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3. Kontrastive Analyse der phonetisch-phonologischen Struktur des

3.5 Suprasegmentalia beider Sprachen

3.5.3 Intonation

Das Intonationsmodell für das amerikanische Englisch von Pierrehumbert (1980) wurde von Beckmann und Ayers-Elam (1997) in das Notationssystem ToBI in-tegriert. ToBI steht für ,,Tones and Break Indices“ und ist ein Standard für die prosodische Transkription in der autosegmentalen Phonologie. In der ToBI- No-tation gibt es zwei grundlegende Tonhöhenebenen, H steht für high und L für low, wobei H-Töne als in den oberen drei Vierteln, L-Töne als im unteren Viertel des Stimmungsfangs des Sprechers angesiedelt gesehen werden. Tonakzente werden mit einem Stern markiert (z.B. H*, L*). Weiterhin können Modifikatio-nen des Tonumfangs, wie downstep und upstep, mithilfe von Diakritika markiert werden (downstep: ! ; upstep: ^ ). Die Phrasentöne können zusätzlich durch einen Vor- bzw. Nachlauf charakterisiert sein, der in der Notation dem gesternten Aus-druck mit + verbunden voran bzw. nachgestellt markiert wird. Grenztöne werden mit - (Intermediärphrase, ip) bzw. % (Intonationsphrase, IP) markiert (Beck-man/Hirschberg 1994).

Intonation des Deutschen: G-ToBI

Das G-ToBI ("German Tones and Break Indices") ist das Transkriptionssystem für die Intonation des Deutschen. Es entstand zwischen 1995 und 1996 in Zusam-menarbeit der Universitäten Saarbrücken, Stuttgart, München und Braunschweig.

Das G-ToBI versuchte die Intonationsmuster des Deutschen möglichst genau zu beschreiben und wurde zur Annotation sowohl spontan gesprochener als auch gelesener Korpora verwendet. Das System wurde im Rahmen der Autosegmen-tal-Metrischen Phonologie entwickelt, d.h. Elemente werden auf verschiedenen Ebenen als autonome Segmente verstanden und als „Autosegmente“ bezeichnet.

Töne funktionieren entweder als Tonakzente, um relevante Konstituente hervor-zuheben, oder als Grenztöne, um die gesprochene Sprache in Sinneinheiten zu phrasieren. G-ToBI wird meistens als das Standardsystem der Annotation der deutschen Intonation wahrgenommen. (Grice/Baumann 2002:267-298).

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Eine GToBI-Annotation besteht aus mindestens drei Beschreibungsebenen, die Markierungen für Text, Ton und Grenzstärke enthalten. Das GToBI-Inventar ent-hält zwei monotonale (H*, L*) und vier bitonale Tonakzente (L+H*, L*+H, H+L*, H+!H*). Es gibt drei ip-Grenztöne (L-, H-, !H-) und vier Grenztonkom-binationen an Intonationsphrasengrenzen (L-%, H-%, L-H%, H-^H%; L-%) (ebd.).

Die Beschreibungen der Tonakzente und Grenztöne wird in der folgenden Ta-belle aufgelistet:

Tabelle 17: Beschreibungen der Tonakzente und Grenztöne (Quelle: Pompino-Marschall 2003:278)

H* Hochton (mit fakultativ flachem Anstieg)

L* Lokales Tonhöhenminimum

L+H* Steil ansteigender Hochton mit Tieftonvorlauf (später Gipfel) L*+H Tiefton mit folgendem Tonanstieg

H+L* Tiefton mit vorausgehendem steilen Tonhöhenabfall

H+!H* Herabgestufter Hochton mit vorausgehendem Tonhöhenabfall L- Für tiefen Zielpunkt am Ende der intermediären Phrase

H-, Für eine gegenüber dem letzten Gipfel gleichbleibende Tonhöhe

!H- Für eine gegenüber dem letzten Gipfel etwas herabgesetzte Tonhöhe H-% Für eine gegenüber dem letzten Gipfel gleichbleibende Tonhöhe bis zum

Phrasenende

H-^H% Für eine zum Phrasenende nochmals ansteigende Intonation L-H% Für einen zum Phrasenende von tief auf mittel steigenden Verlauf L-% Für eine stark abfallende Kontur

Die gängigen kommunikativen relevanten Intonationsverläufe können auch mit G-ToBI wie folgt verdeutlicht werden:

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Tabelle 18: Die gängigen kommunikativen relevanten Intonationsverläufe (Quelle: Pom-pino-Marschall 2003:278)

Intonation des Chinesischen: C-ToBI (Phonetics Laboratory 2006)

C-ToBI ist ein für das Standardchinesisch entwickeltes Annotationssystem. Die erste Version wurde von „Phonetics Laboratory of Institute of Linguistics of Chi-nese Academy of Social Sciences“ im Jahr 1996 für gelesene Korpora entwickelt,

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während die zweite Version C-ToBI 2.0 auch für monologische Korpora geeig-net ist. Die heutige dritte Version C-ToBI 3.0 wird zur Annotation sowohl spon-tan gesprochener als auch gelesener Korpora verwendet.

