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Protokolle des liechtensteinischen Landtages

Die seit dem Jahr 1997 veröffentlichten Landtagsprotokolle sind unter <www.land tag.li> abrufbar. Weiter zurückliegende Protokolle des Landtages sind in schriftlicher Form nach Jahrgängen geordnet in Bänden einsehbar beim Landtagssekretariat (Regie-rung, Landesarchiv).

Berichte und Anträge der Regierung (BuA)

Die Berichte und Anträge der Regierung an den Landtag enthalten die Anträge und ausführlichen Begründungen der Regierung zu Gesetzesvorlagen, Finanzbeschlüssen, Staatsverträgen, die dem Landtag zur gesetzmässigen Behandlung zugeleitet werden.

Sie sind im Internet abrufbar unter: <www.llv.li> oder <www.landtag.li>.

Entscheidungen der Gerichte Sie sind veröffentlicht in:

– Entscheidungen der liechtensteinischen Gerichtshöfe (ELG) von 1947 bis 1978;

– Amtliche Sammlung von Entscheidungen liechtensteinischer Gerichte und Verwal-tungsbehörden: Liechtensteinische Entscheidungssammlung (LES) ab 1980.

Sie sind auch im Internet abrufbar unter:

– <www.gerichtsentscheide.li>

– <www.stgh.li>

Landesgesetzblatt

Das Landesgesetzblatt (LGBl.) ist das massgebliche Kundmachungsorgan für sämtliche Rechtsvorschriften nach Massgabe von Art. 3 des Kundmachungsgesetzes und wird seit 1. Januar 2013 in elektronischer Form unter <www.gesetze.li> vom Rechtsdienst der Regierung herausgegeben.

Amtsblatt

Das Amtsblatt ist das amtliche Kundmachungsorgan des Fürstentums Liechtenstein. Es enthält Vorschriften und allgemeine Anordnungen sowie amtliche Mitteilungen, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben oder von öffentlichem Interesse ist (Art. 16 KmG). Es wird in elektronischer Form herausgegeben. Die Kundmachungen werden unter der Adresse <www.amtsblatt.llv.li> zur Abfrage bereit gehalten (Art. 17 Abs. 1 KmG).

Historische Rechtsquellen

Es handelt sich um Rechtstexte, die nicht im Liechtensteinischen Landesgesetzblatt (seit 1863) veröffentlicht worden sind, und um Gesetzesentwürfe, die für die Rechts-entwicklung von besonderer Bedeutung sind. Sie befinden sich im Landesarchiv und sind im Internet abrufbar unter: <www.e-archiv.li>.

I. Gegenstand des Buches

Dieses Buch setzt sich mit dem Staat, seiner Gestalt und seinen Institu-tionen auseinander, wobei eine verfassungshistorische Analyse den Aus-gangspunkt und die Grundlage der Untersuchung bildet. Sie zeichnet die Entwicklungslinien von den Anfängen der Landständischen Verfassung von 1818 über die Verfassung von 1862, in der die Monarchie konstitu-tionell ausgestaltet wurde, bis hin zur heute geltenden Verfassung von 1921 nach.

Die Arbeit behandelt jenen Teil des Staatsrechts1, der den Aufbau und die Tätigkeit der obersten Staatsorgane festlegt, d. h. die Organisa-tion, die Wahl und die Zuständigkeiten der obersten Staatsorgane. Das Justizorganisationsrecht, mit Ausnahme des Rechts, das den Staatsge-richtshof regelt, bleibt grundsätzlich ausgeklammert.

Bei den obersten Staatsorganen handelt es sich um die Organe, die im Schrifttum als Verfassungsorgane bezeichnet werden, die das «spezi-fische Wesen des Staates» ausmachen.2Sie sind von der Verfassung nicht nur erwähnt, sondern werden von ihr in Existenz, Status und wesentli-chen Kompetenzen konstituiert. Eine Ausnahme stellt das Fürstenhaus dar, dessen Kompetenzen, soweit sie nicht in der Verfassung festgelegt sind, im Hausgesetz enthalten sind.

