gest. 1645) behandelte in seinem Thesaurus philosophicus in 373 ramistischen Tabel-len alle Fächer der Philosophie.1075 Von dem bedeutendsten deutschen Ramisten, dem Alt-dorfer Professor Johann Thomas Freigius (gest. 1583), der die ramistische Methode auch auf die Jurisprudenz übertrug,1076 stammen die Tabellen der ramistischen Philosophie in der Petri Rami professio regia.1077 Unter den Schlagworten „Dialectica Rami“1078 und „Logica Ramea“1079 des Leibniz-Kataloges finden sich bis auf zwei Exemplare eines Drucks von Cornelius Mar-tini, den Boineburg in einer seiner Listen zu den Gegnern des Ramus zählt,1080 nur ramisti-sche und philippo-ramistiramisti-sche Schriften.1081 Der Philippo-Ramismus ist mit Werken von Michael Sonleutner (gest. nach 1586) und dem Dortmunder Rektor Friedrich Beurhaus (gest.

1069 „Joh. Caesarei Dialectica cum scholijs Herm. Raijani [...]. Coloniae 1559. 8°.“ (NLB LK II, f. 141v); „Joh.

Caesarei Dialectica nunc recens Hermanni Rhaynani fructuosis Scholijs illustrata [...]. Lugduni [...] 1556.

8°.“ (NLB LK II, f. 142r).

1070 Systema logicae tribus libris adornatum. Hanoviae 1616 (UBE Pl 218), Systema logicae, compendiosa methodo adorna-tum. Hanoviae 1612 (UBE Pl 217), Praecognitorum logicorum tractatus III. Hanoviae 1604 (UBE Pl 216), Gymna-sium logicum. Hanoviae 1605 (UBE 2an Pl 216; alle: NLB LK II, f. 172r.) Zu Keckermann, der nach Woll-gast, Philosophie, S.169, zu den „anziehenden Denkerpersönlichkeiten der Schulmetaphysik“ gehört, vgl.

Willem H. van Zuylen, Bartholomäus Keckermann. Sein Leben und Wirken. Tübingen 1934.

1071 So in der Tabelle „Philosophi insigniores ac scriptis suis bene meriti“. In: Johann Heinrich Alsted, Encyclo-paedia septem tomis distincta. Herbornae Nassoviorum 1630 (UBE Eu 4110, hinteres Vorsatz; NLB LK II, f. 150v).

1072 Vgl. Anm. 289.

1073 Risse, Die Logik, S.522.

1074 Vgl. NLB LK II, f. 142v-r.

1075 Brunsvigae 1624 (UBE 11an 4° Ps 71).

1076 „Die ramistische Methode mit ihren Implikations- und Subsumptionsmustern, mit klar begrenzten begriff-lichen Kompetenzbereichen eignete sich für die Jurisprudenz besonders gut.“ Schmidt-Biggemann, Topica, S.56.

1077 Basileae 1576 (UBE 4° Eu 4051; NLB LK II, f. 132v).

1078 NLB LK II, f. 142v-143r.

1079 NLB LK II, f. 173r.

1080 „Contra Aristotelem, Paracelsum, Ramum [...]“. In: Lucas Tudensis, De altera vita. Ingolstadi 1612 (UBE T. d. 4° 118, hinteres Vorsatz).

1081 Cornelius Martini, Commentariorum logicorum adversus Ramistas libri quinque. Helmestadi 1623 (UBE 1an Pl 54, Pl 249; NLB LK II, f. 173r). Zur Unterscheidung von Ramisten, Semi-Ramisten und Philippo-Ramisten vgl. Walter J. Ong, Ramus and Talon inventory. A short-title inventory of the published works of Petrus Ramus (1515-1572) and of Omer Talon (ca. 1510-1562). Cambridge, Mass. 1958, S.510-539.

1609) vertreten.1082 Von dem Heidelberger Professor Fortunatus Crell (gest. nach 1605) be-saß Boineburg zwei Auflagen der Isagoge logica1083, die stark von dem Paduaner Philosophie-professor Giacopo Zabarella (gest. 1589), dem „neben Ramus einflußreichsten Logiker des 16. Jahrhunderts“,1084 beeinflusst war. Auch ein führendes Kompendium der katholischen Schulphilosophie, Peter Fonsecas (gest.1599) Institutionum dialecticarum libri octo, fehlt nicht.1085

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Die zu den Schriften der theoretischen Philosophie zählenden Werke zur Physik sind im

Die zu den Schriften der theoretischen Philosophie zählenden Werke zur Physik sind im