Eine C-ToBI-Annotation besteht aus acht Beschreibungsebenen:

1. „Pinyin“-Ebene: Kanonisches Pinyin und Ton für jede Silbe werden ge-kennzeichnet, z. B. 1, 2, 3 und 4 für die vier kanonischen Töne und 0 für den neutralen Ton in Standardchinesisch.

2. „Initial and Final“-Ebene: In dieser Ebene werden An- und Auslaute so-wie Assimilationen markiert. IPA, Pinyin oder SAMPA-C (Speech As-sessment Methods Phonetic Alphabet - Chinese) werden hier verwendet.

3. „Tone and Intonation“-Ebene: „We did not have an existing, well-known intonation grammar at that time that can be used directly in our prosodic labeling activities. Intonation transcription is rather ambiguous in many Chinese prosodic labeling procedures and systems.”

(http://ling.cass.cn/yuyin/product/product_10.htm) In C-ToBI 3.0 werden tonale Merkmale, tonale Register, Umfang der Intonation sowie Grenz-töne wie folgt gekennzeichnet.

Tabelle 19: „Ton und Intonation“ - Ebene in C-ToBI (3.0) (Quelle: Phonetics Laboratory 2006)

4. „Break-Index“-Ebene: Pausen werden zwischen zwei Silben beschrif-tet, wenn sie von Transkribenten wahrgenommen werden. Die Stelle und die Dauer der Pausen sind variabel, wenn derselben Text von verschiede-nen Sprechern gelesen wird oder vom selben Sprecher zu unterschiedli-chen Zeiten. Nach der Länge der Pause wird die Break-Index-Ebene in sechs Kategorien unterteilt:

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Break-Index = 0: die minimale Pause zwischen den Silben,

meistens die Pause innerhalb eines prosodischen Wor-tes;

Break-Index = 1: steht für prosodische Wortgrenzen;

Break-Index = 2: steht für kleinere prosodische Phrasengrenzen;

Break-Index = 3: steht für die wichtigsten prosodischen Phrasengrenze (Intonationsphrasen);

Break-Index = 4: steht für prosodische Gruppengrenzen;

1p, 2p und 3p stehen für abnormale Pausen wie Zögern oder Husten "?" steht für Unsicherheit.

5. „Stress-Index“-Ebene: Stress-Index 1 bis 4 steht für die hierarchische Akzentuierung entsprechender prosodische Einheiten. In der spontanen Rede ist die Akzentuierung von Einstellung und Emotionen des Sprechers abhängig. Akzentuierung sollte nach der Hörwahrnehmung markiert wer-den. Das Symbol "@" steht für Hervorhebung oder kontrastive Akzentu-ierung.

6. „Sentence function“-Ebene: Vier Satztypen werden in dieser Ebene kom-mentiert, nämlich Fragesatz, Imperativ, Aussagesatz und Ausrufesatz.

7. „Accent“-Ebene: Regionaler Akzent wird mit dem Akronym der Region markiert, z. B. <SH,SH> steht für Shanghaier Akzent.

8. „Turn taking“-Ebene: Mit <AA>, <BB>, ..., werden die Start- und End-punkte jeder Sprechrunde gekennzeichnet.

Zwei konkrete Beispiele werden im Folgenden dargestellt.

Abbildung 7: Anwendungen von C-ToBI (Quelle: Phonetics Laboratory 2006)

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Kontrastierung der Intonation:

 Im Deutschen wird die Intonation syntaktisch verwendet, um z.B. Überra-schung oder Ironie auszudrücken oder um Frage- und Antwortsätze vonei-nander zu unterscheiden. Im Chinesischen verändert die Änderung der Ton-höhe die Bedeutung einzelner Wörter oder Sätze.

 Die deutsche Intonation erweitert die Bedeutungen einer gesamten Äußerung, während die chinesischen Töne den Wortschatz erweitern.

 Die Intonation im Deutschen ist für die Kommunikation relevant.

Im Dokument „Ich verstehe nur Chinesisch!“ (Seite 66-71)