1 Zum Gegenstand des Staatsrechts siehe Ernst-Wolfgang Böckenförde, Die Eigenart des Staatsrechts, S. 11 ff.; vgl. auch Reinhold Zippelius / Thomas Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, S. 43 Rz. 15.

2 Klaus Stern, Staatsrecht, Bd. II, S. 42 und 344. Vgl. beispielsweise auch Art. 1 Abs. 1 StGHG, der den Staatsgerichtshof als einen «allen übrigen Verfassungsorganen»

gegenüber selbständigen und unabhängigen Gerichtshof des öffentlichen Rechts bezeichnet.

Neben der Organisation und der Zuständigkeit der obersten Staatsor -gane interessieren ihre Stellung im Gefüge der Staatsgewalten, d. h. ihr Verhältnis zueinander.3

Es kann in etwa für das Werk gelten, was schon Otto Ludwig Mar-xer 1924 in der Einleitung seiner Dissertation4 ‹Die Organisation der obersten Staatsorgane in der liechtensteinischen Verfassung vom Okto-ber 1921› ausgeführt hat: «Es ist meine Aufgabe zu zeigen, wie in unse-rer Verfassung die Organisation durchgeführt ist – es handelt sich im Rahmen meiner Arbeit allerdings nur um die ‹höchsten Staatsorgane›.

Denn aus der Art und Weise, wie diese berufen, welcher Zuständigkeits-kreis ihnen zugewiesen, vor allem aber, in welchem Verhältnis sie zu einander stehen, kann man ersehen, welche Grundsätze oder Grundge-danken das Wesen der Verfassung ausmachen. Kurz die Organisation einer Verfassung erschliesst uns die staatsrechtlichen Prinzipien, die ihren Geist beherrschen.»

II. Aufbau der Arbeit

Die Arbeit gliedert sich in vier Teile, wovon die ersten drei die Bereiche Verfassungsgeschichte, Hausgesetz des Fürstlichen Hauses Liechten-stein und die obersten Staatsorgane umfassen. Sie stehen für sich, ergän-zen aber auch einander und können getrennt voneinander gelesen wer-den. Dies trifft auch auf die einzelnen Kapitel des 3. Teils zu, die sich mit den obersten Staatsorganen beschäftigen. Sie sind in sich weitgehend abgeschlossen und eigenständig.

In einem abschliessenden vierten Teil werden die typusbestimmen-den Elemente, die das Wesen und die Eigenart der liechtensteinischen Staatsordnung ausmachen, hervorgehoben und zusammengefasst.

Die in die Breite gehende Darstellung des verfassungshistorischen Teils erklärt sich insbesondere aus dem Umstand, dass es für das

3 Vgl. zur Gewaltenbeteiligung und Gewaltenteilung Gerard Batliner, Aktuelle Fra-gen, S. 25 ff. Rz. 34 ff.

4 Otto Ludwig Marxer, Die Organisation der obersten Staatsorgane, S. 1.

19. Jahrhundert keine umfassende und zusammenhängende Verfas-sungsgeschichte des Fürstentums Liechtenstein gibt.5

III. Art der Darstellung

Bei dieser Art der Darstellung kommt es zwangsläufig zu thematischen Überschneidungen und damit zu Wiederholungen und Querverweisen, die sich auch aus den Kompetenzzuweisungen und den Verschränkun-gen der Funktionen ergeben, die die obersten Staatsorgane ausüben. Sie lassen sich nicht vermeiden und werden in Kauf genommen, da sie zur Anschaulichkeit und damit auch zur Verständlichkeit der jeweils behan-delten Verfassungsmaterie beitragen. Da die staatsorganisationsrechtli-chen Grundlagen erstmals von Grund auf und systematisch aus verfas-sungsgeschichtlicher und geltungszeitlicher Sicht aufgearbeitet werden, sind die nicht entsprechend vorgebildeten Leser und Leserinnen mit die-ser Materie wenig vertraut. Eine solche Vorgehensweise erleichtert ganz allgemein den gegenstandsbezogenen Zugriff zu dem entsprechenden Verfassungsbereich.

Der enge Zusammenhang zwischen Verfassungsgeschichte und gel-tender Staats- und Verfassungsordnung bestimmt den methodischen Blickwinkel der Untersuchung, wobei – wie eingangs erwähnt – die staats- bzw. verfassungsgeschichtliche Untersuchung den Ausgangs-punkt und den Unterbau der Arbeit bildet, handelt es sich doch beim Staats- und Verfassungsrecht um «historisch bedingtes Recht».6

IV. Thematik und Fragestellungen

«Den Werth und die Bedeutung unserer, seit der Gründung der Verfas-sung (1862) vollzogenen politischen Entwicklung und der hieraus ent-standenen neuen Gesetze und Organisationen können wir nur dann

5 Siehe Herbert Wille, Liechtenstein, S. 1069; vgl. auch Cyrus Beck, Der Vorbehalt des Gesetzes der liechtensteinischen konstitutionellen Verfassung von 1862, S. 1 f.

6 Reinhold Zippelius / Thomas Würtenberger, Deutsches Staatsrecht, S. III (Vorwort).

richtig beurtheilen, wenn wir das alte und das neue Kleid kennen und vergleichen lernen».7

1. Allgemeines

Das Fürstentum Liechtenstein hat wie jedes politische Gemeinwesen eine Verfassung, die die grundlegende politische Ordnung rechtlich fest-legt, so unter anderem die Bildung und Kompetenzen der staatsleitenden Organe, die Verfahren politischer Willensbildung und Rechtsetzung.8 Die geltende Verfassung von 1921 hat auch wie jede andere Verfassung eine Vorgeschichte. Sie ist das Ergebnis eines geschichtlichen Prozesses, der vom monarchischen Absolutismus über den monarchischen Konsti-tutionalismus zur konstitutionellen Monarchie auf demokratischer und parlamentarischer Grundlage oder anders formuliert, von der altständi-schen über die Konstitutionelle Verfassung von 1862 zur Verfassung von 1921 hinführt. Aus dieser «Gewachsenheit» der Verfassungsordnung folgt die Funktion und Bedeutung der Verfassungsgeschichte, deren Erkenntnisgegenstand nach Dietmar Willoweit9«diejenigen rechtlichen Regeln und Strukturen» sind, «die das Gemeinwesen und damit die poli-tische Ordnung prägen». Sie ist eine unerlässliche Hilfe für das Ver-ständnis und die Interpretation der Verfassung.10Ebenso setzt eine Ver-ständigung über die Verfassung eine historisch verankerte Verfassungs-kenntnis und ein entsprechendes Verfassungsbewusstsein voraus.11

Es interessieren nicht nur die landesinternen Verfassungsschritte, sondern auch die Verfassungsentwicklung in den Mitgliedstaaten des Deutschen Bundes, die auch den Fortgang der konstitutionellen Verfas-sungsbewegung im Fürstentum Liechtenstein stark beeinflusst hat.

Davon zeugt das teils wörtlich, teils modifiziert rezipierte Verfassungs-recht, das im Spiegel dieser ausländischen verfassungsgeschichtlichen Vorgaben die eigenen Entwicklungslinien klarer erkennen lassen. So diente die Verfassung von Hohenzollern-Sigmaringen von 1833 der

7 Albert Schädler, Landtag, JBL Bd. 1 (1901), S. 83.

8 Vgl. Thomas Würtenberger, An der Schwelle zum Verfassungsstaat, S. 53 f.

9 Dietmar Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 2.

10 Vgl. Werner Frotscher / Bodo Pieroth, Verfassungsgeschichte, S. 1 Rz. 3.

11 Ewald Grothe, Neue Wege der Verfassungsgeschichte, S. 144.

Konstitutionellen Verfassung von 1862 als Vorbild.12 Diese historische Perspektive zeigt auch die Kontinuität von Institutionen, auf die die Ver-fassung von 1921 zurückgreift. Vergleicht man sie mit den Vorgänger-verfassungen, insbesondere mit der Konstitutionellen Verfassung von 1862 auf legislativem, exekutivem und judikativem Gebiet, wird man gewahr, was sich in diesen Bereichen geändert bzw. erhalten hat oder anders gesagt, in welcher Hinsicht die beiden Verfassungsordnungen nach wie vor übereinstimmen oder sich unterscheiden. Ein solcher Strukturvergleich ermöglicht einerseits eine Antwort auf die Frage nach der Stellung der obersten Organe, Landesfürst, Volk, Landtag, Regie-rung und Staatsgerichtshof, in der Staats- und Verfassungsordnung und andererseits auf die Frage nach dem Wesen und der Eigenart des liech-tensteinischen Verfassungs- bzw. Staatstyps, den Art. 2 LV als «konsti-tutionelle Erbmonarchie auf demokratischer und parlamentarischer Grundlage» definiert.

2. Konstitutionelle Verfassung von 1862

Die Konstitutionelle Verfassung von 1862 ist eine Verfassung des monar-chischen Konstitutionalismus, den sie zur Grundlage staatlicher Herr-schaftsorganisation und -legitimation nimmt. Sie löst die Landständische Verfassung von 1818 ab, bei der es sich um ein vom Fürsten Johann I.13 in souveräner Eigenmacht gegebenes Gesetz handelt, mit der er einer Vorschrift des Deutschen Bundes nachgekommen ist.

Die Konstitutionelle Verfassung von 1862 kennzeichnet ein monarchisch dominiertes Verfassungssystem. Die Volksvertretung, der Landtag, hat zwar Anteil an der Gesetzgebung, wird aber nicht zum Mitinhaber der Staats- und Regierungsgewalt.

Ihr vorausgegangen sind die Konstitutionellen Übergangsbestim-mungen vom 7. März 1849. Sie waren die Antwort des Fürsten Alois II.14 auf den ihm am 1. Oktober 1848 übermittelten Verfassungsentwurf des

12 Vgl. Peter Geiger, Geschichte, S. 271 und 287.

13 Zu seiner Person siehe Herbert Haupt, in: Historisches Lexikon, Bd. 1, S. 540 f.

14 Zu seiner Person siehe Evelin Oberhammer, in: Historisches Lexikon, Bd. 1, S. 527 ff.

ständischen Verfassungsrates. Sie stellten eine Zwischenlösung dar und bedeuteten ein Entgegenkommen des Fürsten. Sie sollten die Zeit bis zur endgültigen Annahme der Verfassung überbrücken. Sie traten vorläufig an die Stelle der Landständischen Verfassung von 1818 und leiteten die konstitutionelle Verfassungsperiode ein, die bis 1852 dauerte. Vorerst konnten frei gewählte Volksvertreter, der sogenannte Landrat, bei den

«Finanz- sowie bei anderen zu erlassenden Gesetzen» mitwirken. Das heisst, dass sie nur mit seiner Zustimmung Gültigkeit erlangen konnten.

Nachdem das Projekt eines gesamtdeutschen Nationalstaates gescheitert war und im Oktober 1851 auf Bundesebene der Reaktionsausschuss tätig wurde, nahm Fürst Alois II. diese «provisorischen Verfassungsbe-stimmungen» im Reaktionserlass vom 20. Juli 1852 wieder zurück, da sie sich, wie er erklärte, mit den «gegenwärtigen Verhältnissen» nicht mehr vereinbaren liessen, sodass die Landständische Verfassung von 1818 wie-der in Kraft trat. Die Bundespolitik, die eine Angelegenheit des Fürsten war und die in Abstimmung mit Österreich erfolgte, war zu einem gros-sen Teil auch Verfassungspolitik.

Neben dem Gedankengut der Paulskirchenverfassung beeinflusste die Reaktionszeit, die sich ganz dem monarchischen Prinzip verschrieb und die Position der Volksvertretung schwächte, in zunehmendem Masse den konstitutionellen Verfassungsgang und begrenzte damit auch die Reform der Monarchie. Der Verfassungsentwurf des ständischen Verfassungsrates vom 1. Oktober 1848 hatte noch die Staatsgewalt zwi-schen Fürst und Volk geteilt. Der Landtag repräsentierte das Volk. Ihm gebührte in der Gesetzgebung der Vorrang gegenüber dem Fürsten, dem nur mehr ein suspensives Veto zukommt.

Die von Fürst Johann II.15 am 27. September 1862 sanktionierte Konstitutionelle Verfassung, das «neue Staatsgrundgesetz», räumte zwar der «künftigen Landesvertretung eine grössere Einflussnahme auf die Gesetzgebung und auf die innere Verwaltung» ein, wie sich dies in der konstitutionellen Verfassungsbewegung abgezeichnet hatte. Die Volks-vertretung ist aber nicht oberste gesetzgebende Behörde. Es gibt keine Verantwortlichkeit der fürstlichen Regierung bzw. des Landesverwesers gegenüber der Volksvertretung. Der Landesverweser ist und bleibt Die-ner des Fürsten. Bezeichnend ist denn auch die Äusserung des

Landes-15 Zu seiner Person siehe Evelin Oberhammer, in: Historisches Lexikon, Bd. 1, S. 541 ff.

verwesers Karl Haus von Hausen16, wonach die Verfassung den Wün-schen der Bevölkerung nur so weit nachgebe, als diese mit den Hoheits-rechten des Fürsten und mit der Bundesakte nicht kollidierten.17

Es bleibt beim monarchisch beherrschten Verfassungssystem, das noch voll und ganz dem monarchischen Prinzip entsprach, wie es die Wiener Bundesakte von 1815 und die Wiener Schlussakte von 1820 ver-ankert haben. Dass trotz dieser Einschränkungen die Konstitutionelle Verfassung von 1862 vom Volk günstig aufgenommen wurde und die Verfassungswirklichkeit ein etwas anderes Bild als der Normtext zeich-net, hat damit zu tun, dass der spätabsolutistische Verfassungszustand ein Ende fand, sich Fürst Johann II. grösstenteils aus der Innenpolitik des Landes heraushielt und dadurch der Einfluss der Hofkanzlei in Wien auf die Stellung des Landesverwesers abnahm. Er kooperierte mit dem Landtag, der eine rege Gesetzgebungstätigkeit entfaltete und letztlich den Gesetzgebungsprozess bestimmte. Das dualistische Zusammenspiel von Fürst und Landtag im Legislativbereich funktionierte.

Eine eingehende Auseinandersetzung mit der Staatsdoktrin des Konstitutionalismus und dessen Ausgestaltung in der Konstitutionellen Verfassung von 1862 ist angezeigt, da die nachfolgende, heute geltende Verfassung von 1921, mit dem monarchischen Konstitutionalismus ver-haftet bleibt, auch wenn ihre Entstehung nach dem Ersten Weltkrieg in eine andere historisch-politische Zeitepoche fällt, die in Deutschland und Österreich zu einer demokratischen Verfassungsrevolution bzw.

einem verfassungspolitischen Umbruch geführt hat.18In dieser Zusam-menschau steht die Fort- und Weiterentwicklung der Grundstrukturen der konstitutionellen Monarchie im Mittelpunkt des Interesses.

3. Verfassung von 1921

Mit dem Übergang vom konstitutionell-monarchischen Staat der Ver-fassung von 1862 zur konstitutionellen Erbmonarchie auf

demokrati-16 Zu seiner Person siehe Klaus Biedermann, in: Historisches Lexikon, Bd. 1, S. 339 f.

und Albert Schädler, Karl Freiherr Haus v. Hausen, in: JBL Bd. 6 (1906), S. 5–17.

17 Vgl. Peter Geiger, Geschichte, S. 281; siehe auch hinten S. 76 Fn. 173.

18 Vgl. Dieter Gosewinkel / Johannes Masing, Die Verfassungen in Europa, S. 54 f.

scher und parlamentarischer Grundlage stellt sich die Frage, inwieweit in diesem neuen Verfassungsumfeld das bisherige konstitutionell-monar-chische Staatswesen fortgeschrieben wird.

Eine Analyse und Beschreibung der Staats- und Regierungsform der konstitutionellen Erbmonarchie auf demokratischer und parlamen-tarischer Grundlage, wie sie in der Verfassung von 1921 ihre konkrete Ausprägung erfahren hat, kann nicht mehr wie bei der Konstitutionellen Verfassung von 1862 auf entsprechende Vorbilder anderer monar-chischer Staaten zurückgreifen, wie dies zur Zeit des Deutschen Bundes der Fall gewesen ist. Dieser Umstand erschwert eine staats- und verfas-sungsrechtliche Untersuchung. Um das liechtensteinische Staatswesen verstehen und erklären zu können, genügt es nicht, die staatsrechtlichen Darstellungen aus der 1918 zu Ende gehenden Epoche des Konstitutio-nalismus zu Rate zu ziehen, um Auslegungsprobleme zu lösen.19 Eine moderne Literatur des konstitutionellen Staatsrechts steht nicht zur Ver-fügung. Nach Dietmar Willoweit20 ist dies eine «Folge der Kleinstaat -situation, da es zu der hier bewahrten monarchischen Verfassungsform keine Parallelen mehr gibt».

Die Verfassung von 1921 übernimmt monarchische Institutionen zum Teil wörtlich aus der Konstitutionellen Verfassung von 1862, sodass man sich fragen muss, ob sie im herkömmlichen Sinne zu verstehen sind.21 Ein gleicher Wortlaut besagt aber noch nicht, dass der Rege-lungsinhalt gleich geblieben ist. Denn ein gleich gebliebener Wortlaut kann durchaus eine andere Bedeutung erlangen, wenn sich der

Verfas-19 Vgl. auch Gerard Batliner, Einleitung, in: Gerard Batliner (Hrsg.), Die liechtenstei-nische Verfassung 1921, S. 11 f.

20 Dietmar Willoweit, Verfassungsinterpretation im Kleinstaat, S. 193.

21 So noch Ernst Pappermann, Das Verordnungsrecht der Regierung, S. 367, der her-vorhebt, dass in Liechtenstein die Staatsform der konstitutionellen Erbmonarchie auf demokratischer und parlamentarischer Grundlage (Art. 2 LV) gilt. Demzufolge sei in solchen Staaten «bei der Auslegung als Interpretationsregel immer das Prinzip der ‹monarchischen Prärogative› heranzuziehen.» Demgegenüber hält Christine Weber, Gegenzeichnungsrecht, S. 333 fest: «Die Auslegung der liechtensteinischen Verfassung kann weder allein nach den für die konstitutionelle noch den für die par-lamentarische Monarchie geltenden Grundsätzen erfolgen; weder zugunsten des Fürsten noch zugunsten der Volksvertretung besteht eine Kompetenzvermutung.

Die liechtensteinische Verfassung ist weder der konstitutionellen noch der parla-mentarischen Monarchie zuzuordnen.»

sungsrahmen geändert hat.22 Da die Verfassung zugleich monarchisch-konstitutionelle und parlamentarisch-demokratische Rechtsinstitute enthält, ist es nicht leicht, diese miteinander in Einklang zu bringen, zumal auch das Hausrecht der Fürstlichen Familie Bestandteil der Ver-fassungsordnung ist.

Die Verfassung hält an der konstitutionellen Monarchie fest. Der Staatsaufbau ist nach wie vor dualistisch angelegt, wobei sich das Ver-hältnis zwischen Fürst und Volk bzw. die Stellung von Fürst und Volk geändert hat, wie ein Blick auf Art. 2 LV zeigt. Dieser bricht mit dem herkömmlichen monarchischen Prinzip, indem er die Staatsgewalt im Fürsten und im Volke verankert. Eine Kompetenzvermutung zugunsten der fürstlichen Gewalt kann nicht mehr wie bisher aus dem «Wesen der konstitutionellen Monarchie»23abgeleitet werden.24Vormals ging es im Konstitutionalismus darum, die staatliche bzw. fürstliche Macht zu begrenzen, heute – seit 1921 – geht es unter dem Aspekt der Teilung der Staatsgewalt zwischen Fürst und Volk um die beiderseitige Mitgestal-tung der staatlichen Macht.25

Wenn auch die Verfassung von 1921 in manchen Bereichen an das Gedankengut der konstitutionellen Monarchie der Konstitutionellen Verfassung von 1862 anknüpft, ist sie doch gegenüber Neuerungen offen und versucht, Einrichtungen von parlamentarischer und direktdemokra-tischer Art mit der monarchischen Staatsform zu verbinden.26In diesem Zusammenhang stellt sich die verfassungsrechtliche Frage nach dem Inhalt und dem Umfang der Verfassungsänderung bzw. nach der Wesensart des liechtensteinischen Staates.

Im Schrifttum ist gelegentlich die Rede von einer «voll ausgebilde-ten demokratischen und parlamentarischen konstitutionellen

Monar-22 So Franz-Ludwig Knemeyer, Justitiabilität von Gnadenakten, S. 122.

23 Ernst Pappermann, Die Regierung des Fürstentums Liechtenstein, S. 72 und 81.

24 Vgl. Gerard Batliner, Parlament, S. 26 ff. Fn. 40, der sich ausführlich mit dem Ge-setzmässigkeitsprinzip der Rechtsverordnungen und der Rechtsbindung der Ver-waltung auseinandersetzt. Vgl. auch Andreas Schurti, Das Verordnungsrecht der Re-gierung, S. 133 f. und ders., Verordnungsrecht – Finanzbeschlüsse, S. 246 f.; Andreas Kley, Grundriss, S. 167–169 und S. 174–180 mit Rechtsprechungshinweisen.

25 Vgl. auch Andreas Schurti, Verordnungsrecht – Finanzbeschlüsse, S. 246 f.

26 Zur Kritik des Sanktionsvorbehalts im Zusammenhang mit den Volksrechten siehe hinten S. 398 ff. und 452 ff.

chie»27, von der auch die Staatspraxis auszugehen scheint.28 Demgegen-über ist nicht zu Demgegen-übersehen, dass einige für die Konstitutionelle Verfas-sung von 1862 charakteristische Rechtsinstitute, wie z. B. das Gesetzes-sanktionsrecht des Fürsten, weiterhin ihren Platz in der von der Verfas-sung neu konstituierten rechtsstaatlichen Ordnung gefunden haben,29 sodass deren Bedeutung für das Verhältnis von Fürst und Volk bzw.

Landtag im Gesetzgebungsbereich zu ermitteln ist.

Die Verfassung, die zur gemeinsamen verbindlichen Grundlage für alle staatliche Gewalt geworden ist, hat sich der Verfassungsgerichts -barkeit geöffnet, die der Staatsgerichtshof in einem umfassenden Sinne ausübt. Er ist die Instanz, die die Einhaltung der Verfassung garantiert.

Bisher setzte der Dualismus zwischen Fürst und Landtag, der der Kon-stitutionellen Verfassung von 1862 wesenseigen war, der Verfassungsge-richtsbarkeit, die den Vorrang der Verfassung und die Bindung an sie voraussetzt, «systembedingte prinzipielle Schranken».30 In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche inhaltlichen Folgerungen aus dieser staatlichen Verrechtlichung für das Verständnis der konstitu-tionellen (Erb-)Monarchie und deren höchsten Organe zu ziehen sind und welche grundlegende Änderungen dieser Neuausrichtung zuzu-schreiben sind.

Zusammenfassend gesagt: Das Werk setzt sich zum Ziel, einerseits den Staatstypus der Monarchie liechtensteinischer Prägung aus der ent-stehungsgeschichtlichen Perspektive zu bestimmen und im Lichte der heutigen Staats- und Verfassungsordnung zu hinterfragen und anderer-seits das Verhältnis der einzelnen obersten Staatsorgane zueinander sys-tematisierend zu verdeutlichen.

Zusammenfassend gesagt: Das Werk setzt sich zum Ziel, einerseits den Staatstypus der Monarchie liechtensteinischer Prägung aus der ent-stehungsgeschichtlichen Perspektive zu bestimmen und im Lichte der heutigen Staats- und Verfassungsordnung zu hinterfragen und anderer-seits das Verhältnis der einzelnen obersten Staatsorgane zueinander sys-tematisierend zu verdeutlichen.